Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, man kann in Deutschland feststellen, dass es seit einigen Jahren jedenfalls unter den Erwachsenen einen gravierenden Bewusstseinswandel im Zusammenhang mit jeder Art von Drogen- und Suchtmitteln gibt. Das kann man wirklich feststellen.
Die meisten Bürger gehen bewusster mit Alkohol um, lehnen Drogen und Suchtmittel entschiedener ab als es noch in den 80er-Jahren war. Sie tun das heute vor allen Dingen aus gesundheitlichen Gründen, wir wissen heute einfach auch mehr über bestimmte Dinge. Ein guter Gradmesser dafür ist übrigens das Fernsehen. Wenn Sie an Talkshows oder auch Presseclubs von vor zehn Jahren denken, da wurde kräftig Wein getrunken und geraucht - da fand kein Mensch etwas dabei. Das ist heute undenkbar.
Also, Nichtrauchen ist die Norm und Rauchen ist die Abweichung. Für die schleswig-holsteinischen Schulen gilt das Leitbild der rauchfreien Schulen und in sehr vielen Schulen wurde dieses Leitbild bereits in enger Zusammenarbeit mit der Aufklärungskampagne aus eigenem Antrieb heraus verwirklicht, weil sich die Schulkonferenzen nach sehr ausführlichen Debatten bewusst dafür entschieden haben.
Bei all dem, was wir jetzt diskutieren, muss man immer wieder sagen: Der eigenen Einsicht, dem eigenen Engagement vor Ort, muss man allemal die größten Erfolgschancen in dieser Frage einräumen, mehr als einem puren Verbot. Ich glaube, das ist unumstritten.
Ich glaube, dem stimmen auch diejenigen zu, die immer schon für ein Rauchverbot waren. Die eigene Einsicht und die eigene Organisation ist immer das erfolgreichere Mittel.
seinswandel, den man da feststellen kann, nicht ausreicht. Das sagen uns die Statistiken, das ist der Eindruck, den man hat, und das sagen uns die Schülerinnen und Schüler. Wir reden heute nicht über das Problem von Cannabis und Hasch. Das ist aber auch eines, dem wir uns widmen müssen. Das ist ebenfalls ein gravierendes Problem.
Die Statistiken sagen uns, dass Kinder und junge Menschen immer mehr zu Zigaretten greifen, sogar schon in Grundschulen kommt das heute vor. Das Einstiegsalter sinkt und der Konsum steigt. Das ist eine beunruhigende Entwicklung und wir wissen auch, dass sich Kinder gerade während der Pubertät von Erwachsenen weniger leiten und etwas sagen lassen als von den eigenen Freunden.
Bei aller Gemeinsamkeit hier und der Richtigkeit dessen, was wir jetzt vorhaben, muss ich auch sagen, dass die Schulen in dieser Frage wahrlich nicht alles richten können. In einer Gesellschaft, in der es nach wie vor selbstverständlich ist, dass Zigarettenautomaten überall hängen, dass Kinder Zigaretten in den Läden kaufen können und in der die Frage des Rauchens in der Öffentlichkeit, in öffentlichen Gebäuden und überhaupt im öffentlichen Raum in Deutschland so großzügig gehandhabt wird, wie in keinem anderen europäischen Land, geschweige denn in Skandinavien, das eben hier zitiert wurde, gehören diese Rahmenbedingungen eben auch mit zu diesem Problem. Das muss ebenfalls mit angepackt werden.
Seitdem ich Schweden kenne - das wurde eben hier zitiert -, habe ich dort noch nie einen einzigen Zigarettenautomat gesehen. Seitdem ich Schweden kenne, weiß ich, dass es dort in den Krankenhäusern - das ist in Deutschland dagegen immer noch selbstverständlich - keine Räume für Raucher gibt. Das gibt es in Deutschland immer noch. Die gesamte Einstellung dazu, das gesamte Leitbild ist in Deutschland eben noch anders. Auch daran müssen wir arbeiten und nicht immer meinen, die Schule könne alle Probleme dieser Welt lösen.
(Beifall der Abgeordneten Dr. Ulf von Hielmcrone [SPD], Andreas Beran [SPD] und Silke Hinrichsen [SSW])
Es gibt für die Umsetzung dessen, was wir heute hier beschließen, noch eine ganze Reihe von Fragen zu klären. Dazu gehört die Frage: Wie sichern wir auch in Zukunft eine wirksame Prävention? Denn es soll nicht so sein, dass die Schulen sagen: Jetzt haben wir
ein Verbot, jetzt brauchen wir präventiv nichts mehr zu machen. Natürlich ist Prävention nach wie vor wichtig und muss gesichert sein. Weiter ist zu fragen: Welche praktischen Konsequenzen haben diese Verbote in juristischer Hinsicht? Auch das wird zu klären sein, vor allem in Bezug auf die Lehrer. Außerdem: Wie sichern wir den Erfolg und die Durchsetzbarkeit, vor allem, wie sichern wir dabei den Schulfrieden? Natürlich gibt es dieses Problem auch jetzt schon. Wie sichern wir die Durchsetzung der Regel, dass für Kinder unter 16 Jahren generell das Rauchen verboten ist, Herr Dr. Klug? Das war für die Schulen schon immer ein Problem. Wie setzen sie bestimmte Verbote, die über das Jugendschutzgesetz auch in die Schulen hineinwirken, durch? Welche Sanktionen werden ergriffen? - Ich finde, darüber müssen wir mit den Schulen gemeinsam nachdenken. Deshalb finde ich, diese ganzen Fragen zu klären, ist Aufgabe der kommenden Monate. Wir müssen dies mit den Fachleuten von der KOSS, mit den Lehrerverbänden, mit den Schülervertretungen, mit den Elternvertretungen und mit den Schulträgern tun. Dazu braucht man ein bisschen Zeit, das kann man nicht von heute auf morgen übers Knie brechen.
Den Beschluss, den wir heute fassen, fassen wir auch deshalb, weil sehr, sehr viele Schulen mir gegenüber geäußert haben, dass sie sich eine klare Haltung des Landtages, der Landesregierung, zu einem Verbot wünschen. Das steht also deshalb auf unserer Agenda und die Schulen sind deshalb verpflichtet, auch zukünftig präventive Maßnahmen zu ergreifen. Sie sollten sich auf das, was kommt, intensiv vorbereiten.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann schließe ich die Beratung und wir treten in die Abstimmung ein. Wir haben zwei Anträge vorliegen. Der Bildungsausschuss hat empfohlen, den Antrag Drucksache 15/3845 abzulehnen. Darüber hinaus gibt es einen interfraktionellen Antrag von SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/3963. Darf ich davon ausgehen, dass das im Ergebnis der Antrag ist, über den abgestimmt werden soll und dass - ohne diesen Antrag zu beschädigen - der Antrag Drucksache 15/3845 als zurückgezogen gilt? - Prima.
Dann haben wir nur einen Antrag, über den wir abstimmen, das ist der Antrag Drucksache 15/3963. Wer diesem Antrag in der Sache seine Zustimmung geben will, den darf ich um das Handzeichen bitten. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann ist der Antrag der Fraktionen von SPD, CDU und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit dem Titel „Rauchfreie Schule“, Drucksache 15/3963, in der Sache mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU gegen die Stimmen von FDP und SSW bei Enthaltung des Abgeordneten Wagner angenommen. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.
Herr Präsident! Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, jetzt den Tagesordnungspunkt 31 zu beraten und den Tagesordnungspunkt 26 morgen nach den Punkten 36 und 65 einzufügen.
Für die antragstellende Fraktion der SPD erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Dr. Henning Höppner das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer die Internetplattform des Robert-Koch-Institutes aufruft, findet dort eine summarische Auflistung von genehmigten Forschungsvorhaben zur grünen Gentechnik. Das sind inzwischen mehrere tausend Vorhaben von öffentlichen Forschungseinrichtungen wie auch von Hochschulen und auch mehr als tausend im privaten und gewerblichen Forschungsbereich. Bislang gibt es kein genehmigtes Freisetzungsvorhaben. Seit Jahren steht daher auf der entsprechenden Internetseite des Robert-Koch-Institutes mit der Auflistung solcher Freisetzungsvorhaben die Zahl Null.
Dennoch - die Feststellung sei mir gestattet -, diese Vielzahl von Forschungsvorhaben zeigt uns, dass die oft aufgestellte Behauptung, es gäbe in Deutschland eine Behinderung der Forschung im Bereich der Grünen Gentechnik, nicht richtig ist; wohl aber gibt es eine Beeinträchtigung bei deren wirtschaftlicher Verwertung.
Für die Freisetzung von GVO-Pflanzen gilt die EURichtlinie 2001/18. Diese Richtlinie ist die Grundlage für das Prinzip der Koexistenz für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen und des gentechnikfreien Anbaus.
Das am 24. Juni 2004 vom Deutschen Bundestag verabschiedete Gentechnikgesetz berücksichtigt dieses Prinzip der Koexistenz.
Die Frage, die sich für uns Schleswig-Holsteiner stellt, ist die Frage, ob eine solche Koexistenz bei uns in Schleswig-Holstein möglich ist oder unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen eine parallele Form des Anbaus von GVO-Pflanzen und konventionellem, gentechnikfreiem Anbau sinnvoll und zulässig ist.
Vorrangig bezieht sich diese Grundproblematik auf die Koexistenz bei benachbartem Anbau derselben Pflanze, auf dem einen Feld gentechnisch verändert, auf dem anderen herkömmlich, gentechnikfrei. Hierbei spielt nicht nur die Größe der Anbauflächen und deren Entfernung zueinander eine Rolle oder die zeitliche Überschneidung der Blühperioden, sondern auch die klimatischen Bedingungen wie vorherrschende Windrichtungen, übliche Windstärken, die für das Verdriften von Pollen, zum Beispiel beim Mais, der nicht von Insekten bestäubt wird, entscheidend sein können.
Ist Schleswig-Holstein also eine geeignete Region für den Anbau von GVO-Pflanzen unter Beachtung des Koexistenzprinzips? - Nach unserer Auffassung eher nicht. Die bei uns vorherrschenden klimatischen Bedingungen mit im wesentlich westlichen Windlagen und entsprechenden Windstärken lassen dies kaum zu. Zumindest sind die Risikofaktoren für Verdriftungen und damit fahrlässige Einkreuzungen in gentechnikfreie Empfängerfelder höher als in vielen anderen europäischen Regionen oder zum Beispiel in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns.
Das Joint-Research-Center der EU-Kommission hat im Jahr 2002 in Modellrechnungen eine Koexistenz in GVO-Maisanbau für möglich gehalten, wenn zwischen dem konventionellen und dem gentechnisch verändert produzierenden Betrieb ein kontinuierlicher Abstand von 200 m eingehalten werden kann.
Es gibt ältere Erfahrungen aus Feldversuchen mit gvMais in den USA, bei denen es unter Einhaltung der Abstände von 200 m Einkreuzungsraten von 1,6 % gab. Das ist ein Bereich, der in die Kennzeichnungspflicht käme, da die Schwellenwerte der EURichtlinie hierbei überschritten würden. Diese Modellrechnungen gelten für die Maispflanze, deren Pollen relativ groß und schwer sind und damit nicht so leicht verdriften wie andere Pollen.
Aber Trennstreifen in einer Tiefe von 200 m und mehr sind wirtschaftlich bei uns kaum vertretbar. Sie können das übrigens sehr gut nachvollziehen, wenn Sie die weit verbreitete Satellitenkarte von SchleswigHolstein zu Hilfe nehmen, die zurzeit der Rapsblüte erstellt worden ist. Wenn man sich hierbei konsequent trennende Geländestreifen denkt, werden Sie nachvollziehen können, dass das einen erheblichen Eingriff in die Flächen bedeuten würde - zumindest immer dann, wenn der Anbauer von GVO-Pflanzen aus seinen eigenen Flächen heraus die Abstandsstreifen schaffen müsste.
Ein Sprecher des Bauernverbandes sprach sich vor kurzem dafür aus, in Schleswig-Holstein nur die Insel Pellworm als gentechnikfreie Region auszuweisen. Das mag auf der Insel an dem hohen Anteil ökologisch wirtschaftender Betriebe liegen und der Tatsache, dass dort ein Anbau in Koexistenz nicht möglich sein wird. Außerdem - das ist meine Einschätzung - würde allein das Bekanntwerden von GVO-Anbau auf der Insel Pellworm die Zahl der Gäste erschreckend minimieren. Das Image dieser Insel verbietet eine solche Koexistenz.
Ich erwähne hier auch Regionen im südlichen Teil Dänemarks mit hohen Anteilen an ökologischem Landbau. Auch dort wird die Forderung nach Gentechnikfreiheit in zusammenhängenden Regionen inzwischen gestellt.
Wir haben das Gütesiegel Schleswig-Holstein nach Kräften unterstützt. Das Gütesiegel SchleswigHolstein besagt, dass bei der Herstellung des Lebensmittels keine GVO-Futtermittel zum Einsatz kommen dürfen, kein GVO-Saatgut und keine GVOPflanzen verarbeitet werden dürfen. Lassen Sie uns dies zu einem Prinzip für Schleswig-Holstein machen. Schleswig-Holstein ist klar, frisch, einzigartig und natürlich unverfälscht. Das muss unser Markenzeichen bleiben!