Protocol of the Session on January 27, 2005

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion der CDU erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Claus Hopp.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vieles von dem, was ich vortragen wollte, hat der Kollege Höppner schon gesagt, obwohl er einige wesentliche Dinge - ich habe volles Verständnis dafür - hier nicht gesagt hat. Denn Gentechnik ist bei den Sozialdemokraten und bei den Grünen nach wie vor ein sehr umstrittenes Thema,-

(Günter Neugebauer [SPD]: Auch bei vielen Bauern!)

- ja! - obwohl der Bundeskanzler im Oktober 2004 erklärt hat, er wünsche sich etwas mehr Offenheit in dieser Frage in seiner Partei.

(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf von der CDU: Recht hat er!)

Das sagt er ganz sicher nicht ohne Grund.

Die Max-Planck-Gesellschaft - wir kennen sie alle sehr gut - ist zu dem Ergebnis gekommen,

(Zuruf des Abgeordneten Andreas Beran [SPD])

dass das Gesetz, das im Bundestag verabschiedet worden ist, ein reines Genverhinderungsgesetz geworden ist.

(Günther Hildebrand [FDP]: Richtig! - Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Das sagt immerhin die Max-Planck-Gesellschaft. Auch wenn Sie nicht unbedingt uns glauben, was wir zu diesem Thema zusagen haben - das, was die MaxPlanck-Gesellschaft sagt und was Ihr eigener Bundeskanzler sagt, sollten Sie schon ernst nehmen.

Das Gentechnikgesetz des Bundes widerspricht eindeutig europäischer Rechtsnorm. Das ist eine Tatsache.

(Günther Hildebrand [FDP]: Richtig! - Mi- nister Klaus Müller: Quatsch!)

- He seggt: Quatsch! Herr Minister, dann müssen Sie das widerlegen. Ihre Kollegin, Frau Künast, ist wiederholt von der Europäischen Kommission aufgefordert worden, dieses Gesetz auf europäische Rechtsgrundlage zu bringen. Sie ist wiederholt dazu aufgefordert worden. Das steht fest. Das können Sie nicht einfach bestreiten. Das ist so. Sie werden das auch machen. Davon bin ich fest überzeugt.

(Günter Neugebauer [SPD]: Wir haben seit November ein Gesetz!)

- Das entspricht nicht europäischer Rechtsnorm. Das geht einfach nicht. Wir können nicht einfach machen, was wir wollen. Wir leben in Europa. Wir leben in der EU. Wir haben uns europäischen Rechtsnormen anzupassen. So ist es nun einmal.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das haben die Österreicher auch schon feststellen müssen.

(Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Bei Eiderstedt ist das ganz anders!)

Die hatten nämlich das gleiche vor und sind auch damit gescheitert.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das verstehen Sie wahrscheinlich nicht, Frau Fröhlich!)

Nun haben wir nicht nur kritisiert, sondern wir haben im Bundestag insgesamt elf Änderungen zu Ihrem Gesetz eingebracht und haben diese auf europäischer Grundlage erstellt. Leider Gottes haben Sie dieses abgelehnt.

Insofern meinen wir, dass Sie über kurz oder lang - ob Sie es wollen oder nicht - dieses Gesetz ändern müssen. Sie müssen es auf europäischer Grundlage erstellen. Erst dann werden Sie sich diesem hier in Schleswig-Holstein anpassen können. Warum Sie ausgerechnet jetzt zu diesem Zeitpunkt dieses übernehmen, ist für uns ohnehin sehr fraglich, es sei denn, der grüne Koalitionspartner hat darauf gedrungen; das kann natürlich sein.

Ich glaube nicht, dass es die Sozialdemokraten gewesen sind, die zu diesem Zeitpunkt dieses Gesetz so übernommen hätten.

(Günter Neugebauer [SPD]: Das war mit un- sere Initiative! Dazu stehen wir sogar!)

- Na ja, dann ist es auch in Ordnung. Dann haben dazu nicht unbedingt die Agrarier und andere Fachleute gesprochen, sondern es ist eher auf ideologischem Mist gewachsen. Das kann natürlich sein.

(Beifall bei der CDU - Anhaltende Zurufe des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Ich bin auf jeden Fall gespannt - -

Herr Kollege Neugebauer, auch Ihnen steht das Mikrofon im Saal zur Verfügung.

Ich finde es gut, dass einige Kollegen der Sozialdemokraten hier in Wallung kommen. Noch schöner wäre es, wenn sie hier vorne dazu Stellung nähmen. Und richtig gespannt bin ich darauf, Herr Minister Müller, wie Sie es rechtfertigen wollen, was Sie eben gesagt haben, dass nämlich meine Rechtsauffassung unzutreffend sei. Ich kann nur noch einmal wiederholen: Ihre Parteifreundin Frau Künast ist darauf hingewiesen worden, dass es so nicht gehe. Sie habe es zu ändern. - Nehmen Sie hier bitte dazu Stellung.

Für die FDP-Fraktion erteile ich dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit den Worten „Gentechnik in der Landwirtschaft“ haben die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ihren Antrag überschrieben, mit dem sie auf das faktische Aus der grünen Gentechnik in SchleswigHolstein zielen.

„Freilichtmuseum Schleswig-Holstein“ wäre sicherlich die bessere Überschrift gewesen. Denn genau so, wie Sie es heute in Ihrem Antrag fordern, hat sich die EU-Kommission die Zukunft der grünen Biotechnologie in Deutschland und in Schleswig-Holstein ganz sicher nicht vorgestellt.

(Beifall bei FDP und CDU)

Mit der Richtlinie zum Anbau gentechnisch modifizierter Pflanzen wollte sie das gedeihliche Nebeneinander von konventioneller und gentechnisch modifizierter Landwirtschaft regeln. Durch die zukunftweisenden Rahmenbedingungen sollten nicht nur die Landwirte profitieren, sondern auch die innovative Biotechbranche. Schließlich ist die grüne Gentechnik eine der Schlüsseltechnologien für das 21. Jahrhundert.

Doch was macht Rot-Grün daraus? - Das glatte Gegenteil. Mit der Novelle des Gentechnikgesetzes auf Bundesebene versperrt die rot-grüne Bundesregierung, und zwar unter dem heftigen Beifall aus Schleswig-Holstein, dieser Zukunftsbranche jede Chance. Den Rest will Rot-Grün hierzulande mit dem heutigen Antrag erledigen. Zum Stimmenfang für eigene, insbesondere grüne Klientel mag das eine geeignete Maßnahme sein. Für Schleswig-Holsteins Landwirtschaft und Wissenschaft im Bereich der Bio- und Gentechnik ist es der Garaus.

(Beifall bei FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, was Rot-Grün heute unter der wohlklingenden Überschrift „Gentechnik in der Landwirtschaft“ versteckt, ist tatsächlich ein Kreuzzug gegen die grüne Gentechnik.

(Zuruf von der CDU: Genau so ist es!)

Die Doppelzüngigkeit, mit der er verfolgt wird, wird dabei gerade dieser Tage besonders deutlich. Der Kieler Professor Dr. Christian Jung - gleichzeitig Direktor des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung an der Universität Kiel - ist Anfang Dezember vergangenen Jahres mit dem Leibniz-Preis für seine Forschungen auf dem Gebiet der grünen Gentechnik ausgezeichnet worden.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das ist der höchstdotierte deutsche Forschungspreis und mit 1,55 Millionen € auch höher ausgestattet als zum Beispiel der Nobel-Preis. Die Forschungen von Herrn Prof. Jung sind sogar mit Landesmitteln gefördert worden. So weit, so gut.

Die Menschen in Schleswig-Holstein werden allerdings nie in den Genuss kommen und von der Wertschöpfung profitieren, die eine Anwendung dieser grünen Gentechnik verspricht. Denn ganze sieben Tage vor Bekanntgabe der diesjährigen LeibnizPreisträger wurde die Anwendung dieser Techniken in Deutschland mit der Verabschiedung des bereits erwähnten rot-grünen Gentechnikgesetzes im Deutschen Bundestag so gut wie ausgeschlossen. Und die rot-grüne Landesregierung war laut ihren eigenen Pressemitteilungen sogar besonders stolz darauf. Professor Jung wird seine Forschungen jetzt leider im Ausland fortsetzen müssen.

Innovationen sind für Schleswig-Holstein wieder einmal verloren und die Grünen klatschen Beifall.

(Sandra Redmann [SPD]: Wir auch!)

Allerdings muss ich zugeben, dass der grüne Kollege Matthiessen seinerzeit lieber gar nichts gesagt hat, als wir mit dem Agrarausschuss die norddeutsche Pflanzenzucht Lembke in Hohenlieth besucht haben und sehr anschaulich erfahren konnten, wie kompetent dieses Unternehmen in der Pflanzenzucht forscht, für die praktische Anwendung aber nach Kanada auswandern muss.

Meine Damen und Herren, den Weg in eine grüne gentechnikfreie Region Deutschland hat Rot-Grün mit seinem Gentechnikgesetz Ende letzten Jahres bereits vorgezeichnet. Der vorliegende Antrag konkretisiert das Vorhaben lediglich für SchleswigHolstein. Denn bereits heute zwingen die überzogenen Haftungsregelungen die Landwirte praktisch

(Günther Hildebrand)

und faktisch dazu, auf einen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen selbst nur probeweise zu verzichten.

Die EU-Vorgabe, eine Koexistenz im Landbau zu ermöglichen, wurde gleichsam in ihr Gegenteil verkehrt. Wie schön, wenn dem Landwirt deshalb wenigstens das Gefühl vermittelt werden soll, er habe sich freiwillig für eine gentechnikfreie Region Schleswig-Holstein entschieden.