Protocol of the Session on October 18, 2000

darf ich darauf aufmerksam machen, Herr Kubicki, dass der bestehende Bundesverkehrswegeplan in der Zeit Ihrer politischen Verantwortung in Bonn entstanden ist und die jetzt geforderten Maßnahmen nicht einmal in der weiteren Bedarfsplanung enthalten waren.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Wer hat denn die A 7 nicht beantragt! - Zuruf des Abgeord- neten Martin Kayenburg [CDU])

- Also, dass Sie die Wahrheit nicht gern hören, ist ja bekannt.

Wenn unser Wirtschafts- und Verkehrsminister in Kenntnis dieser Sachlage eine provisorische Sechsspurigkeit untersuchen lässt, dann ist das für uns ein pragmatischer und lösungsorientierter Weg, den wir unterstützen, der aber - wie vielleicht deutlich geworden ist - für Sie ja vielleicht viel zu schnell kommt.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Schmitz-Hübsch?

Sie gehen wieder den altbekannten Weg, sehen eine angebliche Sprachlosigkeit zwischen Kiel und Hamburg und wollen dem Minister Versäumnisse in der Abstimmung zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg vorwerfen,

(Zuruf der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

statt gegebenenfalls mögliche unkonventionelle Lösungen zu unterstützen, Herr Kayenburg.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das tun wir doch!)

Die Zusammenarbeit zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg ist gut. Und dafür gibt es eine Reihe von gemeinsamen beispielhaft zu nennenden Projekten: der Verkehrsverbund, die Elbvertiefung, die A 3 XXProblematik, der Innovationsfonds und nicht zuletzt auch die Zustimmung Hamburgs zur westlichen Elbquerung. Das sind ja wohl Zeichen einer guten Zusammenarbeit.

(Martin Kayenburg [CDU]: Lenken Sie doch nicht ab!)

Ich glaube, es gibt genug Probleme für uns zu lösen. Wir sollten uns den Sachthemen zuwenden, statt hier Scheindebatten über angebliche Sprachlosigkeit zwischen Kiel und Hamburg zu führen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die F.D.P.-Fraktion erteile ich jetzt Frau Abgeordneter Aschmoneit-Lücke das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schröder, Sie sind ja schon seit längerer Zeit verkehrspolitischer Sprecher Ihrer Fraktion und wie ich weiß, sind Sie ein guter verkehrspolitischer Sprecher Ihrer Fraktion. Insofern wundert es mich, dass Sie nicht erwähnt haben, dass die Anmeldungen zum Bundesverkehrswegeplan jeweils von den Ländern kommen. Und diese ist von Schleswig-Holstein - wie Sie ebenfalls wissen - in der Vergangenheit nicht gekommen.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Wenn ich mich auf der A 7 befinde, habe ich immer noch häufig den Eindruck, dass das Einzige, was läuft, die Radios sind.

Gerade gestern bin ich wieder auf der A 7 unterwegs gewesen und habe festgestellt, dass die ersten Stauwarnschilder inzwischen schon kurz hinter Molfsee stehen. Insofern hat sich einiges dramatisch zum Nachteil verändert.

Den Eindruck, den ich eben vermittelt habe, hatte ich schon im Juli 1996, als die CDU ihren ersten Antrag zum sechsspurigen Ausbau der A 7 einbrachte. Genauso war es auch im Februar 1999, als die CDU hierzu ihren zweiten Antrag einbrachte. Beide Male erntete die Opposition hämisches Gelächter, Spott und mitleidiges Lachen von der Regierungsbank.

Im Juni 2000 hat der Verkehrsminister des Landes Schleswig-Holstein dann offensichtlich den Ernst der Lage erkannt und unter Begleitung von heftigen Lobgesängen - übrigens von allen Seiten - die provisorische Nutzung der Standstreifen als Fahrbahn angekündigt. Die Betonung liegt allerdings auf angekündigt. Auch ihm war offenbar bewusst: Menschen wollen sich bewegen, Wirtschaft braucht Bewegung. Die Voraussetzung für Bewegung ist eine gut ausgebaute Infrastruktur. Stehender Verkehr ist ein Widerspruch in sich. Der sechsspurige Ausbau der A 7 und der A 23 ist in diesem Sinne wichtig und dringend notwendig für die Entwicklung unseres Landes und die Zukunft der Ostseeregion. Ich habe den Eindruck, wir sind uns inzwischen darüber einig.

Die Landesregierung hat es allerdings jahrelang versäumt, den Ausbau der Autobahnen entschieden einzufordern und zu unterstützen. Jetzt haben wir die Landverbindung zu Skandinavien mittels der Brücken über den Øresund und den Großen Belt, das damit verbundene zusätzliche Verkehrsaufkommen und die verstärkten Probleme. Diese Brücken sind allerdings nicht über Nacht gebaut worden, auch wenn in Skandinavien manches schneller geht als bei uns in Schleswig-Holstein. Wenn das Nadelöhr Elbtunnel demnächst durch die vierte Tunnelröhre etwas entschärft wird, dann hilft uns das überhaupt nicht, wenn wir bereits ab dem Bordesholmer Dreieck im Stau stehen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: So ist es!)

Diese Entwicklung war seit langer Zeit abzusehen.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Ich habe allerdings den Eindruck, dass das Prinzip Hoffnung hier im Lande sehr lange vorgeherrscht hat, nämlich die Hoffnung dass sich alle seriösen Verkehrsprognosen, die diese Zuwächse vorhergesehen

(Christel Aschmoneit-Lücke)

haben, irgendwann in Luft auflösen würden. Vielleicht hatte man auch die Hoffnung, dass diese Zuwächse auf die Schiene verlagert würden. Wir wissen, dass auch das nicht geschehen ist.

Wir begrüßen den Vorschlag des Verkehrsministers, wenigstens mit provisorischen Maßnahmen zu reagieren. Wir freuen uns darüber, dass die Landesregierung den Bedarf endlich nicht nur erkennt, sondern auch anerkennt und entsprechend handeln möchte. Der Hamburgische Verkehrssenator Wagner - der ja nicht nur ein Stadtplaner ist - hat hierzu bemerkt: „Eine Idee zu haben, ist eine Sache. Das Realisieren ist eine andere Sache.“

(Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.]: Da ist etwas dran!)

Das ist ein Zitat aus dem „Hamburger Abendblatt“ vom 13. Oktober 2000, das nach der Vorlage des CDU-Antrags erschien.

Besonders schwierig ist es, grenzüberschreitende Projekte zu realisieren. Eine enge Abstimmung der Beteiligten ist immer besonders wichtig. Von dieser Abstimmung ist aber in der Tat im Moment nicht viel zu sehen. Minister Rohwer hat die provisorische Nutzung der Standstreifen im Juni angekündigt. Im Oktober bremsten ihn seine Hamburger Parteikollegen aus. Ich frage auch Sie, Herrn Kayenburg: Ist das die gerühmte Kooperation der norddeutschen Länder? Darüber hinaus frage ich mich, wer da eigentlich wen auf den Arm nehmen will. Der Verkehrsminister die Schleswig-Holsteiner? Senator Wagner seine Kollegen im Norden? Oder der Kollege Benker die Opposition, denn er hat in der letzten Woche per Pressemitteilung bekundet, es sei alles in bester Ordnung, es gäbe überhaupt keine Probleme mit den Hamburgern. Ich verweise erneut auf das „Hamburger Abendblatt“ vom 13. Oktober 2000.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Karl-Martin Hentschel das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was mich heute Morgen nicht interessiert, ist die Frage der psychologischen Analyse über Konflikte zwischen Herrn Wagner und Herrn Rohwer.

(Lothar Hay [SPD]: Wer ist Herr Wagner!)

Das interessiert mich genauso wenig wie psychologische Analysen über Herrn Kayenburg und Herrn Wadephul.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Uns interessiert nicht, was Sie interessiert!)

Mich interessiert die Situation vor Ort. Ich muss feststellen, dass häufig über Dinge geredet wird, ohne die Situation zu kennen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das ist bei Ih- nen besonders häufig der Fall!)

Tatsache ist, dass die täglichen Staus auf der A 7 und der A 23 -

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Dass es gar keine Staus gibt!)

- Herr Kubicki, auf der A 23 ist ununterbrochen Stau. Wenn Sie einmal da gewesen wären, dann wüssten Sie das.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Da bin ich stän- dig!)

Ich bin in Rellingen im Gemeinderat gewesen und habe die Debatte von Anfang bis Ende mitbekommen. Tatsache ist, dass die täglichen Staus auf der A 7 und der A 23 bereits auf Hamburger Gebiet an der Abfahrt Stellingen entstehen, weil der Pendler- und Lieferverkehr nach Hamburg nicht schnell genug von der Autobahn abfließt. Da die Kapazität der Hamburger Innenstadt nun einmal begrenzt ist, ist der Stau auch nicht zu beseitigen. Er kann lediglich verlagert werden. Nur attraktive ÖPNV-Anbindungen führen dazu, dass ein Teil der Pendler umsteigt.

Trotzdem halte ich es durchaus für sinnvoll, dass auf Hamburger Gebiet ein Ausbau stattfindet, nämlich dann, wenn es gelänge, den abfließenden Verkehr nach Stellingen frühzeitig vom Durchgangsverkehr abzutrennen. Das müsste schon am Dreieck - möglicherweise schon vorher - geschehen. Dies wäre die sinnvollste Maßnahme. So würde man erreichen, dass der Durchgangsverkehr vorbeifahren kann. Dass sich der abbiegende Verkehr staut, ist unvermeidlich. Das wäre eine wesentliche Maßnahme, um die Situation des Durchgangsverkehrs in Hamburg zu erleichtern.

Dem Rückstau vor dem Elbtunnel, der häufig auch eine Rolle spielt, ist meiner Ansicht nach am besten dadurch zu begegnen, dass - mit Öffnung der vierten Tunnelröhre - für den Elbtunnel endlich eine Mautgebühr erhoben wird. Das hat auch die PällmannKommission sinngemäß vorgeschlagen. Dadurch würde man erreichen, dass der Elbtunnel nicht wieder innerhalb weniger Jahre überfüllt ist. Ich glaube, dass die Bürgerinnen und Bürger, die täglich in diesem Stau

(Karl-Martin Hentschel)

stehen, eine Gebühr für 5 DM pro Fahrt oder 100 DM pro Monat durchaus akzeptieren würden, wenn damit die Situation verbessert würde.

Ich habe diese Punkte ausgeführt, weil einem Ausbau einer Autobahn immer erst die Analyse der Stauursachen vorausgehen sollte.