Ich habe diese Punkte ausgeführt, weil einem Ausbau einer Autobahn immer erst die Analyse der Stauursachen vorausgehen sollte.
Wenn man einen Ausbau auf schleswig-holsteinischem Gebiet durchführt, ohne in Hamburg etwas zu ändern, führt das lediglich dazu, dass sich der Stau - statt auf zwei - auf drei Spuren verteilt. Die gestaute Menge wird etwas breiter und etwas kürzer, sie wird aber nach physikalischen Gesetzmäßigkeiten - nicht beschleunigt. Nur in Verbindungen mit Maßnahmen in Hamburg macht es Sinn, den Ausbau der A 7 in Schleswig-Holstein zu prüfen. Deshalb halte ich auch den Vorschlag des Ministers, den sechsspurigen Betrieb erst einmal probeweise einzuführen, für erwägenswert. Es ist aber zu überprüfen, welche Auswirkungen dies auf die Verkehrssicherheit hat.
Auf die Implikationen, die sich aus einem solchen intelligenten Konzept für den Bau der A 20 ergeben, werde ich heute nicht eingehen, weil ich den Rufern aus der ersten Reihe der Oppositionsbank die Luft ersparen möchte.
Stattdessen erlauben Sie mir eine Anmerkung zum Ausbau der A 23. Jeder, der die A 23 zwischen Eidelstedt und Pinneberg kennt, weiß, dass die Autobahn auf beiden Seiten von meterhohen Lärmschutzwänden umsäumt ist, die zum Teil erst in den letzten Jahren gebaut wurden. Und das nicht ohne Grund! Die Autobahn führt mitten zwischen den Ortschaften Halstenbek, Rellingen und Pinneberg hindurch, die bebauungsmäßig längst zu einer einzigen Ortschaft zusammengewachsen sind. Hinter den Lärmschutzwänden befinden sich fast durchgehend Gewerbegebiete und teilweise Wohngebiete, die direkt an die Lärmschutzwände heranreichen. Ein Ausbau der A 23 ist angesichts dieser Situation weder finanzierbar, noch politisch durchsetzbar, ohne in der Region einen Volksaufstand zu riskieren.
Ich kann allen Verantwortlichen deshalb nur raten, von den betreffenden Überlegungen Abstand zu nehmen, und sich einmal mit den betroffenen Kommunalpolitikern zu unterhalten.
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Wer die Verkehrsprobleme auf der A 7 in Hamburg lösen will, muss erstens den Durchgangsverkehr vom Pend
ler- und Lieferverkehr trennen, zweitens für die Pendler den öffentlichen Verkehr auf Straße und Schiene ausbauen. Das ist billiger, hilft der Wirtschaft und den Pendlern schneller und nützt sogar der Umwelt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ohne vernünftige Verkehrsanbindungen ist eine wirtschaftliche Entwicklung nicht möglich. Diese Haltung hat der SSW schon immer vertreten. Dies gilt sowohl für die Schiene als auch für die Straßenverbindungen. In diesen Fragen haben wir keine ideologischen Scheuklappen wie vielleicht manch anderer. Aus unserer Sicht ist es daher unverständlich, dass man sich zwischen Rot-Grün in Hamburg und RotGrün in Schleswig-Holstein nicht auf eine pragmatische Lösung bei den Verkehrsproblemen mit der A 7 und der A 23 einigen kann.
Die einzige Erklärung ist, dass es offenbar einen qualitativen Unterschied zwischen einer Koalition mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und einer Koalition mit der Grün-Alternativen-Liste gibt. In Hamburg scheint ein großer Koalitionspartner von einem kleinen Partner gehörig vor sich her getrieben zu werden. Die Einschätzung für Schleswig-Holstein überlasse ich Ihnen.
Wer regelmäßig im Stau im Hamburger Randgebiet steht oder - besser ausgedrückt, als quasi Einheimischer - versucht, diesen zu umgehen, weiß, dass Staus unnötigen Mehrverkehr produzieren. Dieser Mehrverkehr zusammen mit den Abgasen durch die Staus verpestet gerade die Umwelt, deren Schutz sich die Grünen auf die Fahnen geschrieben haben.
Somit muss es ureigenste grüne Politik sein, dieser Luftverpestung ein Ende zu setzen. Ziel muss sein, umweltschädigenden Mehrverkehr und Staus einzudämmen.
Wir begrüßen die pragmatische Lösung von Verkehrsminister Rohwer, der erst einmal den Standstreifen als dritte Fahrspur ausweisen will.
Das ist eine Politik, die auf die Probleme der Bürger unmittelbar eingeht. Deswegen sind die Reaktionen aus Hamburg überhaupt nicht zu verstehen. Es wird Zeit, dass alle erkennen, dass es Straßenverkehr gibt und man diesen nicht verteufeln soll.
Es gibt einen Anspruch auf Mobilität für alle. Deshalb ist es nicht der richtige Weg, die Mobilität der Menschen aus ideologischen Gründen einzuschränken,
sondern richtig ist vielmehr, liebe Freunde von der CDU, die Mobilität des Einzelnen so umweltverträglich wie möglich zu gestalten.
(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW], Lothar Hay [SPD], Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: So ist es! - Bei- fall bei CDU und F.D.P.)
Dass hierzu als Ergänzung ein attraktiver ÖPNV angeboten werden muss, schließt dies nicht aus. Beides individuelle Mobilität und ÖPNV - gehören zueinander und gehören miteinander verbunden. Erst dann ergibt sich ein vernünftiges, den Ansprüchen der Allgemeinheit und des Einzelnen angepasstes Verkehrskonzept.
Dass in Zukunft die Autobahnen A 7 und A 23 in Teilen sechsspurig ausgebaut werden müssen, ist somit eine Zwangsläufigkeit.
Ich gehe sogar noch etwas weiter. Die Berechnungsgrundlagen, die dazu dienen zu ermitteln, ob eine Straße - sei es eine Autobahn oder eine Bundesstraße ausgebaut werden muss, sind nur unzureichend auf die Problemstellungen in Schleswig-Holstein abgestellt. Schleswig-Holstein ist ein touristisch stark frequentiertes Land. Das führt zu hohen saisonalen Belastungen der Straßen und der Menschen. In den Sommermonaten entstehen dadurch Staus, die mit dem unzureichenden Ausbau der Straßen in Schleswig-Holstein begründet werden können, sogar begründet werden müssen.
Deshalb müssten aus unserer Sicht die Berechnungsgrundlagen geändert werden. Nicht mehr das durchschnittliche Verkehrsaufkommen auf das Jahr bezogen, sondern die saisonalen Spitzenzeiten sollten als Berechnungsgrundlage dienen.
und dass man hieran sehr schnell arbeiten muss. Ich denke dabei an die A 7 in Höhe Bordesholmer Dreieck oder auch - ganz wichtig - an die B 5 zwischen Tönning und Husum,
die in den Sommermonaten regelmäßig völlig überlastet sind. Ich weiß, dass auch SPD-Abgeordnete so denken.
Aus ökologischen und ökonomischen Gründen ist ein vernünftiger Ausbau der Verkehrsinfrastruktur vonnöten. Ideologie hat dabei nichts zu suchen, sondern Sachorientierung.
Der Individualverkehr und auch der ÖPNV müssen gleichzeitig qualitativ weiterentwickelt werden. Das muss das Ziel sein. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich die Initiativen des Verkehrsministers in diesen Bereichen.
(Anhaltender lebhafter Beifall bei SSW, SPD, CDU und F.D.P. - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Eine der besten Reden!)
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Anträge wurden nicht gestellt. Ich stelle damit fest, dass der Antrag der CDU-Fraktion zum Ausbau der A 7 und der A 23 mit dem Bericht der Landesregierung erledigt ist. Wir treten jetzt in die Mittagspause ein.
Eine Sekunde bitte! Wir werden nach der Mittagspause um 15 Uhr den Tagesordnungspunkt 15 „Leitlinien für eine ordnungsgemäße Landbewirtschaftung in Schleswig-Holstein“ aufrufen. Ich wünsche allen einen guten Appetit.
(Zurufe der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Martin Kayenburg [CDU]: Zuerst Tagesordnungspunkt 43!)