Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass die heutige Debatte so, wie sie von der Opposition geführt wird, leider den Intentionen und auch dem Inhalt dieser Leitlinien, die von der Landesregierung und von der Landwirtschaftskammer - das unterschlagen Sie in Ihren Reden leider immer - vorgelegt worden sind, überhaupt nicht gerecht wird. Ich finde es ausgesprochen bedauerlich, dass Sie bei diesen Leitlinien, die mit der Intention vorgelegt worden sind, die Sie ja auch völlig richtig beschreiben - Dialog als wesentliches Merkmal des Prozesses, der mit den Leitlinien angestrebt werden soll - , immer wieder in die alten Debatten verfallen und den Versuch, eine Grundlage zu schaffen, auf der man sich inhaltlich einigen kann, wie es denn in der Landwirtschaft weitergehen soll, unterlaufen. Denn die Probleme sind ja offenkundig vorhanden. Dass zwischen Naturschutz und Landwirtschaft ein Gesprächsbedarf besteht,
wird überhaupt niemand bestreiten. Die Landesregierung hat sich auf den Weg gemacht, eine Grundlage zu schaffen, auf der man inhaltlich fundiert miteinander reden kann. Sie aber stellen sich hier hin und sprechen von „überflüssig“ und Ähnlichem. Mir fehlte in den Reden nur noch das Wort „übergestülpt“. Das wird dieser Diskussion und dem Bemühen der Landesregierung nicht gerecht. Ich finde es ausgesprochen bedauerlich, dass Sie sich wieder in die Ecke der Mäkelei stellen, statt konstruktiv an diesem Prozess mitzuwirken.
Auch in Ihren Reden, Frau Happach-Kasan und Herr Jensen-Nissen, ist leider überhaupt nichts deutlich geworden, außer Ablehnung und der Erklärung: Wir wollen lieber die alten Kampffronten aufrechterhalten, statt eine Basis zu schaffen, auf der wir gemeinsam miteinander reden können.
Ich finde das schade. Die Leitlinien, die hier vorgelegt worden sind, lösen - darin stimme ich Ihnen zu - überhaupt keines der Probleme, die anstehen.
Denn diese Gespräche müssen geführt werden. Diese Überflüssigkeit, von der Herr Jensen-Nissen geredet hat, dass es überflüssig sei, diesen Begriff der „guten fachlichen Praxis“ oder der „ordnungsgemäßen Landwirtschaft“ zu beschreiben, ist nun allerdings Unfug. Wir brauchen vielmehr eine ganz konkrete Beschreibung und ich möchte gern den Zusammenhang, in dem ich das sehe, noch einmal darstellen.
Sie haben bei all den Debatten, die wir zum Beispiel über Ausgleichszahlungen geführt haben, immer sehr deutlich gemacht, dass eine Konkretisierung des Anspruchs der Landwirte auf Ausgleichszahlungen, den auch ich sehe, erfolgen müsse. Das geht aber nur, wenn wir den Begriff der „guten fachlichen Praxis“ konkret gefüllt haben, damit wir das, was in der Landwirtschaft über diesen Begriff hinausgeht, auch mit Ausgleichszahlungen bedenken können. Das ist ein wichtiger Hintergrund für die ganzen naturschutz
rechtlichen Regelungen und die Regelung der Ausgleichszahlungen, die dieses Land noch realisieren muss.
Deshalb meine ich, dass wir mit diesen Leitlinien auch im Inhaltlichen eine vernünftige Vorlage haben. Es fehlen eine Reihe von Dingen; so ist der gesamte Bereich der Tierproduktion nicht angesprochen, obwohl er eigentlich in so ein Papier mit hinein gehörte. Das muss nachgearbeitet werden.
Dazu gehört auch, dass jetzt, nachdem die Landwirtschaftskammer zugestimmt hat, auch noch einmal mit dem Bauernverband und mit den Naturschutzverbänden weiter darüber gesprochen wird.
Ich habe das so verstanden, dass das gemacht werden soll, und ich würde es ausgesprochen bedauerlich finden, wenn sich der Bauernverband diesem Diskussionsangebot verweigern würde.
Für mich - das habe ich schon gesagt - gehört das in die Debatte um Ausgleichszahlungen für die Landwirtschaft hinein. Liebe Frau Ministerin, in der notwendigen Debatte um die Perspektiven einer naturgemäßen Landwirtschaft halte ich Ausgleichszahlungen für Landwirte für notwendig. Wenn wir aus dem elendigen Konflikt zwischen Naturschutz und Landwirtschaft herauskommen wollen, muss diese Gesellschaft mehr Geld als bisher in die Hand nehmen, um diese Konflikte zu lösen.
Das wird nicht mit ordnungsrechtlichen Maßnahmen und auch nicht mit der Definition guter fachlicher Praxis zu regeln sein, sondern es wird notwendig sein, als Gesellschaft mehr Geld in die Hand zu nehmen, um diesen Konflikt zu lösen. Ich finde es ausgesprochen schade, wenn in den Haushaltsansätzen zum Beispiel die Förderung der extensiven Grünlandbewirtschaftung oder die Ausgleichszahlungen für Schäden durch Gänsefraß oder Kormorane gestrichen werden. Das ist ein Zeichen in die falsche Richtung. Das sollten wir gemeinsam ändern.
Sprechen Sie sich dafür aus, dass Naturschutzauflagen in Zukunft an Ausgleichszahlungen gebunden werden?
Kollege Ehlers, ich habe das gerade eben sehr deutlich gesagt: Ich bin dafür, dass diese Gesellschaft für Ausgleichszahlungen gerade im Zusammenhang mit Naturschutz Geld in die Hand nimmt. Denn der Konflikt zwischen Landwirtschaft und Naturschutz ist nur zu lösen, wenn mehr Geld gezahlt wird, gerade für Naturschutzauflagen. Um das zu leisten, brauchen wir allerdings eine vernünftige Definition der guten fachlichen Praxis, weil Naturschutzauflagen über die gute fachliche Praxis hinausgehen.
Deshalb brauchen wir diese Diskussion. Deshalb finde ich es auch richtig, dass die Landesregierung das gemacht hat. Ich finde es falsch - das sind die beiden Beispiele, die ich bereits genannt habe -, aus der Förderung der extensiven Grünlandbewirtschaftung und den Ausgleichszahlungen für Gänsefraßschäden herauszugehen. Das sind die falschen Signale, die irgendwo wieder Flächenbrände möglich machen, von denen ich eigentlich hoffe, dass wir sie überwunden haben.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns an dieser Stelle weitermachen. Wir brauchen das Gespräch zwischen Landwirtschaft und Naturschutz. Die Landesregierung hat hier eine Vorlage gemacht, die nicht in allen Punkten perfekt ist, aber sie ist eine Diskussionsgrundlage. Nicht Blockade, sondern Dialog ist angesagt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wieder einmal wird von der CDU etwas zu einem Problem gemacht, was eigentlich gar keines ist. Sie fordern, etwas zurückzuziehen, was derzeit so praktiziert wird. Die erste Kritik, die man hört, ist, es werde etwas beschrieben und konkretisiert, was schon lange gängige Praxis ist; das sei nicht unbedingt notwendig.
Die Landwirte und Gartenbaubetriebe haben in den letzten Jahren immer so gearbeitet. Das ist jetzt nur noch einmal in Schriftform gebracht worden. Dies kann wohl kaum so falsch gewesen sein, schaden jedenfalls kann es nicht, da das schon gängige Praxis ist.
Die zweite Kritik, die man hört, lautet, es würden hier noch einmal Gesetzestexte wiedergegeben und konkrete Inhalte beschrieben, die ohnehin bekannt seien.
Zu meinen, dass eine solche Aufstellung nicht notwendig sei, da alle Landwirte und Gartenbaubetriebe die Gesetze kennen würden, mag auf den ersten Blick richtig sein. Es kann jedoch auch hier nicht schaden, noch einmal etwas wiederzugeben, um es zu verdeutlichen. Dies dient ausdrücklich der Übersichtlichkeit. Es ist somit eine gute Hilfestellung der Landesregierung an die Landwirtschaft und an Gartenbaubetriebe.
Die dritte Kritik, die man hört, lautet, hier würden Ermessensspielräume in den Gesetzen konkretisiert und somit würde der Gesetzgeber übergangen.
Wenn es Ermessensspielräume gibt und diese derzeit schon genutzt beziehungsweise in einer bestimmten Form ausgelegt werden, so kann man der Landesregierung eigentlich nur dankbar dafür sein, dass sie diese Ermessensspielräume konkretisiert und definiert hat.
Somit wird nämlich deutlich, wie derzeit gültige Gesetze in unseren Ämtern ausgelegt werden. Dies gibt uns die Möglichkeit, darauf bei Bedarf zu reagieren. Das Ganze dient also auch der Transparenz. Jeder Partei im Landtag steht es offen, Gesetzesinitiativen einzubringen, wenn sie mit der Auslegung von geltendem Recht unzufrieden ist.
(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW] und Karl-Martin Hentschel [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])
Grundsätzlich begrüßt der SSW die Herausgabe der Leitlinien für eine ordnungsgemäße Landbewirtschaftung. Erweist es sich jedoch, dass es durch Textpassagen in den Leitlinien zu Unklarheiten oder gar Verschärfungen gegenüber der bisherigen Praxis kommen sollte, so müssen diese Passagen konkret genannt und dann möglicherweise auch geändert werden, Herr Jensen-Nissen. Dies bedeutet aber nicht, dass man die gesamten Leitlinien infrage stellen sollte.
Hier wird intensiv beschrieben, wie Landwirte und Gartenbaubetriebe den naturverträglichen und ressourcenschonenden Teil der guten fachlichen Praxis erfüllen können. Selbstverständlich spielen auch weiterhin
wirtschaftliche Gesichtspunkte in der Betriebsführung des Einzelnen eine Rolle. Gleichwohl ist es mit Sicherheit eine große Hilfe, wenn Betriebe diese Leitlinien an die Hand bekommen, sei es als inhaltliche Hilfestellung oder als mögliches Nachschlagewerk für die Erfüllung von Qualitätsvorgaben. Dies hat sicherlich auch die Landwirtschaftskammer seinerzeit dazu bewegt, die Leitlinien gemeinsam mit der Landesregierung zu präsentieren.
Ein Gesichtspunkt droht allerdings in der gesamten Debatte völlig unterzugehen. Die Aufstellung solcher Leitlinien dient auch der Transparenz gegenüber der EU und Zuschussgebern. Immer häufiger sind Zahlungen an Vorgaben und Richtlinien gebunden. Diese betreffen auch die gute fachliche Praxis, die nachgewiesen werden muss. Herr Steenblock sprach gerade eben davon. Wenn wir diese jetzt so aufstellen und verabschieden, hat das zur Folge, dass die Leitlinien auch in Anträgen angeführt werden können. Das hat zur Folge, dass man unbürokratischer und möglicherweise auch schneller an Finanzmittel herankommen kann. Das wiederum ist ein Riesenvorteil, den die Landwirte gerade dadurch haben werden, dass wir das so festgelegt haben. Dies ist für den SSW ein wichtiger Grund, die Herausgabe der Leitlinien zu befürworten.