Protocol of the Session on November 12, 2004

So wurde mit der Beraterfirma, welche den Zuschlag erhielt, ein Ergänzungsvertrag geschlossen, ein Vertrag, welcher die Erweitung der Leistungen der Beraterfirma einerseits und eine Honorarerhöhung um 80.000 DM anderseits vorsah. Eine Ausschreibung dazu hat es ebenfalls nicht gegeben.

Zum Beschaffungsverfahren der Software selbst stellte der Ausschuss unter anderem fest, dass ein Vergabevermerk, der die Gründe für eine Auftragsvergabe im Verhandlungsverfahren dokumentiert, nicht existiert, die vorgesehene Frist für den Eingang der Teilnehmeranträge missachtet wurde, die Ergebnisse der so genannten Testinstallation zur Überprüfung der angebotenen Softwarelösungen nicht dokumentiert waren und dass noch vor Abschluss dieser Testphase der Hamburger Staatsrat Reimers gegenüber dem Staatssekretär Dr. Lohmann feststellte, dass beide Finanzressorts das gleiche Softwareprodukt vorschlagen wollten.

(Thomas Stritzl)

Der von Staatssekretär Dr. Lohmann am 27. April 1998 unterzeichnete Vertrag der Zeugin Störtebeker auf Erteilung des Auftrages an debis/SAP stieß beim Landesrechnungshof auf erhebliche Bedenken, einerseits wegen der noch nicht existierenden Komponente für die dezentrale Mittelbewirtschaftung und andererseits wegen des Votums des Beratungsunternehmens. Die WIBERA hatte debis/SAP nach Auswertung von circa 4.800 Einzelkriterien auf Platz fünf der Rangfolge für die Zuschlagerteilung gesetzt.

Am 5. Mai 1998 beschloss die Landesregierung eine bedingte Zuschlagserteilung an debis/SAP. Der Finanzausschuss willigte am 4. Juni ein und wollte dabei unter Bezug auf die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie vertraglich sichergestellt wissen, dass das Land notfalls unter vernünftigen Bedingungen, vor allem ohne finanzielle Nachteile, einseitig aussteigen konnte.

Ähnlich hat auch der Finanzminister im Umdruck 14/1883 votiert, den der Finanzausschuss am 7. und 14. Mai dieses Jahres diskutiert hatte. Neben dem Vorbehalt einer Machbarkeitsstudie kündigte er dort auch die Aufnahme von Schadenersatzregelungen für den Fall an, dass SAP den Anforderungen nicht gerecht werden könne. Tatsächlich erhielt der von Staatssekretär Dr. Lohmann am 15. Juli unterzeichnete Vertrag mit der Firma debis keine Bedingungen im Hinblick auf eine Machbarkeitsstudie. Der am selben Tag geschlossene Vertrag, wonach das Finanzministerium der bereits bestehenden Vereinbarung von Hamburg und SAP beitrat, sah gleiche Rechte und Pflichten für das Land Schleswig-Holstein und für Hamburg vor, jedoch mit einer Ausnahme: Die in diesem Vertrag zugunsten von Hamburg geregelten Schadenersatzansprüche wurden für SchleswigHolstein ausgeschlossen.

Wegen der nebenberuflichen Tätigkeiten des Staatssekretärs a.D. Dr. Lohmann verweise ich auf die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungsverfahren wegen Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung wurden mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Wegen der unterlassenen Anzeige seiner Verdienste aus den Beraterverträgen erging ein Strafbefehl wegen Betrugs, der rechtskräftig wurde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe versucht, Ihnen einen Überblick über den Gang des Verfahrens seit dem 29. April 2002 zu geben sowie über wesentliche unstrittige Erkenntnisse, welche der Ausschuss in dieser Zeit gewonnen hat. Eine Vertiefung der Bewertungen ist aufgrund der vorgesehenen Zeit leider nicht möglich. Sie umfassen in dem Bericht insgesamt 240 Seiten.

Darüber hinaus werden die Fraktionen gleich selbst das Wort zu ihren Voten nehmen. Dabei entspricht das Mehrheitsvotum, im Verzeichnis als „Bewertung“ benannt, dem Votum der Fraktion der SPD, welchem die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die kein eigenes Votum einbrachte, vollinhaltlich beitrat. Mit den Stimmen des SSW wurde dieses Votum dann gegen die Stimmen von CDU und FDP zum Mehrheitsvotum erhoben. Im Übrigen hat der SSW ein eigenes Votum eingebracht.

Das Mehrheitsvotum kommt kurz gesagt - ich bin schon zwei Minuten über der Zeit - im Hinblick auf die Kernfrage zu Komplex A zu dem Ergebnis, dass sich Dr. Pröhl mit Sicherheit dienstwidrig verhalten hat, die Frau Ministerpräsidentin hiervon nicht frühzeitig in Kenntnis war und sich Rechtsverletzungen bei der Kontrolle nebenberuflicher Tätigkeiten durch die Landesregierung nicht ergeben haben. Zu Komplex B, so sagt dedasr Mehrheitsvotum, werden zahlreiche Verstöße gegen das Vergaberecht konstatiert.

Die Unterschiedlichkeit der Bewertungen, welche in den sehr umfänglichen Voten jeweils zum Ausdruck kommt, hatte auch zur Folge, dass der Ausschuss keine einheitliche Auffassung zu den zu ziehenden Konsequenzen getroffen hat. Der Ausschuss kam deshalb überein, sie den jeweiligen Bewertungen anzufügen, da sie eine Ableitung derselben darstellen. Die Stellungnahmen der Betroffenen wurden ungekürzt wiedergegeben. Der Ausschuss hat dabei bewusst von der Möglichkeit Abstand genommen, nur deren wesentlichen Inhalt in den Bericht aufzunehmen; denn so bleibt die Gesamtsicht der Betroffenen für den Leser erhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine so umfassende Arbeit, wie sie der Zweite Parlamentarische Untersuchungsausschuss zu leisten hatte, bedarf der Hilfe vieler hinter den so genannten Kulissen. Deshalb möchte ich Dank sagen: Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stenografischen Dienstes und des Ausschussbüros, des Wissenschaftlichen Dienstes für seine Rechtsberatung, der Landtagsverwaltung bis hin zur Druckerei, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Fraktionen. (Beifall)

Herzlichen Dank aber auch Ihnen, Herr Gerhard. Sie haben als Geschäftsführer des Ausschusses eine herausragende Arbeit geleistet. Es war ein Gewinn für die Arbeit des Ausschusses, dass sich eine so anerkannte Richterpersönlichkeit dem Parlament zur Verfügung gestellt hat.

(Beifall)

(Thomas Stritzl)

Den Kolleginnen und Kollegen des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses danke ich für die Zusammenarbeit, namentlich genannt und damit auch stellvertretend für alle Rolf Fischer, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses.

(Beifall)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter für diesen Bericht. Ich will im Namen des gesamten Hauses ausdrücklich den beiden Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, den Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern des Untersuchungsausschusses, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Herrn Gerhard für seine beratende und unterstützende Arbeit ein ganz herzliches Dankeschön dafür sagen, dass sie im Interesse der politischen Kultur in diesem Land, im Interesse des Parlaments und nicht zuletzt im Interesse der Betroffenen sich einer schwierigen, mühevollen, großformatigen Aufgabe unterzogen haben, diese abgeschlossen haben und uns das Ergebnis heute vorlegen. Herzlichen Dank.

(Beifall)

Wortmeldungen zum Bericht sehe ich nicht. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Neugebauer das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der hinter uns liegende Untersuchungsausschuss war eine Veranstaltung der Superlative: fast drei Jahre Bearbeitungszeit, 86 Sitzungen, 42 Zeugen, die wir teilweise mehrfach gehört haben, 172 Aktenordner Beweismaterial, Hunderttausende Euro Kosten und 13 Landtagsabgeordnete, die fast drei Jahre lang von wichtigeren Aufgaben im Land und im Wahlkreis abgehalten worden sind. Hinzu kommen große Ankündigungen, schwere Geschütze und schillernde Zeugen. Schließlich das Resümee: ein grandioses Scheitern der Opposition mit ihrem Versuch, die Ministerpräsidentin mit einer beispiellosen Schmutzkampagne zu Fall zu bringen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Dieser Aufwand, meine Damen und Herren, war also notwendig, um letztlich zu der Erkenntnis zu kommen, dass an den von Ihnen lautstark vorgetragenen Vorwürfen nichts dran ist. Zu dieser Feststellung hätte man auch nach kurzer Zeit der Beweisaufnahme kommen und den Rest der Justiz überlassen können.

Aber die Versuchung, diese Kampagne gegen die Ministerpräsidentin zunächst bis zur Bundestagswahl 2002, dann bis zur Kommunalwahl 2003 und letztlich bis zur Landtagswahl 2005 zu fahren, war einfach zu groß.

Dabei war schon die Einsetzung des Untersuchungsausschusses begleitet von Pleiten, Pech und Pannen. Vier Landtagsanläufe brauchte die CDU, um endlich einen Antrag vorzulegen, der eine einigermaßen brauchbare Arbeitsgrundlage des Ausschusses darstellte und rechtsstaatlichen Grundsätzen gerade noch entsprach. Die Opposition war offenkundig so volltrunken von der Vorstellung, nun das erreichen zu können, war ihr in Wahlen nicht gelungen war, dass man neben der handwerklichen parlamentarischen Sorgfalt auch noch den Anstand und rechtsstaatliche Grundsätze mehr und mehr sausen ließ.

Dies galt umso mehr, meine Damen und Herren, als sich dann nach wenigen Sitzungen in der Beweisaufnahme immer deutlicher herausstellte, dass an den Vorwürfen der Opposition und namentlich des Kollegen Kayenburg gegenüber der Ministerpräsidentin, diese habe von den Machenschaften von Dr. Pröhl & Co. gewusst und diese gedeckt, nichts übrig bleiben würde. Statt aber nun, wie von uns gefordert und eigentlich zu erwarten, die Sache zu einem zügigen Ende zu führen, ging die CDU erst richtig in die Vollen.

Dennoch gaben die häufig ganztätigen Vernehmungen von Auskunftspersonen trotz - das muss ich leider sagen - des inquisitorischen Eifers des Obmanns der CDU-Fraktion nichts Sensationelles her. Das hielt insbesondere die CDU nicht davon ab, ihr Kesseltreiben gegen Frau Simonis fortzusetzen. Was mussten wir nicht alles von der Opposition hören und lesen! Ich will aus Zeitgründen nur Beispiele nennen: Simonis hat gelogen. Unrichtige Aussagen von Simonis im Untersuchungsausschuss. Eine weitere falsche Aussage. Frau Simonis hat bereits vor dem Untersuchungsausschuss nachweislich mehrfach die Unwahrheit erklärt. Oder: Heide Simonis hat den Filzausschuss offenbar belogen. Oder: Simonis ist mit ihren Aussagen am Ende - Beweise für diese schweren Anschuldigungen ist die CDU leider schuldig geblieben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Diese Entgleisungen waren nicht nur das Werk eines außer Kontrolle geratenen Obmanns der CDUFraktion, sondern sie wurden auch von der CDUFührung befördert. So erklärte der Kollege Kayenburg - ich muss schon sagen - unbelastet von jeglicher

(Günter Neugebauer)

durch eigene Mitarbeit im Ausschuss erworbener Kenntnis der Sachlage am 11. Juni 2003 vor der Presse: Simonis soll zurücktreten. Die Regierungschefin habe den Filzuntersuchungsausschuss belogen und behindere die Aufklärung der Kieler-Schloss-Affäre. Daher, so Kayenburg, müsse sie über einen Amtsverzicht nachdenken. Zwar - ich habe noch einmal nachgeguckt - weist das Landtagshandbuch Sie, Herr Kayenburg, nicht als versierten Strafjuristen aus,

(Jost de Jager [CDU]: Sie auch nicht, Herr Neugebauer!)

aber Sie haben Ihren Ausführungen gleich das Urteil folgen lassen. Auch das will ich Ihnen nicht vorenthalten. Kayenburg: Für mich würden die Fakten für einen Indizienprozess immer ausreichen.

Aber, meine Damen und Herren, es kam noch schlimmer. Nachdem im Verlauf des Verfahrens ein früherer Geschäftspartner von Dr. Pröhl in der Untersuchungshaft verstarb sowie der Hamburger Unternehmer Falk Brückner, mit dem Dr. Pröhl bekanntlich das Projekt Kieler Schloss realisieren wollte, einer Herzattacke erlag, witterte die CDU-Fraktion ganz finstere Mächte am Werk. Am 6. Dezember 2002 mussten wir von Herrn Kayenburg lesen: „Es fällt schwer, angesichts so vieler Merkwürdigkeiten an Zufall zu glauben.“ Im „Hamburger Abendblatt“ konnten wir lesen: „Andere CDU-Aufklärer flüstern, sie wollten sich gar nicht vorstellen, dass Ministerpräsidentin Heide Simonis etwas damit zu tun haben könnte.“

(Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

Aber der makabre Höhepunkt dieses Versuches, die Ministerpräsidentin mit diesen Todesfällen in direkte Verbindung zu bringen, stellte dann ein Beweisantrag der CDU-Fraktion dar. Sie beantragte allen Ernstes die Beiziehung der Todesermittlungsakten. Meine Damen und Herren, allein dafür müssen sie sich schämen!

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Im Übrigen ist dieser Antrag bis zum heutigen Tage von Ihnen nicht zurückgezogen worden.

Bei so viel Entschlossenheit mochte auch der CDULandesvorsitzende Carstensen nicht zurückstehen und stärkte seine Aufklärungstruppe im Landtag mit folgender Presseerklärung vom 17. September 2003 den Rücken:

„Schon jetzt steht fest: Es wurden Unwahrheiten gesagt.“

- Sagt Carstensen, denn er war ja dabei.

„Die Ministerpräsidentin ist in schwere Widersprüche verstrickt und angeschlagen …“

Darüber hinaus wurden, gestützt auf das Minderheitenrecht, aber leider zulasten der Landeskasse zahlreiche Personen als Zeugen geladen, die ersichtlich am Geschehen nicht oder nur am Rande beteiligt waren. Bei diesen Beweiserhebungen ins Blaue hinein ging es offensichtlich nur darum, zu erreichen, dass irgendetwas hängen bleiben möge und die Arbeit des Ausschusses - dies geschah ja erfolgreich - bis in die Nähe der Landtagswahl gerückt werden könne.

Was wurde nun in der Sache festgestellt? Ich will die Ergebnisse der Beweisaufnahme wegen der knappen Zeit kurz zusammenfassen: Es gab keine Regierungsaffäre, sondern es gab eine Affäre Lohmann und Dr. Pröhl. Die Untersuchung hat ergeben, dass in beiden Tatkomplexen die Betroffenen Dr. Pröhl und Dr. Lohmann über längere Zeiträume Nebentätigkeiten ohne Kenntnis oder Genehmigung ihres Dienstherrn ausgeübt haben.

Lassen Sie mich mit dem Komplex Dr. Lohmann oder SAP-Vergabeverfahren beginnen: Der Betroffene Dr. Lohmann wurde durch das Amtsgericht Kiel wegen Betruges zu einer Geldstrafe verurteilt, da er seine Nebeneinkünfte nicht, wie gesetzlich vorgeschrieben, angegeben hatte. Ein Verfahren wegen Bestechlichkeit wurde bekanntlich eingestellt.

Hätte er seine Beratertätigkeiten vorschriftsmäßig angezeigt, hätte ihm die oberste Dienstbehörde, das Finanzministerium, diese Nebentätigkeit entsprechend Landesbeamtengesetz nicht genehmigen können.

Die Untersuchung - darauf lege ich großen Wert - hat keine Hinweise darauf erbracht, dass Mitglieder oder Beschäftigte der Landesregierung oder Abgeordnete über die Nebentätigkeiten des Dr. Lohmann unterrichtet waren.

Bei der Beschaffung eines Mittelbewirtschaftungs- und Kostenleistungsrechnungsprogramms für die Landesregierung ist es unstrittig zu Verstößen gegen das Vergaberecht und das Haushaltsrecht gekommen. Das hätte allerdings auch der Finanzausschuss feststellen können. Die Landesregierung - das begrüßen wir - hat hieraus Konsequenzen gezogen.

Wichtig ist uns hervorzuheben, dass sich an keiner Stelle auch nur im Ansatz Hinweise darauf ergeben haben, dass es hier Filz oder gar Korruption gegeben hat. Es hat formale Mängel gegeben, aber inhaltlich lief alles transparent und korrekt ab. Die formalen Mängel waren unstrittig vermeidbar. Für die Vermeidung dieser formalen Mängel, Kollege Kubicki, war

(Günter Neugebauer)

aber nicht die politische Leitung des Hauses, sondern die zuständige Abteilung verantwortlich.