Ich erteile zunächst dem Berichterstatter des Sozialausschusses, Herrn Abgeordneten Beran, das Wort.
Agrarausschuss - mitberatend - haben diese Vorlage ausführlich beraten. Ich verweise im Übrigen auf die Drucksachenempfehlung des Sozialausschusses.
Ich bedanke mich beim Herrn Berichterstatter für die ausführliche Berichterstattung. - Gibt es Wortmeldungen zu diesem Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Für die Fraktion der CDU erteile ich dem Abgeordneten Claus Ehlers das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach ausführlichen Diskussionen im Vorfeld ist es letztlich nicht gelungen, auch im Ausschuss eine umfassende Beratung durchzuführen. Der Wunsch, die kurzfristig eingegangene Stellungnahme eines beteiligten Unternehmens mit einer Anhörung zu untermauern, hat im Ausschuss leider keine Mehrheit gefunden.
Mir ist sehr wohl bekannt, dass ein Anwalt beide Beseitigungsunternehmen vertritt und daher in der Bewertung keine großen Unterschiede bestehen. Dennoch wäre es richtig gewesen, nicht nur ein Unternehmen zu berücksichtigen.
Die Notwendigkeit der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs ergab sich aus der Umsetzung einer Verordnung der Europäischen Union. Wir hatten bisher nicht das Gefühl, dass auf diesem Gebiet in Schleswig-Holstein ein Defizit besteht; dennoch muss gehandelt werden.
Im Verlaufe der Diskussion hat sich ergeben, dass die Tierkörperbeseitigung am rationellsten in einer Hand beim Land gebündelt werden sollte. Diese Option bleibt weiterhin offen, sofern die Kreise und kreisfreien Städte in der Lage sind, die Verantwortung entschädigungsfrei an das Land zu übergeben. Die finanziellen Unwägbarkeiten dürfen das Land nicht belasten. Ich hoffe, dass alle Beteiligten in nicht allzu ferner Zukunft auf einen Nenner kommen.
Die Kritik am vorliegenden Gesetzentwurf wurde vonseiten der Beseitigungsfirmen nicht leichtfertig geäußert und ist weitgehend nachvollziehbar. Grundsätzlich legen wir Wert darauf, dass die derzeitigen Unternehmen die Beseitigungsaufgaben auch weiterhin durchführen. Dennoch wird spätestens mit Auslaufen aller Verträge eine Ausschreibung ins Haus stehen und damit insbesondere das Entgeltgefüge auf eine neue Basis gestellt werden. Der Bauernverband
hat deutlich gemacht, dass eine Ausschreibung in seinem Interesse liegt. Bis dahin müssen die Tierkörperbeseitigungsanstalten ebenso wie die Landwirtschaft mit den festgelegten Entgelten leben können.
Der Stellungnahme der Tierkörperbeseitigungsanstalten ist zu entnehmen, dass seit Jahren mit dem zuständigen Ministerium beziehungsweise dem Tierseuchenfonds Rechtsstreitigkeiten bezüglich einer marktgerechten Entlohnung bestehen. Der Stellungnahmen ist des Weiteren zu entnehmen, dass der Gesetzentwurf Regelungen enthält, die nicht gerichtsfest sind. Mit dem neuen Gesetz werden daher höchstwahrscheinlich Grundsteine für weitere Rechtsstreitigkeiten gelegt.
Zwar wird ein Unternehmen niemals der Überzeugung sein, zu hohe Gewinne zu erzielen, und die Landwirtschaft wird immer der Überzeugung sein, zu hohe Entgelte zu zahlen, dennoch erlaube ich mir die Frage, ob der vorliegende Gesetzentwurf in allen Details sauber formuliert ist. Vertreter der Firma Nagel haben uns gegenüber beklagt, dass mit ihnen nicht über den Gesetzentwurf gesprochen worden sei. Sollte dies zutreffen, wäre dies ein bedauerlicher Fehler.
Landesregierung und Tierseuchenfonds sollten ihre Haltung in dieser Frage noch einmal überdenken, wenngleich es für dieses Gesetz zu spät ist.
Nicht unmittelbar aus dem Gesetzentwurf, aber aus der Begründung geht hervor, dass künftig größere Veränderungen auf die Beteiligten zukommen. Das von der EU gegebene Stichwort lautet Ausschreibung. Wie können die beiden Unternehmen, insbesondere größere Investitionen planen, wenn sie keine Planungssicherheit haben? Der Gesetzentwurf löst das Problem nicht und ist möglicherweise nicht gerichtsfest. Deshalb lehnen wir als CDU-Fraktion den Entwurf ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im vergangenen Jahr musste sich der Landtag schon einmal mit einem Gesetz zur Tierkörperbeseitigung beschäf
tigen. Grund für die erneute Befassung ist ein Verwaltungsgerichtsurteil, das eine gesetzliche Grundlage für die Übertragung der Kennzeichnung von Vieh, der Ausstellung von Rinder- und Equidenpässen, der Ausgabe von Ohrenmarken und den Betrieb von Datenbanken fordert. Diese so genannte Beleihung ist nun mit dem vorliegenden Gesetz geregelt.
Weiterhin wurden einige Anregungen - zum Beispiel des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages - aufgenommen. Heute wie vor einem Jahr konzentriert sich die Kritik des Bauernverbandes und in dessen Schlepptau - wie könnte es auch anders sein - die der CDU auf die Forderung, das Land möge die Beseitigungspflicht von den Kreisen übernehmen. Eigentlich hat hier vorn der Sprecher des Bauernverbandes gesprochen. Übrigens ist die Geschichte mit der Ausschreibungspflicht völlig neu. Es ist interessant. Wir haben schon oft über das marktwirtschaftliche Verständnis der CDU gesprochen. Sie wissen ganz genau, dass das EU-Recht dies fordert. Wir werden das Wettbewerbsrecht hier in Schleswig-Holstein nicht ausrichten.
Wir alle wissen, dass es eine Vielzahl unterschiedlicher Verträge zwischen den Kreisen und den Tierkörperbeseitigungsanstalten gibt, die zum Teil kaum kündbar oder mit einem hohen Risiko durch Schadenersatzansprüche behaftet sind. Das wissen der Kollege Jensen-Nissen und die CDU ganz genau. Das weiß auch der Bauernverband. Sie überdecken diesen Tatbestand einfach mit einer Polemik gegen die Landesregierung. Die Tatsache, dass selbst bei einem Ausschluss dieser unkalkulierbaren Risiken zusätzliche Kosten auf das Land zukämen, wird von Ihnen gar nicht mehr erwähnt. Anders würde das gar nicht gehen. Dies wird aber einfach hingenommen. Wir haben heute in der Finanzdebatte wieder ein Beispiel dafür gesehen. Das ist Scheinheiligkeit: Auf der einen Seite machen Sie Klientelpolitik, auf der anderen Seite ist Ihnen völlig egal, welche Kosten auf das Land zukommen.
Der Gang der Beratung im Ausschuss zeigte aber auch deutlich, wie wenig regierungsfähig die CDU ist.
Sie ist es - so könnte man sagen - überhaupt nicht. Nicht nur waren die zuständigen Sprecher in der Sache unvorbereitet, sie kannten die Stellungnahme der Firma Nagel überhaupt nicht, obwohl sie vorlag. Jetzt kommen Sie an und sagen, eine Diskussion sei verhindert worden. Lesen Sie lieber Ihre Post richtig. Im
Sie konnten auch keine realistische Alternative vorweisen. Das hat der Kollege Ehlers eben auch gemacht. Es gab nichts Neues, nur die Parolen vom Vorjahr. Ich erinnere an die in großartigen Lobbygesprächen von CDU und Bauernverband im vergangenen Jahr versprochene einvernehmliche Lösung. Wo ist sie denn? Sie ist nicht ansatzweise in Sicht.
Die SPD-Fraktion zeigt Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Steuerzahler. Wir wären nur dann bereit, die Tierkörperbeseitigung als Landesaufgabe zu übernehmen, wenn das Land von unkalkulierbaren Kosten und Risiken freigehalten werden kann.
- Kollege Ehlers, das haben wir 2003 gesagt. Wir betonen es im Jahr 2004 erneut, auch wenn eine Wahl ins Haus steht. Wir sind dem Gesamtwohl verpflichtet und wir betreiben keine einseitige Klientelpolitik!
Eigentlich ist dies mehr eine Funktionärsdebatte, denn die Tierhalter kommen mit den jetzigen Regelungen bestens zurecht. Aus der Praxis kommen die Klagen nicht, die Sie hier formulieren. Dies wird übrigens auch durch die Stellungnahme der Tierkörperbeseitigungsanstalten bestätigt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aufgrund zahlreicher Krisen und Skandale im Lebensmittel- und Futtermittelsektor in Europa - ich erinnere nur an BSE, Schweinepest oder Dioxin-Kontamination - kam es in den letzten Jahren auf europäischer und nationaler Ebene oft zu einer wahren Flut von Rechtsakten, um das verlorene Verbrauchervertrauen wieder zurückzugewinnen. Das geltende Veterinär- und Hygienerecht war kaum noch überschaubar. Inso
fern ist eine grundlegende Überarbeitung und Zusammenfassung der bestehenden Regeln in einer europaweit geltenden Verordnung begrüßenswert.
Das ist ein guter Ausgangspunkt, um ein hohes Gesundheitsschutzniveau auf allen Stufen der Lebensmittelherstellungskette sicherzustellen. Allerdings sollten wir uns nicht der Illusion hingeben, dass mit der bereits seit dem 30. Oktober 2002 in Kraft getretenen EG-Verordnung und dem in Folge erlassenen deutschen Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz sowie dem heute zum Beschluss anstehenden Ausführungsgesetz Schleswig-Holsteins alles in Butter wäre. Nein, was uns heute an Regeln vorliegt und wozu auch die rot-grüne Landesregierung hierzulande ihr Scherflein beiträgt, trägt nicht gerade zur Rechtsklarheit und Rechtsvereinfachung bei. Das fängt ohne Zweifel auf EU-Ebene an. Ich stelle das nur fest und mache daraus hier niemandem einen Vorwurf. Bei dem, was geregelt ist und wie es geregelt ist, nämlich in Anhängen mit Quer- und Rückverweisen und in zahlreichen Änderungserlassen, verwundert es nicht, dass es bereits heute häufig zu missverständlichen Auslegungen in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten und damit auch zu kontroversen Diskussionen zur konkreten Durchführung kommt.
Die nationalen Regelungen machen das nicht besser. Im Gegenteil, denn sie geben dem betroffenen Berufsstand nicht nur das Gefühl, dass wieder einmal über den Kopf der Betroffenen hinweg entschieden wird. Dafür dürfen sie auch noch die unbestellte Zeche zahlen.