Protocol of the Session on September 24, 2004

Stärker als bisher wird die Ostseeregion ihre Zusammenarbeit in den Feldern entwickeln müssen, die bislang entweder einzelstaatlichem Handeln oder Entscheidungen auf EU-Ebene überlassen waren.

Meine Damen, meine Herren, natürlich kommt es auf die ostseenahen Länder im Norden Deutschlands an, die Argumente für die nationalen Interessen Deutschlands im Ostseeraum zu formulieren und die überwiegend maritimen Interessen der norddeutschen Länder einzubringen. Hierbei sollte Schleswig-Holstein weiter eine Vorreiterrolle spielen.

Wir dürfen nicht vergessen: Ostseepolitik ist auch Standortpolitik. Dazu gehört eben auch, dass sich Schleswig-Holstein dafür einsetzt, dass die Ostseeregion zu einer handlungsfähigen Großregion weiterentwickelt wird.

(Beifall bei der FDP)

Wenn sich unsere Ministerpräsidentin dafür einsetzen will, dass sich die Ostseeländer zu einer Modellregion in Europa entwickeln, und dazu handfeste Verabredungen und Strategien einer diplomatischen Außenpolitik vorzieht, dann sollten wir darauf drängen, dass die nächste Veranstaltung des Baltic Development Forum in Deutschland nicht nur in Hamburg, sondern auch in Schleswig-Holstein stattfindet. Denn wir liegen an der Ostsee, nicht Hamburg.

(Beifall bei der FDP)

Wer sich der Entwicklung im Ostseeraum verschließt, wird die Zukunft Schleswig-Holteins verschlafen. Wir sind zwar auf dem richtigen Weg, sind bisher viele kleine Schritte erfolgreich gegangen, aber von handfesten Erfolgen sind wir in vielen Bereichen immer noch weit entfernt. Wir müssen uns also weiter um die Ostseekooperation und um die Verbindungen im Ostseeraum bemühen.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Matthiessen das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerpräsidentin! Herr Landtagspräsident! Wir reden über ein Stück Außenpolitik Schleswig-Holsteins. Schleswig-Holstein kommt in der erweiterten EU mit der Ostseekooperation eine wichtigere Rolle zu. Mit unserer neuen zentralen Lage in der Ostseeregion haben wir besonderen Zugang zu den nord- und osteuropäischen Nachbarländern und wir haben eine Drehscheibenfunktion in den Raum der EU hinein, die wir heute bereits nutzen und die wir in Zukunft weiter ausbauen sollten. Herr Kollege Behm, wir wollen das nicht im Sinne einer Transitfunktion für Schleswig-Holstein, sondern wir wollen es im Sinne einer Treibriemenfunktion für die Ostseekooperation definieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Für uns steht fest: Dieser Region Schleswig-Holstein wird die Zukunft im Norden Europas gehören - solidarisch ausgedrückt: mit gehören, zusammen mit unseren Nachbarn.

Neben den wirtschaftlichen Kontakten geht es auch um kulturelle und politische Zusammenarbeit. Wir beschäftigen uns mit Umweltfragen, mit Energie, mit der Bekämpfung grenzüberschreitender organisierter

(Detlef Matthiessen)

Kriminalität, mit nahezu allen relevanten Themen. Der Bericht des Präsidenten über die 13. Ostseeparlamentarierkonferenz unterstreicht dies. Es ist eben nicht der Bericht über die zweite oder vierte Konferenz, sondern bereits über die dreizehnte. Das heißt: Wir stecken mitten drin in einem Prozess der Zusammenarbeit, der durch die Beitritte der baltischen Länder und Polens zur EU neue Dynamik erfährt.

Es ist sicher ein Verdienst der schleswig-holsteinischen Sozialdemokratie, zu diesem Prozess die Initiative ergriffen zu haben, die Chancen früh erkannt zu haben und die Ostseekooperation konsequent vorangetrieben zu haben. Man kann sagen: Unser Land und die Ostseeregion insgesamt sind daher heute in diesem Prozess gut aufgestellt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD])

- Wir hatten historisch nicht die Chance, sonst hätten wir das natürlich genauso gut gemacht wie die Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein.

(Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Mit unseren bescheidenen Möglich- keiten! - Weitere Zurufe)

- Ja, mit unseren bescheidenen Möglichkeiten. Wir Grüne haben schon frühzeitig eine Bereisung des Baltikums durchgeführt, damals noch in außerparlamentarischer Opposition.

(Zurufe)

Meine Damen und Herren, vielleicht darf ich an dieser Stelle auch noch ein persönliches Wort an Herrn Präsidenten Arens richten. Ich persönlich und - ich glaube - unser ganzes Haus fühlen sich von Ihnen auf dem internationalen Parkett sehr gut und kompetent vertreten, Herr Arens.

(Beifall im ganzen Haus)

Oder als Dithmarscher kann ik seggen: Ik bin stolz op Se.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir Grüne halten an dieser Kooperation fest, wie der Landtag Schleswig-Holstein insgesamt die Ostseezusammenarbeit unterstützt. Unser Land profitiert davon und wird weiterhin davon profitieren.

Ich möchte Ihnen einige Beispiele nennen, die gerade für uns Grüne von großer Bedeutung sind. Durch die Ostseekooperation wurde es zum Beispiel geschafft, dass wir einen kontinuierlichen Jugendaustausch mit den Ostseeanrainern haben. Dafür sprechen unter

anderem das Ostseejugendbüro oder die jährlich stattfindende Ostseejugendkonferenz. Hier gilt insbesondere unserem schleswig-holsteinischen Landesjugendring der Dank für sein Engagement.

Aber auch im Umweltbereich bietet die Ostseekooperation große Chancen. Wir müssen es nun schaffen, die Ostsee innerhalb der EU als zu schützendes Gewässer zu deklarieren. Dafür hat unsere Ministerpräsidentin mit der Kieler Konferenz zur Schiffssicherheit die richtigen Grundlagen und Beschlüsse initiiert, die der Landtag jüngst noch einmal bekräftigt hat. Wichtige Schritte in die richtige Richtung sind bereits mit der Stärkung der Schiffssicherheit oder der Verringerung der Nährstoffeinträge in die Ostsee geschehen.

Die ökologische Vulnerabilität des Meeres ist nicht gerade ein Damoklesschwert, aber doch eine ständige Gefahr für den Wirtschaftsraum. So ist jede Anstrengung in die Richtung, hier größere Sicherheit zu schaffen, lohnenswert. Durch die Osterweiterung hat der Schiffsverkehr zugenommen. Wenn wir in diesem Bereich weitere Fortschritte machen wollen, müssen wir gerade auch mit Russland noch stärker in den Dialog treten. Vielleicht versuchen wir das einmal mit ordentlich Wodka-Trinken.

(Joachim Behm [FDP]: Gute Idee!)

Bisher ist die russische Rolle noch zu zurückhaltend. Wir werden nichts unversucht lassen.

Die stufenweise Einführung der Doppelhüllentanker - wie von der Konferenz gefordert - bis 2010 ist zwingend notwendig.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Daneben gibt es noch eine Reihe weiterer Forderungen aus den Reihen der Parlamentarierkonferenz. Dazu gehören eine Standard-Route für Tanker durch die Ostsee, die Lotsenpflicht besonders in der engen Kadettrinne und die gemeinsame Stationierung von Schleppern, Vereinbarung von Nothäfenkonzepten und so weiter.

Es wird Sie bestimmt nicht wundern, dass ich in diesem Zusammenhang auf die Umweltpolitik generell zu sprechen kommen möchte. Für uns Grüne ist eine nachhaltige Umweltpolitik für den Ostseeraum eines unserer Hauptanliegen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Durch den Beitritt der zehn neuen Mitgliedstaaten haben sich diese auch verpflichtet, gemäß den Beschlüssen von Lissabon und Göteborg für eine nachhaltige Entwicklung zu sorgen. Unserem

(Detlef Matthiessen)

Umwelt- und Landwirtschaftsminister Klaus Müller ist es gelungen, bei der Ostsee-Umweltministerkonferenz in Lulea im letzten Jahr einen deutlichen Schritt in Richtung Meeresschutz und Stärkung der regenerativen Energien im Ostseeraum zu gehen.

Mit unserem Fährverkehrsnetz ist Schleswig-Holstein, was die Verbindung zu den europäischen Nachbarn anbelangt, täglich verbunden mit dem Ostseeraum. Wir wollen die Umstellung des Verkehrs auf ökologische Transportmittel, from road to sea, weiter stärken. Dazu gehört eine Intensivierung des Schiffsverkehrs beziehungsweise die Fokussierung darauf als verkehrspolitische Strategie.

Eine feste Fehmarnbelt-Querung sehen wir aus diesem Grunde kritisch. Wir glauben, dass wir mit einem modernen Fährkonzept die von Ihnen gewünschten Transporteffekte und wirtschaftliche Zusammenarbeit genauso gut organisieren können. Wir glauben, das können wir mit solch einem anderen Konzept besser und billiger.

Aber ich möchte hierüber nicht ständig eine Ideologiedebatte führen. Da haben wir einen anderen Standpunkt. Herr Kollege Behm, Sie haben es so vorgetragen, als würden die Grünen im Landtag sitzen und als einziges Ziel die wirtschaftliche Verdichtung unseres Landes im Auge haben.

(Beifall - Zurufe von der FDP: Den Eindruck haben wir manchmal!)

Wir haben in dieser Frage sicherlich einen Dissens. Unser Konzept ist billiger und effektiver - glaube ich - als Ihr Konzept und tut der Wirtschaft vielleicht eher gut als schlecht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das frisst auch nicht so viele Steuer- mittel! - Weitere Zurufe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für SchleswigHolstein ist die Ostseekooperation von großer Bedeutung. Es besteht ja bereits seit Jahren eine Kooperation nicht nur mit den europäischen Ostseeanrainerstaaten, sondern auch mit den norddeutschen Bundesländern. Auch das ist ein positiver Effekt. Wir haben über die Ostseekooperation eng mit Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg zu tun; auch die Bremer sind dabei. Man würde sich außerhalb dieser Ebene nicht so intensiv begegnen und gemeinsame Interessen besprechen können. Denn wir versuchen ja immer, als deutsche Delegation ein Gesamtbild abzuliefern. Auch das ist ein Stück Weg in die Nördliche Dimension.

Schleswig-Holstein profitiert von der Ostseekooperation. Dieser Weg hat schon viel Positives für unser Land gebracht. Wir wollen diesen Weg weitergehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist unstrittig, dass die Ostseekooperation mit der EU-Erweiterung vor neuen Weichenstellungen steht. Zu Recht spielt die zukünftige strategische Ausrichtung der Ostseezusammenarbeit daher auch eine wesentliche Rolle in dem vorliegenden Ostseebericht der Landesregierung.