Protocol of the Session on August 25, 2004

Mit der Flexibilisierung des Dienstrechts und damit des Besoldungsrechts der Hochschullehrer werden zukunftsfähige Rahmenbedingungen für die Fortentwicklung des Hochschulsystems geschaffen. Damit können die Hochschulen und Forschungseinrichtungen ihre Aufgaben in Wissenschaft und Forschung besser erfüllen. Die Hochschulen werden zukünftig in der Lage sein, auch Spitzenwissenschaftlern aus dem Ausland und aus der Wirtschaft finanziell attraktive Rahmenbedingungen zu bieten und so ihre Konkurrenzsituation zu verbessern.

(Lachen des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

- Ja, allerdings, Herr Abgeordneter Dr. Klug! Das Geld regnet nicht vom Himmel. Bezahlt werden muss

(Minister Dr. Ralf Stegner)

es schon aus den Steuergeldern, die wir haben. Insofern gibt es schon einen Rahmen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Dies erfolgt immerhin mit der Einführung der variablen Leistungsbezüge und dem Wegfall der bisherigen Obergrenze der Gesamtvergütung, nach der die maximale Besoldung eines C-4-Professors einschließlich der Berufungs- und Sonderzuschüsse auf die Höhe der Besoldung aus der Besoldungsgruppe B 10 begrenzt ist.

Freiheit, die sie brauchen, Verlässlichkeit durch den Hochschulvertrag, das Land steht zu seinen Hochschulen - das gilt nicht nur für die Wissenschaftsministerin, sondern auch für den Finanzminister. Insofern sind alle Rahmenbedingungen da, die wir brauchen, um den Hochschulen ihre Möglichkeiten zu erweitern.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile Herrn Abgeordneten Weber das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat haben wir es bei dieser Gesetzesinitiative mit der Umsetzung eines wichtigen Reformvorhabens im Hochschulbereich im Landesrecht zu tun. Die Kernelemente, die uns zur Beratung vorliegen, unterstreichen, dass die Leistungsorientierung jetzt auch die Professorenbesoldung erreicht hat. Und das ist gut so. Die bisherigen altersabhängigen Besoldungsstufen werden durch ein festes Grundgehalt plus variabler Bezüge abgelöst, die nach Leistung in Forschung und Lehre, aber auch in der Selbstverwaltung vergeben werden. Besonders ist, dass dabei die Universitäten und Fachhochschulen systematisch gleichgestellt werden. An beiden Hochschulen gibt es künftig die Differenzierung zwischen W-2- und W-3 Besoldung.

Das vom Bundestag verabschiedete Gesetz war - wen kann das überraschen? - im Bundesrat umstritten, zwischen Bund und Ländern einerseits; andererseits gab es aber auch zwischen den Bundesländern eine strittige Diskussion über die Gestaltung der variablen Elemente. Vor allem die Frage, welchen Spielraum die einzelnen Ländern haben sollen, um ihre Professoren nach Leistung attraktiver zu bezahlen, war der Diskussion unterworfen.

Der Vermittlungsausschuss hat sich auf eine Regelung geeinigt, dass ein Land den Besoldungsdurchschnitt um bis zu 10 % überschreiten darf. Es ist meines Erachtens und nach Auffassung meiner Fraktion zu begrüßen, dass damit mehr Flexibilität möglich ist, gleichzeitig Abwerbungsoffensiven finanzstärkerer Länder durch das neue Besoldungssystem zumindest nicht zusätzlich gefördert werden. Entscheidend bleibt letztlich die Frage des Gesamtbudgets für die Hochschulen, welche Möglichkeiten der Besoldung und der personellen Ausgestaltung möglich sind.

Die neue Regelung, über die wir heute in erster Lesung beraten, führt also die beiden neuen Besoldungsgruppen W 2 und W 3 ein. Die Grundgehälter werden dabei unterhalb der bisherigen Dienstbezüge liegen. In Zukunft soll es ein umfangreiches Leistungsbezugssystem geben. Berufungs- und Bleibeverhandlungen, besondere Leistungen in Lehre und Forschung, aber natürlich auch die Übernahme von Funktionen im Rahmen der Selbstverwaltung sind wichtige Maßstäbe.

Leistungsbezüge können einmalig oder ständig vergeben werden, befristet oder unbefristet. Sie können unter Umständen an der Besoldungsanpassung beteiligt werden und sind unter bestimmten Voraussetzungen ruhegehaltsfähig. Das sind wichtige Bausteine. Die Reform wird natürlich nur in Schritten greifen können, denn die Hochschullehrer, die bereits im Dienst ihrer Hochschule stehen und dort bleiben, können - wenn sie es wollen - weiterhin nach den alten Dienststufen besoldet werden.

Es liegt auf der Hand, dass eine Besoldungsstruktur mit mehreren Variablen die Hochschulen vor neue Herausforderungen stellt. Wesentliche Details der Leistungsbemessung müssen natürlich von den Hochschulen selbst organisiert werden. Eine Vergabe von Leistungszuschlägen nach dem Gießkannenprinzip soll und kann es unserer Auffassung nach auf jeden Fall nicht geben. Es ist klar: Die Personalbudgets sind nicht beliebig nach oben erweiterbar. Wir tun hier schon einiges durch die Übernahme der tariflich bedingten Kostensteigerungen in den nächsten Jahren, und zwar durch ein festes Vertragssystem mit den Hochschulen. Das ist etwas, was zurzeit kaum ein anderes Bundesland auf den Weg bringt.

Weiterhin müssen besondere Leistungen auch erkennbar sein und erkennbar honoriert werden. Das setzt ein vernünftiges Evaluierungsverfahren und - das wissen wir - mutige Entscheidungen der Rektorate und der Dekanate voraus. Solche Entscheidungen werden natürlich nicht konfliktfrei bleiben. Sie hängen nicht nur vom guten Willen aller Beteiligten ab, sondern es geht auch darum, dass es ein faires und

(Jürgen Weber)

ordentliches Verfahren gibt, um Leistungszuschläge zu bemessen.

Ich bin davon überzeugt, dass die Hochschulen dies in eigener Autonomie in den Griff bekommen werden. Wir sind hier an einem Punkt, an dem wir uns an internationale Standards anpassen müssen. Es gibt einzelne Punkte, die natürlich problematisch sind. Wir sind uns darüber bewusst, dass beispielsweise die C-2-Professoren an Fachhochschulen enttäuscht sein werden, dass ihnen die bisherige Regelbeförderung in eine C-3-Professur auf dem bisherigen Weg nicht mehr möglich sein wird. Es gibt aber keine Veranlassung unsererseits, die Reform aufzuschieben. Wir müssen und wir wollen das Bundesrecht umsetzen.

Die Änderung des Landesbesoldungsgesetzes und damit die Umsetzung des - das ist ein schreckliches Wort - Professorenbesoldungsgesetzes des Bundes überträgt das Maß an Flexibilisierung und Dynamisierung, das wir in vielen anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes längst haben. Die Hochschulen können und sollen hier kein weißer Fleck bleiben.

Ich fasse zusammen: Meine Fraktion unterstützt die Landesregierung in diesem Bestreben. Wir werden über weitere Details im Ausschuss zu reden haben.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich erteile Herrn Abgeordneten de Jager das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, es ist richtig, dass wir mit dem Landesbesoldungsgesetz Bundesrecht umsetzen. Es gehört aber auch zu der Wahrheit, daran zu erinnern, dass diese so genannte Dienstrechtsreform der ganz große Wurf von Bundesbildungsministerin Bulmahn zur Modernisierung der Hochschulen werden sollte. Inzwischen ist es so, dass einer der ganz wesentlichen Teile, nämlich die bundesweite einheitliche Einführung der Juniorprofessur, ein juristisch klägliches Schicksal vor dem Bundesverfassungsgericht erlitten hat.

Auch von der Einführung der W-Besoldung ist kein großer Schub oder eine besonders durchgreifende Verbesserung der Lage an den Hochschulen zu erwarten. Das gilt insbesondere für ein finanziell so heruntergewirtschaftetes Land wie Schleswig-Holstein. Herr Kollege Weber, anders als Sie es hier darstellen, ist es so, dass die Hochschulen in den finanziell besser aufgestellten süddeutschen Bundesländern mit der

Einführung der W-Besoldung in einer deutlich besseren Position als bisher sind.

(Beifall bei CDU und FDP)

Der Punkt ist: Die W-Besoldung koppelt die Höhe der Leistungszulagen für Professoren - und damit ihre Gehälter insgesamt - an die finanzielle Ausstattung der jeweiligen Hochschule. Von den schleswigholsteinischen Hochschulen wissen wir nicht erst seit dem Erichsen-Gutachten, dass sie im Bundesschnitt chronisch unterfinanziert sind, während die finanzielle Ausstattung der Hochschulen vor allem in den südlichen Bundesländern sehr viel besser ist.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass besser ausgestattete Hochschulen mehr Wissenschaftlern höhere Zulagen gewähren können, als dies schlechter ausgestatteten Hochschulen - etwa in Schleswig-Holstein - gelingen kann. Dadurch verlieren wir hier an Attraktivität.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das sieht man nicht zuletzt an dem gesetzlich festgelegten Besoldungsdurchschnitt für Professoren. Der Minister hat es dargelegt: Der liegt in SchleswigHolstein für Fachhochschulprofessuren bei 59.808 €. Bei den Universitäten und gleichgestellten Hochschulen liegt er bei 66.812 €. Damit sind die durchschnittlichen Besoldungsausgaben in Schleswig-Holstein geringer als in den meisten anderen Bundesländern. Bei den Universitäten liegt Schleswig-Holstein an drittletzter Stelle. Nur noch Sachsen und SachsenAnhalt zahlen ein niedrigeres Professorendurchschnittsgehalt. Daran zeigt sich, dass die schleswigholsteinischen Hochschulen bei den Ausgaben für Professorengehälter in einer schlechten Startposition sind.

Ohnehin ist die Einführung der W-Besoldung schwierig, weil sie für weite Felder der Wissenschaft den Professorenberuf weniger attraktiv macht. W 3 ist weniger als ehemals C 4. W 2 ist weniger als ehemals C 3. Rechnerisch ist es klar: Um die Kostenneutralität einhalten zu können, muss das Grundgehalt erst einmal sinken, bevor Spielräume für Leistungszulagen geschaffen werden. Für weite Felder der Wissenschaft, in denen diese Leistungszulagen nicht gezahlt werden können, wird die Attraktivität, tatsächlich in den Hochschullehrerberuf zu gehen, geringer.

Davon werden vor allem die Fachhochschulen betroffen sein, die darauf angewiesen sind, dass sie ihr Lehrpersonal tatsächlich aus aktiven wirtschaftlichen Berufen rekrutieren. Ein niedriges Grundgehalt, ungewisse Leistungsbezüge und ein abgesenktes Ruhegehalt sind dafür nicht gerade förderlich.

(Jost de Jager)

Herr Kollege Weber, Sie sind sehr nonchalant über das besondere Problem hinweggegangen, das sich für die C-2-Professoren an Fachhochschulen ergibt. C-2Professoren machen 40 % der Professoren aus, die an den Fachhochschulen in Schleswig-Holstein lehren. Denen ist ursprünglich in Aussicht gestellt worden, in einer Art Regelbeförderung nach C 3 befördert zu werden, um dann auf einer C-3-Stelle weiterarbeiten zu können.

Nun ist es so, dass die Besoldungsgruppe W 3 sowohl für die C-2- als auch für die C-3-Professoren gilt. Auf der anderen Seite sagt das Gesetz, dass die Zahl der W-3-Professoren an Fachhochschulen nicht höher sein darf als 10 %. Das heißt, dass diejenigen, die mit C 2 angefangen haben und die Erwartung haben konnten, irgendwann einmal auf C3 zu landen, diesen Weg verschlossen sehen. Das ist nicht ein Problem der bundesweiten Regelung, sondern das ist ein Problem der landesrechtlichen Umsetzung, weil BadenWürttemberg über Zulagen einen Weg für C-2Professoren gefunden hat. Baden-Württemberg hat ermöglicht, was diese Landesregierung für die Professoren an Fachhochschulen offenbar nicht erreichen möchte.

Lassen Sie mich zum Schluss ein grundsätzliches Wort sagen: Ich bin der Auffassung, dass sich die Landesregierung mit dem vorliegenden Entwurf der Professorenbesoldung in Widersprüche verwickelt. Sie geben den Hochschulen - hochschulpolitisch gesehen - mit diesem Gesetz in Bezug auf die Verhandlung der Gehälter zwischen den Hochschulen und den Professoren ein Höchstmaß an Eigenständigkeit und Autonomie. Diese Autonomie und Eigenständigkeit verwehren Sie den Hochschulen aber bei dem parallelen Gesetzentwurf, den wir zum Hochschulgesetz beraten, wenn Sie den Universitäten nicht die Gelegenheit geben, die C-4-Professoren auch tatsächlich selber zu berufen. Wir sind der Auffassung: Wer den Hochschulen mehr Freiräume bei der Besoldung gibt, der muss ihnen auch mehr Freiräume bei der Berufung geben. Deshalb wäre es gut, wenn die Hochschulen in Zukunft die C-4-Professoren selber berufen dürften.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Klug das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die neue Professorenbesoldung zielt darauf ab, die Gehälter der Hochschullehrer in Zukunft stärker durch Leis

tungsbezüge zu bemessen. Die früher übliche teilweise Bindung an das jeweilige Dienstalter wird bei der neuen W-Besoldung künftig wegfallen. Diese Änderung hält die FDP-Landtagsfraktion grundsätzlich auch für richtig.

Für extrem schädlich halten wir jedoch die Art und Weise, wie die amtierende Landesregierung die Neuregelung ausgestalten will. Die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit der schleswig-holsteinischen Hochschulen wird durch den im Gesetzentwurf definierten Vergaberahmen und durch eine Reihe völlig überflüssiger Detailvorschriften gefährdet. Unser Land hätte deshalb im Wettbewerb um exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler künftig noch schlechtere Karten als bisher.

Punkt 1: Der in § 13 festgelegte Vergaberahmen orientiert sich an den bisherigen landesweiten Durchschnittswerten. Diese sind aber nach Zahlen des Bundesinnenministeriums bereits im Besoldungsranking 2001 nur von den Ländern Sachsen und SachsenAnhalt unterboten worden. Das heißt, wir befinden uns in der Reihe der Bundesländer, die ihre Hochschullehrer im Durchschnitt am schlechtesten bezahlen.

Die Regierung Simonis hat unser Land - wie man sieht - konsequent im Osten der Bundesrepublik eingeordnet. Weiter nach unten geht es kaum noch.

(Beifall bei FDP und CDU)

Fast alle anderen Bundesländer zahlen ihren Hochschullehrern mehr. Baden-Württemberg zahlt im Jahresdurchschnitt 9.000 €, Hamburg und Berlin zahlen im Jahresdurchschnitt 6.000 € beziehungsweise 7.000 € und auch Rheinland-Pfalz zahlt im Jahresdurchschnitt 7.000 €. Es sind also nicht nur die Länder wie Baden-Württemberg und Bayern, die sich gemeinhin in der Spitzengruppe befinden, sondern viele andere Bundesländer haben günstigere Konditionen, mit denen wir in Wettbewerb treten werden.

In den Landesdurchschnittswert fließen die Gehaltsstrukturen aller Universitäten und gleichgestellter Hochschulen des Landes ein, das heißt auch jener, an denen es die auf dem akademischen Arbeitsmarkt nun einmal teureren Naturwissenschaftler, Mediziner und Ingenieurwissenschaftler nicht gibt. Dadurch würde zum Beispiel die Universität Kiel auf einen Vergaberahmen beschränkt, der nach den Ist-Zahlen dieses Jahres um 16.000 € unter den Jahresgehältern der dort jetzt lehrenden C-4-Professoren liegt und der nur um rund 500 € die durchschnittlichen Jahresbezüge der C-3-Professoren übersteigt. Das können Sie auch nicht durch die prozentualen Abweichungsmöglichkeiten nach oben ausgleichen.

(Dr. Ekkehard Klug)

Das Rektorat der Universität Kiel sagt: In den nächsten Jahren wird man aufgrund dieses Gesetzes nur noch Berufsanfänger bei neuen Stellenbesetzungen berücksichtigen können. - Das heißt, nur die Preiswertesten auf dem akademischen Arbeitsmarkt wird man berufen können. Sie haben diese Spielräume mit dem Gesetzentwurf auf null heruntergeschraubt - eigentlich sogar unter null. Das passt zu einer „Landunter-Regierung", die sich anschickt, ins Meer zu gehen.

Wie will man da noch im Wettbewerb um die berühmten Schröderschen Eliteuniversitäten oder die so genannten Exzellenzzentren in Forschung und Lehre mithalten? - All diese Propagandasprüche, die wir seit Jahresbeginn hören - Exzellenzförderung, Eliteförderung, Elitehochschulen -, erweisen sich vor dem Hintergrund dieses Beispiels in Schleswig-Holstein als Seifenblasen.