Weil sie eine völlig andere Aufgabe hat, muss sie entsprechend anders gestaltet, organisiert, ausgerüstet sein.
Es hilft überhaupt nichts, wenn es Leute gibt, die meinen, man könnte weitermachen wie bisher. Ich halte es für eine der größten Fehlentscheidungen der Neunzigerjahre, dass der damalige Verteidigungsminister, der
auch in Schleswig-Holstein eine Zeit lang Ambitionen gehabt hat, sozusagen die Rüstungspolitik aus dem Kalten Krieg einfach linear fortgesetzt und damit der Bundeswehr eine Situation beschert hat, die ihr heute drastische Probleme bereitet.
Herr Abgeordneter Hentschel, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubikki?
Herr Kollege Hentschel, ich weiß nicht, warum Sie nachtragend sind. Ich habe nie eine Zwischenfrage verweigert. - Herr Kollege Hentschel, habe ich Ihre jetzigen Ausführungen richtig verstanden, dass auch die grüne Landtagsfraktion nunmehr den Sinn der Bundeswehr nicht mehr nur in der Landesverteidigung sieht, sondern auch in Out-Of-Area-Einsätzen im internationalen Bereich?
Entschuldigung, Sie müssen Ihre Frage wiederholen, deutlich und langsam. Ich habe sie nicht verstanden, obwohl meine Hörgeräte an sind.
Habe ich Ihre Ausführungen eben richtig verstanden, dass auch die grüne Landtagsfraktion die Aufgabe der Bundeswehr nunmehr nicht nur in der Landesverteidigung sieht, sondern auch in der Teilnahme an Out-Of-Area-Einsätzen im internationalen Bereich?
Ich möchte das folgendermaßen beantworten: Ich glaube, dass es für ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland in der heutigen Welt eine Verantwortung gibt, friedenstiftend tätig zu sein.
Meine Zielvorstellung ist, wegzukommen von nationalen Armeen und hinzukommen zu internationalen Einheiten, die im internationalen Raum Polizeiaufgaben wahrnehmen. Dann besteht tatsächlich die Notwendigkeit, in bestimmten Situationen einzugreifen, wie wir es im Kosovo erlebt haben.
Wir bedauern, dass der Bericht der Weizsäcker-Kommission „Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr“ mit ihren Vorschlägen keine Rolle gespielt hat. Angesichts dieses Berichts hätten viele Fragen der Bundeswehr ehrlich diskutiert werden können. Die Grünen wollen die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht. Ein solcher Zwangsdienst für junge Staatsbürger ist nicht mehr zeitgemäß. Wir freuen uns, dass sich die F.D.P. auf ihrem Parteitag etwas in diese Richtung bewegt hat, noch sehr unentschlossen, nicht Fisch und nicht Fleisch, aber immerhin etwas.
(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Ach, Herr Kollege Hent- schel!)
Ich freue mich auch über den Beschluss des Landeshauptausschusses der SPD von vor drei Jahren, der jetzt im Sommer in einer Presseerklärung posthum veröffentlicht worden ist, dass auch die SPD Schleswig-Holstein die Wehrpflicht abschaffen will.
Das hat mich etwas überrascht. Da gibt es wohl unterschiedliche Meinungen. Der CDU muss ich sagen: Mit Ihrer Meinung, dass es eine extremistische oder bundeswehrfeindliche Position ist, wenn man über die Wehrpflicht diskutiert, stehen Sie ziemlich allein.
(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], Hermann Benker [SPD] und Günter Neugebauer [SPD] - Martin Kayenburg [CDU]: Das hat niemand je behauptet!)
Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Lars Harms.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die derzeit sehr kontrovers geführte Diskussion über die Strukturreform der Bundeswehr ist nach Auffassung des SSW notwendig und richtig. Angesichts der neuen Aufgaben, die die Bundeswehr wahrnimmt, muss hier etwas geschehen. Wir sind jedoch nicht der Meinung, dass die Aufgabe der allgemeinen Wehrpflicht Gegen
stand einer solchen Debatte sein sollte, da sich nach Auffassung des SSW die allgemeine Wehrpflicht bewährt hat.
Mit Errichtung der Bundeswehr wurde in Deutschland ein Modell geschaffen, das zum ersten Mal die Armee in der Demokratie verankert. Dieses Modell hat maßgeblich dazu beigetragen, den Bürger in Uniform der Bevölkerung näher zu bringen. Mit Abschaffung der Wehrpflicht würde ein gesellschaftspolitisch wichtiger Bestandteil in der Sicherheitspolitik abgeschafft werden.
Zur Aufgabe der Bundeswehr gehört es unter anderem auch, demokratische Werte zu vermitteln, die auch nach außen getragen werden - sei es in Deutschland oder im Ausland. Das Modell der Bundeswehr hat sich bewährt und ist Ideengrundlage für andere Armeen.
Die Geschichte hat uns gelehrt, dass eine Berufsarmee dem Risiko unterliegt - zumindest in unserem Land -, sich zu einer elitären Gemeinschaft zu entwikkeln, die isoliert in der Gesellschaft dasteht und sich zum Staat im Staate entwickeln kann.
Hierbei sehe ich die Gefahr einer indifferenten Haltung gegenüber dem demokratischen System. Daher sollten wir die Möglichkeit für einen Staat im Staate gar nicht erst schaffen. In ihrer jetzigen Form stellt die Bundeswehr auch durch ihre Wehrpflichtigen ein Spiegelbild der Gesellschaft dar. Es ist auch künftig wichtig, dass sich jeder mit der Bundeswehr identifizieren kann.
Wenn wir über eine mögliche Abschaffung der Wehrpflicht diskutieren, dürfen wir einen weiteren wichtigen Aspekt in diesem Zusammenhang nicht vergessen, nämlich den Zivildienst. Das eine darf ohne das andere nicht betrachtet werden. Erst durch die Wehrpflicht in der Bundeswehr haben wir in Deutschland einen Zivildienst bekommen. Uns allen dürfte klar sein, dass große Teile im Sozialbereich zusammenbrechen würden, wenn wir keine Zivildienstleistenden hätten. Im Übrigen gilt dies auch für viele Bereiche im Umweltund Naturschutzbereich.
Nachdem am Bundeswehrstandort Schleswig-Holstein im Verhältnis zu anderen Bundesländern mittlerweile überproportional gekürzt wurde, darf es keine weiteren
Eine allgemeine betriebswirtschaftliche Sichtweise der Bundeswehr ist sehr problematisch, da sie nicht mit einem Wirtschaftsunternehmen vergleichbar ist, auch wenn Herr Scharping sie gern wie ein Wirtschaftsunternehmen führen möchte. Er geht sogar so weit, dass er bereit ist, wichtiges militärisches Know-how zugunsten von ökonomischen Effekten zu opfern.
Dies hat uns die Problematik um das MarineMaterialdepot in Ladelund gezeigt. Hier wurden die Nachschubleistungen öffentlich ausgeschrieben, um über kurz oder lang das Nachschubgeschäft aufzugeben. Hiervon haben die Mitarbeiter nur rein zufällig beim Surfen im Internet erfahren.
Über den schlechten Führungsstil hinaus hat diese Art von Management zweierlei weitere Auswirkungen: Die Arbeitsplätze in der Region werden gefährdet, was sich negativ auf die Kaufkraft in der Region auswirkt, und die Bundeswehr wird in Zukunft im Nachschubbereich kein adäquates Know-how mehr haben. Dies ist eine beängstigende Entwicklung, nicht nur für unser Land, sondern für die ganze Bundeswehr.
Es ist wichtig, dass auch in Zukunft eine übergeordnete Strukturpolitik im Auge behalten wird. Es gilt Bundeswehrstandorte auch dort anzusiedeln, wo es für die wirtschaftliche Entwicklung eines Standortes am sinnvollsten ist.
Daher spricht diese These auch eindeutig für Kiel gegenüber Hannover als Standort des Wehrbereichskommandos Küste und der Wehrbereichsverwaltung.
Daher muss sich die Bundesregierung von mehr leiten lassen als nur von der reinen Wirtschaftlichkeit. Ansonsten sollten wir konsequenterweise die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland einem privaten Wachdienst übertragen.