Das zentrale Argument war: Wir können uns das nicht leisten. - Deswegen eine wissenschaftliche Begleitung, die zu dieser Thematik erste Ergebnisse vorgelegt hat. Deswegen sollten wir uns des Mottos besinnen: Nicht an der Beratung sparen, sondern durch gute und kompetente Beratung sparen! Das ist das Motto und damit lagen wir haargenau richtig.
Zur Kostenaktivität! Die Beratungstätigkeit hat in vielen Fällen eine häusliche Pflegesituation stabilisiert und so den Beginn einer vollstationären Pflege hinausgezögert. Das ist das, was die Menschen wollen, und das ist auch das, was die Kommunen wollen sollten, denn es rechnet sich.
Die Tätigkeit der trägerunabhängigen Beratungsstellen bewirkt insgesamt eine jährliche Minderbelastung der Sozialhilfeträger von etwa 2,9 Millionen € Mit dem Aufwand für die Beratungsstellen, also 1,4 Millionen €, ungefähr die Hälfte, wird deshalb nicht nur die Situation pflegebedürftiger Menschen verbessert, sondern auch noch eine echte Einsparung von Sozialhilfemitteln in Höhe von jährlich 1,5 Millionen € erreicht. Über den Daumen gepeilt: Die eine Hälfte geht in die Qualitätsverbesserung, die andere Hälfte bedeutet Einsparungen für die Kommune und das Land. Dazu kommen noch Einspareffekte von jährlich 2 Millionen € für die Träger der Pflegeversicherung, nämlich durch die Verhinderung und Zögerung stationärer Aufenthalte.
Das Fazit ist erfreulich und klar: Beratungsstellen rechnen sich. Beratungsstellen nützen den Menschen. Es ist gut, vor Ort Beratungsstellen zu haben. Deshalb muss sich jetzt jeder im Land fragen lassen: Warum habe ich diese Beratungsstelle noch nicht? Was kann ich tun, um diese Beratungsstelle noch zu verbessern und um die Effekte noch zu erhöhen?
Das Modellprojekt des Landes läuft aus. Ich bin gewillt, in dieser Situation gemeinsam zu erreichen, dass es diese trägerunabhängigen Beratungsstellen überall vor Ort gibt. Es muss im Land ein flächendeckendes Angebot geben. Über die Finanzierung wird miteinander zu reden sein. Ich würde mir wünschen, dass an dieser Stelle alle Fraktionen ein deutliches Signal dahingehend setzen, dass die eben geführte Debatte nicht nur Schall und Rauch war, sondern dass wir - wenn es um konkrete Sachen geht - miteinander stehen. Sie als Abgeordnete können vor Ort darauf hinwirken, dass dieses Angebot auch in den Kreisen und Städten, in denen es noch nicht vorhanden ist, auf den Plan kommt.
Ich danke der Frau Ministerin für den Bericht. Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Kalinka das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beratung in Fragen der Pflege ist gut und wichtig. Darüber brauchen wir uns nicht kontrovers auseinander zu setzen. Sie kann durch Informationen oder Broschüren geschehen, die wir als CDU unterstützen. Wir unterstützen eine Lotsenfunktion für die älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger und ihre Angehörigen, die sich die Frage stellen, wie sie sich positionieren. Das ist eine gute Sache.
Die Antwort auf die Frage, in welcher Form Ältere angesprochen werden können, ist auf verschiedenen Wegen denkbar. Die frühere CDU-Landesregierung hatte bis 1988 ein Pflegetelefon mit etwa 20 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern eingerichtet. Es war übrigens im Kreis Plön stationiert. Eine der ersten Maßnahmen der neuen Landesregierung war es damals, die Ansprechpartner des Pflegetelefons abzuschaffen.
- Auch das ist die Wahrheit, über die wir nicht streiten sollten! Bei uns im Kreis Plön hatten sich 20 Ehrenamtliche engagiert. Eine der ersten Maßnahmen der neuen Regierung war es, damit Schluss zu machen.
Wie Beratung und Pflege vor Ort organisiert werden soll, muss - so denke ich - jeder vor Ort sachgerecht entscheiden. Die Zahlen, die Sie genannt haben, sind so nicht nachprüfbar. Ich glaube auch nicht, dass sie diese Auswirkungen haben. Frau Ministerin, hätten sie die, dann frage ich mich, warum Sie sich in Ostholstein aus der Finanzierung der Pflegeberatung zurückziehen? Ich frage mich, warum Sie dieses tun. Wenn es so eindeutig ist, dann bleiben Sie doch bei der Förderung. Sie haben eben bestätigt, dass sie ausläuft. Jetzt wollen Sie aber doch prüfen, ob Sie weitermachen. Die Verunsicherung haben Sie - und nicht wir - in die ganze Angelegenheit eingebracht!
Wir haben auch Vertrauen in kommunale Pflegeberatung und in die Transparenz, die dort stattfindet. Im Übrigen könnte man sie durch viele Dinge begleiten: Man kann von den Krankenhäusern aus eine Überleitung mit Pflegeschwestern machen. Man kann integrierte Formen machen. Man kann einen Tag der Senioren machen und man kann in die Alten- und Pflegeheime gehen.
- Und dann zu entsprechenden Aufnahmen und Gesprächen bereitstehen! Frau Kollegin Schümann, die Frage, wie das organisiert wird, sollte man jedem selbst überlassen. Ich habe Vertrauen in die kommunale Pflegeberatung!
Man kann auch sagen, man macht Pflegeberatung in SB-Warenhäusern. Dies war die Überschrift einer Landesregierung. Ob dies allerdings der Schwerpunkt sein sollte, habe ich meine Zweifel. Gut gemeint ist nicht immer das Richtige.
Dass trägerunabhängige Pflegeberatungsstellen im Übrigen kein Allheilmittel sind, sehen wir in der aktuellen Diskussion. Es gibt eine solche in Flensburg. Diese hat leider nicht dazu führen können, die Probleme dort zu verhindern. Über Ostholstein habe ich bereits gesprochen.
- Herr Kollege Baasch, das muss doch eine Funktion haben! Diese Funktion muss doch eine Wirkung haben!
- Nein, den Bericht habe ich nicht gelesen, weil er nicht schriftlich vorliegt. Frau Kollegin Schümann, vielleicht haben Sie ja einen einzelnen Bericht. Wir haben heute zum ersten Mal - gerade eben - durch die Darlegungen der Ministerin davon gehört. Vielleicht haben Sie vorher eine interne Information gehabt? Wir haben keinen schriftlichen Bericht oder Ähnliches in dieser Sache!
Wir stimmen der Landesregierung zu: Nicht an der Beratung sparen! Deswegen sollte die Regierung selbst prüfen, welche finanziellen Mittel sie künftig für die Pflegeberatung gibt. Sie sollten ein konkretes Angebot machen. Wenn Sie dies gemacht haben, sollten Sie es den Beteiligten selbst überlassen, in welcher Trägerschaftsform sie dies organisieren.
Dies ist die Position, die von den Kommunen in breiter Mehrheit getragen wird und die auch wir für richtig ansehen. Im Übrigen ist eine gute Pflegeberatung auch ein die Aufsicht intensiv führendes Ministerium. Lassen Sie uns Ja zur Pflegeberatung sagen. Das ist nicht der Streitpunkt. Die Frage der Trägerschaft sollte jeder vor Ort entscheiden. Ich habe auch in kommunale Trägerschaften ein hohes Maß an Vertrauen. Sagen Sie uns, wie viel Geld Sie geben wollen. Dann werden wir uns in einer erneuten Runde darüber unterhalten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, vielen Dank für den Bericht. Im April 2000 hat das damalige Ministerium für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz des Landes Schleswig-Holstein ein Konzept zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der Pflegequalität vorgelegt. Das war die Pflegequalitätsoffensive. Mit ihr wurden in den Kreisen und kreisfreien Städten trägerunabhängige Beratungsstellen eingerichtet, und zwar zunächst als Modellprojekte für die Dauer von vier Jahren. Das Ziel war und ist es, die Verbesserung der Lebenssituation von Pflegebedürftigen und ihren
Angehörigen zu erreichen. Sie werden in den Beratungsstellen rechtzeitig und fachlich informiert und gezielt beraten.
Eine auf rein pflegerische Gesichtspunkte reduzierte Diskussion schien damals nicht ausreichend, um der Gesamtproblematik gerecht zu werden. Es bestand ein großes Defizit im Bereich der Beratung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen.
Mit dem Modellprojekt der trägerunabhängigen Beratungsstellen sollten in den Kommunen neutrale Beratungsangebote für ältere Menschen, für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen aufgebaut werden. Das Beratungsangebot sollte fachlich und individuell die Menschen unterstützen, ihren Bedarf an Pflege herausfinden und schließlich das geeignete so genannte Pflegearrangement zu treffen.
Seit Mitte 2002 existieren nun neun Beratungsstellen in unterschiedlicher Trägerschaft. Die Beratungsstellen in den Kreisen Pinneberg und Segeberg werden von der Alzheimer Gesellschaft beziehungsweise dem Verein Altern und Familie getragen. Die vier Beratungsstellen in den kreisfreien Städten des Landes sind bei den jeweiligen städtischen Sozialdiensten angesiedelt. Die Beratungsstelle in Ostholstein wird von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein getragen. Die Beratungsstelle in Lauenburg wird von einem Verbund aus neun Organisationen, die vom Wohlfahrtsverband bis zum Kirchenkreis reichen, getragen. Zuletzt ist im Juli 2002 die Pflege- und Sozialberatungsstelle des Kreises Dithmarschen an den Start gegangen, die beim Gesundheitsamt angesiedelt ist.
Neben der individuellen Beratung haben diese Einrichtungen die Aufgabe, bei der strukturellen Diskussion darauf zu achten, dass eine Sozial- und Pflegebedarfsplanung entwickelt wird. Sie beteiligen sich an regionalen Kooperations- und Vernetzungsstrukturen. Die wissenschaftliche Evaluation der Modellprojekte durch das Institut für Soziologie der Universität Kiel hat überaus erfreuliche Ergebnisse erbracht. Die Pflegeberatungsstellen werden angenommen und berichten über steigende Beratungs- und Kontaktzahlen. Allein im Jahr 2003 konnte die stationäre Pflege in 176 Einzelberatungen verhindert, beziehungsweise hinausgezögert werden. Somit wurden 8.624 Monate stationärer Pflege eingespart.
Dies macht deutlich: Durch eine individuelle und gezielte Beratung ist es möglich, den Grundsatz „ambulant vor stationär“ in die Praxis umzusetzen. Dies kommt vor allem den Pflegebedürftigen zugute, die länger in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung bleiben können. Es kommt auch den Angehörigen
zugute, die bei der Pflege bestmöglich unterstützt werden, und zu guter Letzt entlastet es auch die Pflegeberatung finanziell. Der Sozialhilfeträger wird nämlich durch eingesparte Pflegemonate in der stationären Pflege finanziell entlastet.
Die Effektivitätsstudie des Instituts für Soziologie der Universität Kiel belegt, dass die Pflegeberatung im Kreis Ostholstein im vergangenen Jahr 1.188 Pflegemonate vermeiden konnte. Dadurch sparten die Sozialhilfeträger rund 260.000 € Hilfe zur Pflege und zusätzliches Pflegewohngeld ein. Die Pflegeberatung des Kreises Ostholstein hat somit mehr als zweimal ihre Kosten in Höhe von 127.822 € erwirtschaftet.
Herr Kollege Kalinka, vielleicht sollten Sie darüber einmal mit Ihrem Kollegen, dem Herrn Landrat aus Ostholstein, reden, damit er sieht, wie man Sozialhilfe einspart. Und vielleicht sind Sie in der nächsten Sitzung, in der wir über Sozialhilfekosten reden, in der Lage zu sagen, wie Sie im Kreis Plön genau dieselben Effekte erreichen wollen, anstatt immer nur Formeln auf den Tisch zu legen, aber keine konkrete Politik betreiben zu wollen.
Allein diese beiden Kennzahlen machen deutlich: Trägerunabhängige Pflegeberatung ist ein Erfolgsmodell, nicht nur für die Menschen, die durch Beratung und gezielte Unterstützung ein auf ihre Lebenssituation abgestimmtes Pflegearrangement erhalten können, sondern auch für die Kostenträger. Denn die Umsetzung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ wirkt kostendämpfend, und dies ist in Zeiten knapper Kassen ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt.
Daher ist es besonders unverständlich, dass in einigen Kommunen, unter anderem auch in dem zitierten Kreis Ostholstein, darüber nachgedacht wird, die trägerunabhängige Pflegeberatungsstelle einzuschränken oder gar ganz zu schließen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wirken Sie auf Ihren Landrat ein, damit die vernünftige und segensreiche Arbeit der Beratungsstelle in Eutin mit Außenstellen in Bad Schwartau und Oldenburg aufrecht erhalten werden und dass diese ihre Arbeit fortsetzen kann. Sie hat es allemal verdient.
Eigentlich müssten wir auch die Kreise, die bis heute noch nicht über eine trägerunabhängige Pflegeberatungsstelle verfügen, auffordern, sich auf diesen Weg zu machen. Die Zahlen der Städte Flensburg, Kiel, Lübeck und Neumünster und die Ergebnisse in den Kreisen Dithmarschen, Lauenburg, Ostholstein, Pinneberg und Segeberg sind eindeutig positiv. Alle neun
trägerunabhängigen Pflegeberatungsstellen zusammen hatten im Jahre 2003 einen Jahresetat von 1,398 Millionen €. Die Netto-Einspareffekte alleine der Arbeit der Beratungsstellen für die Kostenträger der Sozialhilfe lag bei 2,891 Millionen €. Diese Beratungsstellen machen sich nicht nur verdient, sondern sie tun auch Gutes für die Menschen, die dringend auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind.