Wir wissen, welch schwere Arbeit diese Menschen verrichten und wie sie sich in aller Regel bemühen, dass auch menschliche Zuwendung nicht zu kurz kommt. Bis zu der dringend notwendigen wirtschaftlichen Erholung brauchen wir aber jedenfalls ein ausreichend dicht geknüpftes Sicherungsnetz.
Ich fordere die Landesregierung daher auf, erstens ein eigenständiges Pflegecontrolling im Sozialministe
rium einzurichten, das für alle schwerwiegenden Pflegemängel zuständig ist, und zweitens im Erlasswege den Heimaufsichtsbehörden eine zeitlich geordnete und inhaltlich präzise bestimmte Berichtspflicht in Bezug auf die von ihnen durchgeführten Heimkontrollen aufzuerlegen,
wobei der Bericht auch die getroffenen Feststellungen zur Pflegequalität und das von den Aufsichtsbehörden gegebenenfalls Veranlasste beinhalten sollte.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Ich denke, dass der von Frau Ministerin Trauernicht eingeschlagene Weg vielversprechend ist. Ich hoffe, dass es nicht bei diesem viel versprechenden Ansatz bleibt, sondern dass auch - dies haben wir bislang immer vermisst - die nötigen Konsequenzen gezogen werden. Insofern möchte ich noch einmal darum bitten und anmahnen: Wir hätten natürlich gern den MDKBericht, der dem Landespflegeausschuss vorliegt. Die Opposition sollte diesen Bericht eigentlich auch haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Wolfgang Baasch, die Pflegequalitätsoffensive war in der Tat ein guter Ansatz. Das bestreiten wir gar nicht. Die derzeitig vorliegenden Erkenntnisse und auch der Skandal zeigen aber, dass es offensichtlich noch einige zu große Maschen in dem Netz gibt und dass es noch einiges zu tun gibt. Insofern hätte ich unter anderem auch die Größe begrüßt, wenn ihr dem Dringlichkeitsantrag der CDU hättet zustimmen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die jetzt bekannt gewordenen Probleme bei insgesamt zehn Pflegeeinrichtungen des Deutschen Roten Kreuzes haben bereits personelle Konsequenzen nach sich gezogen. Jedoch möchte ich an dieser Stelle auch ganz klar sagen, dass es mit dem Rücktritt des DRK-Landesgeschäftsführers allein nicht getan ist, um künftig solche Pflegeskandale zu verhindern. Neben einer lückenlosen Aufklärung, wie es zu den Zuständen in den Pflegeheimen des DRK-Landesverbandes kommen konnte, sind vor allem strukturelle Konsequenzen zu ziehen.
Nicht umsonst fragen sich mittlerweile verunsicherte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Pflegeeinrichtungen sowie auch die zu Pflegenden und deren Angehörige, ob es sich hier um die Spitze eines Eisberges oder um die Überforderung eines Trägers von Pflegeeinrichtungen handelt. In jedem Fall steht eines fest: Die gesamte Situation wurde auf dem Rücken der Bewohnerinnen und Bewohner der Pflegeeinrichtungen und insbesondere des sehr qualifizierten Pflegepersonals ausgetragen. Denn die bereits vor zwölf Monaten festgestellten Mängel liegen laut den Gutachtern nicht etwa in einer mangelhaften Qualifikation von Pflegekräften vor Ort begründet.
Vielmehr war eine Verbesserung der Pflegesituation aufgrund vieler struktureller Mängel gar nicht möglich. Wenn Pflege so organisiert ist, dass keine Zeit bleibt, einen Bewohner zur Toilette zu begleiten, wenn dieser den Tag im Bett verbringen muss, weil keine Zeit dafür da ist, ihn in den Rollstuhl zu setzen, und wenn selbst ein kurzes Gespräch nicht mehr möglich sein kann, weil es zu wenig Personal gibt, um dies zu erledigen, dann können wir doch nur feststellen, dass etwas grundsätzlich und grundlegend falsch läuft.
Wenn über den Umweg der Personalkosten, also auf dem Rücken zu weniger Pflegekräfte versucht wird, Kosten zu senken und die notwendigen Investitionen nachzuholen, dann brauchen wir uns eigentlich nicht zu wundern, dass es immer weniger Menschen gibt, die diesen verantwortungsvollen und sehr schweren Beruf ausüben wollen, und dass es immer weniger Senioren gibt, die nicht in Pflegeeinrichtungen wollen, dass es also immer mehr Senioren gibt, die den Weg in Altenpflegeheime fürchten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, weshalb konnte es so weit kommen? Hat das Zusammenspiel von MDK, Heimaufsicht und Fachaufsicht versagt? Haben die Heimaufsichten die ihnen übertragenen Kontrollmöglichkeiten vernachlässigt? Hat die Fachaufsicht des Landes, die lediglich die rechtmäßige und zweckmäßige Wahrnehmung der Verwaltungsangelegenheiten der Heimaufsicht zu überprüfen hat, von den Versäumnissen Kenntnis erhalten? Wurden Warnsignale übersehen? Was wurde konkret getan, um die Heimbewohner und Mitarbeiter der Einrichtungen zu schützen? Sie sehen, es gibt viele offene Fragen.
Menschen gepflegt werden. Dabei bezieht sich die Diskussion über die Pflegequalität nicht nur auf die zunehmenden Einzelbeschwerden, sondern auch darauf, wie ein Gesamtkonzept für Pflege und qualitative Umsetzung der Pflege geschaffen werden kann. Grundlegend dafür ist, dass wir den Betroffenen sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit außerordentlich gute Arbeit leisten, entsprechende Konzepte an die Hand geben könnten. Das sind wir ihnen schuldig.
Wenn diese neben ihrer hohen Arbeitsbelastung zusätzlich dem durch einzelne Pflegeskandale in der Öffentlichkeit geschürten Misstrauen ausgesetzt sind, dann trägt dies nicht wirklich zur Qualitätsverbesserung bei. Gerade aber mit dem Personal und der Personallage steht und fällt die Pflegequalität.
Wie können wir gutem Personal wieder die Möglichkeit geben, den Beruf gerne auszuüben und damit zu einer guten Pflege zu kommen? Dass dies nicht eine Frage des Geldes allein ist, zeigen viele Pflegeeinrichtungen in Schleswig-Holstein. Richtig ist auch, dass wir in Pflegequalität nicht dauerhaft von außen sozusagen hineinkontrollieren können. Was wir aber endlich durchsetzen müssen, ist die Etablierung eines wirksamen Kontrollinstruments. Hier hat die Landesregierung als Fachaufsicht versagt,
wenn bereits seit zwölf Monaten bekannte Unregelmäßigkeiten nicht genauer überprüft worden sind. Deshalb wiederhole ich die Forderung der FDP: Wir wollen einen unabhängigen Pflege-TÜV, wenn ich es einmal so bezeichnen darf.
Wir fordern weiterhin die Etablierung wirksamer und unabhängiger Kontrollmechanismen, weil andere Systeme versagt haben.
Ich komme zu meinem letzten Satz, Herr Präsident. Lassen Sie uns diese Aufgabe im Interesse der Heimbewohner und derer, die ihre schwere Arbeit in den Heimen verrichten, gemeinsam anpacken.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fehlersuche - ja! Die Fehler aber nur bei anderen zu suchen hilft nicht weiter! Insofern bin ich der Kollegin Kleiner dankbar, dass sie einen etwas anderen Ton angeschlagen hat als der Kollege Kalinka neulich im Sozialausschuss.
Der Medizinische Dienst in Schleswig-Holstein überprüft nicht nur einmal und das ist auch gut so. Die ehemalige Ministerin Moser hatte Recht, wenn sie immer wieder darauf hingewiesen hat, dass Qualität in die Pflegeheime sozusagen nicht hineingeprüft werden könne.
Ausbildung, Fortbildung, neue Organisation und mehr Pflegekräfte sind das Gebot der Stunde, dem die Landesregierung mit ihren Beiträgen nachkommt. Jetzt sind seitens der verantwortlichen Träger im Falle des DRK-Skandals die erforderlichen Konsequenzen gezogen worden, und zwar in personeller, qualitativer, struktureller und finanzieller Hinsicht.
Ich sage aber ganz deutlich: Dies ist im Augenblick, der Not gehorchend, das Richtige, aber es reicht nicht. Frau Kolb, Sie haben gerade hervorgehoben, dass Pflegepersonen im Bett liegen bleiben, weil nicht genug Personal da ist, um sie in den Rollstuhl zu setzen, dass es oft für den Gang zur Toilette das Personal nicht reicht. Dies ist leider in vielen Heimen noch Alltag. Wir arbeiten daran, dass es anders wird. Dabei sind nicht nur die Abgeordneten im Landtag gefordert, sondern natürlich vor allem die Pflegekassen und diejenigen, die insgesamt für die Heime Verantwortung tragen.
Darüber hinaus hat es weitere Vorkommnisse in den nun allen bekannten DRK-Heimen gegeben. Diese haben zu entsprechenden Feststellungen und weiteren Schritten geführt. Ich will damit das, was Sie gesagt haben, Frau Kolb, nicht verharmlosen. Wir müssen uns aber darüber klar sein, dass das, was Sie gerade benannt haben, in vielen Heimen leider noch Alltag ist; im DRK passierte Schlimmeres. Es ist deshalb Aufgabe des Landtages, auf Bundesebene bei der Neuordnung der Pflegeversicherung auf die Einführung neuer Berechnungsschlüssel, wie sie in Schleswig-Holstein mit dem Modell PLAISIR gefunden worden sind, zu dringen.
Ich sage das besonders nachdrücklich, weil ich zu meiner Freude hier Vertreter der Pflegekassen auf der
Wir müssen endlich ernsthaft Alternativen zu Heimen aufbauen. Folgendes müssen wir uns vor Augen halten: Etwa 80 % der Heimbewohnerinnen - es leben vor allem Frauen in Pflegeheimen - sind an Demenz erkrankt. Wir haben in den Pflegeheimen faktisch unerklärte Gerontopsychiatrien. Vor diesem Hintergrund ist das, was wir diesen Menschen in den Heimen bieten können, nicht der richtige Weg.
Dänemark und andere Bundesländer haben schon andere Pflegearrangements gefunden, die den Menschen besser helfen und sogar die Medikamenteinnahme nachweislich senken. Sie geben aber vor allem den Angehörigen mehr Möglichkeiten, eine gute Pflege durchzusetzen. Auch Angehörige sind eine Form der Heimkontrolle, Frau Kleiner. Ich wundere mich oft, dass Sie immer wieder nach dem Staat rufen, aber nicht die Angehörigen stärken, die sich oftmals stark engagieren, um eine bessere Pflege durchzusetzen. Hier haben wir ihnen - darauf hat Kollege Baasch schon hingewiesen - mit dem Pflegenottelefon und den Beratungsstellen Instrumente gegeben, die sie stärken.
Die Wohlfahrtsverbände in Schleswig Holstein haben längst begonnen, ebenfalls andere Wege außerhalb der klassischen Heime zu finden; dies haben sie auf einer Veranstaltung, die meine Fraktion letzte Woche hier in diesem Saal durchführte, überzeugend dargestellt. Aber sie kämpfen immer noch um die Finanzierung durch die Pflegekassen.
Hier sind wir auch als Land gefordert. Auf der Bundesebene wird derzeit neu über die Pflegeversicherung debattiert. Wenn wir uns nicht gemeinsam zusammentun und für eine angemessene Pflege gerade für Demenzerkrankte kämpfen - und da brauchen wir andere Einteilungen als die klassischen Pflegestufen 1 bis 3 -, dann müssen wir uns hinterher ernsthaft vorwerfen lassen, wir hätten nicht genug getan. Hier ist also das gesamte Haus gefordert und wir dürfen uns nicht mit Schuldzuweisungen in Nebensächlichkeiten zerfleddern.
Es ist meiner Meinung nach richtig, dass wir Heimaufsicht und MDK anhören, wie sie mit dem neuen Pflegegesetz, das wir vor zwei Jahren verabschiedet haben, umgehen. Einseitig jeden Tag die Ministerin in die Pflicht zu nehmen, sie solle die kommunale Aufgabe der Heimaufsicht an sich ziehen, ist der falsche Weg, Frau Kolb und Frau Kleiner.
Wir werden uns dafür einsetzen müssen, dass auf Bundesebene andere Rahmenbedingungen geschaffen werden, um tatsächlich neue Wege zu gehen, die wir gerade in unserem Nachbarland Dänemark erfolgreich vorgeführt bekommen. Und wir werden nicht nachlassen dürfen, uns auch als Abgeordnete vor Ort immer wieder ein Bild zu machen und einzumischen, wenn es um Pflegemissstände geht. Ich hoffe, dass wir hierbei mit der Unterstützung des gesamten Hauses rechnen können. Alle Details - auch die von der Opposition angesprochenen - werden wir im Sozialausschuss ausführlich debattieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist leider nicht das erste Mal, dass sich der SchleswigHolsteinische Landtag mit der Qualität der Pflege in Schleswig-Holstein beschäftigen muss; Kollege Baasch hat auch schon daran erinnert.