Protocol of the Session on May 27, 2004

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es umso wichtiger, wesentlich mehr in die Erforschung und die wirtschaftliche Erschließung von erneuerbaren Energien zu stecken als bisher. Dies sind keine ungerechtfertigten Subventionen, sondern Investitionen in die Zukunft, ohne zukünftige Generationen zu belasten und das ist zukunftsfähige Politik.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Malerius das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Aschmoneit-Lücke, Sie wissen, dass ich Sie sehr schätze, und ich möchte mich für Ihre sehr gute und differenzierte Rede bedanken. Wir liegen gar nicht so weit auseinander.

(Beifall bei SPD und FDP)

Allerdings kann ich Ihnen in zwei oder drei Punkten nicht zustimmen.

Der AkEnd ist 1999 von der rot-grünen Regierung eingerichtet worden. Der AkEnd und die daraus resultierenden Vorschläge sind europaweit beachtet worden und werden auch weiterhin beachtet. Schweden und Finnland handelten entsprechend. Die Spanier und die Franzosen werden im Jahre 2006 auch eine parlamentarische Entscheidung treffen und haben schon angedeutet, dass das Verfahren des AkEnd der richtige Weg sei.

Sie können nicht sagen, dass es Schröder oder Trittin will. Es muss vielmehr vor allen Dingen mit den Ländern gut beraten werden; das ist der entscheidende Punkt. Das hat nichts mit Gorleben zu tun.

(Wilhelm-Karl Malerius)

Sie wissen auch, dass das Moratorium Gorleben in dieser Frage drei bis zehn Jahre Unterbrechung vorsieht. Sie wissen auch, dass die Gasentwicklung und die chemischen Prozesse sowie die Eignung von Salz im Vergleich mit anderen Wirtsgesteinen untersucht werden müssen, um eine endgültige Sicherheit gewährleisten zu können.

Deswegen kann ich, Frau Aschmoneit-Lücke und Herr Harms, nur sagen: Wir müssen über die Grenze schauen. - Sie gucken doch sonst immer gen Norden. Warum tun Sie es jetzt nicht?

Wir sollten nach Schweden schauen und mit Schweden Kontakt im AkEnd aufnehmen, um mit Schweden eine Diskussion zu führen und weiter voranzukommen. Das ist mein Vorschlag, um zu erfahren, was überhaupt los ist.

Und wir sollten, Frau Aschmoneit-Lücke, diese Bundesregierung beim AkEnd-Verfahren unterstützen, um die Bevölkerung umfassend zu informieren. In Schweden sind zwei Regionen für ein Endlager ausgewählt worden und dort wird das AkEnd-Verfahren durchgeführt. Die Oberflächenuntersuchung findet zurzeit statt. Dort wird das Verfahren in Ruhe durchgeführt und das sollten wir hier genauso praktizieren.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Aschmoneit-Lücke das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Malerius, ich habe nichts dagegen, dass weitere wissenschaftliche Forschungen in Gang gesetzt werden. Ich habe allerdings etwas dagegen, dass dies mit dem Ziel gemacht wird, keine Entscheidung treffen zu müssen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn man weitere Forschungen anstellt, muss das Ziel darin bestehen, aufgrund dieser weiteren Erforschung so schnell wie möglich die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Ich glaube, das habe ich in meinem Beitrag sehr deutlich zum Ausdruck gebracht.

Herr Kollege Matthiessen, Sie haben der FDP vorgeworfen, wir seien für die Kernkraft. Frau Ministerin Trauernicht, Sie haben gesagt, Sie hätten meine Haltung dazu nicht richtig verstanden. Wir sprechen heute nicht über das Für und Wider der Kernenergie. Wir

sprechen heute über die Große Anfrage des Kollegen Graf Kerssenbrock zum Thema atomares Endlager. Darauf habe ich mich in meinem Beitrag strikt bezogen.

Im Übrigen halte ich die Diskussion, die von manchen nach wie vor geführt wird, ob nun Kernenergie in Deutschland notwendig sei oder nicht, für eine absolute Geisterdebatte.

(Beifall bei der FDP)

Wir wissen doch alle, dass in Deutschland kein Mensch auch nur im Entferntesten daran denkt, in den nächsten 30 Jahren ein Kernkraftwerk zu bauen. Warum sollte das auch passieren? - Dafür gibt es in der Bevölkerung keine Akzeptanz. Es besteht keine Notwendigkeit. Wir versuchen, und zwar gemeinsam, andere Energieformen zu finden. Also, diese Debatte will ich an dieser Stelle nicht wieder eröffnen.

(Beifall bei der FDP)

Sie hat zurzeit keine Relevanz.

Im Übrigen, meine Damen und Herren, lassen Sie uns Folgendes kurz festhalten: Es ist eine SPD-geführte Bundesregierung gewesen, die die Entscheidung für die Kernkraft in Deutschland getroffen hat.

(Dr. Trutz Graf Kerssenbrock [CDU]: Ge- meinsam mit der FDP!)

- Natürlich, die FDP war beteiligt. Deshalb habe ich auch „SPD-geführte Bundesregierung“ gesagt.

Wir standen damals dazu. Es ist 30 Jahre später immer leicht, zu sagen, die damaligen Entscheidungen seien falsch gewesen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich möchte nur nicht, dass die jetzige Opposition an den Pranger gestellt und gesagt wird: Ihr habt damals die falsche Entscheidung getroffen. - Eine große politische Mehrheit hat damals die Entscheidung getroffen und gesagt: Die Kernenergie ist das, was wir in Deutschland brauchen. - Ich glaube, diese Zeit ist vorbei.

Meine Damen und Herren, um noch einmal auf das eigentliche Thema dieser Debatte zu kommen. Ob wir es wollen oder nicht: Es fällt Tag für Tag weiterer Atommüll an und deswegen muss eine Entscheidung dahin gehend fallen, wo und wann wir endlich so weit sein werden, ein wie auch immer geartetes Endlager oder vorläufiges Endlager zu bauen.

(Glocke des Präsidenten)

- Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

(Christel Aschmoneit-Lücke)

Diese Entscheidung muss kommen, weil wir keine Zeit mehr haben. Dieser Atommülle fällt jeden Tag an.

(Beifall bei FDP und CDU)

Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Graf Kerssenbrock das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Malerius, Sie verstehen meine Erklärung von 2000 immer noch falsch; das nehme ich Ihnen nicht übel. Ich meine, ich habe mich heute präzise ausgedrückt.

Zweitens. Der Unterschied zu den skandinavischen Ländern, die jetzt eine AkEnd-Suche, veranstalten besteht darin, dass Deutschland bei der Endlagersuche schon sehr viel weiter war. Die Endlagersuche ist politisch willkürlich angehalten worden.

(Wilhelm-Karl Malerius [SPD]: Irrtum!)

Es wird kein einziges Problem durch das Anhalten dieser Suche oder die Verfügung dieses Moratoriums gelöst beziehungsweise anders gelöst. Dieselben Probleme, die es gegeben hätte, wird es auch weiterhin geben.

Das eigentliche Problem - ich habe sachlich nüchtern versucht, es verdeutlicht zu haben - ist Folgendes: Wenn diese Debatte noch lange stillsteht, wächst der Problemdruck; darin sind wir uns einig.

(Beifall der Abgeordneten Christel Aschmo- neit-Lücke [FDP])

Unter einem wachsenden Problemdruck gestaltet sich eine Standortdiskussion aber schwieriger. Dann wird es möglicherweise auch für andere Standorte schwieriger und ein Anliegen der Großen Anfrage bestand genau darin, auf diese Problematik hinzuweisen. Da Gorleben geeignet ist - und kein Mensch kann ernsthafte substanzielle Einwände dagegen geltend machen -, muss sich die Politik zwecks Vermeidung weiterer Probleme - unter anderem für SchleswigHolstein - sinnvollerweise für Gorleben entscheiden und dafür einsetzen, dass die Erkundungsarbeiten fortgesetzt werden.

Meine Damen und Herren, zur Zukunft der Kernenergie und energiepolitischen Landschaft! Ich bin mir nicht sicher, Frau Aschmoneit-Lücke, ob man nicht noch in Jahrzehnten über die Kernenergie reden wird. Ich meine, dass sich diese Diskussion unter dem

Druck der ungelösten und unlösbaren Klimaschutzproblematik ohne die Kernenergie in einigen Jahren anders stellen wird. Da werden auch Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, möglicherweise mit dabei sein, weil auch Sie wollen, dass wir ein Industrieland bleiben.

(Beifall bei der CDU - Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Blödsinn!)

Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Matthiessen das Wort.

Frau Aschmoneit-Lücke, der Vortrag von Herrn Kerssenbrock hat eben - so glaube ich - die Frage erläutert, ob wir es nicht doch mit Gedanken zu tun haben, einen Wiedereinstieg in das Atomprogramm zu machen. Sie sagten, daran denke keiner. Es ist richtig, es gibt zurzeit keine Planungen und keine Anträge dazu.

Ich habe den Endbericht der Enquetekommission „Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung“ des Deutschen Bundestages mitgebracht. Er trägt das Datum vom 7. Juli 2002. Das ist noch nicht so lange her. Hier haben sich alle Parteien vernünftigerweise darauf geeinigt, eine starke CO2-Reduktion durch eine geänderte Energiepolitik zu organisierten. So weit so gut. Es gibt aber ein Minderheitsvotum von FDP und CDU, in dem eine fossil-atomare Option aufrechterhalten wird.