Trutz Graf Kerssenbrock

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Minister hat Hartz IV einen Beitrag zur Wahrheit und Klarheit genannt. Das wollen wir gern unterschreiben. Die Wahrheit und Klarheit dürfte insbesondere zur Monatswende kommen, wenn die Arbeitslosenzahlen bekannt werden. Sie haben da schon ein bisschen vorgebaut. Sie liegen in Schleswig-Holstein bei knapp 150.000 Arbeitslosen per Dezember 2004. Das werden zum Monatswechsel wohl deutlich mehr werden.
Dann werden wir einen Beitrag zur Wahrheit und Klarheit haben, wo wir nach 17 Jahren sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik in Schleswig-Holstein stehen
und wie hoch die wirklichen Arbeitslosenzahlen sind, die bisher immer geschönt worden sind.
Sie haben sich den seichten Start von Hartz IV ja auch teuer erkauft, nämlich durch die Doppelzahlungen zum Jahreswechsel, nämlich die Zahlung der Sozialhilfe zum Jahreswechsel und des ALG II gleich zu Beginn.
Das ist natürlich ein bequemer und seichter Start, weil viele derjenigen, die nicht mehr anspruchsberechtigt sind, das erst zum nächsten Monatswechsel richtig merken. Erst dann wird es ein bitteres Erwachen geben. Darauf müssen wir uns wohl einstellen. Das ist ein ziemlich billiger Trick, um die Klagen in Grenzen zu halten. Wir können jetzt lesen: Die Zahl der Klagen bei den Sozialgerichten ist sprunghaft angestiegen. Wir sind inzwischen bei deutlich mehr als 1.000 Klagen bei den Sozialgerichten. Die Sozialgerichte mahnen schon neues Personal an. Das kommt auf Frau Kollegin Trauernicht zu, so sie dann noch im Amt ist.
- Das stimmt nicht.
- Wir haben nur über die Frage geredet, wer für die Sozialrichter zuständig ist, ob das Justizministerium oder das Sozialministerium. Das war der Fehler. Der Regierungswechsel wird gleichwohl stattfinden, seien Sie getrost.
Die Fallmanager von Hartz IV sind nach meinem Eindruck, soweit ich das beurteilen kann, mit ihrem Job deutlich überfordert. Hier kommen wir zu dem Bereich, den der Minister bereits angesprochen hat, nämlich die Vermittlungsleistung. Es muss sich erst noch beweisen, dass diese Leistung überhaupt kommt. Sie findet bisher überhaupt noch nicht statt. Im Moment ist es nichts anderes als die Verwaltung der bisherigen Arbeitslosigkeit, an der auch die Bundesagentur beziehungsweise die Bundesanstalt für Arbeit gescheitert ist.
Auf einen Punkt muss vielleicht doch noch hingewiesen werden. Sie haben groß angekündigt, dass Sie die
Ein-Euro-Jobs ausweiten wollen. Das ist ein weiterer Bilanztrick, um die Arbeitslosenzahlen in diesem Land zu schönen. Vor allen Dingen ist es ein ordnungspolitisch außerordentlich bedenklicher Schritt. Denn zahlreiche mittelständische Firmen werden erneut in große Schwierigkeiten gebracht, wenn die Ein-Euro-Jobs so ausgebaut werden, wie Sie sich dazu anschicken.
Das muss in der Tat unterbunden werden. Die EinEuro-Jobs passen ordnungspolitisch überhaupt nicht in die Landschaft. Ich sage ganz offen: Ich wäre nicht böse, wenn sie ganz gestrichen würden. Jedenfalls bahnt sich ein zigtausendfacher Missbrauch der EinEuro-Jobs an, der in der Tat völlig kontraproduktiv ist und nur den alten Irrweg der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der vergangenen Jahre, die alle ins Nirwana geführt haben, fortsetzen würde. Ich kann nur sagen: Wir stehen mit Hartz IV in der Tat am Anfang eines großen Projektes. Entscheidend wird die Vermittlungsleistung sein. Von ihr ist bisher noch nichts zu sehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht verstanden, warum der Antrag, über den wir
jetzt debattieren, gestellt worden ist. Über das, was der Antrag enthält, ist hier schon x-fach diskutiert worden. Der Antrag beinhaltet nichts Neues. Das ist alles kalter Kaffee.
Es handelt sich um pure Ideologie, um puren Wahlkampf. Wenn wir über solche Anträge zu diskutieren haben, dürfen wir uns nicht wundern, dass das Parlament zur Schwatzbude degradiert wird.
Ich bin wirklich entsetzt darüber.
Meine Damen und Herren, worüber man in dieser Zeit wirklich ernsthaft reden könnte und müsste - darüber haben Sie aber leider kein Wort verloren -, ist die Frage, ob der von Ihnen beschlossene und von der Gesetzestechnik her immer noch merkwürdige Ausstieg aus der Atomenergie nicht ernsthaft den Klimaschutz behindert, ausschließt oder unmöglich macht. Das ist doch die Frage, über die wir möglicherweise wirklich ernsthaft zu reden haben.
Gegenwärtig läuft die Klimaschutzkonferenz in Buenos Aires. Lesen Sie einmal die FAZ vom letzten Sonnabend. Dort hat Herr Höppe von der Münchner Rück sehr klar gesagt: Von 2013 bis 2017 muss im Klimaschutz noch sehr viel mehr passieren, als bisher passiert ist. Europa hat seine Hausaufgaben bisher nicht zufriedenstellend gemacht.
Wir stehen nur deshalb so gut dar, weil die Dreckschleudern in den 90er-Jahren von Töpfer abgestellt worden sind. Nur deshalb verzeichnen wir eine gute CO2-Bilanz. Es ist nicht etwa die große Leistung der Bundesregierung, dass wir bei der CO2-Reduktion ein bisschen besser dastehen.
- Natürlich! Sie wissen ganz genau, dass das die Wahrheit ist.
Das heißt doch, Europa kommt nicht hinterher. Belgien, Finnland, Österreich, Italien, Irland, Spanien, Portugal haben einen höheren CO2-Ausstoß, obwohl sie Minderungen zugesagt haben. Das ist doch die Realität in Europa. Wir stehen allein auf weiter Flur mit einer Energiepolitik, der keiner in Europa folgt. Dies geschieht unter dem Motto: Am deutschen Wesen soll die Energiepolitik der Welt genesen.
Meine Damen und Herren, das ist der falsche Weg. So werden wir nicht weiterkommen und das bürdet unserer Wirtschaft Zusatzkosten auf, die die wirt
schaftliche Dynamik hemmen, die die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft dramatisch einschränken und die Arbeitsplätze freisetzen. All das ist inzwischen auch gutachtlich belegt und bekannt. Ich verweise auf den wirtschaftspolitischen Beirat Ihres Wirtschaftsministers, der das auch ausgewiesen hat.
- Selbstverständlich! Das ist überhaupt nichts Neues und Sie haben mich schon oft genug dafür beschimpft, dass das unsere Politik ist.
Was Sie hier machen, ist umweltpolitische Kleinstaaterei nach dem Motto: Kopf in den Sand und keiner sieht mich. - Sie versuchen trotzdem, dies als einen großen Erfolg einer Energiepolitik zu verkaufen. Dieser Erfolg ist wirtschaftlich absolut kontraproduktiv und energiepolitisch absolut ineffektiv.
Meine Damen und Herren, schauen Sie sich die Zahlen an! Der primäre Energieverbrauch mag in Deutschland möglicherweise sinken. In Europa steigt er bis 2020 an. Aber das Problem liegt doch darin, dass nach allen Prognosen - ich habe erst kürzlich eine Prognos-Studie gelesen - auch in Deutschland der Stromverbrauch bis zum Jahr 2020 von 592 Terrawattstunden auf 608 Terrawattstunden ansteigt.
Meine Damen und Herren, daran können Sie doch erkennen, dass wir diesen Strombedarf mit regenerativen Energien, mit Windenergie, mit Biomasse nicht decken können. Wie wollen Sie das machen? Wer soll das denn bezahlen? Wollen Sie das alles zulasten der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft dem Verbraucher aufdrücken? - Dann dürfen Sie sich über höhere Arbeitslosenzahlen nicht wundern. Das ist einfach nicht machbar.
Und wir werden dabei die Klimaschutzziele verfehlen. Sie wollen den Atomausstieg. Das heißt, dass Sie aus fossilen Energiequellen 170 Millionen t CO2 zusätzlich in die Luft blasen. Das ist einfach die Zahl, die nach wie vor steht.
Daran kommen Sie nicht vorbei.
Ich weiß, dass Sie das nicht gern hören. Aber es regt mich auf, dass wir ständig gegen eine Wand reden. Es wird hier so getan, als könnte niemand auf den anderen in der Sache eingehen. Das ärgert mich. Das finde ich schade.
Wir müssen noch einmal über Folgendes nachdenken: Wer den Klimaschutz will und ihn als erste Priorität sieht - ich glaube, in diesem Punkt sind wir uns möglicherweise einig -, der kann den Atomausstieg so nicht wollen. Dann müssen wir eben doch über eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke nachdenken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, wenn ich meinen Mandanten, die gelegentlich auch einmal in U-Haft oder Strafhaft einsitzen, erklären müsste oder auch erklären muss, was im Knast in Lübeck alles möglich war, was ihnen aber alles vorenthalten wird, bleibt eigentlich nur noch Fassungslosigkeit. Plastiktüte, Telefon, Strickleiter, Schlosserei mit minderem Sicherheitsstandard bei wirklich gefährlichen Leuten - das können Sie überhaupt nicht erklären. Und da sagt Herr Hentschel, das sollen alles keine Fehler sein, die verantwortet werden? Da soll niemand vorgewarnt haben, da soll niemand berichtet haben, da hat es keinen Personalrat gegeben, der Mitteilung gemacht hat, da hat es keine Vermerke an das Ministerium gegeben, das ist alles nicht der Fall gewesen? - Wir werden ja sehen, was die Akteneinsicht zutage bringt. Es macht wirklich sprachlos, dass Sie sich hier hinstellen und behaupten, es habe keine Fehler gegeben. Herr Hentschel hat ausdrücklich gesagt: Es hat keine Fehler gegeben.
Herr Hentschel, haben Sie wirklich die Vorstellung, dass wir darüber hergefallen wären, wenn die Staatssekretärin vor diesem wirklich brandgefährlichen Mann gewarnt hätte, der siebenmal ausgebrochen war und unter Verdacht des Mordes gestanden hat? Was haben Sie für eine seltsame Vorstellung von der Opposition, was haben Sie für eine seltsame Vorstellung von uns? Es ist ein unglaublicher Vorgang, dass Sie diesen Vorwurf überhaupt zu erheben wagen.
Es ist nun einmal eine unheimliche Aneinanderkettung von Vorfällen, die Sie alle zu verantworten haben, die Sie hätten abstellen können und die Ihre Abteilungsleiter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gewusst haben. Das wird die Akteneinsicht ergeben, Frau Ministerin. Was Sie hier an Luschigkeit, an Wegsehen, aber auch an falsch verstandenem Liberalismus - um nicht zu sagen, Libertinage - zu verantworten haben, das spottet jeder Beschreibung.
Ich sage es ganz deutlich, Landesjustizminister haben nur ganz wenig persönlich wirklich zu verantworten und haben nur ganz wenige Chancen, wirkliche Fehler zu machen. Aber die Aufsicht über den Strafvollzug gehört zu den ganz wenigen, kleinen Bereichen, bei denen Landesjustizminister auch krasse Fehler machen können.
Es hat einen Justizsenator in Berlin gegeben - Wolfgang Kubicki wird ihn noch kennen -, der hieß Oxford und kam von der FDP. Er musste als Justizsenator zweimal wegen Ausbrüchen aus der JVA zurücktreten.
- Ja, der musste zweimal zurücktreten.
- Er war später wieder ins Amt gekommen, falls Sie das nicht mehr erinnern. So viel zur politischen Geschichte und Nachhilfe in politischer Geschichte. Sie wissen es ja offensichtlich nicht mehr.
Frau Ministerin, wenn es an dieser Stelle einen Grund für Rücktritt gibt - und es hat selten einen Fall gegeben, bei dem eine Justizministerin einen derartigen Mist zu verantworten hatte -, dann gibt es hier diesen Anlass. Ich kann nur sagen: Treten Sie um der politischen Hygiene willen, treten Sie aber auch um der
Aufrechterhaltung der justiziellen Liberalität willen zurück!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde es an sich in Ordnung, dass wir das Thema diskutieren, obwohl es eigentlich nicht in den Landtag gehört; denn es ist ein rein bundespolitisches Thema. Aber okay, wir wollen auch einmal über Netze und Netznutzungsentgelte und die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Strompreis diskutieren. Das ist alles okay.
Vorab jedoch etwas zur Erfolgsstory über die Arbeitsplätze. Ich habe gerade den Hinweis bekommen, dass der große Hafen Husum von all den Zulieferungen zu den Offshore-Windenergieanlagen in der Nordsee überhaupt nichts abbekommen soll, sondern dass alles über den Hafen von Røm abgewickelt werden soll. So viel zu den großen Arbeitsplatzeffekten, die daraus für Deutschland resultieren. - So toll wird es also nicht werden.
Warum hat es eigentlich so lange gedauert, bis ein Entwurf zum Energiewirtschaftsgesetz - er ist ja immer noch nicht da - auf die Reise gebracht wird? Dies ist offensichtlich auf die erheblichen Meinungsverschiedenheiten zwischen Clement und Trittin in Berlin zurückzuführen. Erst im Sommer lag der Entwurf vor, hätte jedoch zum 1. Juli vorliegen müssen. Darin geht es unter anderem auch um die von Ihnen geforderte Vorabgenehmigungspflicht durch die Regulierungsbehörde oder eben nur um eine Missbrauchskontrolle. Ich werde gleich etwas dazu sagen.
Schon an den beiden Spiegelstrichen Ihres Antrags kann man die diesbezügliche Uneinigkeit zwischen Rot und Grün erkennen. Sie haben den Antrag gemeinsam eingebracht, die beiden Spiegelstriche lauten jedoch: Wir wollen eigentlich eine Vorabgenehmigungspflicht. Aber wenn wir keine bekommen, wollen wir etwas anderes. - Das ist so ähnlich wie:
Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt, wie es ist.
Es ist nicht wegzudiskutieren: Wir haben bei den Netzen eine Oligopolsituation; das ist wahr. Wir haben vier große Energieversorger, die sozusagen 90 % der Netzzugänge darüber transportieren.
- So ist es. Das ist alles privatisiert und der Schritt ist in die richtige Richtung gegangen.
Regulierung ist unabweisbar. Es geht um die Wahl des richtigen ordnungspolitischen Rahmens. Aber es ist natürlich durchaus auch Zeit, noch einmal über die Preiserhöhungen - darüber haben Sie sich ja auch verbreitet - zu reden. Wir reden ja über den Zeitpunkt einer Preiserhöhung, weil die politisch gewollten Strompreiserhöhungen, die seit 1998 eingesetzt haben, schon seit Jahren bestehen. Insoweit kann man über die Zeitpunkte der jetzigen Strompreiserhöhungen in der Tat berechtigte Fragen stellen.
Aber es geht eben auch - das sagen einem die Versorger ja auch - um Investitionen für neue Kraftwerke. Dieses Argument ist nicht 100-prozentig stimmig, weil dies auch in den Abschreibungen für die bisherigen Kraftwerke enthalten sein soll. Aber Sie wissen ganz genau, dass die Abschreibungen natürlich nicht reichen, um damit neue Kraftwerke zu finanzieren.
- Nein, eben nicht. Da sind Sie, glaube ich, im Irrtum. Die Zahlen dazu sollten Sie sich ruhig einmal geben lassen, Herr Nabel.
Die Strompreise bestehen zu einem Drittel aus Netznutzungsentgelten. Wir müssen aber auch festhalten - das sollten Sie auch schlicht und einfach einräumen -: Die Nettostrompreise sind heute niedriger als 1998, zu Beginn der Liberalisierung, nämlich um ein Drittel. Der größte Preistreiber der Stromkosten ist die rot-grüne Bundesregierung und in Ihrem Gebäude die Landesregierung.
- Das mögen Sie nicht hören.
Der staatlich beeinflusste Preisbestandteil - EEG, KGK, Konzessionsabgabe, Stromsteuer und darauf dann die Umsatzsteuer - ist seit 1998 um 68,9 % ge
stiegen. Diese Zahlen müssen Sie sich auch einmal auf der Zunge zergehen lassen.
Es geht bei den Netznutzungsentgelten natürlich auch darum, dass Netze auch weiterhin die Grundlage für Investitionen in ein sicheres und attraktives Stromnetz darstellen müssen. Das sichert auch den Industriestandort Deutschland. Deutschland hat nun einmal einen sehr viel höheren Verkabelungsgrad als unsere europäischen Nachbarn. Ich glaube nicht, dass wir uns die italienischen Verhältnisse mit zusammenbrechenden Netzen wünschen sollten. Wir sollten auch zur Kenntnis nehmen, was für einen Wert wir da haben, nämlich noch halbwegs moderne, ordentliche Netze.
Wir haben ein ureigenes Interesse daran, den Energieversorgern ordnungspolitisch günstige politische Rahmenbedingungen zu verschaffen. Rot-Grün tut ja jetzt das genaue Gegenteil davon.
Wie falsch Ihre Energiepolitik ist, wurde in diesen Tagen bei der Vorlage des Gutachtens der Deutschen Energie Agentur - dena - deutlich, an dem ja nicht nur die Energieversorger, sondern auch das deutsche Windenergieinstitut beteiligt ist. Danach sind bei Fortsetzung Ihrer Pläne großflächige Versorgungsausfälle zu befürchten, weil der prozentual gesicherte Beitrag der Windenergie zur Stabilisierung der Netze sinkt. So viele Ersatzkraftwerke können Sie gar nicht bauen, wie Sie bei Ihren Ausbauplänen für die Windenergie benötigen werden. Sie werden sie benötigen, weil dies eben kein grundlastfähiger Energieträger ist.
Wer in einem Industrieland nicht dafür sorgt, dass das Netz eine hohe Qualität hat, gefährdet Arbeitsplätze.
Wer nicht dafür sorgt, dass ein moderner grundlastfähiger Kraftwerkspark zur Verfügung steht und erhalten werden kann, gefährdet auch Arbeitsplätze.
Es geht um Ersatzinvestitionen in Höhe von 40.000 bis 50.000 MW zu einem Gesamtkostenvolumen von 50 Milliarden €. Das kriegen Sie nicht so einfach gebacken, auch als Energieversorger nicht, der sich möglicherweise bei den Netzen in einer Oligopolsituation befindet.
Ich komme gern zum Schluss.
Ich sage nicht, dass das alles reicht, um jede Preiserhöhung zu rechtfertigen. Es geht uns um die Auswahl des richtigen ordnungspolitischen Mittels. Deshalb ist eine Vorabgenehmigungspflicht mit riesigem Bürokratieaufwand per se vor jeder Preiserhöhung mit Sicherheit das falsche dirigistische Mittel. Hier ist Raum für vernünftige Ordnungspolitik.
Wer jahrelang selbst die Preisschraube dreht, darf sich nicht wundern, wenn es irgendwann einmal Wirkungen gibt. Ich kann nur sagen: Biedermann und Brandstifter lassen grüßen. Sie versuchen, Biedermann und Brandstifter in einem zu sein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Garg, ich glaube, wir sind in dieser Frage einmal einiger gewesen. Ich glaube nicht, dass wir uns damals geirrt haben, als wir gemeinsam der Auffassung gewesen sind, der Flughafen Kiel sollte gebaut werden.
Ich bin sicher - der Kollege Müller hat das eben auch schon zum Ausdruck gebracht -, dass die Zukunft der Region durchaus auf der Kippe steht. Die Zukunft der ganzen Region Kiel, die im Übrigen auch das Ostufer mit einschließt, steht auf der Kippe.
Wir brauchen gar nicht nach Lübeck zu gehen, wo Investitionsentscheidungen gefällt werden. In den Kieler Unternehmen werden täglich Investitionsentscheidungen gefällt - denken wir beispielsweise einmal an Vossloh; das stand durchaus auf der Kippe -, die unter anderem auch von der Erreichbarkeit der Unternehmen abhängen, auch für Unternehmensführungen, für Verhandlungspartner, selbstverständlich hängt das voneinander ab. Wenn wir nicht wollen - ich sage das in aller Nüchternheit -, dass die Region Kiel zum Hinterland Hamburgs wird, haben wir eigentlich keine Alternative, als hier eine mutige Infrastrukturentscheidung zu treffen.
- Wir brauchen eine Verlängerung der Landebahn so, wie sie jetzt angedacht ist. Das würde ausreichen. Darum geht es.
Wer einmal die Erreichbarkeit Kiels vor wenigen Jahren mit der Erreichbarkeit jetzt vergleicht, nachdem einige Linien zusammengestrichen worden sind, weiß, was das für einen neuen Standortnachteil für Kiel aktuell bedeutet, schon jetzt. Das hat etwas miteinander zu tun, wenn große Unternehmen und Industriestandorte hier nicht mehr in diesem Umfang zur Verfügung stehen und auch nicht mehr als zukünftige Standorte angedacht werden.
Herr Minister Rohwer, die einzige Sorge, die ich jetzt habe - ich meine, wir sind uns in der Sache, wenn ich es richtig verstanden habe, nach wie vor einig -, ist, dass jetzt möglicherweise ein seltsames SchwarzePeter-Spiel anfängt. Auch Kollege Müller hat das ein bisschen angedeutet, als er vom IHK-Regionaltreffen berichtet hat. Ich meine, das Projekt der Erweiterung des Flughafens Kiel taugt nicht zum Schwarze-PeterSpiel, denn das ist in der Tat ein zu teures Spiel, weil es zu viele Arbeitsplätze kosten würde.
Wie gesagt, es geht bei einer solchen Entscheidung um die Zukunft der Region Kiel und die werden wir alle zusammen im Interesse des ganzen Landes treffen müssen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal sehr herzlichen Dank an die Mitarbeiter der Landesregierung, die diesen Bericht zusammengestellt haben. Er ist in der Tat eine wirklich gute Diskussionsgrundlage, auch wenn wir zu ganz anderen politischen Schlüssen kommen als Sie, Frau Ministerpräsidentin. Es war auch ein glücklicher zeitlicher Zufall, dass die Konferenz über erneuerbare Energien in Bonn zu einem Zeitpunkt stattgefunden hat, als der Ölpreis ganz besonders hoch war und uns schmerzvoll unsere Abhängigkeit von ausländischen fossilen Energiequellen deutlich gemacht hat.
- Ich war genau wie Sie da und ich habe Sie auch gesehen. Ich habe Sie sogar mit einer beachtenswerten Rede auf Englisch erlebt. Diese Rede fand ich sogar inhaltlich ganz ordentlich.
Sie haben mich dort aber offensichtlich nicht gesehen. Frau Aschmoneit-Lücke und Herr Nabel sind übrigens auch dort gewesen.
Es ist fast so schön wie bei Münchhausen, der sich selbst am Zopf aus dem Sumpf ziehen wollte beziehungsweise gezogen hat, wenn gesagt wird: raus aus der Abhängigkeit vom Öl und rein in die alternativen Energiequellen. Selbst der Kohlekanzler, der kürzlich noch 17 Milliarden € für die Steinkohle locker gemacht hat, äußerte sich so. Ich habe in Bonn sehr sorgfältig zugehört, Herr Kollege Matthiessen. Es waren durchaus bewegende Plädoyers für den Einsatz erneuerbarer Energien und die Hilfe aus Industrieländern, die wir dort aus Schwarzafrika und Südamerika zu hören bekommen haben. In den gerade genannten Bereichen der Welt fehlt es an Kapital. Wenn dort 80 % der Bevölkerung keinen Stromanschluss haben, versteht man überhaupt erst, warum auch bedeutende EU-Würdenträger sagen, es gebe so etwas wie ein Grundrecht auf Energie. Das ist durchaus bewegend gewesen. Was dort bei der Konferenz geschildert worden ist, kann keinen kalt lassen. In den genannten Bereichen der Welt macht Biomasse, die auch grundlastfähig ist, in Koppelung mit Wasser-, Solar- und Windenergie möglicherweise durchaus Sinn, um überhaupt zu einer Grundversorgung zu kommen. Das ist in Ordnung.
Wir müssen aber doch differenzieren und uns fragen: Geht das auch in den Industrieländern? Der Energiebedarf wird sich ausweislich des Berichtes der Landesregierung in den nächsten 50 Jahren verdoppeln. Das können Sie auf Seite 7 nachlesen. Glauben Sie wirklich, dass es bei uns in den wachstumsorientierten Industrieländern gelingen wird, den Energiebedarf durch Einsparungen zu verringern? Die klimapolitische Verantwortung der Industrieländer steigt noch. Wir werden den Entwicklungsländern bei der Herstellung einer Grundversorgung mit Energie überhaupt nur helfen können, wenn unsere Volkswirtschaften leistungsfähig bleiben.
Energie muss bei uns preiswert bleiben und darf unserer Wirtschaft nicht die Wettbewerbsfähigkeit rauben. Deshalb ist in den Industrieländern auch eine andere Energiepolitik als in den sich entwickelnden Ländern notwendig.
Wir brauchen einen anderen Energiemix als die Entwicklungsländer. Das soll unsere politische Verantwortung überhaupt nicht minimieren. Der Blick darauf darf aber einfach nicht getrübt werden, dass eine für den Sudan richtige Energiepolitik in Mitteleuropa kein tragfähiges Konzept sein kann. Das ist nun einmal so.
Deshalb ist der komplette Ausstieg aus einer grundlastfähigen, klimafreundlichen Technologie, die dieser Welt immerhin den Ausstoß von 170 Millionen t CO2 allein in Deutschland erspart, in der heutigen Zeit kaum zu verantworten.
Deshalb können wir uns auch eine teure Ressourcenverschwendung in nicht grundlastfähige Energieträger nicht leisten. Weder klimamäßig noch versorgungsmäßig sind erneuerbare Energien auch nur ansatzweise in der Lage, in Industriegesellschaften einen ernsthaften, substanziellen Beitrag zur Energieversorgung zu leisten. Deshalb brauchen wir ein Konzept, das uns nicht nur mit Windmühlen zupflastert, sondern auch CO2 vermeidet.
Auf Seite 16 Ihres Berichtes können Sie nachlesen, dass der CO2-Ausstoß in Schleswig-Holstein trotz einer Steigerung der Windenergieproduktion gestiegen ist. Der Emissionshandel und die Windenergieförderung bisheriger Art passen einfach so nicht zusammen - das hat der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums vor wenigen Wochen auch festgestellt -,
weil sich das sozusagen wechselseitig behindert. Sie haben selbst eingeräumt - Frau Ministerpräsidentin, darüber haben Sie leider nicht gesprochen; in dem Bericht steht es aber drin -, der KWK-Ausbau stockt im Moment. Sie können nicht auf Dauer eine Energiepolitik gegen jede Marktverhältnisse betreiben. Und doch versuchen Sie es.
Inzwischen sind wir bei 2 Milliarden € pro Jahr Windenergieförderung angelangt und bei 40 % staatlichem Anteil am Strompreis. Wir reden über 53,9 Milliarden €. Trotzdem soll die Windenergie ohne nennenswerte Veränderung der Förderpolitik in der Förderungshöchstdauer bis 2020 so ausgedehnt werden.
Meine Damen und Herren, Sie brüsten sich auch heute wieder wirtschaftspolitisch mit der deutlich wachsenden Windbranche. Es ist doch überhaupt keine Kunst. Bei derartigen staatlichen Garantien, Einspeisevergütungen müsste es mit dem Teufel zugehen, wenn eine solche Industrie, in der Lizenzen zum Gelddrucken ausgegeben werden, nicht wüchse.
Das ist keine besondere politische Leistung.
Die Nagelprobe kommt erst, wenn der inländische Markt wirklich gesättigt ist, wenn - was sich ankündigt - die Offshore-Technik auch nicht das bringt, was sie bringen soll. Auch da kündigen sich deutliche Hindernisse an. Wenn es dann gelingt, Arbeitsplätze zu erhalten, weil im Ausland ein ernsthafter, klimapolitisch sinnvoller Beitrag geleistet werden kann und die Politik dabei helfen kann, wäre das eine politische Leistung, die wirklich sinnvoll wäre. Dann könnte man Ihnen gratulieren. Wir wollen diese Politik nach dem 20. Februar durchaus machen.
Der Transrapid brauchte nicht ganz Deutschland und jede Strecke als Referenzstrecke, um exportiert werden zu können. Aber sogar eine einzige haben Sie in Deutschland verhindert. Bei der Windenergie wollen Sie ganz Deutschland zupflastern, obwohl sie energiepolitisch ernsthaft nicht gebraucht wird. Wir brauchen nicht neue Dauersubventionen und auch nicht in alte Industriezweige, die keine dauerhafte Perspektive haben, sondern wir brauchen eine differenzierte Forschungsförderung, wir brauchen eine differenzierte Förderpolitik, um differenzierte Lösungen je nach Bedarf zu ermöglichen.
Deutschland droht in ganz bestimmten Disziplinen - auch energietechnischen Disziplinen - völlig zur Forschungswüste zu werden. Sie haben so viel über Forschung geredet. Lesen Sie es einmal in Ihrem eigenen Bericht nach. Da stehen zehn Zeilen. Darin stehen in 70 Seiten Bericht zehn Zeilen über Forschung drin. Das ist nicht genug.
Gleichzeitig werden um uns herum Reaktoren gebaut, in Finnland und in Frankreich. Deutsche Wissenschaftler werden irgendwann nicht mehr gebraucht werden. Aber wir werden den Strom aus diesen Kernkraftwerken beziehen müssen.
Wir brauchen nicht neue Wettbewerbsverzerrung mit schädlichen Folgen für Industriearbeitsplätze, sondern Anreize an der richtigen Stelle, Rahmendaten statt Planwirtschaft. Stattdessen haben Sie die Windenergie überstürzt ausgebaut, ohne Rücksicht auf die vorhandenen Netzstrukturen. Das wird nicht langen. Wir produzieren immer mehr Windenergie. Der CO2Ausstoß steigt trotzdem. Die Netze halten das auf Dauer nicht aus. Wir reden über 600 Millionen € für die Offshore-Kabel, die noch verlegt werden müssen. Da kommt es zu einer witzigen, geradezu karikaturhaften Entwicklung. Der Umweltminister ist jetzt gar nicht da. Er muss zugucken, wie die Erdkabel, die
gelegt werden sollen, mitten im Nationalpark Wattenmeer verlegt werden müssen, weil sich das Bundesunternehmen Deutsche Bahn AG weigert, sie direkt am Hindenburgdamm entlang verlegen zu lassen. Herzlichen Glückwunsch, Herr Umweltminister, zu dieser wunderbaren Entscheidungsalternative, vor der Sie stehen. Sie müssen das ja alles genehmigen.
Über den veralteten Kraftwerkspark lesen wir auch nichts, auch nicht über den Investitionsstau. Wir reden über 40.000 bis 50.000 MW
die für etwa 50 Milliarden € ersetzt werden müssen. Investitionssicherheit für Energieversorger ist bei Ihnen offensichtlich ein Fremdwort. Sie brauchen das aber, um überhaupt planen zu können. Wann und wo sollen die Kraftwerke geplant werden? Darüber haben wir vor zwei Monaten schon einmal im Landtag diskutiert. Ihre diesbezügliche Vorsorge fehlt völlig. Das fehlt auch bei der Aufzählung der vier wesentlichen Ziele in Ihrem Bericht. Auf Seite 31 haben Sie vier wesentliche Ziele genannt, die universell gelten sollen, aber die Vorsorge, wo neue Kraftwerkstandorte sein sollen und welche Kraftwerke es denn werden sollen, fehlt vollkommen. Mit KWK werden Sie den Bedarf in einer modernen Industriegesellschaft nicht decken können. Das ist so ähnlich, als wenn Sie zum Löschen einen Großbrandes eine Gießkanne nehmen würden.
Wir wollen nicht nur Nein sagen. Wir sagen auch, was sinnvoll wäre. Über die Verbesserung der Wirkungsgrade der fossilen Kraftwerke zur Verbesserung des Klimaschutzes findet sich in Ihrem Bericht nichts Substanzielles. Sie reden stattdessen nur über KWK. Dabei wäre das viel wichtiger, um die Anforderungen von Kyoto erfüllen zu können, und zwar mit realistischem Aufwand.
- Wir brauchen auch mehr Forschungsförderung. Das habe ich schon gesagt. Zusätzlich notwendiger Ausbau des Kraftwerks durch Windenergiereservekapazitäten kommt noch. Herr Vahrenholt hat die Politik vor einigen Tagen geradezu beschworen, einer Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke zuzustimmen, um nicht so viel Reservekraftwerke für die Windenergie bauen zu müssen.
Noch so starke Polemik und Kraftworte werden auf Dauer nicht verhindern, dass wir angesichts der wieder schmerzvoll spürbar gewordenen Abhängigkeit von ausländischen fossilen Energieträgern über einen
neuen, anderen Energiemix diskutieren müssen, als Rot-Grün ihn bisher herbeireden wollten. Meine Damen und Herren, Ihr Traum wird enden. Wir sind in der Realität angekommen, nicht nur in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, auch in der Energiepolitik. Es ist vermessen, außen-, energie-, umwelt- und sicherheitspolitisch vermessen und nicht realistisch, am spezifischen deutschen energiepolitischen Wesen die Welt genesen lassen zu wollen. Das macht die Welt nicht mit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, es wäre eine Chance zum Neuanfang in der Energiepolitik gewesen. Die haben Sie leider nicht genutzt.
Sie sind auf den ausgetretenen Faden weitergegangen, die energiepolitisch ins Niemandsland führen. Wir sind energiepolitisch in der Tat völlig unterschiedlicher Auffassung. Wir sind der Auffassung, dass die Kernenergien zu dem notwendigen Kernenergienmix weiter ihren Beitrag leisten muss, schon aus Klimaschutzgesichtspunkten.
Sonst werden wir der Klimaschutzproblematik nicht Herr. Mit Glaubensbekenntnissen, dass Sie gegen die Kernkraft sind, werden Sie das Problem nicht beseitigen können, vor dem Sie energiepolitisch stehen. Wie wollen Sie eigentlich eine Energiepolitik betreiben, die die Klimaschutzproblematik löst?
Das werden Sie ohne die Kernenergie leider nicht hinkriegen.
Die Debatte um die Endlagerung hat schon in den 70er-Jahren nach dem Ölschock zu Zeiten, als die SPD im Bund mit Helmut Schmidt an der Spitze im Bund regiert hat, eine große Rolle gespielt. Sie ist damals von allen politischen Kräften im Bundestag als entscheidende Voraussetzung für die dauerhafte Beherrschbarkeit und Akzeptanz der Kernenergie angesehen worden. Die Bedeutung war allen eigentlich immer klar. Hier ist die Regierung Kohl unter Töpfer und Merkel schon sehr viel weiter gewesen, weiter als die heutige Bundesregierung. Die hat erst einmal einen Rückschritt gemacht.
Es ist der Präsident des Deutschen Atomforums, Gerd Maichel, gewesen, der in diesen Tagen gesagt hat - das steht in offenem Gegensatz zu dem, was Sie hier verkündet haben, Frau Ministerin -:
„Die einzige Strategie, die ich zurzeit erkennen kann, heißt Verzögerung. Warum wurde sonst in der Entsorgungspolitik auf Schneckentempo heruntergebremst? Worauf warten wir also?“
Diese Bundesregierung aus Rot-Grün ist es, die die Endlagerfrage mit dem Atomkonsens von Juni 2000 auf die lange Bank schieben will. Sie haben das Moratorium für Gorleben verfügt. Sie haben auf 2030 vertröstet und alles eingestellt. Angeblich wollten Sie mit dem AkEnd schon in der Phase II sein. Das sollte alles Ende des Jahres 2004 sein. Darauf werden wir wohl auch vergeblich warten müssen.
Der Planfeststellungsbeschluss zum Schacht Konrad liegt vor, Frau Ministerin. Er ist ausführungsfähig. Es ist der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Müller gewesen, der heute in der Energiepolitik als Vorstandsvorsitzender eines bedeutenden Unternehmens eine nicht unwesentliche Rolle spielt, hat ausdrücklich erklärt: Die Bundesregierung entzieht dem von ihr selbst erwirkten Planfeststellungsbeschluss die Notwendigkeit und erhöht das Prozessrisiko einer Klage gegen diesen Planfeststellungsbeschluss, wenn sie davon keinen Gebrauch macht. Das ist wie bei einer Baugenehmigung, von der Sie auch keinen
Gebrauch machen. Genau das machen Sie. Sie wollen von diesem Planfeststellungsbeschluss, der vorliegt, nach Prüfung offensichtlich keinen Gebrauch machen.
Frau Ministerin, in der Antwort auf die Große Anfrage belaufen Sie schlichtweg die Unwahrheit. Es gibt keine fachlich begründeten Zweifel an der Eignung des Salzstockes Gorleben. Das ist im Atomkonsens 2000 ausdrücklich erklärt worden. Es steht schriftlich drin, ist nachzulesen, Frau Ministerin.
Sie können nicht einfach das Gegenteil behaupten. Sie sollten der Bevölkerung nicht Sand in die Augen streuen und sagen, dass es irgendwelche Zweifel gebe. Es gibt bisher keine sachlich begründeten Zweifel. Ich komme noch auf die angeblichen Zweifel zurück.
Die Fixierung der Bundesregierung auf ein einziges Endlager - stattdessen haben Sie nun 12 Zwischenlager eingerichtet - kann aus sicherheitspolitischer Sicht eigentlich nur Kopfschütteln auslösen.
So muss dieses eine Endlager möglicherweise noch Jahrzehnte, Jahrhunderte, für schwach wärmeentwickelnde Abfälle offen bleiben und kann nicht verschlossen werden, weil es beispielsweise aus Krankenhäusern immer noch schwach radioaktive Abfälle geben wird. Es kann nicht verschlossen werden, weil Sie an diesem einen Endlager festhalten.
Obwohl Sie aus der Kernenergie aussteigen wollen, erhöhen Sie das Risiko, indem Sie ein solches Endlager immer noch offen halten wollen. Meine Damen und Herren, das ist ein Widerspruch in sich und das ist sicherheitspolitisch überhaupt nicht vertretbar.
Die Bundesregierung hat durch die Einrichtung von Zwischenlagern - - Herr Kollege Matthiessen, Sie dürfen noch reden. Sie kommen noch dran.
Die Bundesregierung hat durch die Einrichtung von Zwischenlagern die Gefahren für die Bevölkerung eher noch erhöht.
- Sind Sie so freundlich und bremsen den Kollegen einmal, Frau Präsidentin? Das wäre sehr freundlich.
Sie wollen offenbar durch Vertagung der Entscheidungen sich selbst unbequeme Entscheidungen vom Halse halten und die zukünftig Regierenden unter Druck setzen.
Das ist eine hinterhältige Strategie, die hier betrieben wird.
Überdies schafft die Bundesregierung Haushaltsrisiken für den Bundeshaushalt, für den Steuerzahler, wenn die Endlagerstätten Schacht Konrad und Gorleben trotz ihrer geologischen und sonstigen Eignung nicht ausgewählt werden, weil sie dann die von den Betreibern für die Erkundung aufgewandten Summen einschließlich Zinsen zurückzahlen müssen. Wir reden dabei nicht über Peanuts. Inzwischen sind schon über 2 Milliarden €, die zurückgezahlt werden müssen, wenn man davon abstimmt. 2 Milliarden €! Der Bundesrechnungshof hat im November 2003 genau darauf hingewiesen. Darüber müssen Sie auch einmal reden.
Die Kosten für ein künstlich verlängertes Auswahlverfahren einschließlich politischer Akzeptanz können im Übrigen nicht auf die Betreiber umgelegt werden. Herr Cloosters, ein Mitarbeiter, der beim Deutschen Atomrechtsforum in Köln mit war, weiß das sehr genau. Das ist verfassungsrechtlich nicht darstellbar. Das werden Sie nicht hinkriegen, selbst wenn Herr Trittin das noch so gern möchte. Der Steuerzahler wird für die Unwilligkeit der Bundesregierung, zu entscheiden, eines Tages bitter zu bezahlen haben, mehr als die 2 Milliarden €, wenn es so weitergehen sollte, wenn wir in der Energiepolitik nicht doch eine Wende hinbekommen.
Sie in Land und Bund schaffen dadurch das Risiko, dass eines Tages ganz andere Stätten als Schacht Konrad und Gorleben ausgewählt werden. Darüber
müssen wir in der Tat einmal reden. Der Kollege Harms freut sich über dieses Thema ja immer so.
Deshalb haben wir in der Großen Anfrage so sorgfältige Anfragen hinsichtlich der geologischen Standorte gestellt. Darauf haben wir von der Landesregierung überhaupt nichts gehört. Die Risiken bestehen besonders für Schleswig-Holstein, meine Damen und Herren. Es reicht nicht, die Ergebnisse des AkEnd als „akzeptable Diskussionsgrundlage“ - wörtliches Zitat aus der Antwort auf die Große Anfrage - zu bezeichnen. Sie müssen endlich einmal Ihre Auffassung äußern. Sie werden Ihrer Aufgabe, die Interessen des Landes in dieser Frage zu vertreten, durch Ihre Untätigkeit und die Untätigkeit der Bundesregierung nicht gerecht.
Im Atomkonsens ist den Energieversorgungsunternehmen ausdrücklich zugestanden worden: Es gibt keine sachlich begründeten Anhaltspunkte für die Nichteignung von Gorleben als Endlager. Auch der AkEnd hat bisher keinerlei Substanz für die Nichteignung zu Tage gefördert. Bisher kein Wort dazu. Der einzige Punkt, der neu sein soll, ist die fehlende Akzeptanz der Bevölkerung und der Öffentlichkeit, die dazugekommen sein soll. Frau Ministerin, offen gestanden: Bei jedwedem Anlagenbau brauchen Sie entweder die Akzeptanz der Bevölkerung oder Sie müssen möglicherweise einmal gegen die Bevölkerung entscheiden. Wenn aus Allgemeinwohlinteresse eine Standortentscheidung sein muss, muss sie sein.
Beifall können Sie für solche Standortscheidungen - wo immer Sie sie zu fällen haben - erwarten. Das hat bei Müllverbrennungsanlagen auch der heilige Minister Hydemann schon kennen lernen müssen.
Seitenlang geben Sie die Meinung des AkEnd wieder - auf 16 von 35 Seiten. Haben Sie eigentlich keine eigene Meinung? Ich kann das Ihnen persönlich, Frau Ministerin, nicht anlasten, weil Sie die Antwort nicht geschrieben haben können. Das weiß ich sehr genau. Aber Sie vertreten diese Landesregierung nun einmal.
Sie wollen vor allen Dingen deshalb keine eigene Meinung haben, weil die Herren Trittin und Schröder - mit denen haben Sie ein bisschen mehr zu tun - schon immer gegen Gorleben und Schacht Konrad gekämpft haben und diesen Kampf lieber ihren politischen Nachkommen, wenn Sie eines Tages nicht mehr regieren, überlassen wollen.
Die Tatenlosigkeit dieser Bundesregierung schadet nicht nur dem ganzen Land, sondern mittelbar auch ganz besonders Schleswig-Holstein, weil sie die Gefahr erhöht, dass auch Standorte in SchleswigHolstein ins Blickfeld geraten. Deshalb schaden auch die Ruhe und die Stille dieser Landesregierung bei diesem Thema diesem Land, unserem Land. Wenn wir vermeiden wollen, dass Standorte in SchleswigHolstein in eine Auswahlentscheidung geraten, muss Schleswig-Holstein im Fall der Eignung von Gorleben und Schacht Konrad für die Auswahl der Standorte eintreten. Das erwarten wir von dieser Regierung.
Das ist auch aus übergeordneten Gründen richtig. Dr. Derek Taylor - das ist der Leiter des Bereiches Kernenergie, Abfallwirtschaft und Transport bei der EU-Kommission - hat am 7. Oktober 2003 in einem Vortrag in Köln - Sie bestätigen das Zitat - ausgeführt - mit Genehmigung der Frau Präsidentin zitiere ich wörtlich; ich bin auch gleich fertig; ich sehe, dass gerade die Zeit abläuft -:
„In der Europäischen Union - wie auch in anderen Regionen der Welt - werden die gefährlichsten und höchststrahlenden Materialien zurzeit in Zwischenlagern aufbewahrt. Eine endgültige Entsorgung steht bisher aus. In der Zwischenzeit wachsen die Mengen dieser Materialien weiter an. Diese Situation muss sich ändern, da sie nicht mehr tragbar ist. Was in der Vergangenheit aus technischen Gründen hinausgezögert worden sein mag, ist mittlerweile zur Entschuldigung dafür geworden, dass kein Fortschritt erzielt wird.“
Daraus folgt das Nuklearpaket der EU, das von den Mitgliedstaaten klar definierte Programme für die Entsorgung verlangt. Sie dürfen es nicht auf das Jahr 2030 vertagen. Die Ablehnung beispielsweise des Stilllegungsfonds durch den Bundesrat, die Sie lauthals beklagen, ist nicht das eigentliche Problem. Die Untätigkeit von Bundes- und Landesregierungen ist ein wirklich großes Problem sicherheitspolitischer Art.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Malerius, Sie verstehen meine Erklärung von 2000 immer noch falsch; das nehme ich Ihnen nicht übel. Ich meine, ich habe mich heute präzise ausgedrückt.
Zweitens. Der Unterschied zu den skandinavischen Ländern, die jetzt eine AkEnd-Suche, veranstalten besteht darin, dass Deutschland bei der Endlagersuche schon sehr viel weiter war. Die Endlagersuche ist politisch willkürlich angehalten worden.
Es wird kein einziges Problem durch das Anhalten dieser Suche oder die Verfügung dieses Moratoriums gelöst beziehungsweise anders gelöst. Dieselben Probleme, die es gegeben hätte, wird es auch weiterhin geben.
Das eigentliche Problem - ich habe sachlich nüchtern versucht, es verdeutlicht zu haben - ist Folgendes: Wenn diese Debatte noch lange stillsteht, wächst der Problemdruck; darin sind wir uns einig.
Unter einem wachsenden Problemdruck gestaltet sich eine Standortdiskussion aber schwieriger. Dann wird es möglicherweise auch für andere Standorte schwieriger und ein Anliegen der Großen Anfrage bestand genau darin, auf diese Problematik hinzuweisen. Da Gorleben geeignet ist - und kein Mensch kann ernsthafte substanzielle Einwände dagegen geltend machen -, muss sich die Politik zwecks Vermeidung weiterer Probleme - unter anderem für SchleswigHolstein - sinnvollerweise für Gorleben entscheiden und dafür einsetzen, dass die Erkundungsarbeiten fortgesetzt werden.
Meine Damen und Herren, zur Zukunft der Kernenergie und energiepolitischen Landschaft! Ich bin mir nicht sicher, Frau Aschmoneit-Lücke, ob man nicht noch in Jahrzehnten über die Kernenergie reden wird. Ich meine, dass sich diese Diskussion unter dem
Druck der ungelösten und unlösbaren Klimaschutzproblematik ohne die Kernenergie in einigen Jahren anders stellen wird. Da werden auch Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, möglicherweise mit dabei sein, weil auch Sie wollen, dass wir ein Industrieland bleiben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die grundsätzlichen Botschaften des Herrn Wirtschaftsministers habe ich durchaus mit einigem Wohlwollen - nicht mit hundertprozentigem Wohlwollen - zur Kenntnis genommen. Allerdings haben sie mit der Wirklichkeit in der Energiepolitik in Schleswig-Holstein wenig zu tun. Die Praxis und Ihre Grundsatzerklärung passen überhaupt nicht zusammen.
Wenn der Bundeswirtschaftsminister Clement einen solchen Bericht, wie Sie ihn hier gegeben haben, hätte geben sollen, dann hätte er einen ganz anderen Bericht gegeben, Herr Minister. Er hätte auf das Gutachten seines wissenschaftlichen Beirats verwiesen,
das zu einem vernichtenden Urteil über die bisherige Energiepolitik und insbesondere die Förderpolitik
Herrn Trittins und damit auch dieser Landesregierung gelangt ist. Aber der für die Energiepolitik zuständige Wirtschaftsminister dieses Landes darf offenbar nicht anders: Werden Sie, Herr Minister, am Gängelband Ihres Kollegen Müller geführt? Lassen Sie das mit sich machen? - Das ist doch die Realität hier in Schleswig-Holstein!
Dabei weiß doch jeder, dass der deutsche Kraftwerkspark vor Milliardeninvestitionen in neue Kraftwerke steht.
Sie selbst nennen die Zahlen in Ihrem Bericht: 22.000 MW - davon 3.500 MW allein in SchleswigHolstein - aus der Kernenergie gehen bis 2020 vom Netz. Zusätzlich müssen noch circa 30.000 bis 40.000 MW aus dem fossilen Kraftwerksbereich ersetzt werden.
Diese Landesregierung weiß noch nicht einmal, wie und wo Ersatz für die von ihr zum Auslaufen bestimmten Kernkraftwerke geschaffen werden soll. In Ihrem Bericht findet sich überhaupt nichts darüber.
Sie wissen es nicht und Sie wollen es offenbar auch gar nicht wissen. Von energiepolitischer Planung keine Spur! Sie, Herr Minister, drücken sich um das Eingeständnis, dass ohne längere Laufzeiten für Kernkraftwerke die Energieversorgung aus dem eigenen Land nicht mehr sichergestellt ist.
In der Bundesregierung tobt ein Streit zwischen dem Wirtschaftspolitiker Clement, den Gewerkschaften ver.di, IG Bergbau, Chemie, Energie auf der einen Seite und dem Umweltminister Trittin auf der anderen Seite. Es geht darum, ob der vom Umweltminister vorgesehene Allokationsplan volkswirtschaftlich verträglich sei, ob er nicht dazu führe, dass noch mehr Industriearbeitsplätze ins Ausland exportiert würden, wo man den Emissionshandel nicht so strikt handhabe, und ob nicht Kostensteigerungen die Folge sein würden, die zur Vernichtung weiterer Industriearbeitsplätze eben auch in Schleswig-Holstein führten.
Sie sagen selbst so wolkig in Ihrem Bericht, dass es um die Einzelheiten für die Zuteilung von Emissionsrechten für bestehende und neue Anlagen gehe. Was wird denn mit den neuen Kraftwerken? Brauchen die neue Verschmutzungsrechte? Müssen sie sie kaufen? Sollen sie auf die Strompreise umgelegt werden? - Das sind doch die Fragen, die zu beantworten sind und die Sie politisch entscheiden müssen.
Da wird in Berlin mit massivem Druck - ich meine Streiks und Demonstrationen - gedroht und in dem Bericht der Landesregierung findet das alles nicht nur nicht statt, sondern es wird eine heile schleswigholsteinische Welt dargestellt, in der sich durch den Emissionshandel nichts ändere. Das haben Sie in Ihrem Bericht ausdrücklich geschrieben.
Herr Minister, bei allem Verständnis für die Schwierigkeiten eines Wirtschaftsministers, eine gemeinsame Energiepolitik der rot-grünen Koalition zu formulieren - es ist gut, dass die Aufgabe jetzt bei Ihnen als Wirtschaftsminister liegt -: Ich glaube nicht, dass Sie so abtauchen können. Wir wollen Auskunft, wir wollen von Ihnen wissen, ob Sie überhaupt eine energiepolitische Planung haben. Der Bericht sagt eigentlich nur aus, dass Sie weiter vor sich hinwurschteln auf eingefahrenen, verrotteten Gleisen.
Meine Damen und Herren, eines deckt der Bericht schonungslos, aber wahrscheinlich unfreiwillig auf: Ein „Weiter so!“ funktioniert nicht und ein Gesundbeten funktioniert auch nicht.
Sie müssen 170.000 t CO2 zusätzlich vermeiden, weil Sie die Kernkraftwerke abschalten wollen. Das kann die Windkraft - wie Sie wissen - nicht ansatzweise leisten, bis zum Jahr 2020 allenfalls 10.000 bis 12.000 t - von 170.000 t! Sie räumen das auch ein, wenn Sie auch wieder wolkig sagen, dass der größere Teil des Ersatzbedarfs noch auf fossiler Basis bereitgestellt werden müsse. Herr Minister, wir reden über 95 %. Das ist nicht nur der größere Teil, das ist der weitaus größte Teil. Deshalb ist die ganze Diskussion, die Sie hier wieder angefangen haben, eine Scheindebatte.
Für den weiter steigenden Strombedarf, den Ihr Bericht ja auch ausweist, müssen Sie neue Kraftwerke bauen mit fossilen, CO2 emittierenden Energieträgern arbeiten. Dann werden Sie unsere gemeinsamen Klimaschutzziele dramatisch verfehlen. Herr Minister, das können Sie nicht verantworten.
Professor Pfaffenberger vom Bremer Energieinstitut, den auch Sie in Ihrem Bericht zitieren, spricht in einer Studie - die meinen Sie wahrscheinlich, die ist nicht so genau zitiert, die heißt „Investitionen im liberalisierten Energiemarkt“ - von einem Ersatzbedarf von 40.000 bis 50.000 MW - also noch etwas mehr, als
Sie in Ihrem Bericht an Ersatzkraftwerksleistung, die wir noch brauchen, sprechen - und sagt ausdrücklich - ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten -:
„Deutschland braucht einen Energiemix, der die Vor- und Nachteile einzelner Energieträger im Sinne der höchsten volkswirtschaftlichen Effektivität kombiniert.“
Da sind wir theoretisch wahrscheinlich völlig beisammen.
„Eingriffe der Politik dürfen die notwendigen Preissignale des Marktes nicht durch Festsetzen von Ober- und Untergrenzen außer Kraft setzen.“
Da liegt Ihr Problem. Auch unter Berücksichtigung des Geschehens im europäischen Ausland - Finnland, Osteuropa, Frankreich, insbesondere auch Slowakei, die wir gemeinsam besucht haben und die an der klimafreundlichen Kernenergie festhalten - kann der bisherige Kurs nicht aufrechterhalten werden, sondern es muss auch finanziell, wenn Sie schon die Förderung der Kerntechnik nicht mehr über sich bringen, stärker auf die Verbesserung der Wirkungsgrade fossiler Kraftwerke gesetzt werden, statt Milliarden in aussichtslose Steckenpferde zu stecken. Der letzte Halbsatz ist auch wichtig, Herr Minister.
Die Energiewirtschaft muss bei derartigen Investitionsgrößenordnungen wissen, unter welchen Bedingungen Bau und Betrieb welcher Kernkraftwerke noch möglich ist. Sie braucht Investitionssicherheit.
Die Stromreserven hierzulande werden immer knapper. Die Auslastung der Kraftwerkskapazitäten stieg im Winter 2002/2003 auf 92 %. Im Jahre 1983 waren wir noch bei 84 %.
Der Zuwachs an regenerativen Energien erweitert zwar insgesamt das Angebot, er steigert aber gleichzeitig auch massiv den Reservebedarf.
Für 1 MW Windkraftleistung müssen für den Fall des Ausfalls 0,85 MW Reserveleistungen installiert werden. Das steigert den Investitionsbedarf, das steigert auch den Ersatzbedarf und über all das findet sich in Ihrem Energiebericht nichts. Die ganze Wirtschaft, nicht nur die Energiewirtschaft, muss wissen, ob Wettbewerbsfähigkeit noch gleichrangig neben Versorgungssicherheit und beide gleichrangig neben Klimaschutz stehen. Herr Minister, Sie haben das eben deklamiert, aber aus Ihrer Politik wird eigentlich das Gegenteil deutlich.
Die Energiewirtschaft muss auch wissen, ob und unter welchen preislichen Bedingungen die Netze erhal
ten werden können. Sie haben eben über das Energiewirtschaftsgesetz gesprochen.
Die sind erheblich renovierungsbedürftig, teilweise durch Einspeisung regenerativen Stroms. Das wirkt sich auf den Strompreis aus. Davon hängt ab, ob Industriearbeitsplätze in Deutschland und natürlich auch in Schleswig-Holstein fortbestehen oder gar geschaffen werden können,
bestimmt nicht durch ständig neue Auflagen, Abgaben und Verschlechterung der Produktionsbedingungen.
- Herr Kollege Neugebauer, die neuen fossilen Kraftwerke brauchen nach Trittin Emissionszertifikate. Herr Müller, das müssen Sie auch noch einmal beantworten. Es ist eine weitere Verteuerung des Strompreises durch die Neuordnung der Kraftwerkslandschaft gewollt.
Da zeichnet Ihr Bericht schon jetzt ein Horrorgemälde. Inzwischen sind rund 35 % Steuer- und Abgabenanteil, die die Vorteile der Liberalisierung des europäischen Energiemarktes aufgefressen haben, Herr Minister. Auch für Stromverbraucher, auch für Sondervertragskunden alles schon wieder zunichte gemacht. Auf diesem Weg dürfen Sie nicht weitergehen, Herr Minister.
Dabei bestünde jetzt wirklich Anlass, die Grundlagen Ihrer Energiepolitik ordnungspolitisch noch einmal gründlich zu überdenken.
Vorab noch einmal eine Bemerkung dazu: Wir stehen grundsätzlich sehr wohl zum marktwirtschaftlichen Instrument des Emissionshandels für effektiven Klimaschutz. Aber der sich daraus ergebende Wettbewerb darf nicht mit volkswirtschaftlich schädlichen Wettbewerbsverzerrungen einhergehen und genau das wird in Berlin im Moment angelegt. Dazu hätten wir gern ein Wort von Ihnen gehört.
Ich habe es schon angedeutet: Sie werden nicht umhinkommen, sich mit dem Gutachten Carl Christian von Weizsäckers auseinander zu setzen, immerhin ein Genosse von Ihnen, an dessen Sachverstand nicht
einmal Sie zweifeln werden und über dessen Gutachten des wissenschaftlichen Beirates des Bundeswirtschaftsministeriums „Spiegel“ und „FAZ“ in diesen Tagen berichtet haben. Danach können Sie die KWKFörderung und das gerade in der Novellierung befindliche EEG mit In-Kraft-Treten des Emissionshandels zum 1. Januars 2005 ersatzlos aufheben. Das sagt das Gutachten auf 17 Seiten, der Beirat des Wirtschaftsministeriums dieser Bundesregierung!
Dass durch von Ausländern bei deutschen Unternehmen erworbene Verschmutzungszertifikate europäische Anlagen weiter fröhlich ihren Dreck in die europäische Luft pusten dürfen und der Stromverbraucher und Arbeitnehmer in Deutschland das bezahlen darf - das kann doch wohl nicht Ihre Zielsetzung sein!
Bei von Weizsäcker findet sich folgendes Beispiel - wohlgemerkt, es ist nicht mein Beispiel, ich möchte es nur der Vollständigkeit halber zitieren, weil es ein bisschen die Absurdität deutlich macht. Er sagt, dass man natürlich die Pferdezüchtung fördern würde, wenn man den Taxifahrern vorschreiben würde, künftig ihre Droschken von Pferden ziehen zu lassen. So hat er die Förderpolitik der Bundes- und Landesregierung für die Windenergie und KWK-Förderung dargestellt.
Wohlgemerkt, es ist nicht mein Beispiel.
Überspitzt könnte man sagen: Die Umweltpolitik der Regierungen in Berlin und Kiel führt ins Postkutschenzeitalter. Die deutsche Überförderung ist jedenfalls systemwidrig und kontraproduktiv.
Herr Minister, da sie von Volkswirtschaft ja anerkanntermaßen etwas verstehen und auch mehr verstehen als ich, meine ich, dass Sie sich diesem Argument, das von Weizsäcker gebracht hat, nicht entziehen können. Hierzu hätten wir zu unserer Frage 6 gern etwas gehört - leider vergeblich! Herr Minister, Sie müssen endlich die ererbte Energiepolitik Ihres Vorgängers nicht nur neu justieren, sondern über den Haufen werfen und ändern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So viel der Ehre will ich gar nicht immer, Herr Kollege P, soll ich sie jetzt nur noch P nennen, weil Sie meinen ganzen Namen nicht mehr über die Lippen bringen? Wenn man versucht, einander zu verletzen, hat das bei dem einen oder anderen Wirkung, bei dem einen oder anderen vielleicht auch nicht. Ich finde, wir sollten dieses Spielchen nicht weiter betreiben. Wir müssen schlicht anerkennen: Auch im Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss tun wir das, was uns vom Parlament aufgetragen ist. Wir tun das in der gebotenen Form und auch mit aller Härte. Damit, dass Ihnen das nicht gefällt, werden Sie noch eine Weile leben müssen. Sie wissen im Übrigen auch, dass der Abschluss der öffentlichen Beweiserhebung im Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss durchaus absehbar ist. Es gibt aber auch Ergebnisse, die Ihnen nicht gefallen haben. Diese Ergebnisse werden Ihnen auch weiterhin nicht gefallen.
Natürlich hat es auch Zwischenbewertungen gegeben. Zwischenbewertungen gehören selbstverständlich auch zum Handwerkszeug in einem Untersuchungsausschuss.
Das können wir uns von Ihnen nicht streitig machen lassen. Sie würden sich das auch nicht streitig machen lassen. Im Übrigen machen Sie von diesem Instrument auch reichlich Gebrauch. Herr Kollege Neugebauer, ich will auch einen Satz an die SPD richten. Man kann gar nicht bestreiten, dass Sie diesen Untersuchungsausschuss nicht wahrnähmen. Sie nehmen ihn wahr, allerdings anders als wir. Sie fragen Zeugen
oder Auskunftspersonen anders als wir. Das ist die normale Rollenverteilung in einem Untersuchungsausschuss. Dass Sie dann zu anderen Bewertungen kommen als wir, können wir ertragen. Sie müssen Entsprechendes aber ebenfalls ertragen lernen. Ich bin es ja nicht, der einen Verfügungsrechtsstreit vor dem Kammergericht Berlin rechtskräftig verloren hat. Ich bin es auch nicht, der in erster Instanz auch schon in einem Hauptsachenrechtsstreit verloren hat. Das sind ja Ergebnisse auch dieses Untersuchungsausschusses, die zutage getreten sind und mit denen sich die Frau Ministerpräsidentin auseinander zu setzen hat.
- Das ist Gegenstand dieses Untersuchungsausschusses. Genau das ist der Punkt, Frau Kollegin Kähler.
Natürlich treten in diesem Untersuchungsausschuss auch Probleme im Zusammenhang mit der Handhabung des Gesetzes zutage. Diesbezüglich haben wir möglicherweise wieder ganz unterschiedliche Auffassungen. Die eine Auffassung, die Sie ständig äußern, ist die, wir missbrauchten das Minderheitsrecht. Sie versuchen, doppelzüngig zu argumentieren. Sie sagen einerseits, der Ausschuss dauere zu lange. Andererseits versuchen Sie ständig, durch Stellungnahmen und so weiter Beweisaufnahmen zu verschieben und zu verhindern. Sie, nicht wir sind für die wesentlichen Verschiebungen und für die Dauer dieses Ausschusses verantwortlich. Sie haben die Verlängerung herbeigeführt, nicht wir. Wir wollten sehr viel schneller fertig werden und haben dies nicht geschafft, weil Sie Rechte nach dem Untersuchungsausschussgesetz missbraucht haben.
- Meine Damen und Herren, regen Sie sich nicht so auf!
- Ich habe überhaupt nichts Falsches gesagt. Sie müssen schon damit leben, dass ich an dieser Stelle das sage, was wir für richtig halten.
Das Problem, das bei diesem Antrag deutlich wird - der Herr Kollege Kubicki hat es bereits ausgeführt -, ist das Problem des Parlamentsverständnisses des SSW. Was haben Sie eigentlich für ein Parlamentsverständnis? Was für eine Aufgabe soll das Parlament aus Ihrer Sicht eigentlich haben? Kollege Geißler und Kollege Kubicki haben dazu etwas in aller Nüchternheit und Präzision ausgeführt. Eine solche Selbstenthauptung des Parlaments, wie Sie sie vorschlagen,
können wir nicht mitmachen. Das kann überhaupt nicht angehen.
Herr Präsident, ich komme gleich zum Schluss. - Dies ist möglicherweise Ausdruck der Unwilligkeit oder auch der Unfähigkeit, in diesem Untersuchungsausschuss ernsthaft zu arbeiten.
Der Kollege Harms stellt überhaupt keine Fragen, wenn er anwesend ist. Weiterführende Fragen, wie sie von Ihnen gestellt werden, will ich anhand eines Zitats aus der 72. Sitzung belegen. Dieses Schlusszitat sei mir noch gestattet, Herr Präsident.
Ich zitiere einfach einmal eine Frage der Kollegin Spoorendonk. Diese Frage ist von ganz besonderer inquisitorischer Raffinesse: Können Sie bestätigen - so fragte sie einen Zeugen -, dass auch die unterschiedlichen Bewertungen mehrfach im Finanzausschuss thematisiert worden sind? - Ich frage mich, was das mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun hat. Dies ist die Qualität Ihrer Fragen, die Sie im Ausschuss stellen. Deshalb, Frau Kollegin Spoorendonk, ist dieser Antrag auch geboren worden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist anerkanntermaßen das wichtigste Thema, das alle Deutschen bewegt, nämlich die Beseitigung der Arbeitslosigkeit. Wenn ich mir den Bericht des Wirtschaftsministers - er ist noch da - heute Morgen angehört habe, dann hat mir die Emotion darüber, dass dies wirklich das wichtigste Thema ist, gefehlt. Das war ein technokratischer Bericht, allerdings mit durchaus interessanten Nuancierungen. Die Emotion ist eigentlich erst gekommen, als der Kollege Baasch geredet hat. Da wurde auch verständlich, worum es geht. Er hat mich an den Spruch erinnert: Als er das Ziel aus den Augen verlor, verdoppelte er seine Anstrengungen.
Das Scheitern der Arbeitsmarktpolitik, nicht nur der Landesregierung, sondern auch der Bundesregierungen, die es in letzten Jahren und Jahrzehnten gegeben hat, ist in aller Deutlichkeit dokumentiert. Es ist in der Antwort auf die Große Anfrage für die letzten neun Jahre in einer nicht zu überbietenden Deutlich
keit dokumentiert. Wir haben höhere Arbeitslosenzahlen als vorher. Wir haben mehr Mitteleinsatz als vorher und trotzdem haben wir die Reduzierung der Arbeitslosenzahlen nicht ansatzweise erreicht.
Das muss eigentlich beunruhigend sein. Wir sind ordnungspolitisch auf einem völlig falschen Weg. Ordnungspolitisch müssen wir einen völlig anderen Weg gehen. Der Weg der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und der so genannten aktiven Arbeitsmarktpolitik ist falsch. Er muss Stück für Stück reduziert werden. In einem Wohlfahrtsstaat können wir natürlich nicht von heute auf morgen handeln. Sie müssen zu Dingen springen, zu denen Sie bisher nicht springen wollten, nämlich zu einer Tarifrechtsreform bei den Themen, die bisher im Vermittlungsausschuss noch nicht möglich gewesen sind. Wir müssen zum Beispiel auch weiterhin im Bereich des Kündigungsschutzes springen. Da sind wir auch noch nicht weit genug gesprungen. Die gesamte „Hartz-Reform“ mit Umbenennung der Bundesanstalt für Arbeit und einigen organisatorischen Änderungen wird an diesem bürokratischen Moloch ernsthaft zu wenig ändern. Es muss dort sehr viel mehr nicht nur geändert, sondern auch reduziert werden.
Der Kollege Geerdts hat es eben mit einem sehr schönen Einzelbeispiel belegt: Diese Beschäftigungsgesellschaften, von denen es auch in Schleswig-Holstein viel zu viele gibt, sind überflüssig. Sie müssen alle Stück für Stück liquidiert werden, weil sie in der Tat ordnungspolitisch der völlig falsche Ansatz sind. Es geht doch darum, dass wir den Zwischenschritt von Beschäftigungsgesellschaften, die mittelständischen Handwerksbetrieben Konkurrenz machen, überhaupt nicht brauchen. In der Tat müssen wir - wie Kollege Garg es gefordert hat - gezielt bestimmte Gruppen fördern. Dort kann man etwas bewirken. Dieses Gießkannenprinzip, das mit der bisherigen aktiven Arbeitsmarktpolitik betrieben wird, muss beendet werden.
Herr Minister, war Ihren Worten eben zu entnehmen, dass es Ihnen völlig egal ist, ob das Bundesverfassungsgericht ein Verdikt über den Nachtragshaushalt fällt, verfassungsmäßig oder nicht verfassungsgemäß? Ist das Ihr Verständnis vom Verfassungsrecht dieser Republik?
Lieber Herr Graf Kerssenbrock, vielleicht warten Sie auch die Antwort noch höflicherweise ab. Das wäre sehr nett. Respekt gehört ja zu den alten Tugenden.
Es ist mir nicht egal, wie das Verfassungsgericht entscheidet. Ich habe nur gesagt: Ich vermute, Sie werden verlieren. Aber selbst wenn Sie gewinnen würden, würde das dem Land nur schaden.
Lieber Herr Graf Kerssenbrock, ich möchte Ihnen aber noch etwas anderes sagen: Der Öffentlichkeit ist es völlig egal, womit Sie sich montags immer hauptsächlich beschäftigen. Ihr Beitrag im Parlament ist keiner, der den öffentlichen Nutzen voranbringt.
- Herr Kalinka, Auseinandersetzungen mit Ihnen machen wirklich keine Freude. Intellektuell ist das nicht sonderlich herausfordernd.
Herr Garg, ich möchte noch einmal zu Ihrer Logik kommen. Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten vorausgesagt, der Nachtrag sei verfassungswidrig und diese Vorhersage sei eingetroffen. Das finde ich Klasse, das bedeutet übersetzt: Die FDP ist für die Beurteilung von Verfassungsfragen zuständig. Wenn das so ist, wenn das so kommt und Sie so zuverlässig sind wie in Ihren Wahlprognosen, kann ich nur sagen: Gute Nacht Schleswig-Holstein! Das sagt doch wirklich überhaupt nichts aus, dass Sie das für verfassungswidrig halten und sagen, Sie hätten das schon im Frühjahr prognostiziert.
Wir haben ein Gesamtpaket für mehr Wachstum und Beschäftigung in Schleswig-Holstein vorgelegt. Wir werden unseren Beitrag leisten, um die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beseitigen, und sogleich die Aufgaben und die Organisation des Landes so umstrukturieren, dass der Haushalt dauerhaft entlastet werden kann.