Protocol of the Session on May 27, 2004

Aber auch die Vorstellung, dass Menschen notwendige Hilfen zum Leben in bar ausgezahlt erhalten, wäre doch einer Diskussion Wert, die man wieder einmal führen könnte. Da heißt es in dem Papier doch tatsächlich, „Kinder von Familien, die durch die Nichtbereitschaft der Eltern zur Arbeitsaufnahme betroffen sind, sollten die notwendigen Hilfen zum Leben in nicht barer Auszahlung erhalten“. Wunderbar, bedeutet das doch eindeutig eine Stigmatisierung von Kindern. Eine sehr prickelnde Vorstellung, wenn Kinder oder ihre Eltern bei großen Discountern wieder mit Kosten-Garantie-Scheinen einkaufen müssen.

Das Ziel der CDU ist es ja, bis zum Jahr 2010 die Ausgaben für die Sozialhilfe um mindestens 25 % zu senken. Dafür ist man gern bereit, wieder große verwaltungsaufwendige Maßnahmen wie zum Beispiel die Abrechnung von Kosten-Garantie-Scheinen im Einzelhandel einzuführen oder auf Billigkleidung aus Kleiderkammern zurückzugreifen. Das ist eine sehr soziale Politik, die sich breit macht! Damit kann man sicherlich sehr schnell Kosten senken.

Nein, der CDU kann man nur sagen: Sie hat die Bedeutung des Bundessozialhilfegesetzes und die Problematik des Bundessozialhilfegesetzes, nämlich auch die Zukunft des Bundessozialhilfegesetzes als Reform zu sichern, nicht begriffen. Die Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz ist das umfassendste Instrument zur Verhinderung und Bekämpfung von Armut. Die Sozialhilfe ist das unterste Netz unseres Systems der sozialen Sicherung. Diese Funktion wird es voraussichtlich auch in absehbarer Zukunft behalten, vielleicht sogar noch in erhöhtem Maße haben. Es ist nämlich zu befürchten, dass nach Zusammenführung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe eventuell noch mehr Bürger, wenn sie denn ein menschenwürdiges Leben führen wollen, genau auf diese Sozialhilfe angewiesen sind. Wenn das Sozialhilfeniveau das Arbeitslosengeld II als unterstes Niveau hat, ist es schon notwendig, deutlich zu machen: Das ist der Schutz vor Armut und Verarmung. Wer dann sagt: „Wir wollen noch darunter gehen“, der will die Menschen in Armut treiben. Genau das machen Sie mit Ihrem Antrag.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

(Wolfgang Baasch)

Aber das ist auch klar. In dem Papier heißt es dann - das ist bei Hartherzigen vielleicht auch richtig -, eine „enge Auslegung des Sozialhilferechtes“ sei notwendig, „strenge Kostenüberprüfungen“ seien notwendig und durch „Leistungskürzungen bis zur 100 %“ sollten dafür sorgen, dass bis zum Jahr 2010 25 % der Ausgaben in der Sozialhilfe zu senken. Das ist der Weg, den man gehen will. Dabei ist zum Beispiel überhaupt nicht beantwortet, ob wir innerhalb dieses Zeitraums auch einen Rückgang von 25 % bei den Sozialhilfeberechtigten haben. Wenn wir das nicht haben, bedeutet das Leistungskürzungen für den Einzelnen. Wer Leistungskürzungen für den Einzelnen will, muss sagen, dass er die Menschen unter die Armutsgrenze drängen will. Das ist, wie gesagt, nicht akzeptabel.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Kayenburg [CDU]: Kön- nen Sie Armutsgrenze definieren?)

- Das habe ich gerade eben gemacht, Herr Kayenburg. Die Armutsgrenze ist für uns die Sozialhilfegewährung. Das ist das Notwendige, um das Existenzminimum zu sichern. Das ist die Definition im Sozialhilfegesetz. Damit müssen auch Sie sich notwendigerweise beschäftigen.

Für soziale Sicherheit zu sorgen, heißt aber auch, soziale Gerechtigkeit herstellen. Soziale Gerechtigkeit bedeutet, einen aktiven Sozialstaat in die Lage zu versetzen, aktivierende Sozialpolitik zu betreiben. Nur, derartige Formulierungen sucht man bei der CDU vergebens. Ein Sozialstaat darf Forderungen nur erheben, wenn er selbst dazu beiträgt, die drängendsten Fragen bei der Herstellung von sozialer Gerechtigkeit zu beantworten.

Also, soziale Balance heißt, nicht einseitig Sozialhilfebedürftige fordern, sondern einzufordern, dass jedes Mitglied dieser Gesellschaft Rechte und Pflichten hat. Daneben steht aber auch staatliches Handeln, dass mit einer aktivierenden Sozialpolitik dem Einzelnen die Gelegenheit gibt, seine Aufgaben zu erfüllen.

Hier schweigt die CDU, weil sie selbst nicht den Begriff der sozialen Gerechtigkeit findet und schon gar nicht in der Lage ist, soziale Gerechtigkeit auch mit Inhalten zu füllen. Aber auch die Christdemokraten sollten wissen: Vor der Wurstplatte sind alle Menschen gleich.

(Beifall des Abgeordneten Peter Eichstädt [SPD])

Wie wollen wir Sozialdemokraten denn ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit erreichen? - Wir wollen den roten Faden der sozialen Gerechtigkeit aufnehmen

und daraus eine rote Schutzweste für in Not geratene und unterstützungsbedürftige Menschen stricken. Wie machen wir das? Wir tun das, indem wir die notwendigen Reformen des Sozialstaates auf den Weg bringen, indem wir die sozialen Sicherungssysteme reformieren und indem wir ein neues Steuersystem einfordern. In der letzten Plenartagung haben wir sehr ausführlich über die Steuervorschläge der Landesregierung und auch der Regierungsfraktionen diskutiert.

Wir sollten nicht - wie Sie - eine Entlastung der Bessergestellten anstreben und immense Gelder in eine Kopfpauschale stecken. Allein die Finanzierung der Kopfpauschale soll übrigens 100 Milliarden kosten. Unseres Erachtens ist es der richtige Weg, dieses Geld zu nehmen, um auf dem Wege über die Bürgerversicherung zu erreichen, das soziale Sicherungssystem der Krankenversicherung wieder auf eine vernünftige Grundlage zu stellen. Es sollte nicht mehr einseitig alles auf die Menschen verteilt werden, die Arbeit haben. Es sollten vielmehr auch andere Einkunftsarten einbezogen werden, etwa die Einkünfte aus Kapitalvermögen. Ebenso sollten Selbstständige eingebunden werden. Es wären auch Einkommen aus Pachten einzubeziehen. Mit der Bürgerversicherung könnte die Krankenversicherung somit auf eine neue, eine solide Grundlage gestellt werden.

Herr Kalinka, Sie wollen dagegen - so sieht es zumindest bei der Kopfpauschale dann aus -, dass der Manager eines Unternehmens den gleichen Beitrag zahlt wie der Hausmeister. Dies hat mit gerechter Politik nichts zu tun und wird auch die Sozialhilfeausgaben nicht senken. Es kommt also darauf an, die Kosten im Bereich der sozialen Sicherung nicht einseitig zu verschieben, sondern die sozialen Sicherungssystem zu reformieren und dies zu nutzen, um auch die Sozialhilfekosten zu senken. Das ist der Weg, den unsere Gesellschaft braucht. Das ist der Weg, den wir gehen wollen. Ihr Antrag ist nicht hilfreich. Sie werden am 21. Juni auf Ihrem Parteitag beschließen, was Sie genau wollen. Dann werden wir auch wissen, welche Teile Ihres Programms wir hier noch einmal beraten können. Heute lehnen wir Ihren Antrag erst einmal ab und warten darauf, wie Sie sich programmatisch entscheiden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der FDP erteile ich der Frau Abgeordneten Veronika Kolb das Wort.

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kalinka, Sie haben in einigen Punkten Recht, wenn Sie sagen, es sei seitens der Landesregierung nicht viel passiert. Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass die Zahlen eine dramatische Entwicklung genommen haben. In einem Punkt haben Sie natürlich ganz besonders Recht: Der Kreis Dithmarschen und damit auch die Kreisstadt Heide haben, auch was diesen Punkt angeht, wie immer eine Vorreiterfunktion übernommen.

Herr Kalinka, kaum hat die CDU in SchleswigHolstein ein Positionspapier zum Thema „Die soziale Balance wahren“ auf dem Markt der Meinungen platziert - dies wurde eben schon gesagt -, muss darüber hier im Landtag diskutiert werden. Dieses Diskussionspapier ist nach den Worten Ihres eigenen Landesvorsitzenden in vielen Teilen zwar noch nicht ganz rund, aber schaden kann es wohl nicht, wenn der Landtag der CDU in der Programmdebatte ein wenig unter die Arme greift.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was verfolgen Sie nun konkret mit diesem Antrag? Wollen Sie eine Gesetzesänderung dahin gehend, dass der gesetzlich verankerte Anspruch auf Hilfe in besonderen Lebenslagen von einer Gegenleistung abhängig gemacht wird, unabhängig von den Möglichkeiten, die den Kommunen bereits jetzt zur Verfügung stehen? Dann sollten Sie eine entsprechende Gesetzesinitiative ergreifen und nicht nebulös von einer Pflicht zur Gegenleistung bei Inanspruchnahme von sozialen Leistungen sprechen.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es darf in dieser Hinsicht schon ein wenig konkreter sein.

Oder zielt der Antrag - diese Frage richte ich an Sie - auf die in Ihrem Positionspapier angesprochenen ungerechtfertigten Lücken ab, die Ihrer Meinung nach einen Missbrauch des Sozialhilfebezuges begünstigen? Herr Kalinka, dann allerdings ist die von der CDU für eines der sozialen Schlüsselprobleme angestrebte Lösung einer Kürzung der Sozialhilfekosten bis zum Jahre 2010 um 25 % eine zu pauschale Zielsetzung. In dieser Hinsicht ist mir dieser Antrag zu vage.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist eine Tatsache, dass die Sozialhilfeausgaben bundesweit und insbesondere in Schleswig-Holstein in den letzten Jahren angestiegen sind. Davon sind sowohl die Ausgaben

für die Hilfen zum Lebensunterhalt, die klassische Form der Sozialhilfe, als auch die Ausgaben für Hilfen in besonderen Lebenslagen betroffen. Nach Auskunft des Statistischen Landesamtes wurden im Jahre 2002 rein rechnerisch 337 € je Einwohnerin und Einwohner in Schleswig-Holstein für die Unterstützung von Hilfebedürftigen zur Verfügung gestellt. Damit rangiert Schleswig-Holstein - das wurde schon gesagt - unmittelbar nach den Stadtstaaten an vierter Stelle in der Bundesstatistik.

Aufgrund der regionalen Besonderheiten differieren die Ausgaben erheblich. Ohne Berücksichtigung der Ausgaben, die das Ministerium für Soziales als überörtlicher Träger erbringt, ergibt sich für die kreisfreien Städte ein rechnerischer Durchschnitt von 569 € je Einwohner, für die Kreise hingegen mit 270 € noch nicht einmal die Hälfte dieses Betrages. Die höchsten Aufwendungen mit durchschnittlich 618 € je Einwohner wurden für die kreisfreie Stadt Flensburg, die niedrigsten mit 228 € für den Kreis Segeberg verzeichnet.

Beim Blick in die Statistik wird gleichzeitig deutlich, dass jeder sechste Sozialhilfeempfänger in SchleswigHolstein noch nicht einmal das siebente Lebensjahr vollendet hat und der durchschnittliche Sozialhilfeempfänger in Schleswig-Holstein 28 Jahre alt ist. Meine Damen und Herren, diese Zahlen zeigen vor allem eines. Wir reden hier über die Zukunft unseres Landes und diese Zukunft sieht gerade für Heranwachsende und Schulabgänger finster aus. Das dies in Schleswig-Holstein so ist, haben wir auch den 16 Jahren rot-grüner Regierung zu verdanken. Wie sollen diese Menschen im Hinblick auf das Erwerbsleben Ermutigung erfahren, wenn keine berufliche Perspektive in Schleswig-Holstein besteht? Es genügt nicht, dass wir uns darauf zurückziehen, dass die Situation der Sozialhilfeempfänger noch dramatischer wäre, wenn wir diese und andere arbeitssuchende Frauen und Männer nicht in Projekten und Programmen unterbringen würden. Es muss vielmehr Aufgabe aller Beteiligten sein, diesen Menschen die Teilnahme am Erwerbsleben möglich zu machen. Dazu gehört für mich, dass Schleswig-Holstein in seiner Wirtschafts-, Arbeits- und Finanzpolitik endlich vorankommt.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Die Zahlen betreffend die Sozialhilfe sind für mich der klare Beweis dafür, dass es die Landesregierung in den letzten 16 Jahren nicht geschafft hat, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Menschen in Schleswig-Holstein ermöglichen, zu arbeiten und damit wirtschaftlichen Wohlstand zu erlangen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen es uns bei der

(Veronika Kolb)

Suche nach den Ursachen nicht zu einfach machen, wenn wir den individuellen Ansprüchen der Frauen und Männer wirklich gerecht werden wollen, die derzeit auf Sozialhilfe angewiesen sind. Das Bundessozialhilfegesetz bietet eine Fülle von Instrumenten an. Es liegt in der Hand der Sozialhilfeträger, inwieweit von den Instrumenten des BSHG Gebrauch gemacht wird. Hierbei kommt den Kommunen eine besondere Rolle zu. Die erklärte Aufgabe der Sozialhilfe ist es, die betroffenen Menschen so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von Sozialhilfe zu leben. Diese Zielsetzung ist jedenfalls in § 1 Abs. 2 BSHG formuliert. Zur Erreichung dieser Zielsetzung gilt es die Betroffenen und die Träger der Sozialhilfe vonseiten des Landes zu unterstützen. Eine solche Unterstützung, Herr Kalinka, kann ich dem Antrag per se nicht unbedingt entnehmen.

Der von der CDU vorgelegte Antrag zielt lediglich auf eines ab, nämlich auf eine Reduzierung der Kosten der Sozialhilfe. Einverstanden! Das allein reicht aber nicht. Natürlich ist es legitim, nach den Gründen der Kostenentwicklung bei der Sozialhilfe zu fragen. Es ist aber nicht legitim, den Empfängern von Sozialhilfe pauschal zu unterstellen, dass die meisten von ihnen eine solche Hilfe gar nicht benötigen.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir nach Lösungen suchen, um die sich abzeichnende Entwicklung der Sozialhilfeausgaben stärker einzudämmen, müssen wir uns fragen, wie die derzeitige Leistungsstruktur durch Kooperation und eine verbesserte Koordination effektiver gestaltet werden kann. Dazu gehört die gesetzlich bereits verankerte Möglichkeit, die Sozialhilfe zu pauschalieren, um die Selbstverantwortung der Hilfeberechtigten zu stärken. Dazu gehört auch die künftige Transformation des Bundessozialhilferechtes in das SGB XII mit veränderten Zumutbarkeitsregelungen, Auskunftsverpflichtungen des Leistungsempfängers und Landesöffnungsklausel ebenso wie die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Allein durch diese Instrumente werden bis zu 800.000 der derzeitigen Arbeitslosen und Sozialhilfebezieher in Deutschland nach den Schätzungen der Bundesagentur für Arbeit vom 1. Januar 2005 an jeglichen Anspruch auf Unterstützung verlieren, weil eine neue Bedürftigkeitsregelung das vorhandene Vermögen und das Einkommen des jeweiligen Partners berücksichtigen wird. Meine Damen und Herren, der vorgelegte Antrag berücksichtigt weder die aktuelle Entwicklung noch ist er konkret.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Statt über Symptome zu debattieren, wünsche ich mir konkrete Lösungsvorschläge zur Ursachenbekämpfung. Lieber Wolfgang Baasch, deshalb möchte ich diesen Antrag nicht ablehnen, ich möchte ihn an den Ausschuss für Soziales überweisen. Im Interesse aller Betroffenen wünsche ich mir, dass wir dort eine seriöse, zukunfts- und tragfähige Lösung finden.

(Vereinzelter Beifall)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Angelika Birk.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir lehnen den CDU-Antrag eindeutig ab. Er ist wirklich die Zeit des Ausschusses nicht wert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Er hat mich schon in seinem Text ziemlich ratlos gemacht und Ihre Rede, Herr Kalinka, hat mich noch ratloser gemacht. Was wollte uns der Redner damit sagen?

Außer einem demagogischen Unterton, der tatsächlich in die Richtung zielte, die Frau Kolb hier skizziert hat, es wird unterstellt, die Leute kriegten Sozialhilfe mehrheitlich zu Unrecht, habe ich keine Richtung erkennen können. Denn in seiner Allgemeinheit fordert der Antrag, was schon seit Jahrzehnten im Sozialgesetz verankert ist: Wer arbeitsfähig ist und Sozialhilfe beantragt, muss grundsätzlich bereit sein zu arbeiten. Das ist bisher Gesetz.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vorausgesetzt, es findet sich ein Arbeitsplatz, und genau daran hapert es bekanntlich. Es ist billige Polemik, damit die aktuelle Landesregierung immer gleich in den Schuldturm zu setzen. Sie wissen genau: Arbeitsmarktpolitik wird auf allen Ebenen gemacht, kommunalpolitisch, landespolitisch, bundespolitisch, und die Arbeitsmarktpolitik wird von Rahmendaten bestimmt, die nicht allein von Parlamenten verabschiedet werden.

Es gab einmal jemanden, der kritisiert hat, dass man als Politiker Arbeitsplätze verspricht, und sagt, man könnte genauso gut versprechen, dass es regnet oder nicht regnet. Ich halte diese pauschale Entmachtung der Politik für übertrieben, aber ein bisschen sollten wir uns schon an die eigene Nase fassen. Wir können

(Angelika Birk)

nicht mit guten Wünschen Arbeitsplätze schaffen. Und dieser Antrag ist nichts weiter als das Formulieren von guten oder schlechten Wünschen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Will die CDU, dass zukünftig alle Menschen, die das minimale Transfereinkommen, nämlich die Sozialhilfe oder zukünftig das Arbeitslosengeld II, erhalten, ohne weitere Entlohnung zur Zwangsarbeit verpflichtet werden? Auch das könnte man aus dem Antrag in seiner Allgemeinheit herauslesen. Würde die CDU dabei in Kauf nehmen, dass damit ein beispielloses Lohnqualitätsdumping für alle Arbeitsfähige in Gang gesetzt wird? Denn dann gäbe es keine Notwendigkeit mehr für einen privaten Arbeitgeber, gut entlohnte Arbeit anzubieten, weil die Kommunen sowieso alle Sozialhilfeempfänger zu beliebiger Zwangsarbeit zwangsverpflichten könnten. Diese Art der kommunalen Arbeitshäuser des 18. Jahrhunderts lehnen wir ab.