Protocol of the Session on March 11, 2004

Mecklenburg-Vorpommern hat bestehende alte Radwegestrecken in sein Radwegenetz aufgenommen. Aber, wie Sie dem Bericht auch entnehmen können, unsere Nachbarn im Osten haben auch Probleme, selbst die bestehende Wege in einen annehmbaren Zustand zu bringen.

Die Landesregierung wird insbesondere den Kreis Herzogtum-Lauenburg bei allen Initiativen unterstützen, sein Radwegenetz zu verbessern und weiter auszubauen. Die Landesregierung wird darauf hinwirken, dass alle beteiligten Organisationen und Verbände bei neuen Projekten möglichst eng kooperieren. Ich möchte aber ausdrücklich darauf hinweisen, dass solche Initiativen von der Kreisebene kommen müssen. Dieses ist ein Grundprinzip unseres landesweiten Radwegenetzes und an diesem Prinzip sollten wir auch festhalten. Sie können dabei aber auf die Unterstützung der Landesregierung zählen.

Im Übrigen halte ich es für eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an die Zeit deutsch-deutscher Trennung zu erinnern. Rad- und Fußwege allein wären hier ein positives Element, und sie sind eine gute Idee, aber sie reichen natürlich nicht aus, um die Gesamtidee weiter zu verfolgen. In diesem Sinne können

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

wir das Thema gerne im Ausschuss weiter diskutieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Vereinzelter Beifall bei SPD und CDU)

Für die Antrag stellende Fraktion erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Eichstädt.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht über die Möglichkeiten der Gestaltung eines deutsch-deutschen Grenzweges gehört vielleicht nicht zu den vorrangigen politischen Themen, die unser Land bewegen. Gerade deshalb bin ich aber dankbar dafür, dass der Minister und das Ministerium sich der Frage nach den Chancen eines solchen Weges so ernsthaft gewidmet haben. Die innerdeutsche Grenze ist nach der deutschen Wiedervereinigung in weiten Teilen beseitigt worden. Sowohl in Berlin als auch quer durch das Land wurden ihre Spuren schnell und gründlich entfernt. Der Wunsch, Normalität schnell herzustellen, war stärker als der Gedanke an den angemessenen Erhalt von Kulturdenkmälern. Ob das so gut war, könnte die Geschichte anders beantworten, als wir dies offensichtlich in der Vergangenheit getan haben. Trotzdem oder gerade deshalb behält diese deutsch-deutsche Grenze ihre zeit- und landesgeschichtliche Bedeutung. Welche Chancen sich aus ihr möglicherweise unter verschiedenen Gesichtspunkten für die Region vor Ort ergeben könnten, dokumentiert der vorliegende Bericht. Die Bitte um den Bericht, der heute vorliegt, stellt deshalb auf drei Bereiche ab.

Erstens. Wie kann ein deutsch-deutcher Grenzweg in Schleswig-Holstein und anderen Bundesländern vernetzt gestaltet werden und wie können dabei Hinweise und Dokumente auf den Grenzverlauf auch für nachfolgende Generationen dokumentiert und erhalten bleiben?

Zweitens. Wie kann ein solcher Weg touristisch so vermarktet werden, dass er sein Wissen und seine Geschichte an interessierte Menschen weitergibt und damit auch zu einem Tourismusstandortfaktor für die beteiligten Kommunen wird?

Drittens. Wie kann dieser Weg in das Konzept des Grünen Bandes eingebunden werden?

(Lothar Hay [SPD]: Du musst auch die Stadt Lübeck einbeziehen!)

- Auf die Stadt Lübeck komme ich noch. Vielen Dank für den Hinweis, Herr Kollege Hay. Sie ist ein sehr

trauriges Beispiel dafür, wie viele zeitgeschichtliche Bauwerke entfernt wurden, ohne darüber nachzudenken, was für die Zukunft erhalten bleiben sollte.

(Zurufe von der SPD)

- Ich sage nur Priwall, Herr Kollege Baasch.

Der Bericht, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeigt die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen eines solchen Unternehmens auf. Vor allem liefert er zutreffend den Hinweis, dass das Land Schleswig-Holstein bei der Schaffung eines solchen Grenzweges nur begrenzt Hilfen kann. Der Minister hat das eben erwähnt. Die Handlungsaktiven müssen in der Region selbst tätig werden. Positiv aber ist - Herr Kollege Schlie, wir beide wissen es -, dass genau dies geschieht. Ich weiß, dass im Kreis Herzogtum-Lauenburg durch die dortige junge Tourismusgesellschaft die Idee eines deutsch-deutschen Grenzweges bereits verfolgt wird. Wir sollten die Bedeutung solcher Geschichtswege im Übrigen - ich höre hier durchaus einige Zwischentöne heraus, die den Hauch von Belustigung haben - unter touristischen Gesichtspunkten und wegen ihrer Funktion zum Erhalt eines Stücks Geschichtsbewusstsein nicht unterschätzen. Nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern auch an anderen Stellen in der Welt, gibt es sie. Der Boston-Freedom-Trail ist so ein Geschichtsweg. Jeder Besucher dieser Stadt wird durch ihn auf die Stätten auf dem Wege zur Unabhängigkeit Amerikas hingewiesen. Ein weiteres Beispiel - sehr erfolgreich - ist der Berliner Mauerweg und nicht zuletzt bei uns der deutsch-deutsche Grenzweg, den wir alle kennen und über den auch in der Rede des SSW nachher noch einiges ausgeführt wird.

Ich will noch einmal auf das so genannte Grüne Band zurückkommen. Es kann meiner Meinung nach eine gute Grundlage für einen deutsch-deutschen Grenzweg bilden. Das Grüne Band ist eine der wenigen positiven Konsequenzen der fünfzigjährigen Grenze durch Deutschland. Es sind die Brachflächen der ehemaligen innerdeutschen Grenzanlagen, die zu wertvollen Biotopen, einzigartigen Lebensräumen für die bedrohte Tier- und Pflanzenwelt geworden sind, wie an einer Perlenkette aufgereiht, auch in Schleswig-Holstein. Von der Ostsee bis zum Vogtland zieht sich ein solches 1.393 km langes Grünes Band, und es ist zwischen 50 und 200 km breit. Ein deutschdeutscher Grenzweg in Schleswig-Holstein könnte dieses Grüne Band aufnehmen, das allein schon ein touristischer Anziehungspunkt ist, und ihn füllen mit der Geschichte seiner Entstehung, dokumentierten Stätten seiner Geschichte, Dokumentationszentren, ehemaligen Grenzanlagen, Wachtürmen, soweit sie, Herr Kollege Baasch, noch vorhanden sind.

(Peter Eichstädt)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Wege sind vorhanden, vielleicht nicht immer schnurgerade auf der Grenze verlaufend, das ist aber auch nicht erforderlich, auch Umwege sind Wege. Die einmaligen Naturräume sind vorhanden dank der Idee des Grünen Bandes. Die Erinnerung an die Teilung unseres Landes ist auch heute noch lebendig, und einiges, was an die deutsch-deutsche Grenze erinnert, ist auch noch vorhanden. Es bleibt den Akteuren vor Ort überlassen, die Anregungen und Möglichkeiten, die im Bericht, aber auch im Antrag aufgezeigt worden sind, aufzugreifen und umzusetzen. Die Idee eines deutschdeutschen Grenzweges ist unter vielen Gesichtspunkten gut. Ich habe die Hoffnung, dass von ihr aufgrund der Initiativen vor Ort letztlich mehr bleibt als diese dreißigminütige Aussprache hier im Landtag.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Schlie das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will die Frage, ob das ein Landtagsthema sein müsste oder nicht, gar nicht an den Anfang stellen. Ich glaube schon, dass der Bericht des Ministers deutlich gemacht hat, dass insbesondere die mit der Fragestellung deutsch-deutscher Grenzweg verbundene notwendige Erinnerung an die deutsche Teilung es rechtfertigt, dass wir darüber im SchleswigHolsteinischen Landtag sprechen. Ich bin sehr dankbar dafür, Herr Minister, dass Sie das auch in einer Form getan haben, die der historischen Dimension dieser deutsch-deutschen Teilung gerecht wird.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ich finde auch, dass es notwendig ist, gerade gegenüber der jungen Generation darauf hinzuweisen, was hier über Jahrzehnte hinweg auch an Leid, an menschlichen Schicksalen tatsächlichen stattgefunden hat. Ich weiß es aus der eigenen Familie. Mein ältester Sohn ist 16 Jahre alt und hat natürlich gar keine - kann er auch nicht - Erinnerung an die deutschdeutsche Teilung. Deswegen ist es richtig, dass wir uns mit dieser Frage beschäftigen.

Es gibt einen zweiten Punkt, das ist der touristische Aspekt, der auch wichtig ist. Ich entnehme der Debatte - ich habe genau zugehört -, dass der Minister dreimal von Unterstützung für die touristische Entwicklung dieser Region gesprochen hat. Wir werden das konkretisieren, Herr Minister, was dieses

Wort Unterstützung bedeutet. Vor dem Hintergrund der finanziellen Situation bin ich da mehr der Meinung, dass es wahrscheinlich von Ihnen eine ideelle Unterstützung sein wird, weniger eine monetäre. Trotz allem denke ich, dass es richtig ist, dass wir darüber reden. Ich würde es auch nicht ins Lächerliche ziehen und sagen, dass die Radwege durchs Wasser gebaut werden sollten. Darum geht es nicht. Es geht um die touristische Erschließung dieses Raumes insgesamt.

Herr Kollege Eichstädt, um die Bedeutung des Lauenburgischen hier zu unterstreichen, erwähne ich, dass ich im April den Vorsitz im Aufsichtsrat der Tourismusgesellschaft übernehme.

(Beifall bei CDU und FDP)

Dann werden wir sicherlich gemeinsam daran arbeiten, die auch vom Minister geforderten touristischen Anstöße zu geben.

Es gibt noch einen dritten Punkt, der wichtig und erwähnenswert ist. Es geht um die Einzigartigkeit der Naturlandschaft, die aufgrund der Situation entstand, dass sie weder von den Menschen aus Mecklenburg-Vorpommern noch aus Schleswig-Holstein berührt werden konnte.

Schon eine CDU-Landesregierung hat in den 80erJahren ein Landesprogramm zur naturräumlichen Entwicklung dieses Grenzraumes an der schleswigholsteinischen-mecklenburg-vorpommerischen Landesgrenze erarbeitet und deutlich gemacht, dass dieses Gebiet unter naturräumlichen Aspekten ein wichtiger Raum ist.

Umso wichtiger ist für mich die Erkenntnis aus der heutigen Debatte, dass - das hat Kollege Eichstädt vermittelt - die Mehrheitsfraktion der Auffassung ist, dass solche Naturräume für Menschen erlebbar sein müssen. Das ist auch unser Anliegen. Dies ist offensichtlich - deswegen freue ich mich gleich auch auf den Beitrag von Herrn Matthiessen - auch das Anliegen des gesamten Hauses, dass Naturräume erlebbar sein müssen. Das heißt auf deutsch, dass sie für die Menschen auch betretbar und erfahrbar sein müssen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir darin übereinstimmen,. dann haben wir für die weitere touristische - -

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Klaus Schlie)

- Nein, darüber gibt es gar keinen Dissens.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gestern wollten Sie die Bevöl- kerung noch vom Wald aussperren!)

- Ob wir die Bevölkerung aussperren wollten, überlasse ich weiterhin Ihren Fantasien.

Ich glaube, die Naturschutz- und Umweltpolitik, die hier von meiner Fraktion formuliert wird, ist eine Politik, die mit den Menschen den Natur- und Umweltschutz gestalten will.

(Beifall bei der CDU)

Uns geht es nicht um das staatliche Überstülpen von irgendwelchen Verordnungen. Darauf brauchen wir uns jetzt nicht einzulassen.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie uns die Harmonie an diesem Punkt dieser wichtigen Debatte nicht kaputt machen. Ich freue mich darauf, dass wir - auch durch den Bericht der Landesregierung angeregt - im Lauenburgischen dieses wichtige Projekt umsetzen werden. Ich glaube, dass insbesondere der historische Aspekt dieser schrecklichen Todesgrenze, die Deutschland jahrzehntelang geteilt hat und an der Menschen ihr Leben lassen mussten, gerade für die jüngere Generation bewahrt werden muss. Das ist ein wichtiger Aspekt, der erlebbar sein muss.

Es war ja nicht immer so, Herr Kollege Astrup, dass auch die Sprache, die heute gewählt wurde, sozialdemokratisches Gedankengut beinhaltete. Ich freue mich aber, dass wir es jetzt einheitlich so sehen.

(Beifall)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Behm.

Frau Präsidentin! Meine Damen., meine Herren! Herr Minister Rohwer, vielen Dank für Ihren Bericht. - Der Prüfauftrag von Herrn Mathiessen beweist es: Bei den Grünen gibt es eine grenzübergreifende Zusammenarbeit der Landesverbände Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holsteins. Es ist aber egal: Wenn eine Forderung Sinn hat, dann dürfen die Grünen im Lande auch von ihren Parteifreunden in Mecklenburg-Vorpommern abschreiben.

Herr Eichstädt, ich stimme mit Ihnen darin überein, dass es sehr zu bedauern ist, dass historische Bauten gerade im ehemaligen Grenzbereich von Lübeck nicht mehr existieren. Ich erinnere an die Mauerkonstrukti

on am Dassower See; sie war ein Abbild der Berliner Mauer. Leider ist es nicht gelungen, wenigstens einige hundert Meter dieser wirklich markanten Grenzlinie zu erhalten. Etwas Beeindruckenderes habe ich im Grenzbereich Schleswig-Holsteins bisher nicht gesehen. Leider ist es entfernt worden.