Die ganz entscheidende Frage lautet daher: Welches Ziel hat die Einführung von einheitlichen Bildungsstandards? Auf KMK-Ebene gibt es vor diesem Hintergrund weiterhin, so habe ich das wenigstens gelesen, eine ganze Reihe von strittigen Punkten. Zum einen gilt dies für das Fokussieren auf den mittleren Bildungsabschluss. Wenn man bedenkt, wie viele Möglichkeiten eines mittleren Bildungsabschlusses es in der Bundesrepublik gibt, wird deutlich, dass der Punkt, ob die Standards für den mittleren Abschluss schulformbezogen oder schulformübergreifend formuliert werden, nicht nur von grundsätzlicher, sondern auch von praktischer Bedeutung ist. Ich habe gelesen, dass das Statistische Bundesamt auf insgesamt 17 Bildungsgänge dieser Art verweist. Oder sollen etwa für jeden der genannten 17 Abschlüsse Standards entwickelt werden? Ich frage das einfach. Zum anderen ist natürlich von entscheidender Bedeutung, ob Bildungsstandards insgesamt schulartspezifisch oder schulartübergreifend aufgestellt werden.
Der CDU-Antrag ist aus unserer Sicht ein Beispiel dafür, dass die Frage des Schulformbezugs droht, zu einer Glaubensfrage zu werden.
Dabei steht fest, dass es keine wissenschaftlichen Belege gibt, die diese Forderungen stützen. Im Gegenteil: Das so genannte Klieme-Gutachten, das in der KMK-Diskussion eine herausragenden Rolle spielt, plädiert für schulformübergreifende Standards.
„Die national und schulformübergreifend verbindliche Formulierung von Bildungszielen und Mindestanforderungen, die dann Lehrplanarbeit, Unterrichts- und Förderkonzepte, Schulevaluation und Mindestanforderungen und anderes beeinflussen, kann einen entscheidenden Beitrag zum Abbau von Disparitäten in unserem Bildungssystem leisten.“
Damit bin ich wieder beim Anfang meiner Ausführungen: Bildungsstandards lassen sich für jeden Zweck instrumentalisieren; zur Verbesserung der Bildungsgerechtigkeit ebenso wie zur Verschärfung der Benachteiligung. Schon aus dem Grund ist es mehr als bedenklich, dass bei dem mittleren Bildungsabschluss angesetzt wird. Gerade dieser Abschluss beinhaltet immer Sortierungsmechanismen.
In diesen Zusammenhang gehört auch das von der FDP angesprochene Problem des Mindeststandards. Werden die Standards - wie im Klieme-Gutachten empfohlen - als Mindeststandards und gestufte Kompetenzmodelle beschrieben, dann bieten sie auch Raum für bestimmte Kompetenzprofile, wie es dort heißt. Das soll heißen: Es muss eine bestimmte Spannbreite geben. Wenn überhaupt dürfen die Ergebnisse zentral gemessener Kompetenz nur einen bestimmten Anteil an der Gesamtbewertung haben.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. - Das heißt wiederum, dass es uns nicht weiterhilft, in Regelstandards oder Minimalstandards zu denken. Vielmehr sollten alle Überlegungen auf Kompetenzmodellen basieren. Eine letzte Bemerkung kann ich mir nicht verkneifen: Wenn wir sagen, wir wollen diese Bildungsstandards, gleichzeitig aber sagen, wir wollen uns mit Tests und Vergleichsarbeiten zukleistern, dann widerspricht sich das. Auch das muss man im Ausschuss näher diskutieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden im Moment über Standards, die länderübergreifend die Kompetenzen festlegen, die Schülerinnen und Schüler mit dem mittleren Abschluss in den Fächern Deutsch, Mathematik und erster Fremdsprache erwerben sollen; über nichts anderes. Weitere Standards im Bereich Hauptschule, Grundschule, Fächerbezogenheit und Schulartbezogenheit werden folgen. Deswegen muss man all das, was gesagt worden ist, in diesem Kontext sehen.
Herr Dr. Klug, Sie haben es offenbar schon getan. Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich durch eine Blick ins Internet einen Eindruck von dem Niveau und der Art der Aufgaben zu verschaffen. Das sind keine Kinkerlitzchen oder Banalitäten. Es beschreibt durchaus ein anspruchsvolles Niveau. Herr Dr. Klug, Sie haben ein Beispiel genannt, das Sie schon beim Philologenverband benutzt haben, um ein bisschen lächerlich zu machen, was dort abgefordert wird. Ich nenne Ihnen ein anderes Beispiel. Mal sehen, ob Sie das genauso sehen. Tut mir Leid, das gehört zur Mathematik:
Eine rechtwinklige Strecke führt von A nach B. Sie ist insgesamt 8 km lang. Erlaubt sind 50 km/h. Lohnt es sich, die diagonale Abkürzung zu nehmen, auf der nur 30 km/h zulässig sind? Sie haben drei Minuten, um das zu lösen, Herr Dr. Klug!
Ich könnte weitere Beispiele nennen, um Ihnen zu zeigen: Die Aufgaben sind durchaus anspruchsvoll. Sie sind, was ich gut und richtig finde, an der Lebenswelt orientiert. Deshalb finden sie auch breite Zustimmung bei Eltern und Lehrerverbänden, aber auch bei den Vertretern von Industrie und Handwerk, die dazu auch gehört und befragt worden sind.
Diese bundesweit verbindlichen Standards, auf deren Basis vom neuen Schuljahr an besonders in den Realschulen gearbeitet werden soll, sind auf einem mittleren Durchschnittsniveau angesiedelt. Sie unterscheiden in der Tat nicht zwischen Schularten. Sie gelten ab dem kommenden Schuljahr. Wir können jetzt schon sagen, dass unsere Lehrpläne weitgehend damit kompatibel sind. Genaueres kann man erst sagen, wenn wir Erfahrungen mit der Überprüfung und der Normierung dieser Standards haben. Das ist noch gar nicht geschehen.
Dafür gibt es einen Fahrplan. Bei diesem Fahrplan stehen wir erst am Anfang. Das ist ein kompliziertes Verfahren, weil natürlich nicht die Behörden die Standards definieren. Dies geschieht vielmehr auf
einer wissenschaftlichen Basis mit vielen Beteiligten. Das ist auch gut für die Akzeptanz. Zum ersten Mal werden die Bildungsstandards und ihre Erreichung getestet. Dies geschieht 2006 parallel zur PISAStudie. Dann geht das Verfahren weiter. Frau Spoorendonk, wir wollen natürlich bis zu diesem Zeitpunkt anhand von Vergleichsarbeiten auch testen, wie die Standards implementiert worden sind. Wir wollen nicht bis 2007 oder 2008 damit warten. Ich glaube nicht, dass das gut wäre.
Natürlich gehört die Überprüfung der Einhaltung von Standards dazu. Das ist sozusagen die andere Seite der Medaille. Die Aufgaben werden natürlich mit Schwierigkeitsgraden versehen sein; wie bei der PISA-Studie auch. Über diesen Schwierigkeitsgrad, über diese Normierung, die dann erfolgt, werden dann Mindeststandards und mittlere und höhere Standards festgelegt. Herr Dr. Klug, Ihre geforderten Mindeststandards bedürfen also keiner besonderen Initiative. Sie sind sozusagen Teil des Verfahrens. So ist es verabredet.
Frau Eisenberg, Sie sind nicht ganz exakt informiert: Nachdem klar war, dass dieses Verfahren so ablaufen wird und dass die Bildungsforscher dringend dazu geraten haben, es so zu machen, hat sich die gesamte KMK sehr einvernehmlich dazu entschlossen, die Einführung schulartübergreifender Bildungsstandards vorzunehmen, um die Transparenz und auch die Durchlässigkeit zwischen den Schularten zu verbessern. Herr Professor Klieme und Herr Professor Baumert haben dazu geraten. Es kann doch nicht im Ernst Ihr Anliegen sein, die Betonierung der Schularten voranzutreiben. Im Gegenteil: Wir müssen für mehr Transparenz und mehr Durchlässigkeit sorgen, gerade beim mittleren Abschluss!
Es geht um Transparenz und um Vergleichbarkeit. Es geht auch um eine bundesweite Vergleichbarkeit der Leistungen. Dies ist natürlich mit bundesweiten Tests und Vergleichsarbeiten gepaart. Darum wird niemand herumkommen. Das müssen alle wissen, das ist Teil des Verfahrens. Daraus aber die Notwendigkeit von zentralen Abschlussprüfungen abzuleiten, ist nicht logisch, denn natürlich sollen Standards dazu dienen, die Diagnose zu verbessern und die Unterrichtsqualität weiterzuentwickeln, um Schlussfolgerungen für den weiteren Unterricht und möglicherweise auch die Lehrpläne zu ziehen. Im Übrigen: Zentrale Abschlussprüfungen sind kein Garantieschein für bessere Leistungen. Das ist durch nichts bewiesen. Im Gegenteil: Wenn Sie Belege suchen, können Sie für beides Belege finden, wenn Sie das schleswig
Sie geben ein Beispiel für den entgegengesetzten Weg. Ich glaube nicht, dass wir diese Diskussionen immer miteinander vermischen sollten. Lassen Sie uns diese Frage weiter sorgfältig im Ausschuss diskutieren. Ich werde Sie immer umfassend über all das informieren, was zum Beispiel in der nächsten KMKSitzung dazu beschlossen wird.
Es ist beantragt worden, die beiden Anträge - den der FDP sowie den der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - sowie den Änderungsantrag der Fraktion der CDU zur weiteren Bearbeitung in den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so verfahren will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann haben wir das einstimmig so beschlossen.
Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte im Schuljahr 2002/2003 Landtagsbeschluss vom 12. Dezember 2003 Drucksache 15/3025 Bericht der Landesregierung Drucksache 15/3205
Ich erteile der Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur, Frau Erdsiek-Rave, zur Berichterstattung das Wort.
Meine Damen und Herren, ich frage mich manchmal wirklich, ob dieses Verfahren sinnvoll ist, all diese Bildungspunkte nacheinander zu diskutieren.
Meine Damen und Herren, im Prinzip besteht im Parlament in dieser Frage, um die es hier geht, große Einigkeit. Lehrerinnen und Lehrer brauchen Fortbildung. Sie müssen sich weiterentwickeln und sie tun dies auch sehr intensiv.
Den Zahlen des Berichts können Sie entnehmen, dass im Jahr 2002 statistisch jeder unserer 24.000 Lehrerinnen und Lehrer mindestens eine Fortbildungsveranstaltung des Landes in Anspruch genommen hat. An dem analogen Angebot - so möchte ich es einmal nennen - haben mehr als 30.800 Lehrkräfte teilgenommen. und immerhin 2.250 Lehrkräfte haben sich für die digitale Variante, also für die OnlineFortbildung entschieden. Das ist ein wachsender Bereich und er kommt den Bedürfnissen vieler Lehrerinnen und Lehrer sehr entgegen.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren, ich verhehle nicht, dass wir uns auch in diesem Bereich - und das wird als Kritik erwartungsgemäß kommen - finanziell nach der Decke strecken müssen. Das ist einfach so. Natürlich wünschen wir uns für diesen Bereich mehr Mittel und mehr Möglichkeiten.
Was macht man also in einer solchen Situation? - Man versucht, Schwerpunkte zu setzen und deswegen konzentriert das IQSH seine Fortbildungen auf die aktuellen Herausforderungen, also auf die Umsetzung - die Implementierung, wie wir sagen - der Bildungsstandards, auf die Qualifizierung von Ausbildungslehrkräften für die Reform der zweiten Phase der Lehrerbildung, auf die Qualifizierung von Führungskräften, auf die Weiterbildungsmaßnahmen zur Qualifizierung von Lehrkräften in Mangelfächern und auf die Maßnahmen zur Vermeidung von frühzeitiger Dienstunfähigkeit.
Die Fortbildung ist fester Bestandteil der Lehrerbildung sowie der Unterrichts-, Schul- und Fachberatung und wird auch so wahrgenommen. Sie verändert sich natürlich mit den Erwartungen von Schule und Lehrerschaft. Sie verändert sich mit dem Verständnis von Schule als eigenständigem Lernort und sie ist natürlich nicht auf Quantität zu reduzieren. Denn entscheidend ist die Qualität.