Protocol of the Session on January 22, 2004

Es stimmt natürlich: Besser wäre es, die erste und die zweite Hälfte der Lehrerausbildung gleichzeitig zu verändern. Das ist unser Reden seit Beginn dieser

(Angelika Birk)

Legislaturperiode - mindestens. Noch besser wäre es, die beiden immer noch relativ unverbundenen Phasen der Lehrerausbildung zu etwas ganz Neuem, aus einem Guss, zu schaffen,

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

wie wir als Grüne es mit der Uni Flensburg gemeinsam fordern. Das würde nicht nur mehr Praxis in die erste Phase bringen - immerhin, wir haben ja auch jetzt schon in der ersten Phase mehr Praxis als früher -, es würde natürlich auch den Stufenlehrer zum Ergebnis haben. Da wissen wir aber ganz genau: Stufenlehrerinnen und -lehrer sind nicht Ihr Ding, Frau Eisenberg! Wir hätten uns auch im Kultusministerium mit sehr vielen Auseinandersetzungen herumzuschlagen. Wir sind realistisch und wissen, dass eine solche grundlegende Reform in Deutschland noch Zeit braucht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir würden uns wünschen, Schleswig-Holstein ginge da voran. Darüber gilt es weiter zu verhandeln, dafür gilt es Bündnispartnerinnen und -partner zu finden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diesbezüglich freue ich mich auch über die Diskussion innerhalb der Partei unseres großen Koalitionspartners. Aber jetzt gilt es zu handeln. Wir können nicht länger warten und mit der alten zweiten Lehrerausbildungsphase noch acht Jahre lang Stillstand haben.

Wir haben jetzt in Schleswig-Holstein die Gelegenheit, die zweite Lehrerausbildungsphase organisatorisch etwas zu verbessern. Damals wollte man nicht länger warten. Aber selbst vor diesem kleinen Reformschritt haben Sie Angst, Frau Eisenberg.

Jetzt kommen ja Kritikpunkte von Ihnen und auch von Herrn Klug, die besagen, es seien gar keine Verbesserungen, es seien „Verschlimmbesserungen“. Das ist ja das, wozu sich Ihre Beiträge zusammenfassen lassen. Da kann ich nur sagen: Ich weiß nicht, ob wirklich alles Verbesserungen sind - das wird die Praxis zeigen -, aber ich gehe einmal davon aus, dass nach dem, was bisher geplant worden ist, das Wort „Modul“ auch wirklich dem entspricht, was es verheißt, dass es sich also nicht nur ausschließlich um „Sitzscheine“ handelt, sondern dass man sich dabei etwas gedacht hat, die Module einzeln zu benennen, damit auch Austausch von Modulen zu machen und damit auch eine größere Flexibilität in die Ausbildung zu bekommen.

Ich gehe auch davon aus - das muss ich allerdings sagen, Frau Erdsiek-Rave -, dass nach wie vor diejenigen, die am meisten mit den Referendarinnen und Referendaren zu tun haben werden und die auch ihre Lernfortschritte in der Praxis begleiten und fördern sollen, hinterher, wenn es darum geht, etwas zu entscheiden, mitwirken können müssen.

Wir haben natürlich zu Recht die Trennung - das hat Herr Klug, glaube ich, nicht begriffen -, dass wir sagen, der Coacher ist nicht gleichzeitig der Prüfer. Aber das macht auch Sinn. Das gibt es auch in anderen Verfahren nicht, dass der Coacher gleichzeitig der Prüfer ist. Aber trotzdem muss es natürlich Möglichkeiten der Kommunikation geben, damit dieses Coaching nicht völlig leer läuft. Es muss auch Widerspruchsmöglichkeiten zum Beispiel gegen Benotungen, die offensichtlich nicht stichhaltig sind, geben.

Ich denke, wir sollten nach einem Jahr abfragen - dazu werden wir im Bildungsausschuss Gelegenheit haben, Frau Eisenberg -, wie sich die Praxis erwiesen hat, welche Dinge sich bewährt haben, bei welchen Dingen man vielleicht noch einmal nachsteuern sollte. Das ist bei solchen Reformen üblich. Aber es gibt keinen Grund, die Sache jetzt generell aufzuhalten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Modernisierung der Lehrerbildung wurde in diesem Haus zuletzt vor gut einem halben Jahr debattiert. Der Antrag des Kollegen Klug sah vor, dass vor Einführung neuer Strukturen beim Referendariat eine Evaluierung des bisherigen Systems durchzuführen sei. Ich glaube, diejenigen, die sich damit befasst haben, haben das alles noch ganz gut im Kopf. Ich will auch nicht weiter auf die damals geführte Debatte eingehen; das kann man alles im Protokoll nachlesen.

Aber ich will vor diesem Hintergrund sagen, dass es schon schwierig ist, heute neue Gesichtspunkte vorzutragen, zumal der uns jetzt vorliegende Antrag der Kollegin Eisenberg einfach nur eine Aussetzung der Reform der zweiten Phase der Lehrerausbildung fordert - mit einer, wie ich finde, doch recht an den Haaren herbeigezogenen Begründung.

(Anke Spoorendonk)

Denn im Grunde genommen kann man doch fragen: Was ist der logische Zusammenhang zwischen der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen und der Neustrukturierung der Lehrerlaufbahn?

Ich habe für den SSW mehrfach betont, dass aus unserer Sicht kein Weg an einer Reform der Lehrerausbildung vorbeigeht. Die Reformvorhaben finden ja auch bundesweit statt. Richtig ist, dass auch die von der KMK eingesetzte Terhart-Komission in ihrem Abschlussbericht 1999 deutlich machte, dass eine Reform der Lehrerausbildung notwendig ist. Auch die Empfehlungen des Wissenschaftsrates aus dem Jahr 2001 machen deutlich, was passieren muss. Man kann über Inhalte streiten, aber beide sind sich einig, dass schnell gehandelt werden muss.

Es wäre richtig kontraproduktiv, wenn sich Schleswig-Holstein jetzt für eine Auszeit entscheiden würde. Das wäre der Fall, wenn man sagt: Warten wir ab mit der Einführung des neuen Referendariats, bis wir Bachelor- und Masterstudiengänge bekommen.

Wir brauchen eine Stärkung der allgemeinpädagogischen Teile der Lehrerausbildung. Denn eine breite praktische Basis ist, wenn man sich den Schulalltag vor Augen führt, allemal besser als ein schmales fachdidaktisches Wissen. Wir brauchen eine bessere Verzahnung von Theorie und Praxis. Auch ich wünsche mir, dass das schon in der ersten Phase kommt. Ich denke, das wird auch kommen. Aber wir können nicht warten, sondern müssen sagen: Jetzt steht die Reform der zweiten Phase der Lehrerausbildung an. Da muss auf jeden Fall eine bessere Verzahnung im Mittelpunkt aller Bemühungen stehen.

Der SSW begrüßt - ich habe das schon in der Debatte im August gesagt - das Konzept des neuen IQSH. Das tun wir nicht, weil wir die Arbeit des alten IPTS nicht würdigen oder weil es schlechte Arbeit geleistet hätte. Wir begrüßen das Konzept, um den neuen Herausforderungen Herr zu werden. Wir können den neuen Herausforderungen nur Herr werden, indem wir uns mit einer Veränderung der Strukturen auseinander setzen.

Wir versprechen uns vom neuen Vorbereitungsdienst zum einen, dass der Praxisbezug gestärkt wird, und zum anderen, dass die einzelnen Schulen gezielter in die Qualifizierung von Lehrkräften einbezogen werden. Der Kollege Höppner sprach meine Beziehungen zur Pädagogischen Hochschule in Hadersleben an. Es ist nicht der Untergang des Abendlandes, wenn man Theorie und Praxis anders verzahnt, als wir es in Schleswig-Holstein bisher gemacht haben.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Aus den konkreten Eckpunkten geht weiter hervor - das war meine Befürchtung in der Debatte vor einem halben Jahr -, dass durch die Neuordnung die kleinen Fächer - damit dachte ich an die Fächer Dänisch und Friesisch - geschwächt werden. Aber aus den Eckpunkten geht hervor, dass das eine unbegründete Furcht ist und dass diese Fächer - im Gegenteil - gestärkt werden. Das begrüßen wir ausdrücklich.

Wir werden dem CDU-Antrag nicht zustimmen können, aus grundsätzlichen Erwägungen nicht, aber auch nicht, weil es aus unserer Sicht keinen Sinn macht, die nun laufende Anhörung der OVP II einfach abzubrechen. Anhörung heißt ja auch, dass noch etwas verändert werden kann. Einzelheiten sollten vielleicht noch einmal diskutiert werden.

Wir wollen die Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge. Das habe ich schon mehrfach betont. Wir finden, dass dieser Prozess in der Bundesrepublik viel zu lange ausgesetzt worden ist. Da hinkt man wirklich hinterher. Ich habe in diesem Hause aber auch von Ihnen, liebe Kollegin Eisenberg, mehrfach gehört, dass Sie die Einführung von Bachelor- Masterstudiengängen häufig kritisch gesehen haben. Wenn Sie jetzt meinen, dass das der richtige Weg ist, kommen wir einen Schritt weiter.

Also, eine Aussetzung bringt nichts. Man kann sagen: Der Fortschritt ist eine Schnecke. Aber das soll noch lange nicht heißen, dass das Schneckentempo Maßstab aller Dinge sein soll.

(Beifall bei SSW und SPD)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 erteile ich der Frau Abgeordneten Eisenberg das Wort.

Ich weiß ja, dass Sie alle essen gehen wollen; ich werde mich entsprechend kurz fassen.

Ich habe mich einer inhaltlichen Kritik an der OVP oder der neuen Reform enthalten, weil auf der einen Seite natürlich Kollege Klug auch noch etwas zu reden haben musste

(Heiterkeit)

und wir auf der anderen Seite die grundlegende Kritik bereits im August letzten Jahres hier formuliert haben. Die ist entsprechend nachzulesen.

Was die Frage des zeitlichen Ansatzes betrifft, Kollege Höppner, habe ich ein paar Schwierigkeiten mit Ihrer Aussage. Erstens hat das Kultusministerium die Eckwerte für eine Änderung des Lehramtsstudiums

(Sylvia Eisenberg)

bezogen auf Bachelor und Master bereits im letzten Jahr an die Universitäten gegeben.

Zweitens hat Staatssekretär Körner im September letzten Jahres im Bildungsausschuss gesagt, dass die Umwandlung der Studiengänge in Bachelor und Master möglichst schnell passieren solle, damit wir noch entsprechende Gelder für die Akkreditierungskosten vom Bund bekommen können. Denn jede Akkreditierung eines Studienganges kostet 13.000 €.

Drittens arbeitet die Universität Flensburg - das haben Sie hier auf der linken Seite gesagt - bereits an einem Studiengang Bachelor/Master für die Lehrerausbildung. Glauben Sie mir, dass diese Entwicklung sehr schnell vor sich gehen wird.

Frau Spoorendonk, wenn Sie sagen, Sie seien für eine Verzahnung der ersten und zweiten Phase, stoßen Sie bei mir ein Stück offene Türen ein. Wir müssen uns über die Frage der Verzahnung unterhalten. Grundsätzlich ist eine engere Verzahnung wirklich sinnvoll. Wenn Sie jetzt die zweite Phase der Lehrerausbildung isoliert beginnen - und die soll nach den Vorstellungen des Kultusministeriums 2004/2005 beginnen -, dann werden Sie in Schwierigkeiten kommen, die erste Phase mit der zweiten Phase kompatibel zu machen. Beides läuft isoliert nebeneinander her. Das kann nicht der Sinn sein. Das wollte ich mit meinem Antrag hier heute vermeiden.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ich erteile der Frau Ministerin Erdsiek-Rave das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich will mich kurz fassen. Ich muss ehrlich gestehen: Ich kann mit dieser Debatte relativ wenig anfangen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hätte es heute um die Reform der OVP und Kritikpunkte daran gehen sollen, hätte man das heute ankündigen und vorlegen können. Frau Eisenberg, wäre es um die Eckwerte zur Neuordnung des Lehramtsstudiums gegangen, hätte man das ebenfalls tun können. Dann hätten wir hier eine klare Debatte gehabt. So sehe ich nur, dass Sie selber - um in Ihrem Bild zu bleiben - das Ganze von hinten aufzäumen und sozusagen ein Vehikel gesucht haben, zu diesem Thema noch einmal etwas zu diskutieren.

Ich bin gern bereit, über die Ergebnisse der Anhörung die Debatte im Bildungsausschuss mit Ihnen zu suchen. Wir sind mitten drin. Wir haben sie noch nicht ausgewertet. Natürlich werden wir Rücksicht nehmen, wenn es massive Kritik an einzelnen Punkten gibt.

Was die Reform der Lehrerausbildung in Bezug auf die Umstellung der Strukturen und die Eckwerte dazu angeht, haben wir ein Gremium eingesetzt, das übrigens nicht nur aus Vertretern der Universität Flensburg, sondern auch der CAU in Kiel besteht und mit Hochdruck an den neuen Strukturen arbeitet. Ich bin gern bereit, mit Ihnen über den Stand der Dinge zu diskutieren. Ich sage ganz klar: Hier gehe Sorgfalt und Qualität vor Eile. Das ist vollkommen richtig.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich möchte nicht im Einzelnen darauf eingehen, insbesondere auch nicht auf die billige Polemik, die Herr Dr. Klug hier leider verbreitet hat, der hier von „Schmalspurausbildung“ oder „Sparmodell“ geredet hat. Das ist alles Unsinn. Ich bin gern bereit, mit Ihnen in der Sache noch einmal darüber zu diskutieren, aber nicht auf diesem Niveau und nicht in dieser Kürze hier. Das geht einfach nicht.