Protocol of the Session on January 30, 2020

Zweifellos, die neue Regelung, die rückwirkend zum 1. Januar 2020 in Kraft tritt, stellt eine Verbesserung dar. Wir begrüßen das ausdrücklich; auch die Ausweitung der Empfänger und der Landesbestenpreis sind sinnvoll, weil sie damit zur Aufwertung der beruflichen Bildung im Allgemeinen beitragen.

Mit einer Verdopplung geben wir uns aber nicht zufrieden; denn die Lücke wird damit nicht geschlossen. Wir wollen eine Gleichstellung von beruflicher und akademischer Bildung. Um diese zu verwirklichen, müssen Meisterausbildung und Aufstiegsfortbildung vollständig kostenfrei sein. Nur das ist die Gleichwertigkeit, nur das.

(Beifall der AfD – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: So ist es, genau so!)

Deshalb haben wir in unserem Antrag die Erhöhung des Aufstiegsbonus I auf 4.000 Euro gefordert, so wie das in Bremen und Niedersachsen bereits umgesetzt ist. An dieser Forderung halten wir nach wie vor fest.

Herr Minister Wissing, im Ausschuss haben Sie darauf hingewiesen, dass die Landesregierung eine haushaltspolitische Verantwortung habe und keine Mitnahmeeffekte entstehen sollten. Diese Aussage ist bemerkenswert.

Wenn es um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes geht, führen Sie haushaltspolitische Bedenken an.

(Abg. Michael Frisch, AfD: So ist es!)

Wenn es um fleißige und steuerzahlende Bürger geht, un

terstellen Sie Mitnahmeeffekte.

(Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD: Der ist bei Ihnen in der Partei?)

Warum? Ich sage Ihnen, Sie sparen hier an der falschen Stelle. Sie setzen falsche Haushaltsprioritäten.

(Zuruf der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP)

Es gibt durchaus Felder, die der Zukunftsfähigkeit unseres Landes schaden, und trotzdem spielt die Haushaltspolitik keine Rolle. Ich kann Ihnen viele nennen. Mitnahmeanreize werden in gewissen Bereichen permanent produziert, Stichworte „illegale Masseneinwanderung“,

(Heiterkeit des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Sven Teuber, SPD)

mit der wir es nach wie vor zu tun haben, oder „Einwanderung in die Sozialsysteme“.

(Beifall der AfD)

Im Vergleich zu diesen immensen Kosten geht es hier um Peanuts, um einen einstelligen Millionenbetrag. Ich gebe außerdem zu bedenken, eine Beeinträchtigung unserer Wirtschaft durch fehlende Fachkräfte mit der Folge einbrechender Steuereinnahmen wird uns wesentlich teurer zu stehen kommen als die geforderte vollständige Kostenübernahme für Meisterausbildungen und Aufstiegsfortbildungen.

Insofern schadet die halbherzige Maßnahme von Minister Wissing durchaus der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Bundeslandes. Wir halten also an unseren Forderungen fest, und sie sind chronologisch gedeckt durch parlamentarische Initiativen. Das nenne ich sauberes Arbeiten. Das zeichnet eine Opposition aus.

(Beifall der AfD – Heiterkeit des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und Unsinn reden zeichnet die AfD aus! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Mal besser zuhören, als hier dummes Zeug zu plappern! – Abg. Michael Frisch, AfD: Außer Pöbeln haben Sie nichts zu antworten! – Unruhe bei der AfD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Nur ein Wort zu meinem Vorredner und der Selbstbeweihräucherung: Stellen Sie sich einmal vor, die Welt hat sich tatsächlich schon vor 2016 gedreht.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Ja, in die falsche Richtung!)

Wenn Sie Plenarprotokolle aus den letzten zehn Jahren lesen – Sie werden es nicht glauben –, Themen wie „Meisterbonus“ oder die Unterstützung von Menschen, die im Handwerk arbeiten oder das lernen wollen, gab es auch schon vorher.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Michael Frisch, AfD: Sie haben es nicht hingekriegt in all den Jahren! – Zuruf des Abg. Dr. Timo Böhme, AfD)

Wir Grüne sind überzeugt, die Gleichwertigkeit von beruflicher Qualifikation als Alternative zum ersten akademischen Abschluss ist ein entscheidendes Element für die Sicherung einer zukunftsfähigen und nachhaltigen Zukunft unseres Bundeslandes. Von daher begrüßen wir sehr, dass die Ampellandesregierung vor drei Jahren den Aufstiegsbonus eingeführt hat.

Mit dem Aufstiegsbonus I in Höhe von damals 1.000 Euro wurden berufliche Fortbildungen finanziell gewürdigt. Der Aufstiegsbonus II in Höhe von 2.500 Euro belohnt im Anschluss an eine erfolgreiche Weiterbildung den Weg in die Selbstständigkeit. Dieses Angebot wurde in den letzten drei Jahren tatsächlich sehr gut angenommen. Laut Ministerium im Wirtschaftsausschuss vor ungefähr einer Woche wurden fast 5.000 Fortbildungsabschlüsse finanziell mit diesem Programm unterstützt. Den Aufstiegsbonus II konnten fast 800 Interessierte in Anspruch nehmen.

Aber es ist gut, und wir begrüßen es ausdrücklich, dass sich nicht auf diesen Zahlen ausgeruht wird, sondern dieses Instrument im weiteren Dialog mit Kammern und Verbänden, aber auch in den Beratungen, die wir im Wirtschaftsausschuss regelmäßig führen, weiterentwickelt wurde.

Inzwischen gibt es eine neue Verwaltungsvorschrift. Diese umfasst auf der einen Seite die Erhöhung des Aufstiegsbonus I um das Doppelte. Das wurde schon gesagt. Sehr gut ist auf der anderen Seite auch, dass die Ausweitung des Kreises der Zuwendungsberechtigten beim Aufstiegsbonus I verbessert wurde. Es gab in den letzten Jahren, in denen das Programm lief, immer wieder Kritik, dass manche Leute, die hier wohnen und arbeiten, ihre Abschlüsse aber nicht hier gemacht haben, benachteiligt wurden.

Das heißt, in Zukunft werden auch diejenigen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung in Rheinland-Pfalz wohnen und arbeiten, in den Genuss einer finanziellen Unterstützung bei der beruflichen Fortbildung kommen.

Die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung – ich habe das gesagt – ist uns ein hohes Gut. Ehrlich gesagt, viele Ausbildungsberufe, gerade im elektronischen Bereich, Mechatroniker, Elektroniker, Betriebstechniker, Gebäudetechniker, und alle Berufe um die erneuerbaren Energien herum, die immer mehr nachgefragt werden, sind gekennzeichnet von einer hohen Spezialisierung. Immer wieder neue technische Gegebenheiten müssen in der Aus- und Fortbildung berücksichtigt werden. Die Kompe

tenzen für digitale und computergesteuerte Prozesse und neue Verfahren sind Voraussetzung.

Ich glaube, dass die regierungstragenden Fraktionen und die Landesregierung mit diesen Maßnahmen, die sie jetzt eingeführt haben, auf dem richtigen Weg sind. Diese pauschale Forderung der CDU, sich hinzustellen und zu sagen, alles umsonst,

(Abg. Thomas Weiner, CDU: Ne, ne, ne! Das habe ich nicht gesagt!)

da sage ich mir, es gäbe zum Beispiel ein gutes Mittel, wie auch Sie dazu beitragen könnten – in Berlin –, damit das Leben für Auszubildende günstiger wird, wenn Herr Scheuer sagen würde, er führt die kostenfreie Beförderung von Auszubildenden ein. Das kann er, indem er § 45 des Personenbeförderungsgesetzes ändert. Dann bräuchten wir uns hier auch keine Gedanken um ein kostenfreies oder ein 365 Euro-Ticket für Auszubildende und Schülerinnen und Schüler zu machen.

(Abg. Thomas Weiner, CDU: Das ist Verhandlungssache zwischen Land und Bund!)

Der Bundesverkehrsminister könnte es mit einer Änderung des § 45 a.

(Glocke des Präsidenten)

Gehen Sie doch einmal zu ihm hin.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung spricht Staatsminister Dr. Wissing.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die wirtschaftspolitischen Entscheidungen der Landesregierung dazu führen, dass die Opposition sagt: „Das war unsere Idee, das war unsere Idee“, dann ist es ein guter Tag für den Wirtschaftsminister.

(Heiterkeit bei der SPD)

Faktisch ist es allerdings so, dass die Idee bereits im Koalitionsvertrag dieser Regierung angelegt ist. Da konnten Sie noch gar keine Anträge einbringen, Herr Kollege.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Sehr richtig! So ist es! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Vorher stand es schon in unserem Landtagswahlprogramm!)

Nachdem wir damit die urheberrechtliche Frage geklärt haben, will ich zur Sache sprechen. Der Aufstiegsbonus ist ein wichtiger Bestandteil unserer Wirtschaftspolitik. Wir

sehen natürlich die Problematik im Bereich des Fachkräftemangels, und wir wollen, dass die berufliche Bildung aufgewertet wird. Das ist das Ziel, das wir haben.

Man muss Folgendes sehen: Der Aufstiegsbonus ist nicht statisch angelegt, sondern es ist ein dynamisches Instrument. Wir haben deswegen auch wichtige Veränderungen vorgenommen. Die Verdoppelung ist schon erwähnt worden, auch die Erweiterung des Kreises der Förderberechtigten. Auch jene, die aus unterschiedlichsten Gründen ihre Prüfung nicht in Rheinland-Pfalz ablegen können, aber hier wohnen und arbeiten, werden künftig die finanzielle Anerkennung des Landes in Anspruch nehmen können. Damit schließen wir eine Lücke.

(Vizepräsidentin Astrid Schmitt übernimmt den Vorsitz)

Wir werden auch Verwaltungsvereinfachungen sowie einen Landesbestenpreis einführen. Das ist ein wichtiger Aspekt der Anerkennung.

Ich möchte zu den Vergleichen mit anderen Bundesländern sagen, ja, es gibt vielleicht Bundesländer, die noch mehr als Rheinland Pfalz zahlen, obwohl wir wirklich im ganz oberen Bereich liegen. Man muss aber immer das Gesamtpaket vergleichen. Rheinland-Pfalz macht noch sehr viel zusätzlich zu diesem Instrument. Wir reizen unsere Möglichkeiten aus. Wir strengen uns enorm an. Wir haben Ausbildungslotsen eingeführt. Wir haben Coaches für betriebliche Ausbildung eingeführt.

Man darf eines nicht vergessen: So wichtig die Qualifikation im Bereich der beruflichen Bildung ist, so wichtig ist es auch, Menschen dazu zu bringen, sich überhaupt auf den Weg der beruflichen Bildung zu machen. Deswegen wäre es nicht richtig, wenn wir alles nur auf den Meisterbonus setzen würden. Wir müssen parallel dafür sorgen, dass wir mit vielen anderen Maßnahmen erst einmal den Weg in die berufliche Bildung ebnen.