Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten 15 Jahren hat sich die Zahl der Studierenden um rund 50 % nach oben bewegt. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Auszubildenden um 50 % nach unten gegangen. Diese Schieflage in unserer Wirtschaft gilt es, irgendwo wieder auszugleichen.
Der Facharbeitermangel ist längst evident und wird für die mittelständische Wirtschaft – auch das haben die Regierungsvertreter nicht verschwiegen – in unserem Land zu einem immer größeren Problem. Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt genauer hinschauen und die Anreize für die Zukunft richtig setzen.
Auf der einen Seite müssen wir dies bei der akademischen Ausbildung tun: kostenlose Schule, kostenloses Studium, Erhöhung der BAföG-Sätze, kostenloses Semesterticket. Eine akademische Laufbahn steht inzwischen allen Bevölkerungskreisen offen und wird deshalb auch überdurchschnittlich genutzt.
Auf der anderen Seite wird die berufliche Bildung seit vielen Jahren eher vernachlässigt. Der Lehrermangel und Unterrichtsausfall an berufsbildenden Schulen ist seit vielen Jahren deutlich höher als bei anderen Schulformen.
Wir haben dies in diesem Hause – ich selbst schon vor über 20 Jahren – kritisiert, doch geschehen ist zu wenig. Die kostenlose Benutzung des ÖPNV ist Lehrlingen immer noch nicht eingeräumt. Die CDU-Fraktion ist sich mit der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern darin einig,
(Abg. Michael Frisch, AfD: Das haben wir beantragt, das haben Sie abgelehnt! – Abg. Joachim Paul, AfD: Genau!)
Meine Damen und Herren, wenn Sie der CDU zustimmen, dass die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung richtig und wichtig ist, dann müssen wir mehr tun.
(Abg. Joachim Paul, AfD: Dann müsste man auch in Kauf nehmen, dass die Studentenzahlen zurückgehen! Das machen Sie nicht!)
Früher konnte man erst nach mehreren Gesellenjahren einen Meisterkurs belegen. Das hatte damals gute Grün
de. Mehrjährige Berufserfahrung ist durchaus von Vorteil. Die mittelständische Wirtschaft sucht inzwischen aber händeringend nach Meistern und Fachwirten. Daher wurden – ebenfalls aus guten Gründen – die Eingangsvoraussetzungen geändert, und man kann sofort nach der Gesellenprüfung weiter bis zum Meister oder Fachwirt gehen, wenn man die entsprechenden Rücklagen hat.
Wie man an den immer noch zu geringen Zahlen nicht akademischer Abschlüsse sieht, reicht dies offenbar nicht. Es braucht also mehr Anreize. Die CDU fordert deshalb erneut als Pendant zu einem kostenlosen Studium, dass auch die Meisterausbildung kostenlos wird.
(Beifall der CDU – Abg. Dr. Bernhard Braun und Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gute Forderung!)
Der Fingerzeig auf den Bund oder sonstige Rechtsfragen ist da nur eine Ausrede. Meine Damen und Herren, wenn Sie in der Regierung den Willen dazu haben, dieses Ziel mit uns zusammen zu erreichen, dann fordern wir Sie auf, schaffen Sie in Verhandlungen mit dem Bund und den anderen Bundesländern den dafür notwendigen Rechtsrahmen.
Die CDU hält an dem Ziel der kostenlosen Meisterausbildung fest. Der sogenannte Aufstiegsbonus war und ist für dieses Ziel nur eine erste Stufe.
(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was macht denn die CDU dazu in Rheinland-Pfalz? – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Nix! – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ah, aber danke für die Antwort!)
Wir begrüßen es, dass mit einer Verdoppelung von 1.000 Euro auf 2.000 Euro – um in diesem Bild zu bleiben – die zweite Stufe genommen ist. An der Treppe oben angekommen sind wir deshalb noch lange nicht. Wir stehen erst auf der zweituntersten Stufe. Das ist also noch kein Grund zu feiern; denn letztendlich ist für die mittelständische Wirtschaft, insbesondere für das Handwerk, entscheidend, dass oben an der Treppe mehr ankommen und die Meisterprüfung absolvieren.
(Beifall der CDU – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Wieder nichts gesagt zu Annweiler! – Abg. Martin Haller, SPD: Da muss jetzt mal was kommen! Wir kriegen viele Briefe!)
Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kollegen! Dass wir heute im Plenum über die Wertschätzung für Handwerk und Mittelstand reden, das ist insbesondere ein Verdienst der AfD-Fraktion.
Dass der Aufstiegsbonus I verdoppelt wurde, ist ebenfalls ein Verdienst unserer AfD-Fraktion. Ich stelle einmal mehr fest: AfD wirkt.
Wir haben mit unserer Beharrlichkeit dafür gesorgt, dass die Landesregierung das Thema wieder auf die Agenda gesetzt hat,
Am 7. März 2019 hat die AfD eine Große Anfrage mit dem Titel „Hürden für eine kostenfreie Meisterausbildung“ eingereicht,
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Belegen Sie doch mal, dass Sie nicht für dieses Blatt geschrieben haben!)
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Belegen Sie doch mal, dass Sie nicht für Rechtsaußenblätter schreiben, Herr Sand!)
Daraufhin forderte die CDU drei Wochen später im Plenum im Rahmen der Regierungserklärung von Wirtschaftsminister Wissing die kostenfreie Meisterausbildung.
Am 16. Mai 2019 wurden dann im Plenum ein AfD- und ein CDU-Antrag besprochen. Die Ampelfraktionen hechelten mit einem Alternativantrag hinterher:
(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Ach ja! – Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Ja, wir haben gehandelt!)
bezeichnend für das fehlende Interesse der Altparteien an lösungsorientierten und vertiefenden Gesprächen.
Unser Antrag, der die meiste Substanz hatte, wurde nicht in den Wirtschaftsausschuss überwiesen, dafür der handwerklich schlecht gemachte CDU-Antrag sowie der schwammige Ampelantrag. Das zeugt von wenig Respekt vor dem Bürger und vor demokratischen Wahlergebnissen.
Im Wirtschaftsausschuss einigten sich CDU und Ampelparteien – sie kumpelten regelrecht miteinander – erst einmal auf eine Absetzung für das Juni-Plenum. So wurde weiterhin wertvolle Zeit verschwendet, anstatt ein dringendes Problem anzugehen.
Am 4. September 2019 erklärte die Landesregierung im Wirtschaftsausschuss, dass eine Kostenfreiheit der Meisterausbildung den Haushaltsrahmen angeblich sprengen würde. Weitere vier Monate später, am 10. Januar 2020, gab Wirtschaftsminister Wissing bekannt, dass der Aufstiegsbonus immerhin von 1.000 Euro auf 2.000 Euro erhöht wird.
Aber das ist das Ende der Chronologie, die wir hier aufgezeichnet haben. So ganz konnte sich die Landesregierung den AfD-Forderungen dann doch nicht entziehen.
Zweifellos, die neue Regelung, die rückwirkend zum 1. Januar 2020 in Kraft tritt, stellt eine Verbesserung dar. Wir begrüßen das ausdrücklich; auch die Ausweitung der Empfänger und der Landesbestenpreis sind sinnvoll, weil sie damit zur Aufwertung der beruflichen Bildung im Allgemeinen beitragen.