Die große Bürde hierbei ist die hohe Verschuldung der Kommunen. Unter den fünf am meisten verschuldeten kreisfreien Städten Deutschlands befinden sich gleich zwei in der Westpfalz, nämlich Kaiserslautern und Pirmasens. Mein Kollege Michael Frisch wird es in der zweiten Runde noch einmal näher beleuchten.
In der Region Trier und in der Westpfalz kommen weitere Faktoren hinzu. So haben in den Landkreisen in beiden Regionen noch mehr als 25 % der Bevölkerung keinen Zugang zu zeitgemäßem Internet. Manch Entwicklungsland ist fortschrittlicher als Rheinland-Pfalz.
In Teilen der Westpfalz, nämlich in den Kreisen Kusel und in der Südwestpfalz, liegt das Pro-Kopf-BIP (Bruttoinlands- produkt) nur etwa auf dem Niveau von Lettland oder Litauen.
Die Stadt Kaiserslautern hat von allen rheinlandpfälzischen Kommunen das geringste verfügbare Einkommen pro Kopf, knapp 18.000 Euro. Die Arbeitslosenquote beträgt in Kaiserslautern 9 % und in Pirmasens 10,9 % bei 4,5 % im Landesschnitt.
Kaiserslautern gehört zu den 10 % der Kommunen mit den am meisten verschuldeten privaten Haushalten. Die Immobilienpreise sind in der Region weitgehend im Keller. Für ein Haus in Mainz gibt es vier Häuser in Kusel, und das nach zehn Jahren ununterbrochenem Wirtschaftsboom.
All diese bisherigen Maßnahmen der Landesregierung haben offensichtlich keine Trendwende gebracht. Im Umkehrschluss: Was passiert, wenn wir so weitermachen? Die Wirtschaftskraft wird mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter erodieren, junge qualifizierte Leute werden verstärkt wegziehen und wiederum selbst keine Kinder bekommen. Die Steuerkraft wird implodieren und die Sozialkosten im Gegenzug weiter explodieren; denn nun schlägt noch ein weiterer Faktor erbarmungslos zu, nämlich die Demografie. Die Studie selbst spricht hier von nicht mehr beherrschbaren Abwärtsspiralen.
All dies zeigt, wir brauchen für die Westpfalz einen neuen Ansatz in der Strukturpolitik. Es gibt bisher eine unüberschaubare Fülle von Maßnahmen, finanziert von verschiedenen Institutionen, oftmals ineffizient und kleinteilig. Wir hingegen brauchen für die Westpfalz eine gebündelte Kraftanstrengung des ganzen Bundeslandes. Darum schlägt die AfD-Fraktion Rheinland-Pfalz eine Sonderwirtschaftszone für die Westpfalz vor.
Nur so können wir die wirtschaftliche Abwärtsspirale stoppen und die Region stabilisieren. Die Menschen wollen wir nicht am Tropf und am Gängelband, sondern wir wollen den Menschen Hilfe zur Selbsthilfe geben.
Hightech, Handwerk, Burgen und beeindruckende Natur sollten das Markenzeichen der Region werden, nicht das Zerrbild aus Tristesse aus dem Hartz-IV-Trash-TV.
Die wichtigsten Maßnahmen für eine solche Sonderwirtschaftszone sind Steuervergünstigungen, verminderte bürokratische Auflagen für Unternehmen, Vereinfachungen im Baurecht, flexible Flächennutzungspläne, subventionierte Grundstücke, Investitionsbeihilfen und Sonderabschreibungsmöglichkeiten für Investitionen.
Parallel hierzu muss ein Landessonderprogramm für die Region aufgesetzt werden, in dem die Maßnahmen, die schon vor der Errichtung einer Sonderwirtschaftszone möglich sind, gebündelt und entsprechend koordiniert werden. Gründerstipendien, endlich mehr Dampf bei der Startup-Förderung, die volle Übernahme von Weiterbildungs
kosten, Zusatzinvestitionen in Hochschulen und eine Tourismusoffensive mit Infrastrukturausbau und Imagekampagne wären schon jetzt umsetzbar. Hier hängt es schon an den Grundlagen. So gibt es beispielsweise – eine Kleinigkeit, aber ein Symptom – noch nicht einmal einen englischen Webauftritt des Pfälzerwaldes.
Doch die Landesprogramme können nur ein erster Schritt sein. Für eine Sonderwirtschaftszone brauchen wir Unterstützung des Bundes und der EU. Rheinland-Pfalz braucht keinen imaginären ROLPH, wir brauchen Zukunft für den ländlichen Raum.
Ich komme zum Ende. Wir stehen am Vorabend einer Rezession, einem politisch erzwungenen Umbruch der Autoindustrie und Jobausbau in vielen Branchen. Die Westpfalz muss endlich in den Mittelpunkt. Wenn wir dies nicht tun, ist nicht nur das Ziel der gleichen Lebensverhältnisse obsolet
ich komme zum Ende –, dann stirbt früher oder später die ganze Region. Tun Sie also das Thema nicht ab, und relativieren Sie nicht wie so oft; denn die Menschen in der Westpfalz werden an der Wahlurne darüber richten, wer hier wirklich wem die Zukunft geklaut hat.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dieser Vorrede kann ich nur sagen, mit solch Schreckensszenarien werden Sie weder der Studie noch der Westpfalz gerecht.
(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU – Abg. Uwe Junge, AfD: Schreckensszenarien, schauen Sie in die Studie!)
Sie tun weder dem Institut der deutschen Wirtschaft noch der Westpfalz einen Gefallen mit dieser Darstellung, die Sie heute über diese Region liefern.
Ich sage es ganz deutlich: Die Westpfalz steht nicht vor dem Kollaps. Eine solche Torheit sollte niemals in einem rheinland-pfälzischen Parlament behauptet werden.
(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU – Zuruf des Abg. Matthias Joa, AfD)
Wer eine solche Torheit behauptet, der kennt die Region und die Lebenswirklichkeit nicht und transportiert aus offenkundigen Gründen ein Klischee, das für die Region eine Belastung ist.
(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das ist Wissenschaft, Fakten. Damit haben Sie kein Problem, denke ich!)
Wer von Kollaps spricht, der kennt auch die Studien nicht; denn diese Aussage lässt sich in keiner Weise mit der Studie belegen. Gerade das Gegenteil ist der Fall.
Das Fazit des empirischen Teils – die Studie von 290 Seiten kann man nicht in fünf Minuten zusammenfassen – ist, eine bei allen Indikatoren gefährdete und in diesem Sinn abgehängte Region gibt es in ganz Deutschland nicht.
Die Westpfalz kommt in dieser Studie an vier Fundstellen vor. Es ist in dieser Studie klar zu erkennen und dargestellt, sie ist in der wirtschaftlichen Entwicklung nicht gefährdet. Das ist die klare Aussage in dieser Studie bei den Kriterien Arbeitslosenquote, Überschuldung der privaten Haushalte, Produktivität und Kaufkraft.
Sie ist in der demografischen Entwicklung – das ist die Aussage dieser Studie, Sie müssen die entsprechenden Kapitel lesen –, bei der Fertilitätsrate, der Lebenserwartung, dem Durchschnittsalter und den Einwohnern nicht gefährdet.
Sie stellt fest, dass bei der Breitbandausstattung und der Ärztedichte keine Gefährdung dieser Region, der kompletten Raumordnungsregion Westpfalz vorliegt.
Bei den zwei Indikatoren, auf die die Studie hinweist, nämlich die kommunalen Schulden und die Immobilienpreise, spricht die Studie nicht von einem Kollaps der Region, und sie differenziert nicht über die Herkunft und den Hintergrund der Verschuldung. Es kann also festgestellt werden,
bei zehn von zwölf Indikatoren wird die Region als nicht gefährdet eingestuft. Das ist das, was in dieser Studie steht.