Protocol of the Session on September 20, 2018

Der vorliegende Antrag umschreibt einige wichtige Zukunftsthemen und liefert Rahmendaten über die rheinlandpfälzische Wirtschaft. Die Herausforderungen des digitalen Wandels kennen wir jedoch mittlerweile alle zu Genüge. Eine schöne Fleißarbeit durchaus, als Diskussionsgrundlage nutzbar.

Doch dieses Lied vernehmen wir in ähnlicher Form schon seit Monaten, und wir drehen uns im Kreis. Jedenfalls die wesentlichsten Ergebnisse der ganzen Landesregierungsmühen sind einige Seiten bedrucktes Papier, im Regelfall inhaltlich auseinanderfallend in Ministerialinteressen, Hochglanzprospekte und Absichtserklärungen ohne jede Priorisierung und im Regelfall ohne Erfolgskontrolle.

Eine feste Priorisierung der Ziele, möglichst konkrete Maßnahmen zur Zielerreichung und eine regelmäßige Erfolgskontrolle sind bei einer strukturierten Vorgehensweise in einem Großprojekt – die Bezeichnung „Großprojekt“ ist in diesem Zusammenhang noch untertrieben – jedoch unerlässlich. Wir haben dies bereits in der Vergangenheit auch im Ausschuss kritisiert. Es hat sich nichts verändert. Wir stehen vor einem Sammelsurium an Projekten und Absichtserklärungen, die in ihrer Vielzahl gerade so angelegt sind, dass sie gar nicht – noch nicht einmal halbwegs – zeitnah umgesetzt werden können. Dies bedeutet, gegen Ende der Legislatur wird es in vielen Fällen heißen, die Konzepte sind erstellt, wir sind auf dem Weg, die Umsetzung läuft. Das war’s dann.

Aber so geht es nicht mehr weiter. Betrachten wir beispiels

weise die Forschungsinstitute. Während die Ampel nur eine Überprüfung der Schwerpunktsetzung fordert, braucht es hier eine nachhaltige Anpassung an die Erfordernisse der Digitalisierung. Die Schwerpunktsetzung der fünf landeseigenen Forschungsinstitute liegt fast ausschließlich im Bereich der Materialwirtschaft, in der Konsequenz: 8 Millionen Euro an Defiziten und Zuschüssen.

Nehmen wir die Neuausrichtung der Technologiezentren. Bei den Technologiezentren ist eine Anpassung an die Zukunft bitter nötig. Dies wurde von uns mehrfach angefragt und im Ausschuss beraten. Wir haben jetzt immer noch denselben Stand. Da fragen wir uns: Was ist in den letzten Monaten gelaufen, und was hat man seit 2016 in dem Bereich überhaupt getan? – Technologiezentren sollen gerade keine Mitsubvention für in der Gründungsphase erwachsene Unternehmen sein. Wir brauchen einen klaren Gründerfokus, verbunden mit der konkreten Ansprache von Wagniskapitalgebern.

Too little, too late – dieses Schicksal droht Rheinland-Pfalz, wenn wir nicht beginnen, größer zu denken. Im Rahmen der Auslandsreise des Wirtschaftsausschusses haben alle Mitreisenden hautnah erfahren, welche Dynamik in China, Vietnam und ganz Südostasien herrscht: ehrgeizige Programme, klare Ziele, konkrete Vorstellungen, in welchen Bereichen eine technologische Führerschaft erreicht werden soll. Oder die Amerikaner, die uns im Digitalbereich weite Teile der Wertschöpfungskette längst entrissen haben. Kann der vorliegende Ampelantrag hierauf wirklich eine Antwort sein?

Wenn noch nicht einmal die Basis steht in Rheinland-Pfalz und wir stattdessen über Wolkenkuckucksheime sprechen, wenn nicht einmal das Grundlegende funktioniert, dann läuft etwas gewaltig schief.

(Beifall der AfD)

Wir brauchen für sämtliche Projekte einen klaren Zeitplan und eine unabhängige Evaluation durch ein politikfernes Gremium. Hier wäre gerade ein Beraterkreis, sich zusammensetzend aus Vertretern von Wirtschaft und Hochschulen, zur Projektbegleitung denkbar und sinnvoll. Dies hätte auch den Vorteil, dass sich die Unternehmer, die den Karren ziehen, endlich wieder von der Landesregierung ernst genommen fühlen.

Zu unserem Alternativantrag: Wir möchten, dass die Landesregierung die Maßnahmen Smart Services, Netzwerk Digitaler Handel, Ecoliance und EffNet sowie die sonstigen Innovationsförderungen mit konkreten mess- und nachvollziehbaren Zwischenzielen setzt. Wir möchten, dass die Neuausrichtung der Technologiezentren endlich beschleunigt, und ihre stärkere Fokussierung auf Existenzgründer und Digitalisierung sichergestellt wird. Wir brauchen bei der ganzen digitalen Strategie eine klare Schwerpunktsetzung:

Erstens, Breitbandanbindung, insbesondere Gewerbegebiete mit mindestens 100 Mbit/s; zweitens, flächendeckender Mobilfunk; drittens, eine digitale Anbindung und Ausstattung der weiterführenden Schulen; viertens, digitale Weiterbildung der Lehrer; und fünftens, die Verbreitung digitaler Kompetenzen bei den Erwerbstätigen.

Weiterhin sollten wir Innovationsgutscheine nach badenwürttembergischem Vorbild einführen. Der Aufbau einer Digitalisierungsagentur ist zu überprüfen. Diese Digitalisierungsagentur sollte Beratung und Weiterbildung für Kommunen und Mittelstand anbieten sowie auf einen großen internen und externen Partnerpool zugreifen können.

Die Zuschüsse an die überkommene Energieagentur sind hingegen bis zum Jahr 2021 weitgehend schrittweise zurückzufahren.

(Beifall der AfD)

Wir unterstützen die Forderung der Ampelparteien nach einem Innovationsportal und nach Weiterentwicklung der Netzwerk- und Clusterschwerpunkte.

Diese gezeigten Maßnahmen sind ehrgeizig, aber sie sind machbar. Sie können sich jetzt entscheiden, konkrete Maßnahmen oder ein Utopia im Nirgendwo, das Ihnen bis zur nächsten Wahl vielleicht etwas Luft verschafft, aber dem Land, den Unternehmen und dem Bürger am Ende wenig bis gar nichts bringt. Den vorliegenden Antrag lehnen wir ab und werben für unseren Alternativantrag.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Wink.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf kurz auf Frau Kollegin Wieland eingehen. Natürlich begrüßen wir unter anderem die Maßnahmen der Landesregierung, weil die Maßnahmen Wirkung gezeigt haben. Wenn sie Wirkung zeigen, kann man begrüßen, dass sie gemacht werden.

Herr Kollege Joa, ich darf auf einen Punkt eingehen. Wenn Sie – wenn ich Sie richtig verstanden habe – eine Förderung hätten, welche ein Ziel hat, hätte dies zur Folge, dass Sie den Empfänger der Förderung in einen bestimmten Kanal hineindrücken. Wenn dem so wäre. Ich hätte also keine Individualität mehr in der Förderung und hätte nachher Förderprogramme, die der eine bekommt, und der andere bekommt sie nicht, weil er vielleicht zwei Monate zu spät war oder bereits mit einer Planung schon begonnen hatte usw.

Der Aussage, dass die Maßnahmen uns nur Luft verschaffen, kann ich so nicht zustimmen, weil die Statistiken über die Wirtschaftsleistungen eine andere Sprache sprechen.

Die Ausrichtung der Technologiezentren wurde im Ausschuss von der Landesregierung und den Herren, die dabei waren, ausführlich dargelegt. Genau diese Punkte waren enthalten. Genau diese Punkte wurden angewandt, die bedarfsgerechte Ausrichtung auf Existenzgründer, weil die Existenzgründer meistens Impulsgeber sind und deshalb ein verstärktes Augenmerk darauf richten möchten. Über

viele Punkte, wie die Technologiezentren ausgerichtet werden müssen, gab es eine lange Diskussion im Ausschuss, und es wurde ausführlich dargelegt.

Mit Innovationen und neuartigen Technologien verbinden viele Menschen das Silicon Valley, also einen mystischen Ort für Technologieliebhaber. Das ist für fast jeden ein Begriff für den technischen Impuls unserer Zeit. Die Zeiten, in denen die Innovationspioniere nur aus dem Valley stammen, sind längst vorbei.

Produkte aus Rheinland-Pfalz sind gefragt. Wir haben es gehört: Im Jahr 2017 erwirtschafteten die produzierenden Unternehmen unseres Landes 56 % ihres Umsatzes im Ausland. Von Januar bis Juni 2018 lag dieser bei 57,8 %. Dies stellt den höchsten Wert aller Flächenländer dar. Die Zahlen untermauern diese Nachfrage nach rheinland-pfälzischen Produkten im Ausland und betonen eine sehr gute Wirtschaftslage.

In unserem Land sind 25 % aller Erwerbstätigen im produzierenden Gewerbe tätig. Hier werden Innovationen geschaffen, umgesetzt und produziert. Man muss bedenken, dass das produzierende Gewerbe ganz vorne an der Wertschöpfungskette steht und somit die Industrie der Innovationsmotor überhaupt ist.

Die Strukturen des Industrie- und des Dienstleistungssektors werden sich durch neue Technologien allerdings langfristig verändern. „Ressourceneffizienz“ ist das Stichwort in diesem Zusammenhang. Mittels künstlicher Intelligenz wie das Blockchain-Verfahren – das wurde erwähnt – werden zukünftig Produktionskosten jeglicher Art minimiert werden.

Diese konkreten Folgen der Digitalisierung sind wichtig, damit sich die Unternehmen unseres Landes langfristig auf dem Weltmarkt behaupten können. Digitalisierung steht in diesem Zusammenhang nicht alleine für den Wegfall von Arbeitsplätzen. Ich darf den Spruch sagen, meine Kinder werden in Berufen arbeiten, die es heute noch nicht gibt. Digitalisierung wird viele neue Arbeitsplätze schaffen, wodurch ein fairer Ausgleich stattfinden kann.

Die Landesregierung engagiert sich bereits jetzt im Bereich der Innovation und Forschung. Mit dem Aufbau des „Netzwerke Digitaler Handel“ werden neue Wege für Dienstleister geöffnet. Bereits jetzt und in Zukunft finden zielgerichtete Innovationsförderungen seitens des Landes statt. Dies geschieht – Herr Kollege Dr. Alt hat es gesagt – mit einem Maßnahmenstrauß, um auch individuelle Problemlagen berücksichtigen zu können. Wir als Koalition möchten dieses aufrechterhalten und stetig ausbauen. Dazu zählt, dass der Masterplan “Zukunft der Arbeit in Rheinland-Pfalz“ weitergeführt und ausgebaut werden muss, um die Chancen und Herausforderungen der Arbeit 4.0 darzustellen.

Besonders wichtig ist das zentrale Innovationsportal. So können sämtliche Informationen gebündelt und direkt vermittelt werden. Die Pioniere von morgen befinden sich in unserem Land. Lassen Sie uns die Chance ergreifen und dies gemeinsam nutzen. Wir wollen es.

Danke schön.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention hat Herr Abgeordneter Joa das Wort.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kollegen! Herr Wink, vielen Dank für die Ausführungen. Ich möchte noch einmal zusammenfassen, weil Sie auf meine oder unsere Anregungen nicht eingegangen sind.

Wir brauchen konkrete Ansätze. Wir brauchen Struktur, und wir brauchen Geld. Wir brauchen die Konzentration auf wenige ausgewählte Themen, die dann aber auch umgesetzt werden. Wir müssen uns ehrlich machen, seit 2016 läuft hier kaum etwas Konkretes außer nebulösen Absichtspapieren.

Um noch einmal tiefer einzusteigen sage ich, gerade die aktuelle Struktur im Wirtschaftsministerium ist in dieser Form nicht zukunftsfähig. Es fehlt an Manpower. Es fehlt an den entsprechenden Experten. Man ist an die Herausforderungen der neuen Zeit nicht angepasst und darüber hinaus intern mit einem Konflikt mit Dr. Weingarten entsprechend belastet.

Die Wahrheit ist doch, ohne entsprechenden Geldeinsatz gibt es keinen professionellen Aufbau. Für die Neuausrichtung, den Kontakt mit Behörden, Technologiepartnern und Unternehmen braucht es Profis und absolute Experten auf ihrem Fachgebiet, um auf Augenhöhe diskutieren und debattieren zu können. Nur so können wir auf Augenhöhe kommen mit Forschern und Unternehmenspraktikern.

Da wir erhebliche Summen benötigen, könnte dieses im Gegenzug durch die Energieagentur bzw. durch eine Herabsenkung der Zuschüsse gegenfinanziert werden.

(Zuruf der Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kaum jemand könnte die Notwendigkeit des sach- und zielgerechten Mitteleinsatzes besser ausdrücken als Ihr Herr Kollege Herr Dr. Wissing.

(Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es ist eine vorbereitete Rede! – Zuruf der Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

2016 steht in einer Schülerzeitung – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –: Wie wollen Sie Geld einsparen? –

Herr Joa, Sie müssen sich schon auf die Rede beziehen.

Ich beziehe mich darauf.

(Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist, um die Redezeit zu verlängern! – Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist armselig!)

Die Antwort war: Indem wir die Energieagentur abschaffen, die am Ende nur die Steuerzahler belastet. –

Wenn in der FDP und Ihnen, Herr Wink, dieses Feuer, welches in Herrn Wissing einmal vorhanden war, noch vorhanden ist, dann leuchten Sie doch der Koalition den Weg im Namen der Innovation, des Fortschritts und im Namen der Interessen der Beschäftigten und Unternehmen in Rheinland-Pfalz.

(Beifall der AfD)