Protocol of the Session on June 22, 2018

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Ich sage Ihnen noch einmal eines an Ihren Bundesinnenminister. Ich habe das schon einmal gesagt. Der werte Kollege Seehofer hat wochenlang diese Stimmung mit dem Stichwort Ankerzentren angeheizt. Dann ist er in die IMK gekommen. Ich habe ihn gefragt: Haben Sie eine Vorstellung von Ankerzentren, Herr Innenminister Seehofer? – Nein, ausdrücklich keine Vorstellung.

(Abg. Alexander Schweitzer, CDU: Herr Baldauf hat keine!)

Das sollen die Länder in eigener Verantwortung machen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das gibt es doch gar nicht!)

Ist das die Vorgabe des Bundesinnenministers? Ist das die Richtlinie oder Richtlinienkompetenz eines BMI?

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Nichts ist das. Wir sind die, die vorneweg marschieren. Herr Dr. Gensch, nehmen Sie das zur Kenntnis.

(Anhaltend Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, aufgrund der verlängerten Redezeit der Landesregierung stehen den Fraktionen 1 Minute und 55 Sekunden Redezeit zur Verfügung

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt gehen Sie mal rein und machen etwas!)

Herr Kollege Lammert hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Sie haben die blaue Karte gezogen. Ich habe Sie gesehen. Bitte schön.

(Abg. Dr. Christoph Gensch, CDU: Es geht um die Konsequenzen, die Sie selbst daraus gezogen haben! – Zurufe des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Herr Kollege Lammert, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich freue mich, dass der Innenminister, nachdem die Staatssekretärin versucht hat, mit entsprechenden Ausweichmanövern das Thema abzuarbeiten, reingegangen ist.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt aber! – Zuruf der Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Weitere Zurufe von der SPD)

Ich will vielleicht die Situation ein Stück weit beruhigen, ohne dass wir das ohne Sachlichkeit machen.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Euch geht es schlecht!)

Lieber Herr Innenminister, das Thema AERBiT, also dieses Programm, haben wir zu keiner Zeit, weder im Innenausschuss noch in diesem Hohen Hause oder sonst an irgendeiner Stelle kritisiert.

(Zuruf des Staatsministers Roger Lewentz)

Das ist keine Frage. Das ist sehr wohl durchaus ein guter Ansatz. Das ist keine Frage. Ich kann bestätigen, dass das in der Innenministerkonferenz – das ist nichts Schlimmes – genannt wurde.

(Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Wenn Sie von einigen anderen Kollegen etwas abschreiben würden, würde es hier auch besser laufen. Das ist ein gegenseitiges Nehmen und Geben.

(Beifall der CDU)

Fakt ist, dieses Projekt ist in jedem Fall sicherlich sinnvoll. Sie haben eine Analyse gemacht. Das ist schön. Jetzt wissen wir, dass es 334 sind. Wir kennen die Staatsan

gehörigkeiten. Sie haben ein entsprechendes Raster darüber gezogen. Was machen wir dann? Wir haben das zur Kenntnis genommen und das war’s? – Nein, wir haben das deswegen aufgegriffen, um zu sagen, dass wir das konkretisieren und darangehen.

(Abg. Alexander Fuhr, SPD: Das war es doch! Das steht doch in Ihrer Anfrage drin!)

Wenn in diesen Anfragen, die Sie geklärt und zurückgegeben haben, steht, dass die Rückführungen so gering sind und verschiedene Personen über keine Meldeanschrift – 273 – verfügen, dann dürfen wir nachfragen, was da los ist. Da stimmt irgendetwas nicht.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann macht halt was auf Bundesebene, mein Gott! Da sollte Seehofer dort was machen!)

Dass wir ausländische Intensivtäter – ausländische Intensivtäter, um die geht es im Speziellen – gerne zurückführen wollen, ist doch wohl ein richtiges Ansinnen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Das wollen wir doch alle. Das wollen auch alle Innenminister, deutschlandweit.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU und bei der AfD – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was ist denn mit Seehofer?)

Herr Minister, wird die Gegenrede gewünscht?

(Staatsminister Roger Lewentz: Nein! – Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war eine Kurzintervention. Da hat immer der Angesprochene die Möglichkeit zu antworten. Das kennen Sie aus der Geschäftsordnung, Herr Dr. Braun.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/6538 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Danke. Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD abgelehnt.

Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf:

Leistungserosion entgegentreten – Höhere Hürden für Wiederholungsarbeiten Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/6537 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Für die AfD-Fraktion spricht Herr Kollege Frisch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im März vergangenen Jahres haben 130 Professoren und Mathematiklehrkräfte in einem offenen Brief die Qualität des Mathematikunterrichts massiv kritisiert. Die Unterzeichner beklagen, der Schulstoff sei so weit ausgedünnt worden, dass das mathematische Vorwissen von vielen Studienanfängern nicht mehr für ein Studium in den Bereichen Wirtschaft, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik genüge.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie der KonradAdenauer-Stiftung zur Studier- und Ausbildungsfähigkeit. Deren Autoren stellen fest, die politisch gewollte Inflation der Bildungsabschlüsse sei mit einer dramatischen Absenkung der Anforderungen erkauft worden. Trotz vermehrter guter Schulabschlüsse, so die Klage der Bildungsexperten, steige die Anzahl der jungen Menschen, die in Unternehmen oder Hörsälen mit fehlenden Grundlagenkompetenzen hinsichtlich Sprache und Mathematik zu kämpfen hätten. Infolgedessen seien immer mehr Betriebe und Universitäten gezwungen, die schulischen Grundlagen nachzubessern.

Wie konnte es zu dieser Fehlentwicklung kommen? Josef Kraus, 30 Jahre lang Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, sieht die Verantwortung hierfür unter anderem in einer verfehlten leistungsfeindlichen Pädagogik. Ich zitiere: „Dem Kind, dem Schüler soll bloß nichts zugemutet werden, es könnte ja frustriert, demotiviert, ja traumatisiert werden. Dass man Kinder damit in einer Käseglocke und in einer ewigen Gegenwart einschließt und ihnen die Zukunft raubt, scheint nicht zu zählen.“

Vor diesem Hintergrund ist auch der sogenannte dritte Paragraf zu sehen, der in der Schulordnung für die öffentlichen Realschulen plus, Integrierten Gesamtschulen, Gymnasien, Kollegs und Abendgymnasien gilt. Es heißt dort in § 53 Abs. 5: „Die Fachlehrkraft führt mit den (... ) Schülern ein Gespräch, wenn ein Drittel oder mehr der Noten einer Klassenarbeit (... ) oder einer schriftlichen Überprüfung unter ‚ausreichend‘ liegt. (... ) der Schulleiter entscheidet nach Anhörung der Fachkraft und (... ) des Sprechers der Lerngruppe, ob der Leistungsnachweis wiederholt wird. Die Noten der Wiederholung sind maßgeblich.“

Meine Damen und Herren, mehr als je zuvor sind Lehrer heute mit einer heterogenen Schülerschaft konfrontiert. Hinzu kommen familiär begründete Erziehungsdefizite und durch gesellschaftliche Entwicklungen begründete Probleme vieler Schüler bei den für das schulische Lernen notwendigen Grundkompetenzen wie Aufmerksamkeit, Disziplin und Ausdauer. Infolgedessen sehen sich Lehrer heute mit zum Teil erheblichen Leistungsunterschieden innerhalb ihrer Klassen konfrontiert. Schriftliche Überprüfungen mit vielen Noten unter ausreichend sind vor allem in den MINTFächern keine Seltenheit, insbesondere dann, wenn sich die Anforderungen konsequent an den Lehrplänen orientieren.

Dabei zeigt die Erfahrung, dass die genannte Regelung in § 53 zu einer fortlaufenden Absenkung des Anforderungsniveaus führt. Ist nämlich die Gefahr gegeben, dass ein Drittel einer Klasse bei einer Überprüfung schwach

abschneidet, entsteht der Anreiz, die Anforderungen der Klassenarbeit bereits bei deren Erstellung oder aber im Rahmen der Korrektur dem tatsächlichen Leistungsniveau der Schüler nach unten hin anzupassen; denn während bei 33 % nicht ausreichenden Noten die Arbeit problemlos durchgewunken wird, ist das Erreichen der Drittelgrenze für den Lehrer mit erheblichen Zusatzbelastungen verbunden: unerfreuliche Diskussionen mit enttäuschten Schülern, mögliche Beschwerden von erzürnten Eltern, umfassende Dokumentation der vorbereitenden Lernprozesse und Erläuterungen der Prüfungsaufgaben gegenüber der Schulleitung, zu guter Letzt vielleicht eine komplett neu zu schreibender Klassenarbeit mit neuen, stundenlangen Korrekturen. Dies selbst dann, wenn, wie in den meisten Fällen, die Ursachen für die schwachen Leistungen eindeutig auf Seiten der Schüler liegen.

(Zuruf des Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Pädagogen, die häufig bereits an der Belastungsgrenze arbeiten, hier den Weg des geringsten Widerstands gehen, ist daher nur allzu verständlich, aber mit Blick auf den damit einhergehenden Leistungsverfall dennoch nicht hinnehmbar.

Darüber hinaus werden mit dieser Regelung falsche Signale an die Schüler ausgesendet. Diejenigen, die sich nicht ausreichend auf eine Arbeit vorbereitet haben, bekommen unverdientermaßen eine zweite Chance und sehen daher wenig Anlass, ihr Lernverhalten zu verändern. Aber es ist auch ungerecht gegenüber den guten und fleißigen Schülern, deren erreichte Note für ungültig erklärt wird und denen bei einem zweiten Versuch möglicherweise sogar eine Verschlechterung droht.