Frau Ministerin, ich habe sehr lange an einem beruflichen Gymnasium unterrichtet. Wir hatten sehr viele Schüler, die von einer IGS oder von einer Realschule plus kamen.
Im Bewerbungsverfahren wird kein Unterschied zwischen der Schulform gemacht, an der man den qualifizierten Sekundarabschluss I erworben hat. Das war aus meiner Sicht immer ein großes Problem, weil die tatsächlichen Qualifikationen doch sehr unterschiedlich ausgefallen sind, je nachdem, ob jemand von einer Integrierten Gesamtschule,
einer Realschule plus oder einem Gymnasium nach der Klasse 10 ins berufliche Gymnasium gewechselt ist.
Wie bewerten Sie das? Sehen Sie einen Änderungsbedarf, um eine größere Bildungsgerechtigkeit herzustellen?
Herr Abgeordneter Frisch, mir sind solche, ich sage einmal Phänomene, nicht bekannt. Unsere Lehrkräfte in den Schulen bereiten die Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf die weiterführenden Schulen vor. Dass es in dem einen oder anderen Fall Unterschiede gibt, kann so sein, aber wir haben nicht die Erfahrung gemacht, dass sich Realschule plus, IGS und Gymnasium so stark differenzieren.
Es liegen keine weiteren Zusatzfragen mehr vor. Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet. Vielen Dank.
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Steven Wink und Cornelia Willius-Senzer (FDP), Initiative „We move it“ – Nummer 9 der Drucksache 17/6541 – betreffend, auf.
1. Welche Bedeutung hat die Fahrzeugindustrie für Rheinland-Pfalz, insbesondere auch hinsichtlich ihrer Beschäftigungsfunktion?
2. Wie schätzt die Landesregierung die wirtschaftliche Dynamik im Bereich der Fahrzeugindustrie ein?
Zu Frage 1: Die Fahrzeugindustrie, also Pkw wie Nutzfahrzeuge, gehört zu den strukturbestimmenden Branchen unseres Landes. Sie ist ein Eckpfeiler unserer Wirtschaft. Sie bringt Wertschöpfung, Wachstum und Wohlstand für unser Bundesland und seine Bürgerinnen und Bürger.
Die herausgehobene Rolle basiert auf ihrer Intensität im Bereich der Forschung und Entwicklung, ihres überdurchschnittlichen Exportanteils sowie der hohen Beschäftigungszahlen. In der Fahrzeugindustrie im engeren Sinne sind bei uns unmittelbar 25.000 Menschen beschäftigt. Darüber hinaus haben wir in Rheinland-Pfalz eine breit aufgestellte Bau- und Landmaschinenindustrie. Hinzu kommen vor- und nachgelagerte Branchen mit mindestens ebenso vielen Beschäftigten, wie etwa die Chemie, die Elektrotechnik, die Gummi- und Kunststoffindustrie, der Maschinenbau und die Informationstechnologie. Insgesamt gehen wir von mehr als 60.000 Menschen aus, die in unserem Land rund um Automobile und Nutzfahrzeuge beschäftigt sind.
Zu Frage 2: Welche ökonomischen Potenziale diese Entwicklungen in der Fahrzeugindustrie freisetzen, zeigen unter anderem die gestiegenen FuE-Ausgaben der deutschen Automobilindustrie.
Die Ausgaben für FuE der deutschen Automobilindustrie in Deutschland betrugen im Jahr 2009 gut 13 Milliarden Euro, im Jahr 2016 stiegen diese Ausgaben bereits auf knapp 22 Milliarden Euro an. Die Zahlen für das vergangene Jahr liegen noch nicht vor. Die einschlägigen Institute gehen aber davon aus, dass es weiterhin zu einer erheblichen Steigerung gekommen ist.
Eine Vielzahl grundlegender technischer, ökonomischer, ökologischer, rechtlicher und sozialer Veränderungsprozesse führt derzeit zu teilweise fundamentalen Veränderungen der Fahrzeugindustrie. Aktuell zeichnen sich insbesondere drei relevante Entwicklungslinien ab, welche für die Fahrzeugindustrie von übergeordneter Bedeutung sind.
Erstens: Die vielfältigen Innovationen in der Antriebstechnologie hinsichtlich der unterschiedlichen technologischen Konzepte. Diese reichen von hocheffizienten Weiterentwicklungen im Bereich der Verbrennungsmotoren bis hin zur Entwicklung von Elektro- oder Gasmotoren, hybriden Antrieben, Brennstoffzellen wie etwa Wasserstoff oder auch synthetischen Kraftstoffen zur Verwendung in konventionellen Verbrennungsmotoren.
Zweitens: Das automatisierte bzw. autonome Fahren in Verbindung mit dem vernetzten Fahren. Hier gilt es festzuhalten, dass die deutsche Automobilindustrie knapp 60 % der weltweiten Patente im Bereich des automatisierten und autonomen Fahrens hält.
Drittens: Die Entstehung bzw. Entwicklung neuer Geschäftsfelder und neuer Geschäftsmodelle im Zuge der neuen technologischen Anwendungen.
Zu Frage 3: Ziel der Initiative „We move it“ ist es, RheinlandPfalz als den Standort zu etablieren, an dem neue Fahrzeuge oder Fahrzeugteile entwickelt, erprobt, produziert und eingesetzt werden. Hierbei wollen wir technologieoffen vorgehen, Forschung und Entwicklung in unserem Land stärken, die Wertschöpfung am Standort Rheinland-Pfalz steigern, Innovationen in unserem Bundesland lokalisieren und damit letztlich Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz sichern und womöglich noch weiter ausbauen. Das wollen wir durch folgende Maßnahmen erreichen:
Zum einen wollen wir den Austausch und die Kooperation des leistungsfähigen Umfeldes aus Hochschulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen mit hohen Kompetenzen in Grundlagen- und angewandter Forschung in einer Vielzahl von Bereichen in und um die Fahrzeugindustrie, mit den Unternehmen der rheinland-pfälzischen Fahrzeugindustrie und weiteren relevanten Partnern intensivieren.
Weiterhin wollen wir die Vernetzung und die Steigerung der Innovationsfähigkeit der Unternehmen der rheinlandpfälzischen Fahrzeugindustrie und hier insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen unterstützen. Wir wollen Infrastrukturen und Rahmenbedingungen weiterentwickeln und diese transparent machen, um die Entfaltung der Potenziale der rheinland-pfälzischen Fahrzeugindustrie optimal fördern zu können.
Wir wollen Rheinland-Pfalz als attraktiven technologieoffenen Standort für die Entwicklung, Erprobung, Produktion und den Einsatz von Fahrzeugen bzw. Fahrzeugteilen und neuen Geschäftsfeldern und Geschäftsmodellen rund um neue Fahrzeugkonzepte sichtbar machen. Wir sind davon überzeugt, dass der anstehende Struktur- und Technologiewandel so erfolgreich ausgestaltet werden kann, dass die rheinland-pfälzische Fahrzeugindustrie gestärkt aus diesen Transformationsprozessen hervorgeht.
Zu Frage 4: Im Rahmen der Initiative werden wir unter anderem die Kompetenzen der wissenschaftlichen Einrichtungen in Rheinland-Pfalz, die für die Fahrzeugindustrie von hoher Relevanz sind, in einer Datenbank erfassen und aufbereiten, sodass sie für kleine und mittlere Unternehmen schnell und einfach abrufbar sind. Darüber hinaus erfassen wir sukzessive die herstellerunabhängigen Test- und Prüfmöglichkeiten in unserem Land, um so insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen den entsprechenden ortsnahen Zugang zu den jeweiligen Einrichtungen zu ermöglichen.
Wir sichten systematisch die fahrzeugaffinen Förderaufrufe der Europäischen Union und auch des Bundes und bieten diese Angebote in aufbereiteter Form allen Interessierten in regelmäßigen Abständen in Form eines Newsletters als Informationsangebot an, sodass auch kleine und mittlere Unternehmen auf diese Fördermöglichkeiten aufmerksam werden, und wir helfen auch, wenn es darum geht, Anträge zu stellen, um diese Fördermittel abzurufen.
Ganz wesentlich für den Erfolg der Initiative ist aber das Netzwerk, das wir gebildet haben. Es besteht aus den relevanten Akteuren in den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft, den verschiedenen Verbänden und Institutionen. Wir bündeln den Sachverstand in unserem Land, um gezielt Themen zu identifizieren und daraus weiterführende Aktivitäten abzuleiten, und schließlich erarbeiten wir ein jährliches Tagungs- und Informationsprogramm zu diesem Branchenthema und setzen es jeweils mit Partnern des Netzwerkes um.
Es ist ein Schwerpunkt der Industriepolitik des Landes, die Transformationsprozesse im Bereich der Fahrzeugindustrie so optimal zu begleiten, dass wir am Ende gestärkt daraus hervorgehen. Auch meine Initiative, ein digitales Verkehrsportal sowie ein digitales Baustellen-Informationssystem zu schaffen, das am Ende auch die Voraussetzung für
Ich betone noch einmal, die Fahrzeugindustrie ist für Rheinland-Pfalz von herausragender Bedeutung, und wir sind mit erheblichen Vorteilen gegenüber anderen Standorten ausgestattet. Diese zu identifizieren, zu bündeln, Netzwerke darum zu bilden, ist Aufgabe der Landesregierung, und dieser Aufgabe stellt sie sich mit dem vorliegenden Konzept.
Wir dürfen weitere Gäste im Landtag begrüßen, die aus einem ganz besonders bemerkenswerten Dorf stammen, nämlich dem Dorf Kundert. Ich heiße den Gemischten Chor Kundert bei uns im Landtag herzlich willkommen!
Herr Minister, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Sie sprachen von neuen Trends und auch neuen sozialen Trends in Technologie und Wirtschaft. Könnten Sie kurz erläutern, welche Auswirkungen diese Entwicklungen auf die rheinland-pfälzische Fahrzeugindustrie haben könnten?
Nun, viele traditionelle Elemente der Fahrzeugindustrie sind heute infrage gestellt. Es gibt Diskussionen über das Dieselaggregat, wir haben Diskussionen über neue Antriebstechnologien wie die E-Mobilität. Das gilt sowohl im Pkw-Bereich als auch im Nutzfahrzeugbereich.
Wir haben große Herausforderungen im Bereich des Smart Farming, des Digital Farming und des Precision Farming. All dies sind Veränderungsprozesse, die einen AutomotiveStandort wie Rheinland-Pfalz, der insbesondere im Nutzfahrzeugbereich stark positioniert ist, vor Herausforderungen stellen.
Diese Trends können dazu führen, dass am Ende bestehende Geschäftsmodelle überflüssig werden. Die Aufgabe, die wir gemeinsam haben – Industrie, mittelständische Wirtschaft und Landesregierung –, besteht darin, dafür zu sorgen, dass die möglicherweise wegfallenden Geschäftsmodelle durch neue innovative Geschäftsmodelle ersetzt werden, die sich aus diesen Anpassungsprozessen ergeben. Mit unserem Netzwerk „We move it“ haben wir ein ideal auf Rheinland-Pfalz abgestimmtes Konzept entwickelt, um alles dafür zu tun, dass keine Idee übersehen wird und das gemeinsame Wissen gebündelt zur Verfügung gestellt wird.
Man muss sich nur einmal vorstellen, dass nicht alle kleinen und mittelständischen Unternehmen so vorgehen können wie etwa Daimler in Wörth, die gerade eine Teststrecke bei uns in Rheinland-Pfalz bauen. Darüber freuen wir uns sehr; aber in den Bau einer solchen Teststrecke werden
50 Millionen Euro investiert. Das ist für einen mittelständischen Unternehmer nicht möglich, und deswegen müssen wir den mittelständischen Unternehmen Möglichkeiten bieten, auf verfügbaren Teststrecken wie etwa am Flughafen in Zweibrücken ihre Innovationen frühzeitig und in einem Echtbetrieb ausprobieren zu können, damit sie schnell entwickelt werden können. Damit es die Unternehmen leicht haben, an diese Akteure heranzukommen, die ihnen Testmöglichkeiten bieten, hilft dieses Netzwerk, Informationen gebündelt zur Verfügung zu stellen. Das ist eine maßgeschneiderte Mittelstandspolitik auch für Rheinland-Pfalz.
Herr Minister, gibt es weitere Teststrecken in RheinlandPfalz außer die auf dem Gelände des ehemaligen Militärflugplatzes in Zweibrücken, oder sind weitere Teststrecken angedacht? Wie schätzen Sie den Bedarf und die Notwendigkeit für weitere Teststrecken ein?
Rheinland-Pfalz verfügt über mehrere weitere Teststrecken. Um sich über das Gesamtkonzept zu informieren, empfehle ich Ihnen die Internet-Plattform www.wemoveit.rlp.de. Dort können Sie sich, wie auch die Mittelständler, umfangreich über alles rund um die Automobil- und Fahrzeugindustrie in Rheinland-Pfalz informieren; alle Teststrecken, alle Fördermöglichkeiten sind dort aufgeführt.