Postzustellung hat in Deutschland Verfassungsrang. Im Grundgesetz ist festgeschrieben, dass eine flächendeckende, angemessene und ausreichende Dienstleistung im Postwesen gewährleistet werden muss. Dies ist eine Garantie für alle Bürgerinnen und Bürger. Diese Garantie wird durch das Postgesetz sowie die PostUniversaldienstleistungsverordnung geregelt. Sie legen zum Beispiel die Qualität der Postleistungen fest und machen Vorgaben zur Filial- und Briefkastendichte, zur Zustellhäufigkeit und zur durchschnittlichen Laufzeit von Postsendungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist die Grundlage für die heutige Debatte und für unseren Antrag. Es erreichen uns Berichte, dass bei der Bundesnetzagentur zunehmend Beschwerden im Postbereich eingehen. In jüngster Zeit ist die Deutsche Post mit Testversuchen, Problemen und Mängeln aufgefallen, die den Anschein erwecken, sie wolle die gesetzlich garantierte Qualität der Postdienstleistungen aufweichen.
Wir stellen mit unserem Antrag und mit dieser Debatte fest, dass die Post beim Briefverkehr immer noch einen öffentlichen Auftrag hat. Die Post darf nicht ihren Spielraum zum Nachteil der Kunden ausreizen. Es kann nicht der Anschein entstehen, dass man einmal testet, was machbar ist, um zu sehen, wie die Öffentlichkeit reagiert und was man durchbekommt.
Bereits der Modellversuch zu einer eingeschränkten Postversorgung, die im letzten Jahr getestet wurde, war ein Warnsignal für uns. Wir haben hier darüber debattiert. Man hat in diesem Zusammenhang damals über eine sogenannte Modernisierung der Post-Universaldienstvorgaben diskutiert. Deshalb brauchen wir die öffentliche Debatte und Aufmerksamkeit. Wir wollen die Botschaft senden, wir wollen die Post nicht aus ihren Vorgaben und Verpflichtungen entlassen.
Diese politische Debatte ist deswegen wichtig, weil wir im Sinne der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zwischen städtischen Ballungszentren und ländlichen Räumen eine Auf- und Abweichung nicht hinnehmen wollen und dürfen. Es müssen die Bedürfnisse aller Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt werden, gerade auch weil Umfragen bei den Kundinnen und Kunden zeigen, dass bei den Menschen kurze Laufzeiten und eine werktägliche Briefzustellung einen hohen Stellenwert genießen.
Was uns beschäftigt und worüber wir mit diesem Antrag auch öffentlich sprechen wollen, ist der Umgang mit dem Personal; denn gute Dienstleistung kann aus unserer Sicht nicht von guter Beschäftigung getrennt betrachtet werden.
Deswegen verunsichern jüngste Berichte über einen Konzernumbau. Bereits die Auslagerungen im Jahr 2015 von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Regionalgesellschaften haben zur teilweisen Aushöhlung solider Beschäftigungsverhältnisse mit angemessener Vergütung, zur Aushöh
lung stabiler Mitbestimmungsstrukturen und weitreichender Schutzrechte zugunsten von schlechteren Arbeitsbedingungen geführt, die all dies nicht beinhalten. Wir betonen, dass angesichts der gut laufenden Geschäfte der Deutschen Post für uns Qualitätsminderungen sowie die Zunahme des Drucks auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht nachvollziehbar sind.
Es ist zu befürchten, dass das Lohnniveau bei der Post auf Dauer mit solchen Maßnahmen abgesenkt werden soll. Wir stellen fest, dass die Privatisierung der Post ein wirtschaftlicher Erfolg war. Dazu haben mehrere Portoerhöhungen beigetragen, die die Post in den vergangenen Jahren durchgedrückt und durchgesetzt hat. Es ist für uns wichtig, dass das Unternehmen auch seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung gerecht wird und gemeinsam mit den Beschäftigten eine Lösung findet, wie alle von dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens profitieren können.
Daher sind der Antrag und die Debatte ein Signal an die Post, dass eine öffentliche Aufmerksamkeit besteht, diese weiter besteht und wir die Entwicklung weiter betrachten.
Zum Abschluss will ich zum sogenannten Alternativantrag der CDU kommen. Man kann ihn nicht Alternativantrag nennen, weil ein Alternativantrag eigentlich dazu da ist, Alternativen aufzuzeigen. Hier liegt ein Plagiat vor. Zu 99,9 % wurde der Antrag der Koalitionsfraktionen abgeschrieben. Es gibt zwei signifikante Änderungen. Wir sprechen uns im Titel klar für die Stärkung der Tarife aus. Das haben Sie gestrichen. Das ist etwas, was auffällt. Das darf bei Ihnen in der Überschrift nicht vorkommen. Sie haben den Antrag ergänzt, in dem Sie einen Bundesratsantrag fordern. Das scheint ein durchsichtiges Manöver zu sein.
Sie haben bei der Aktuellen Debatte im letzten Jahr zu dem Thema gesagt, man dürfe keine Denkverbote haben.
Jetzt schreiben Sie einfach unseren Antrag ab und wollen diesen ergänzen. Wir bleiben bei unserem Antrag und werden diesem zustimmen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sind uns in der Sache einig. Wir alle wollen den grundgesetzlich vorgegebenen Auftrag – wir haben es gerade wieder gehört – an die Post eingehalten wissen. Wir wollen sechs Tage Zustellung. Wir wollen faire Arbeitsbedingungen. Wir wollen die Einhaltung der Universal-Dienstleistungsverordnung.
Genau das – damals war es Frau Kollegin Ganster für die CDU-Fraktion – haben wir vor gut einem halben Jahr hier im Plenum zu einer etwas attraktiveren Tageszeit debattiert. Da waren wir uns auch einig. Inhaltlich haben wir genau die gleichen Punkte, die wir jetzt gehört haben, in der Debatte gehört. Wir habe das Ganze im Ausschuss noch einmal ausführlich bekräftigt, dass wir den Appell starten, an die Post zu appellieren, die Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten.
Genau, immer richtig in diesem Zusammenhang. Das Zitat lautet: Bei solchen Debatten wird die oft postulierte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse konkret. Da wird aus Sonntagsreden konkrete Politik. – Als ich das gelesen hatte, habe ich gedacht und mich gefragt, wann wird konkrete Politik aus den Debatten. Wir können jedes halbe Jahr debattieren und an die Post appellieren. Heute machen wir es vor leeren Rängen. Die Frage ist, wer diesen Appell hört. Was bewirken wir mit diesem Appell?
Wir können gerne in einem halben Jahr wieder an die Post appellieren. Das scheint uns nicht ausreichend zu sein. Gerade eben wurde gesagt, unsere Veränderungen im Antrag wären ein durchsichtiges Manöver. Wenn Sie es verstanden haben, dann wissen Sie, warum wir genau diesen einen Satz geändert haben. Wir wollen etwas bewirken. Wir wollen keinen Appell, der nicht gehört wird, sondern wir wollen etwas bewirken. Wo können wir etwas bewirken? Die zentrale Stelle ist in Berlin. Zum einen können wir etwas machen. Wir haben das von unserer Seite aus gemacht. Wir können uns an die Bundestagsabgeordneten, die direkt in Berlin mit der Post arbeiten, wenden. Das haben wir, wie gesagt, von uns aus gemacht. Das machen Sie wahrscheinlich auch.
Deshalb gibt es unsere Bitte, nämlich eine Initiative über den Bundesrat zu starten. Wir haben einen konkreten Zugriff. Die entscheidende Behörde ist die Bundesnetzagentur. Die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde hat einen Beirat. Diesem Beirat gehören 16 Bundestagsabgeordnete und 16 Vertreter des Bundesrates an. Das sind immer Vertreter der Landesregierungen. Man könnte ein
mal fragen, wer das ist. Das ist Frau Raab. Sie ist die Vertreterin des Bundesrates in der Bundesnetzagentur. Diese Bundesnetzagentur hat sehr weitreichende Kompetenzen. Diese kann bestimmte Berichte abfordern. Sie kann die Einhaltung des grundgesetzlichen Auftrages abfordern. Das sollten wir in die Gänge bringen. Darüber müssen wir uns einig sein.
Frau Präsidenten, meine Damen und Herren Abgeordnete und Regierungsmitglieder! In der Tat, es gab in den zurückliegenden Monaten Berichte über die Deutsche Post AG. Wie viele Unternehmen in diesem Land kämpft sie mit diversen Problemen, Fachkräftemangel, Überalterung der Belegschaft, dem Trend zum Vorruhestand nach einem harten Arbeitsleben am Schalter, als Fahrer oder als Austräger auf der Straße, zunehmende Konkurrenz vor allem im Geschäftskundenbereich, Gewinnerwartungen und Sparzwang vonseiten der Aktionäre etc.
Verbunden damit sind natürlicherweise Überlegungen des Managements der Post, wie man in Zukunft das Geschäft effizienter und vielleicht auch personal- und ressourcenschonender gestalten kann. Deshalb aber gleich den Untergang der Universaldienstleistung der Post oder der entsprechenden Verordnung herbeizureden, wie es im Antrag der Koalition geschehen ist, ist nichts anderes als Populismus. Die angebliche Wirtschafts- und Fortschrittspartei FDP ist mittendrin statt nur dabei.
Natürlich muss die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse als Argument herhalten, ein sehr beliebtes Argument in unseren Tagen, nicht nur wenn es um die ländlichen Räume geht. Allerdings erweist sich diese Gleichwertigkeit in vielen Lebensbereichen nicht nur als schwierig, zum Teil vielleicht auch als Illusion. Sie hat auch ihre Kehrseite, zum Beispiel hohe Kosten, die wir alle tragen müssen, und hohen Ressourcenverbrauch. Spätestens an dieser Stelle müssten eigentlich die Grünen aufspringen und die Frage stellen, ob diePost wirklich täglich in den letzten Winkel unseres Landes geliefert werden muss.
Kann die Werbung einer x-beliebigen Firma nicht vielleicht einmal auch einen Tag warten, bevor sie den Adressaten erreicht? Wie lange liegen Briefe eigentlich, wenn wir im Urlaub sind? Könnte man sich nicht alternativ dafür einsetzen, die Fristen für die Reaktion auf amtliche Schreiben etwas zu verlängern?
Wie die Post-Universaldienstleistungsverordnung genau ausgestaltet wird, darüber sollte man reden können. Viel wichtiger wäre an diesem Punkt, das Postgesetz zu ändern
und in § 11, Änderung der Maßstäbe, eine obligatorische Zustimmung des Deutschen Bundestags zu verlangen.
Gute Ideen sind eben gefragt, meine Damen und Herren. Wenn die Post welche hat oder ausprobiert, dann sollten wir darüber reden können und nicht alles getreu der Devise „Wehret den Anfängen!“ verdammen. Ungleiches muss eben manchmal auch ungleich behandelt werden.
Kommen wir zum Teil der Arbeitsbedingungen und Bezahlung für die Mitarbeiter der Post. Nach Aussagen der Postmitarbeiter und Gewerkschaften sind diese generell gut. Aber es wird natürlich auch bei der Post nicht einfacher. Wie jedes andere Unternehmen im Wettbewerb versucht man, die Lohnkosten zu drücken, umzustrukturieren und bestimmte Arbeiten auszulagern – Outsourcing, wie man heute sagt. Das ist aber nicht nur ein Problem bei der Post. Ich würde sogar behaupten, dass die Probleme in anderen Bereichen, wie zum Beispiel dem Güterverkehr, um Potenzen größer sind.
Auch hier kratzen Sie wieder an der populistischen Oberfläche, meine Damen und Herren von der Koalition, und geben uns keine Hinweise, welche tariflichen Bestimmungen wo unterlaufen werden. Sie haben es doch in der Hand, den Schutz der Mitarbeiter generell, nicht nur bei der Post, zu verbessern. Sie machen die Gesetze zum Schutz der Beschäftigten nicht nur in Mainz, sondern auch in Berlin. Themen wie Leiharbeit, Abrufverträge, Scheinselbstständigkeit, Tarifbindung, Schutz vor unlauterem Wettbewerb etc.: Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, haben es in der Hand. Die Post kann im Hinblick auf die Mitarbeiter nur die Spielräume nutzen, die Sie ihr geben.
Zeigen Sie also nicht mit dem Finger auf die Post, sondern machen Sie Ihre Arbeit als Gesetzgeber. Ihr Antrag ist daher nichts anderes als Spiegelfechterei. Die AfD-Fraktion wird sich enthalten, ist aber jederzeit bereit, mit Ihnen über die angesprochenen Themen zu debattieren und zu reden.