IQB-Bildungstrend auf soziale Disparitäten zurückzuführen. Kinder mit schwierigem sozialen Hintergrund schneiden dort schlecht ab. Das gilt für Kinder mit und ohne Migrationshintergrund.
Meine Damen und Herren, keine Frage, wir müssen eine Menge für sprachliche Förderung tun – das tun wir auch –, aber hören Sie nicht auf mich, sondern hören Sie auf die Experten vom Verband Bildung und Erziehung. Frau Schumann lässt heute mitteilen – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –: „Der Besuch des Regelunterrichts und damit die alltagsintegrierte Förderung in innerer Differenzierung ist elementar für die Kinder, die von Schülerinnen und Schülern mit Deutsch als Muttersprache lernen können. Neben der Erfahrung zeigen alle aktuellen Studien zum Zweitspracherwerb, dass die Teilhabe am ,Sprachbad‘ – quasi in der deutschen Sprache zu baden, mitzuschwimmen – in der Umgebung deutschsprachiger Kinder zu größeren Lernerfolgen führt als die Separierung in Deutschkurse.“ Ich finde, dieser Expertenmeinung ist wenig hinzuzufügen.
Dann begründen Sie Ihren Antrag, Flüchtlingskinder in Deutschkurse zu separieren, mit einem Artikel aus der Allgemeinen Zeitung zur Schillerschule in Mainz-Weisenau. Herr Paul, meine beiden Ältesten gehen genau in diese Schule. In dieser Schule wird hervorragende Arbeit gemacht. Es gibt dort keinen separierten Deutschunterricht für Flüchtlingskinder. Ich selbst habe dort beim Projekt „Leseoma“ – ich durfte mich Lesepapa nennen – zur Leseförderung der Erstklässler mitgemacht. Da bekommt man Kinder, die einem vorlesen. Man hilft denen sozusagen, das Lesen zu lernen. Da gab es welche, die konnten schon sehr gut lesen, aber es gab auch welche, die große Schwierigkeiten hatten.
Ich konnte nachher die Lehrerin fragen: Waren auch Flüchtlingskinder dabei? – Ja, zwei. – Ja, der eine hatte große Probleme. Der andere war von allen, die in der Stunde zu mir kamen, der Beste, der gelesen hat. Dann habe ich meine Kinder gefragt: Habt ihr Kinder in der Klasse, die kein Deutsch können? – Sie haben gesagt: Nee Papa, warum? – Dann habe ich gemeint: Ja, das wird gerade thematisiert. – Nee, die können alle Deutsch. – Ich habe dann gemeint: Ja, vielleicht kam jemand neu in die Klasse. Ein Flüchtlingskind oder so. – Dann sagte meine Älteste: Ja, wir haben einen Jungen, der ist neu in die Klasse gekommen, aber der kann Deutsch. – Daraufhin habe ich gefragt: Wo kommt der denn her? – Sagt sie: Aus Hamburg!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Sprichwort lautet, man muss das Rad nicht zweimal erfinden.
Insofern sehen wir es als CDU-Fraktion durchaus pragmatisch, dass man ein gutes Konzept, das andere haben, übernehmen möchte. An dieser Stelle brauchen wir aber wirklich keinen Blick nach Österreich zu werfen, sondern da genügt ein Blick auf die Aktivitäten und die Initiativen, die im eigenen Land bereits durch die CDULandtagsfraktion angestoßen wurden.
Die grundlegende Diskussion zu diesem Thema ist nicht neu. Wir haben die zunehmenden Herausforderungen, die damit verbunden sind und vor die unsere Schulen gestellt werden, schon vor einigen Jahren aufgegriffen und in den Blick genommen. Das übrigens schon weit vor der Flüchtlingswelle 2015.
In diesem Zusammenhang haben wir auch auf die Tatsache hingewiesen, dass immer mehr Kinder, die aus einem deutschsprachigen Elternhaus kommen, Sprachförderbedarf aufweisen. In unserem Antrag aus der letzten Wahlperiode mit dem Titel „Sprachkompetenz stärken – Deutsch als Schlüssel zur Integration“ – Drucksache 16/3972 – haben wir im September 2014 umfassend dargelegt, dass die Beherrschung der deutschen Sprache das entscheidende Kriterium ist, um an den maßgeblichen Bereichen unserer Gesellschaft erfolgreich teilnehmen zu können.
Wir haben darauf aufmerksam gemacht, dass es dem Bildungserfolg nicht zuträglich ist, wenn Schüler über Wochen und manchmal über Monate an einem Unterricht teilnehmen, den sie nicht verstehen. Wir haben deutlich gemacht, dass der integrative Ansatz der Sprachförderung, also die Teilnahme von Schülern mit grundlegendem Sprachförderbedarf am Regelunterricht, deshalb erst ansetzen kann, wenn die Schüler bereits über grundlegende Deutschkenntnisse verfügen. Erst wenn der einzelne Schüler individuell über ausreichende Sprachkenntnisse verfügt, sollte er den regulären Unterricht einer seinem Begabungsprofil entsprechenden Schule besuchen.
Deshalb haben wir damals dafür plädiert, die integrative Sprachförderung für jüngst nach Deutschland zugezogene Schüler zugunsten von intensiven Deutsch-Vorlaufkursen umzugestalten. Dafür wurde uns seinerzeit übrigens der Vorwurf Separation statt Integration gemacht.
Das Credo der damaligen rot-grünen Landesregierung lautete „Sprache lernen in der Sprachumgebung“, so ähnlich wie das mit dem Sprachbad, was wir hier eben gehört haben. Für uns ist das ein verklärter Wunschgedanke, bei dem man die friedliche Kommunikation von Kleinkindern unterschiedlicher Nationalitäten im Sandkasten vor Augen hat. Mit den realistischen Bedürfnissen von Schulkindern, die im Unterricht Wissen erlernen sollen und möglichst schnell den grundlegenden Schlüssel der Sprachkompetenz dafür benötigen, hat das aber nichts zu tun.
In der Handreichung „Neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen“ vom No
vember 2017 heißt es: „Neu zugewanderte schulpflichtige Kinder und Jugendliche werden (...) von Beginn an in schulische Regelstrukturen integriert.“ Sprachförderung auch von Schülerinnen und Schüler mit unzureichenden Deutschkenntnissen sei im Rahmen der individuellen Förderung grundsätzlich Aufgabe in jedem Regelunterricht. Das macht deutlich, es wird die Auffassung vertreten, dass Sprache als grundlegender Schlüssel für den Wissenserwerb einfach nebenher im Regelunterricht mit ein wenig Binnendifferenzierung erlernt werden kann. Das sehen wir komplett anders.
Es heißt weiter: Für besondere Sprachfördermaßnahmen kann die Schule zusätzliche Lehrerstunden bei der Schulaufsicht beantragen. – Wir sehen es so, diese zusätzlichen Lehrerstunden werden bereits für alles Mögliche gebraucht und müssen für alles Mögliche herhalten. Mit einem Plan hat das aber nichts mehr zu tun.
Deswegen sind wir der Meinung, die aktuelle Situation bedarf flächendeckend eines Gesamtkonzepts. Wenn es dann weiter in dieser Handreichung heißt, der Rahmenplan Deutsch als Zweitsprache bietet eine Fülle von Anregungen für den konkreten Unterricht an – auch von einem runden Tisch ist wie so oft die Rede –, dann sagen wir auch hier, mit einem Konzept mit Verbindlichkeit hat das nichts zu tun.
Beim AfD-Antrag hingegen bleiben viele Fragen offen. Er spricht von strengen Kriterien im Hinblick auf den Übertritt ins Regelschulwesen, ohne das näher zu definieren. Auch von einer Vorschulpflicht, ohne näher auszuführen, was damit gemeint ist oder wie das aussehen soll, ist die Rede. Auch bleibt unklar, wie ein Spracherwerb außerhalb der Schulpflicht erfolgen soll. Entweder gibt es eine Schulpflicht, oder es gibt sie nicht. Somit stellen wir fest, der CDU-Antrag vom Herbst 2014 ist aktueller denn je. Deswegen haben wir ihn auch entsprechend in dieser Form noch einmal zum Antrag gebracht. Wir sagen, das ist die sinnvolle Alternative.
Herr Präsident, vielen Dank. Frau Beilstein, ich musste mich jetzt doch noch einmal melden, weil Sie so getan haben, als würde in den Schulen nichts getan werden.
Das ist doch gar nicht die Realität. Es ist ganz klar, dass ein großer Schwerpunkt auf Sprachförderung gelegt wird. Es gibt eben das Konzept der Deutsch-Intensivkurse, wenn sozusagen im Regelunterricht die Deutschkenntnisse nicht entsprechend erlangt werden sollten. Ich will Ihnen nur ein
mal vorhalten, dass es 565 Deutsch-Intensivkurse gibt, die von rund 8.500 Schülerinnen und Schülern in diesem Land besucht werden und wir auch die Finanzmittel in diesem Bereich massivst von 22 Millionen Euro in 2015 auf 26 Millionen Euro in 2016 bis hin zu 39 Millionen Euro in 2017 aufgestockt haben. Dieses Konzept von Lernen der deutschen Sprache im Regelunterricht und, dort wo es notwendig ist, Deutsch-Intensivkursen funtioniert so gut, dass wir in der Studie „Bildungsmonitor“ der Bertelsmann Stiftung in der Rubrik Integration bundesweit in RheinlandPfalz auf dem zweiten Platz liegen. Es stimmt also nicht, was Sie sagen, dass nichts geschieht. Wir machen Integration. Wir machen Sprachförderung an den Schulen, und das sehr erfolgreich.
Ich lege direkt los. Es gibt einen großen Unterschied zwischen unseren Anträgen, Frau Beilstein; denn wir wollen harte und strenge Kriterien, und wir messen diesem Vorlaufkurs, den Sie wollen, eben nicht einfach nur ein paar Wochen, ein paar Monate zu, sondern uns geht es um die Standards, nicht um irgendeine Zeit. Ihr Antrag ist weder Fisch noch Fleisch. Deswegen sagen wir, erst wenn ein gewisser sprachlicher Mindeststandard erreicht ist, kann man in den Regelunterricht gehen. Das ist Chancengleichheit, die wir hier möglich machen. Die soll auch für deutsche Kinder gelten. Das ist auch mit deutscher Herkunft überhaupt kein Problem. Das muss ein sein; denn wir wissen, dass wir auch dort große Probleme haben, keine Frage. Deswegen halten wir an unserem Antrag fest, so wie es die schwarz-blaue Regierung in Wien vereinbart hat. Das ist eine sehr gute Idee. Und ich beantrage zugleich die Überweisung in den Ausschuss.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Mich wundert es schon ein Stück weit, dass wir heute diese beiden Anträge zusammen behandeln, weil es sich im Grunde genommen um total unterschiedliche Sachverhalte handelt, zu denen wir eigentlich zwei Debatten bräuchten.
Beim Antrag der AfD geht es insbesondere um geflüchtete Schülerinnen und Schüler, die neu zu uns nach RheinlandPfalz kommen. Bei dem CDU-Alternativantrag geht es im Wesentlichen um Sprachförderung im vorschulischen Bereich.
Frau Beilstein, Sie haben darauf hingewiesen, dass wir diesen Antrag fast wortgleich im September 2014 im Plenum behandelt haben. Von daher will ich nur auf einen Punkt zu den Kitas eingehen und mich dann auf Schulen beschränken.
Wir haben die Sprachförderung nicht, wie Sie das in Ihrem Antrag formuliert haben, reduziert in den Kitas, sondern das Gegenteil ist der Fall. Wir haben die Mittel sogar gesteigert, im Förderjahr 2015/2016 um 0,5 Millionen Euro auf insgesamt 6,5 Millionen Euro. Diese Höhe haben wir seither beibehalten. Ich sage, unser Konzept der Sprachförderung in den Kitas funktioniert sehr gut und findet bundesweit Anerkennung.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich aber etwas zum AfD-Antrag sagen. Auch da kann ich mich nur wiederholen. Auch dieser Antrag, Herr Paul, wundert mich. Ich habe mir das Sprachförderkonzept in Österreich angesehen. Ich kann nur feststellen, dass es im Prinzip dem entspricht, was wir in Rheinland-Pfalz seit 2015 sehr erfolgreich umsetzen. Das Sprachförderkonzept beinhaltet bei uns und in Österreich Deutsch-Intensivförderung mit bis zu 20 Wochenstunden für Schülerinnen und Schüler ohne/oder mit sehr geringen Deutschkenntnissen. Die Deutsch-Intensivförderung findet bei uns wie im österreichischen Konzept parallel zum Regelunterricht statt, nicht im Regelunterricht.
Daneben haben die Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz an einzelnen Stunden des Regelunterrichts – zum Beispiel im Sport-, Musik- oder Kunstunterricht – gemeinsam Unterricht mit ihren gleichaltrigen Klassenkameradinnen und Klassenkameraden. Auch das möchten die Österreicher genauso machen. Dort sollen die Kinder zum Beispiel im Sport- und im Werkunterricht gemeinsam unterrichtet werden.
Wenn ich mir dann das Konzept anschaue, dann verwundert es mich nicht; denn der österreichische Bildungsminister, den Sie auch zitiert haben, sagt, Österreich habe sich unter anderem Kanada und Deutschland zum Vorbild genommen.
Wenn er erklärt – ich zitiere, Herr Präsident –, wir wollen so viel Gemeinsamkeiten wie möglich und so viel spezifische Förderung wie notwendig, dann entspricht das genau unserem rheinland-pfälzischen Sprachförderkonzept, meine Damen und Herren.