übrig geblieben. Ich appelliere sowohl an die CDU als auch an die SPD, dort, wo die Umweltpolitiker, die Klimaschutzpolitiker in diesen Parteien sitzen, die Koalitionsverhandlungen zu nutzen und nachzubessern. Ich appelliere an sie, noch einmal ein deutliches Zeichen zu setzen, damit wir den Kohleausstieg und den Einstieg in eine umweltfreundliche Mobilität hinbekommen und es schaffen, gerade auch im Gebäudeenergiebereich die Maßnahmen nach vorn zu bringen, die notwendig sind. Dies ist vorausschauende Politik, und diese Politik möchte ich heute noch einmal für meine Fraktion einfordern.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Ende des ersten Teils der Aktuellen Debatte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir zum zweiten Teil der Aktuellen Debatte kommen, möchte ich einige Worte an Sie richten. Zunächst möchte ich zum Ausdruck bringen, dass diese schreckliche Tat an einer 15-jährigen Schülerin in Kandel jedem von uns sehr nahe gegangen ist. Unsere Gedanken sind deswegen bei der Familie und den Freunden der jungen Frau.
Bei der Debatte um diese Tat und deren Konsequenzen, die auch in der Öffentlichkeit intensiv geführt wurde und wird, sind angemessene Worte gefallen, aber auch Worte, die Hass schüren. Gerade weil diese Tat, mit der wir uns in der nächsten Aktuellen Debatte beschäftigen, so emotional aufgeladen und so schwierig ist, kommt dem Parlament eine besondere Bedeutung zu.
Die Öffentlichkeit schaut auf uns und achtet darauf, welche Worte wir wählen, wie wir miteinander umgehen, wie wir die Debatte führen. Vor einer Woche hat der Integrationsausschuss eindrucksvoll gezeigt, wie eine solche Debatte orientiert an der Sache, leidenschaftlich, konstruktiv und respektvoll gelingen kann. Dieses Parlament und wir als Abgeordnete haben eine Vorbildfunktion. Unser Umgang miteinander wird von unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern wahrgenommen und aufgenommen. Dessen sollten wir uns immer bewusst sein.
Gewalt und Drohungen gegen Politiker, gegen Andersdenkende, seien sie nonverbal oder verbal, sind in keinem Fall zu tolerieren; denn die Gewalt der Worte kann sich schnell in eine Gewalt der Taten entladen. Wir sollten unsere Worte mit Bedacht und im gegenseitigen Respekt gut wählen, sei es hier im Parlament oder anderswo.
Tötungsdelikt in Kandel: Hintergründe und politische Konsequenzen auf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/5049 –
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der grausame Mord an der 15-jährigen Mia am 27. Dezember in Kandel war eine Zäsur für den beschaulichen Ort in der Südpfalz, für die Landespolitik in Rheinland-Pfalz, aber auch darüber hinaus. Die Bürger sind schockiert von der Grausamkeit und der kalten Brutalität der Tat und von den Umständen, unter denen sie begangen werden konnte. Zu Recht erwarten sie Antworten von der Politik auf ihre Fragen und ob bzw. wie der Staat sie, aber besonders ihre Kinder, vor solchen barbarischen Gewaltakten schützen kann.
Kassel, Darmstadt, Kandel, Speyer sind keine Einzelfälle mehr, sondern aus unserer Sicht erst die Spitze eines Gewaltpotenzials, bei dem die meisten von uns noch keine Vorstellung haben, wo es bei der sich weiter fortsetzenden Zuwanderung enden wird.
Meine Damen und Herren, ich habe aus meiner Zeit in Afghanistan Bilder vor Augen, von denen ich damals gehofft habe, dass ich sie in meiner Heimat niemals sehen müsste.
Zum Tathergang: Abdul D. gibt an, die afghanische Staatsbürgerschaft zu besitzen. Er kommt im April 2016 ohne Ausweispapiere, vermutlich per Flugzeug, nach Deutschland, beantragt Asyl und wird nach Inaugenscheinnahme als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling eingestuft.
Sein Asylantrag wird im Februar 2017 abgelehnt, und er erhält keinen Flüchtlings- oder anderen Schutzstatus. Allein wegen seiner behaupteten und bis jetzt noch nicht zweifelsfrei nachgewiesenen Minderjährigkeit wird er nicht abgeschoben. Der Status der Minderjährigkeit ist also quasi ein Freibrief, ein Freibrief für üppige Versorgung, eine ziemlich gesicherte Bleibeperspektive und einem aus seiner Sicht hier gebilligten Zugang zu jungen Mädchen – meine Damen und Herren, für einen afghanischen jungen Mann geradezu das vorweggenommene Paradies auf Erden.
Doch weiter in der Chronologie der Ereignisse: Er kommt in die Obhut des Jugendamtes Germersheim, das ihn zunächst in einer Jugendhilfeeinrichtung in Wörth am Rhein unterbringt. Obwohl es in Wörth eine Gesamtschule gibt, besucht er die Gesamtschule in Kandel.
Ab September 2016 wohnt er dann in einer betreuten Jugendwohngruppe in Neustadt an der Weinstraße, besucht aber weiterhin die Schule in Kandel, obwohl der Weg dorthin über eine Stunde dauert. Hier lernt er die minderjährige Mia kennen, und beide sind dann mehrere Monate ein Paar, bevor sich das Mädchen Anfang Dezember 2017 von Abdul trennt – für Abdul ein ungeheuerlicher Ehr- und Gesichtsverlust. Er stellt ihr nach, bedrängt und bedroht
sie telefonisch und auch im Internet. Er versucht, sie mit Nacktbildern zu erpressen und droht, sie abzupassen.
Mia erstattet am 15. Dezember Strafanzeige wegen Beleidigung und Nötigung und Bedrohung, ihr Vater zwei Tage später ebenso. Die Polizei führt eine telefonische Gefährderansprache durch und sucht ihn im Beisein von zwei Betreuerinnen in der Schule auf. Aber die Bedrohungen hören nicht auf, und schriftliche Vorladungen ignoriert er.
Am Morgen des Tattages besucht ihn die Polizei in Neustadt und gibt später an, den Vormund Abduls über die Bedrohung des Mädchens informiert zu haben. Das Jugendamt allerdings bestreitet das.
Wer nun aber behauptet, dass der Mord nicht vorhersehbar war, der offenbart nur seine unfassbare Naivität und seine mangelnde Empathie und auch Unkenntnis darüber, wie junge afghanische Männer ticken können. Die Gefährlichkeit des Täters war schon mit dem Status „Gefährliche Person“ versehen, war angesichts von Nötigung und Bedrohung, vor allem aber im Hinblick auf die Herkunft und die kulturellen Hintergründe des Täters schon erkennbar. Interkulturelle Kompetenz und Empathie haben bei allen Beteiligten in erschreckender Weise gefehlt.
Man hätte erkennen können, wie hochgradig gefährdet Mia war, die es gewagt hatte, einen afghanischen Mann, ausgestattet mit dem ihm anerzogenen und extremen Ehrgefühl, derartig zu kränken. Die Behörden und Beteiligten hätten wissen müssen, dass die einseitige Auflösung einer bestehenden Liebesbeziehung für männliche Afghanen eine unerträgliche Ehrverletzung darstellt, die nach Sühne und Vergeltung verlangte und die Bluttat geradezu unausweichlich machte.
Dieser Fall ist schlimm. Noch schlimmer ist es aber, dass mit der Politik des falschen Vertrauens den de facto erwachsenen Männern fortgesetzt minderjährige Mädchen in Schulen und anderen Einrichtungen ausgeliefert sind und damit dem archaischen und brutalen Zugriff ausgesetzt sind. Das Jugendrecht darf doch nicht nur für fremde Jugendliche gelten, es muss auch für unsere Jugendlichen gelten.
Es wird Zeit, die Fehlentwicklungen umgehend zu stoppen. Handeln Sie zum Schutz unserer Kinder. Die dargestellten Sachverhalte werfen natürlich Fragen auf, die ich in der zweiten Runde stellen werde.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht erst heute beschäftigt uns der Fall der getöteten 15jährigen Mia aus Kandel. Ich glaube, ich spreche für uns
alle, wenn ich sage, wir trauern mit den Eltern, wir sind bei den Angehörigen, bei den Freundinnen und Freunden von Mia.
Ich stehe hier als Vorsitzender der SPD-Fraktion, aber ich stehe auch hier als der Abgeordnete aus der Region. Ich bin Südpfälzer, Kandel ist Teil meiner Heimat.
Natürlich ist die Region geschockt. Die Menschen sind geschockt über eine solche Tat. Natürlich hält man es nicht für möglich, dass etwas, was man womöglich nur aus den Nachrichten kennt, plötzlich doch in der eigenen Nachbarschaft passiert ist.
Seit dem 27. Dezember und unmittelbar danach gab es eine regelrechte Schockstarre in Kandel und in der Region. Bis heute ist eine enorme Betroffenheit geblieben, und ich denke, das wird noch lange so sein.
Ich war nicht der Einzige aus diesem Raum, der an dem Trauergottesdienst in Kandel teilgenommen hat, wo der Pfarrer, Herr Dr. Dembek, die folgenden Worte gefunden hat, die ich mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, gern zitieren möchte:
„Ich kann jemanden, der einen anderen Menschen tötet, nicht entschuldigen damit, dass ich sage, er kommt aus einem anderen Land, er hat eine andere Kultur. Wer das sagt, hat nichts verstanden.“
„Ich kann aber auch nicht umgekehrt genau diese Gründe anführen, um ganze Gruppen von Menschen pauschal zu verurteilen.“
Das waren wohlgewählte Worte, und das waren keine wohlfeilen Worte. Meine Damen und Herren, Herr Pfarrer Dr. Dembek, den ich gut kenne, hat sich nicht nur an diesem Tag mit der Frage und dem Schicksal von Mia beschäftigt, sondern er hat Mia gefirmt. Er war seelsorgerisch nahe an der Familie, und er wurde im Internet genau wegen dieser Aufgabe, die er ernst genommen hat, hoch- und runtergeschmiert als jemand, der einer vermeintlichen Sozialindustrie angehört. Er wusste genau, warum er das sagt, was er sagt; denn das waren differenzierte Worte.
Ich habe mir vorgenommen, in dieser Debatte – ich glaube, Sie wissen alle, dass mir durchaus auch andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen – nicht in den üblichen politischen Diskurs einzutreten, der die Grenzen hier oder da zieht. Ich habe mir vorgenommen, mir in dieser Debatte vorzustellen, ich säße im Kreise derer, die bei den diversen Gottesdiensten, bei den Schweigeminuten in der Schule, beim Bäcker in Kandel, auf dem Marktplatz, bei den Neujahrsempfängen in der Verbandsgemeinde Kandel mit mir darüber gesprochen haben, was das für uns bedeutet, und ich stelle mir vor, ich würde zu ihnen sprechen.
Herr Junge, ja, die Bürger sind geschockt. Menschen sind geschockt, aber sie sind auch geschockt über das, was mit dieser Tat an politischen Implikationen und Ausnutzung geschehen ist. Sie sind geschockt darüber, dass der Bürgermeister, der von ihnen gewählt wurde – ein anständiger Kerl –, um seine Familie Angst haben muss. Sie sind ge
schockt darüber, dass seinen Kindern Gewalt angedroht wird. Sie sind geschockt darüber, dass den Menschen, die sich im Ehrenamt, in der Kommunalpolitik und in der Zivilgesellschaft tagein, tagaus für das Miteinander bemühen, eine vermeintliche – nein, ich streiche das Wort „vermeintliche“ –, sondern eine tatsächliche Mittäterschaft zugeordnet wird.
Die Staatsanwaltschaft hat in diesen Tagen deutlich gemacht, dass sie vom Vorwurf des Totschlags zum Mord übergegangen ist, weil offensichtlich die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Das ist das, was dem Täter zur Last gelegt wird. Ich will deutlich sagen: Wer in diesen Tagen über ein vermeintlich verloren gegangenes Vertrauen in Politik daherfabuliert, kann sich nicht selbst die Verantwortung zuordnen, andere zur Rechenschaft zu ziehen. Das ist Aufgabe der Gerichtsbarkeit. Das ist Aufgabe der Justiz. Ich bin sicher, der Täter wird zur Rechenschaft gezogen.
Meine Damen und Herren, das muss uns heute in der Debatte leiten. Alles andere, was womöglich noch hinzukommt – die Frage der Altersfeststellung –, müssen wir diskutieren. Wir müssen darüber diskutieren, ob der bundesgesetzliche Rahmen ausreicht. Wir müssen darüber diskutieren, wie die Praxis und die Vergleichbarkeit zwischen den Ländern ist. Wir müssen das aber mit Nüchternheit diskutieren, ohne dass wir die zu Stichwortgebern machen lassen, die im Netz als Trolle unterwegs sind, Menschen verhetzen und daraus versuchen, Kapital zu schlagen.
Meine Damen und Herren, das sind die Punkte, die mir wichtig sind. Ich glaube, wir müssen aufpassen, was mit diesem Land passiert.
Wir müssen aufpassen, dass wir unserer Verantwortung, auch bei der Form der Debatten, gerecht werden. In Kandel ist vieles durch Einflüsse von außen und durch Einflüsse durch das Internet und die Art und Weise, wie man sich dort begegnet, kaputt gegangen. Ich wünsche mir, dass wir das im Landtag nicht so halten wie manche, die denken, im Internet gegenüber anderen anonym vorgehen zu müssen.