Sie missbrauchen ein Thema, mit dem die deutsche Geschichte wie durch kein anderes schwer belastet ist. Wenn Sie nicht verstehen, was ich meine, dann zitiere ich eine Kollegin, die Sie hier – ich weiß nicht, aus welchen Gründen – nicht oft zu Wort kommen lassen. Wenn aber Frau Kollegin Bublies-Leifert vor Ort auf einer Veranstaltung ist und gefragt wird, wo sie sitzen möchte, sagt sie, sie möchte in der ersten Reihe sitzen. Das war auf einer Veranstaltung in Idar-Oberstein in diesem Jahr. Sie sagte, es stehe ihr zu, dass sie und ihr Begleiter in der ersten Reihe sitzen. Da steht dann kein Stuhl. Frau Bublies-Leifert hat dann vor aller Öffentlichkeit gesagt, weil ihr kein Stuhl hingestellt wurde: Sie veranstalten mit uns einen Holocaust. – Das ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer der Schoah.
Darum muss ich Ihnen sagen: Eine solche Peinlichkeit wäre mir eigentlich kein Wort wert gewesen, aber lieber Herr Junge, wer über diese Dinge, über Frau Bublies-Leifert, über Herrn Gedeon in Baden-Württemberg nicht spricht, der hat insgesamt nicht das Recht, über Antisemitismus so zu reden, wie Sie hier geredet haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Vorredner, ich glaube, ich habe mich klar und eindeutig geäußert. Ich wiederhole das noch einmal:
Ja, in der Tat, der Antisemitismus ist in Deutschland wieder auf dem Vormarsch. Ja, von allen Seiten, und das ist völlig inakzeptabel. – Damit befinden wir uns absolut auf der Ebene all der anderen Fraktionen. Daran gibt es auch überhaupt nichts zu rütteln.
Wenn Sie mit Gedeon oder anderen anfangen, dieser Mann ist entsprechend bemaßnahmt worden. Sie wissen genau, welche Möglichkeiten man im Parteienrecht hat und welche nicht.
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Er ist doch Mitglied Ihrer Partei! – Abg. Martin Haller, SPD: Solche Leute muss man rausschmeißen!)
Man hat sich also deutlich davon distanziert; ich selbstverständlich auch. Auch mein Freund Jörg Meuthen hat das ganz klar und eindeutig getan. Kramen Sie doch diese Sachen nicht heraus. Sagen Sie doch nicht etwas Falsches. Frau Bublies-Leifert hat das überhaupt nicht gesagt. Das war ihr Begleiter, und dafür ist er entsprechend gerügt worden.
(Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Das ist ja lächerlich! – Zurufe von der AfD – Glocke des Präsidenten)
Es gibt den Bericht des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus. Er belegt durch Umfragen unter jüdischen Mitbürgern in Deutschland, dass 8 % angaben, Angehörige oder Bekannte seien in den letzten zwölf Monaten körperlich attackiert worden. 36 % sprachen von verbalen Beleidigungen, 52 % von versteckten Andeutungen und dergleichen. 82 % der körperlichen Angriffe gingen nach deren Einschätzung von muslimischen Personen aus.
Natürlich gibt es ihn, den latenten Antisemitismus. Natürlich gibt es ihn auch von links, und es gibt ihn von rechts. Aber die Empörung kann ich so nicht verstehen. Sie haben versucht, den islamischen Antisemitismus in Deutschland
zu relativieren. Sie haben ihn nicht so deutlich angesprochen, wie er angesprochen werden muss. Ja, es gibt ihn. Es gibt ihn von links und rechts, aber in massiver Form eben vom politischen Islam.
Wir müssen doch erkennen, dass die grenzenlose Öffnung unseres Landes für radikale Muslime den Antisemitismus in Deutschland auch gefördert hat. Das müssen wir doch anerkennen.
Davor können wir doch nicht die Augen verschließen. Dass Ihnen das nicht gefällt und ich das in dieser Deutlichkeit zum Schluss gesagt habe, was auch die Empörung ausgelöst hat, kann ich nachvollziehen.
Es gehört aber auch zur Wahrheit. Wir sehen jetzt, in diesen Ausschreitungen, die Spitze des Eisbergs. Denken Sie an meine Worte. Es wird sich weiter steigern. Das müssen wir einfach erkennen.
Der Konsens hier, dass wir Antisemitismus verurteilen, ist klar und eindeutig. Benutzen Sie bitte nicht Methoden, die Sie anprangern, um uns als unliebsame politische Gruppe hier genauso auszugrenzen, wie es andere machen.
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Dr. Braun das Wort bzw. zuerst Frau Willius-Senzer für die FDP.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nur ganz kurz, Herr Junge: Es ist richtig, Sie waren klar und deutlich, aber leider unglaubwürdig.
Darin wurden Sie gefragt, als Sie sagten, dass Horden von Menschen durch unsere Städte gehen und wir nicht sicher sind: Wo denn? – Dann sagten Sie: Jetzt nicht, aber wehret den Anfängen. –
Das Gleiche sage ich jetzt auch: Wehret den Anfängen, mit all dem, was Sie sagen und was danach alles kommt.
(Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: Nur Allgemeinplätze! – Abg. Uwe Junge, AfD: Ich werde Sie daran erinnern!)
Ein kleiner Funke kann ein fatales Inferno werden. Sie sind auf dem besten Wege dazu, immer wieder kleine Funken zu schüren.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin der Ministerpräsidentin und auch den Fraktionsvorsitzenden von CDU, SPD und FDP sehr dankbar, dass wir gemeinsam – wir haben es in der Rede von Frau Schellhammer eben schon betont – gegen Antisemitismus, egal woher er kommt und wie er begründet ist, vorgehen.
Dieser Grundkonsens der Gesellschaft ist wichtig. Die CDU hat die Aktuelle Debatte heute beantragt. Dieser Grundkonsens muss Grundkonsens bleiben. Die AfD hat anscheinend nicht die Kraft, in ihrer Partei dafür zu sorgen, dass Antisemiten ausgeschlossen werden.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP – Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD: Was machen Sie mit Ihrem Herrn Beck? Schließen Sie ihn doch aus!)
Es bleibt festzustellen, dass Sie anscheinend nicht die Kraft finden, sich klar zu positionieren. Deswegen ist es so wichtig, dass in diesem Hohen Hause, in dem Haus, in dem die Repräsentation der Demokratie stattfindet, solch klare Worte von der Ministerpräsidentin und den anderen Fraktionen gefunden werden.
Wir werden bei diesen klaren Worten bleiben. Wir werden die Demokratie verteidigen. Wir werden gegen Rassismus vorgehen, wo immer wir ihn finden. Das ist unser Bekenntnis. Das ist die Grundlage unserer Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg. Diese Grundlage der Verfassung werden wir weiterhin verteidigen, egal, gegen wen. Wir werden das mit demokratischen Mitteln tun.