Protocol of the Session on October 26, 2017

kein bisschen, auch nicht von der Interpretation her falsch, sondern einfach nur eines: richtig.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über die beiden Anträge.

Wer dem Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/4148 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Danke. Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung der AfD abgelehnt.

Wer dem Alternativantrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/4454 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Wer stimmt dagegen? – Danke. Wer enthält sich? – Danke. Der Alternativantrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung der AfD angenommen.

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, darf ich erneut Gäste auf unsere Besuchertribüne begrüßen, und zwar Damen und Herren des Sozialdienstes katholischer Frauen und Männer Wittlich. Seien Sie herzlich willkommen in der Plenarsitzung!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:

Umsetzung des Landesgesetzes über Wohnformen und Teilhabe (LWTG) – Qualitätssicherung in Einrichtungen mit umfassendem Leistungsangebot Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksachen 17/3249/3611/4204 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von zehn Minuten vereinbart.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Pflege steht derzeit ganz besonders im Fokus der Öffentlichkeit. Spielte sie im Bundestagswahlkampf leider noch keine so große Rolle, hat doch aktuell die Aufmerksamkeit auf dieses gesellschaftspolitisch so wichtige Thema in den letzten Wochen stark zugenommen. Ich denke, das begrüßen wir alle, insbesondere die Gesundheitspolitiker in diesem Haus.

Auch die Initiative unserer Landespflegekammer mit dem Deutschen Pflegerat und der Bildung einer Gründungskonferenz für eine Bundespflegekammer dürften in Berlin gehört worden sein und in die Sondierungsgespräche beziehungsweise Koalitionsverhandlungen einfließen.

Die CDU-Landtagsfraktion hat vorgestern Abend hier in der Steinhalle das 2. Mainzer Pflegegespräch mit dem Thema „Wie können wir Qualität in der Pflege sicherstellen?“ durchgeführt. Ein Ergebnis war, die Beschäftigten in der Pflege und die Einrichtungsträger, die Pflegekammer, die Verbände, die Angehörigenvertreter und die Krankenhausgesellschaft wollen ein Ende der Zustandsbeschreibungen. Sie wollen spürbare und nachhaltige Verbesserungen der Arbeitsbedingungen. Sie wollen, dass die Fachkräftelücke geschlossen wird und mehr Geld in das System kommt. Die Angehörigen und Pflegebedürftigen wollen Sicherheiten, Qualität und Bezahlbarkeit.

Durch Gesundheitsminister Hermann Gröhe wurden in der vergangenen Legislaturperiode im Bund sehr wichtige Richtungsentscheidungen durch die drei Pflegestärkungsgesetze und die Reform der Pflegeausbildung getroffen. Nun gilt es, auf dieser Basis weiterzumachen. Dabei sind die Wahlprüfsteine unserer Pflegekammer und deren sechs Kernforderungen zur Bundestagswahl durchaus geeignete und wichtige Leitmarken.

Zur Qualitätssicherung der Pflege und unserer Großen Anfrage: Damit kein Missverständnis aufkommt, wir sind der festen Überzeugung, dass ganz überwiegend durch zahllose engagierte Kräfte hervorragende Pflege geleistet wird, und das bis oft an die Grenzen der eigenen Kräfte. Hierfür danken wir als Fraktion diesen Menschen ganz ausdrücklich.

(Beifall der CDU und des Abg. Uwe Junge, AfD)

Umso wichtiger ist es, Pflegefehler und Pflegemängel zu identifizieren und abzustellen; denn unter problematischen Einzelfällen leidet ein ganzer Berufsstand, sein Ruf und sein Ansehen. Es geht also darum, den guten Ruf der Pflege zu sichern. Daher sind auch das Land und die Landesregierung gefordert, die Qualität der Pflege sicherzustellen und die schwarzen Schafe der Pflege zu benennen.

Pflegenotstand, Pflegebetrug, Pflegemafia und die unterschätzte Gewalt in der Pflege sowie der traurige Höhepunkt der Pflegemorde sind dringender Anlass genug, genauer hinzusehen.

(Beifall bei der CDU)

Kein anderes Bundesland verzichtet auf die Regelprüfung der Einrichtungen, nur Rheinland-Pfalz. Deshalb hat die CDU-Fraktion die Große Anfrage mit 32 Fragen zur Qualitätssicherung gestellt. Die Antworten der Landesregierung fallen ernüchternd aus. Im Ergebnis bleibt festzustellen:

1. Die Landesregierung drückt sich um die Verantwortung. Seit 2010 gab es im Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe eine Regelung, die eine verpflichtende Prüfung von Einrichtungen durch das Landesamt für Soziales vorsah. Diese Regelung hatte die damalige SPD-Regierung mit Sozialministerin Dreyer selbst vorgeschlagen. Mit Wirkung zum März 2016 hat das Land die eigene Regelung wieder kassiert. Seitdem gibt es eine Regelberatung statt einer Regelprüfung. Anstelle von regelmäßigen Kontrollen wird die Behörde nur noch bei Beschwerden oder konkreten Hinweisen auf Mängel tätig.

2. Der Landtag bleibt außen vor. Mit der Änderung entfällt die Verpflichtung der Landesregierung, dem Landtag Bericht zu erstatten. Damit haben die Fraktionen keine Möglichkeiten mehr, einen eventuellen Fortentwicklungsbedarf zu erkennen. Sie können ihrer Kontrollpflicht nicht mehr nachkommen. Das ist weder sachlich noch politisch zu akzeptieren.

3. Die Landesregierung bleibt Antworten schuldig. Nach Berichten wegen des Verdachts auf Schikanieren und Vernachlässigen in einer Einrichtung in der Pfalz haben wir nach Erfahrungen mit dem Verzicht auf die regelhaften Prüfungen und den messbaren Erfolg der Beratungen gefragt. Die Antwort der Landesregierung enttäuscht sehr. Sie hält das neue Verfahren zwar für effektiver und zielgerichteter, kann aber hierfür keine Belege liefern. Sie spricht vage davon, dass die meisten Einrichtungen gute Pflege leisten. Wir fragen uns, was mit dem Rest der Einrichtungen ist.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Michael Frisch, AfD)

4. Die Ampelregierung erfüllt die eigenen Vorgaben nicht. Innerhalb eines Jahres wurden rund 69 % der Einrichtungen für Alten- und Eingliederungshilfe beraten. Mit dieser Quote kann die Regierung den Auftrag nach einer mindestens jährlichen Beratung für jede Einrichtung, den sie selbst definiert hat, nicht erfüllen. Sie weiß nach eigenen Angaben auch nicht, ob und wie viele zertifizierte, also standardisierte Qualitätsmanagements es gibt. Diese Wissenslücke ist sehr befremdlich.

(Beifall bei der CDU)

Bisher gab es keine Analysen von Schwachstellen der neuen Beratungsregelung. Auch Nachbesserungen hat es seit März 2016 offenbar nicht gegeben. Die Landesregierung verweist auf ein bevorstehendes Vergabeverfahren, liefert hierzu jedoch keine weiteren Informationen. Das klingt sehr nach Improvisation.

5. Gute Pflege braucht nachhaltige Qualitätssicherung. Um es klar zu wiederholen, es geht nicht um Misstrauen gegen die Einrichtungen, ihre Träger und die Beschäftigten. Diese leisten hochwertige und verantwortungsvolle Arbeit. Es geht vielmehr darum, sie in ihrem Bemühen um eine gute Qualität nachhaltig zu unterstützen und vorhandene Potenziale zur Qualitätssicherung besser zu nutzen. Dafür ist es selbstverständlich notwendig, einzelne negative Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und abzustellen. Um es einfach zu sagen, messbare Qualitätssicherung dient der Nachhaltigkeit einer guten Pflege.

(Beifall bei der CDU)

Brauchen die oft hilflosen Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen nicht eine auf gegenseitigem Vertrauen basierte stärkere Kultur des Hinsehens? Nur allein durch Kontrolle gibt es natürlich keine Qualitätsverbesserungen. Der Verzicht auf Kontrollen kann aber zu Qualitätsrisiken führen, wenn und solange der Beitrag, den die Kontrollen zur Qualitätssicherung in den Einrichtungen leisten, nicht wirklich zuverlässig durch andere Systeme als das der Beratung ersetzt wird. Das Ausmaß möglicher Kontrollen muss sich am Schutzbedarf der Bewohnerinnen und Bewohner und

daran orientieren, wie weit die beanspruchte Qualität und das Anwendungsmanagement vor Ort in jedem einzelnen Heim tatsächlich sind und praktiziert werden.

Die Landesregierung führt aus, dass Prüfungen und Kontrollen immer nur einen situativen und begrenzten Einblick in Strukturen und Prozesse der Einrichtungen ermöglichen – siehe Frage 6. Sehr dürftig fällt auch die Antwort darauf aus, inwieweit eine Analyse von Schwachstellen der neuen Regelung erfolgte und Nachbesserung durchgeführt wurden – siehe Frage 28.

Sehr geehrte Damen der Landesregierung, Sie stellen die Weichen in der Pflege falsch.

(Beifall bei der CDU)

Statt den Schwerpunkt scheinbar nur in der Beratung zu sehen und die Gemeindeschwesterplus oder den Persönlichen Pflegemanager zu etablieren, kümmern Sie sich doch erst einmal um die, um die es schon geht. Es geht um die, die pflegende fürsorgliche Hände in den Einrichtungen brauchen: die besonders schutzbedürftigen alten Menschen. –

Pflegeexperten fordern einen besseren Schutz alter und pflegebedürftiger Menschen vor Gewalt. Die Dunkelziffer sei in diesem Bereich hoch, erklärte das Zentrum für Qualität in der Pflege in Berlin anlässlich des Welttags gegen die Misshandlung älterer Menschen am 15. Juni. Ein wesentlicher Bestandteil der Pflegequalität ist es, sich als pflegebedürftiger Mensch weder physischer noch psychischer Gewalt oder aggressivem Verhalten ausgesetzt zu sehen.

In der Lebensrealität vieler Pflegebedürftiger wird das Recht auf eine solche gewaltfreie Pflege nicht geachtet. Oftmals werden sie beschämt, grob behandelt oder der Freiheit beraubt. Die Gründe sind vielfältig. Wir müssen sehr früh hinschauen und dringend die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte verbessern. Wir müssen ohne zu skandalisieren und ohne pauschale Schuldzuweisungen das Thema enttabusieren und in den neuen Pflegenoten die Gewaltpräventionsmaßnahmen berücksichtigen.

DIE RHEINPFALZ schrieb am 17. März dieses Jahres, dass es sich die Landesregierung zu einfach gemacht hat. Sie schrieb: Die Verantwortung alleine an die Einrichtungsleitungen abzuschieben, eine bessere Personalauswahl und strenge Kontrollen anzumahnen, ist zu einfach. Der Speyerer Fall zeigt, dass Vorgesetzte nicht mehr alles mitbekommen. Aushänge und Beschwerdetelefone sind eine nette Idee, lösen aber nicht das Problem.

Ich komme zum Schluss. Wir sind mit der von der Regierung beschriebenen Wahrnehmung ihrer Aufsichtspflicht nicht zufrieden. Sie konnte uns nicht darstellen, wie dieses in Deutschland einmalige Vorgehen, Regelprüfungen durch Regelberatungen zu ersetzen, zu einem hinreichenden Schutz der pflegebedürftigen Menschen führt. Wir werden diese Entwicklung weiter beobachten und parlamentarisch weiterhin begleiten.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion der SPD spricht nun Frau Abgeordnete Dr. Machalet.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Wäschenbach, vielen Dank für diesen Vortrag, um noch einmal die Aufmerksamkeit zu erhöhen. Wir sprechen heute über die Beantwortung zur Großen Anfrage der CDU zur Umsetzung des Landesgesetzes über Wohnformen und Teilhabe (LWTG)

(Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir, er nicht!)

ja, genau – Qualitätssicherung in Einrichtungen mit umfassendem Leistungsangebot.

Noch einmal zum Hintergrund: Das Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe regelt bereits seit 2010 im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention und der Charta für ein soziales Rheinland-Pfalz das Leben in Einrichtungen für ältere Pflegebedürftige und für Menschen mit Behinderung und setzt klare Qualitätsstandards für die Einrichtungen und die Arbeit in ihnen.

In der Großen Anfrage geht es, zumindest vordergründig, um Erkenntnisse, die sich auf die Änderung im LWTG beziehen, so wie sie im Januar 2016 hier nach einem ausführlichen Beratungsprozess mit umfassender Anhörung im Sozialausschuss beschlossen wurden und zum 1. März 2016 in Kraft getreten sind. Speziell bezieht sich die Anfrage auf § 20 LWTG Allgemeine Bestimmungen über die Beratung und Prüfung von Einrichtungen.

Die Neuregelung sah und sieht vor, dass der Beratungsund Prüfbehörde nach dem LWTG eine umfassende Beratungsaufgabe zukommt. Die Themenliste für die Beratung reicht dabei von Personalfragen über Konzepte und Beratung bei Neubauprojekten bis hin zu Fragen der pflegerischen Versorgung, der Medikamentenversorgung und der Beratung der Bewohnervertretung.

Von März 2016 bis März 2017 – so lässt sich der Anfrage entnehmen – hat die Beratungs- und Prüfungsbehörde nach dem LWTG in 494 Einrichtungen Regelberatungen durchgeführt. Ich möchte hinzufügen, Prüfungen – das ist das, was Sie kritisieren – können dann jederzeit durchgeführt werden, wenn der zuständigen Behörde Beschwerden oder Hinweise auf Mängel gemeldet werden.

Lassen Sie mich, bevor ich noch einmal näher auf die Ausführungen von Ihnen, Herr Wäschenbach, eingehe, zunächst festhalten: Wir haben in Rheinland-Pfalz eine hervorragende Pflegelandschaft und eine hervorragende Betreuungslandschaft. Die Einrichtungen leisten bis auf wenige Ausnahmen – das haben Sie angemerkt –, um die es in den Beratungs- und Prüfprozessen genau geht, hervorragende Arbeit und sind bemüht, ihren Bewohnerinnen und Bewohnern ein gutes Zuhause zu bieten.

Hier arbeiten Menschen, die jeden Tag und jede Nacht an sieben Tagen in der Woche auch unter schwierigen Bedingungen, die wir alle kennen, ihr Bestes geben, um die ihnen anvertrauten Menschen – seien es alte pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderung – gut und vor allem würdevoll zu betreuen. Man kann es gar nicht oft genug sagen: Hierfür gebührt ihnen allerhöchster Respekt und großer Dank.