Protocol of the Session on June 22, 2017

Verehrte Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn es um Infrastrukturvorhaben geht, sprechen wir oftmals über den Vierklang Luft, Straße, Schiene und Wasser. Damit die nebeneinander existieren, sich ergänzen oder gegenseitig entlasten können, bedarf es ihres stetigen Ausbaus und Erhalts.

Die Landesregierung hält die Straßen- und Schienennetze mit dem zweithöchsten Verkehrsetat in der Geschichte des Landes in Schuss. Mit diesem Antrag zeigen wir als Koalitionsfraktion, dass uns daran gelegen ist, auch die Wasserstraßen im Land auszubauen. Bedarfsgerecht ausgebaute Wasserstraßen sichern nicht nur den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz, sie tragen auch zum Umweltschutz bei; denn die angestrebte Vertiefung der Fahrrinne auf dem Streckenabschnitt Mainz – St. Goar um nur 20 Zentimeter ermöglicht eine höhere Beladung der Schiffe um bis zu 5 Millionen Tonnen Fracht pro Jahr

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, damit ist klar, dass die Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Binnenschifffahrt eine Verlagerung von Gütertransporten von der Straße und der Schiene auf die Wasserstraßen begünstigt. Das spart eine Menge an CO2 und verringert die Lärmbelästigung durch die Güterzüge. Wir als Ampelkoalition haben uns die Verbesserung des Verkehrslärmschutzes in den Koalitionsvertrag geschrieben, und mit diesem Antrag wird dieses Ziel ebenfalls verfolgt.

Das Interesse an dem Vorhaben der Fahrrinnenvertiefung besteht übrigens nicht nur in unserem Land. Seit dem Jahr 2013 treffen sich die Verkehrsminister von NordrheinWestfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Bayern und BadenWürttemberg im Rahmen einer Rheinanliegerkonferenz. Auch bei diesen Konsultationen ist die Erhöhung der Fahrrinnentiefe zwischen Mainz und St. Goar eine stetige Forderung.

Meine Damen und Herren, das Projekt ist von hoher Priorität und darf keine Verzögerung erfahren. Der Bund sieht zwar eine Fertigstellung bis zum Jahre 2030 vor – das wurde angesprochen –, lässt jedoch teilweise außer Acht, dass ohne zusätzliche Planungskosten der Baubeginn massiv verzögert werden könnte. Daher ist es uns ein Anliegen – wir möchten den Appell noch einmal aussprechen und die Landesregierung dabei unterstützen –, dass

in der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Ohnehin unterstützen wir das Ansinnen der Landesregierung, welche das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur aufgefordert hat, eine effektive Projektstruktur zu schaffen. Nur so kann es in Zeiten von hohen Investitionsmitteln gelingen, die vorgesehenen Projekte zu realisieren.

Auch Bundeskanzlerin Merkel hat auf der Jahresversammlung des BDI angekündigt, verschiedene Möglichkeiten der konzentrierten Umsetzung von Infrastrukturprojekten zu prüfen, und hat in diesem Zusammenhang die personellen Engpässe als Problem ausgemacht. Diese Analyse ist offensichtlich. Wir hoffen, dass konkrete Ansätze folgen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Abladeoptimierung ist ein unverzichtbarer Teil des Infrastrukturausbaus in unserem Land. Dieser Antrag spiegelt dies. Dabei beachten wir die Bedürfnisse der Menschen, der Wirtschaft und der Umwelt.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Kollegin Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Titel „Engpassbeseitigung und Abladeoptimierung für die Schifffahrt am Mittelrhein: Wettbewerbsfähigkeit der Binnenschifffahrt verbessern, Wirtschaft stärken, Klimaziele verfolgen“ beweist, dass die regierungstragenden Fraktionen sehr ganzheitlich denken.

Die Infrastrukturpolitik hat viele Facetten. In der Regel geht es hier um Autostraßen: Haben wir zu viele? Haben wir zu wenige? Gelegentlich geht es auch um die Schieneninfrastruktur, zunehmend geht es um die digitale Infrastruktur, aber zugegebenermaßen eher selten um die Infrastruktur der Wasserstraßen. Hier verfügt Rheinland-Pfalz über zwei sehr wichtige.

Die Mosel war in Bezug auf den schleppenden Schleusenbau durch den Bund bereits in der letzten Legislaturperiode mehrmals Thema. Ich fand es ein gutes Signal, dass wir uns bei dem Thema in der letzten Legislaturperiode einig waren, weil es dadurch noch einmal ein anderes Signal gegeben hat, als wir den Minister nach Berlin schicken und sagen konnten: Der ganze Landtag will das oder das.

Auf einer der wichtigsten Wasserstraßen Europas, dem Rhein, fahren rund 50.000 Güterschiffe im Jahr. Das ist eine Menge. Transportiert werden zwischen 52 und 60 Millionen Tonnen im Jahr. Dazu habe ich in verschiedenen Quellen Zahlen gefunden. Was hinzukommt, ist eine

ständige Steigerung der Flusskreuzfahrtschiffe. Es ist viel Bewegung auf dem Rhein.

Um eine durchgehend nutzbare Wasserfahrstraße zu haben, braucht der Rhein eine Tiefe von 2,10 m. Das ist an den Stellen, über die wir im Antrag reden, nicht der Fall.

Wir haben uns als Land schon mehrfach dafür eingesetzt, dass der Bund dieses Projekt in Angriff nimmt. Es wurde schon erwähnt, 2013 hat hier in Mainz eine Konferenz der Rheinanliegerstaaten stattgefunden. Hessen war dabei, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und RheinlandPfalz. Es gibt die Düsseldorfer Liste, die von den Rheinanliegerstaaten verabschiedet worden ist. Darin ist die Vertiefung des Mittelrheins angemahnt worden.

Was passiert genau? – Ich habe schon am Beitrag der AfD gemerkt, dass noch etwas Aufklärungsarbeit zu leisten ist.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Was denn?)

Tatsächlich ist es auch ein sehr diffiziles Verfahren, das dort zum Tragen kommen soll.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das sind doch Phrasen!)

Wir haben schon in Gesprächen mit Verbänden dargestellt, dass nicht große Sprengungen im Rhein vonstattengehen sollen,

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das haben wir doch gar nicht gesagt!)

im Gegenteil, mit Spezialschiffen soll ganz genau punktuell mit Meißel und Fräse gearbeitet werden.

(Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Das ist ein Verfahren, das auch beim Moselausbau angewandt wurde.

Hinzu kommen, wenn man die Maßnahme umsetzt, neue Buhnen und Parallelbauwerke. Wichtig dabei ist – das liegt uns besonders am Herzen –, dass gerade in diesem Bereich der natürlich wandernde Rheinkiesel unterhalb des Flussabschnitts, der zur Sohlstabilisierung sehr wichtig ist, geschont wird.

Durch die Maßnahme besteht nicht nur das Ziel, den Wasserspiegel zu stützen, sondern auch die Chance, Flachwasserzonen anzulegen und befestigte Uferböschungen zurückzubauen.

Was die Zeit angeht, so wird das Vorhaben rund 15 Jahre dauern. Wir befinden uns jetzt in einer Phase, in der wir ganz am Anfang stehen. Selbstverständlich legen wir Wert darauf – im Übrigen auch der Projektleiter –, dass von vornherein die Möglichkeit besteht, dass alle Betroffenen dabei sind und mit einbezogen werden. Deswegen hat am 6. September letzten Jahres ein erstes Dialogforum in Bingen stattgefunden,

(Glocke der Präsidentin)

zu dem die Umweltverbände und alle Beteiligten eingela

den waren. Wir müssen auf diesem Weg weitergehen.

Ich wollte jetzt eigentlich – ich weiß nicht, ob ich das darf – vom Bundesministerium etwas zeigen.

Ihre Redezeit ist vorüber.

Ich weiß. Aber wer sich weiter informieren will, vom Bundesministerium gibt es ein gutes Handout.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Wissing.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Industrialisierung in Deutschland und Europa hat sehr viel mit Wasser und Wasserwegen zu tun. Die meisten wirtschaftlich erfolgreichen Standorte und Wirtschaftszentren liegen am Wasser, die einen am Meer, die anderen an Flüssen.

Gerade das exportorientierte Rheinland-Pfalz im Herzen des europäischen Wasserstraßennetzes profitiert ganz erheblich von dem erfolgreichen System aus Wasserstraßen, Binnenschifffahrt und Binnenhäfen. Um die Rahmenbedingungen der Binnenschifffahrt zu verbessern, muss vor allem die Infrastruktur der Wasserstraßen optimiert werden, tiefere Fahrrinnen erhöhen die Wirtschaftlichkeit von Binnenschiffstransporten und damit die Wettbewerbschancen gegenüber dem Lkw und der Bahn.

Das gilt insbesondere dann, wenn in den Flüssen nur mittlere und niedrigere Wasserstände herrschen. Genau dies ist eine wichtige Angelegenheit. Wir wollen mit diesem Projekt eine Optimierung der Fahrrinne erreichen. Im gesamten Verlauf zwischen Basel und Rotterdam hat der Rhein je nach Topographie der Landschaft unterschiedliche Wassertiefen. Die garantierte Fahrrinnentiefe im Rhein beträgt durchgängig mindestens 2,10 m. Davon ausgenommen ist lediglich der Rheinabschnitt zwischen Mainz und St. Goar. Hier liegt der Wert bei nur 1,90 m.

Niedrige Flusspegel führen zu geringerer Ladung der Binnenschiffe. Jede Tonne, die ein Frachtschiff mehr laden kann, verringert ganz entscheidend die Transport- und Produktionskosten und entlastet die Straßen sowie das ohnehin stark von Bahnlärm geplagte Mittelrheintal.

Die Abladeoptimierung am Mittelrhein ist damit ein wichtiger Beitrag zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Rheinland-Pfalz. Herr Kollege, das hat nichts mit Orchideenthemen oder Ähnlichem zu tun, sondern hier geht es um knallharte Infrastruktur und Wirtschaftspolitik für

diesen Standort. Das ist eines unserer größten Assets für diesen Standort, dass wir hier am Rhein liegen. Wir haben Unternehmen, die, obwohl sie beispielsweise in Ludwigshafen angesiedelt sind, direkten Zugang über den Hafen von Rotterdam zu den Weltmeeren haben. Ohne die Wasserstraße Rhein stünde das Land Rheinland-Pfalz nicht da, wo es ist. Es sind keine Orchideen, es sind knallharte Themen.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alleine die BASF transportiert jedes Jahr zwischen 6 und 7 Millionen Tonnen Güter auf dem Rhein und damit auch durch das Mittelrheintal.

Meine Damen und Herren, nun ist etwas zu sagen zu dem aktuellen Projektstand. Das Projekt unter Federführung der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes befindet sich noch in einer sehr frühen Planungsphase. Der Bund hat erst vertiefende Voruntersuchungen beauftragt, von entsprechenden Baurechtsverfahren sind wir noch, leider noch, sehr weit entfernt.

Die vielfältigen Aspekte des Projekts sollen demnächst in Konsultationsgesprächen mit den maßgeblichen Akteuren erörtert werden. Dabei sollen die verschiedenen Vorstellungen, Ideen und Anforderungen in das Projekt eingebracht werden.

Schwerpunkt ist dabei eine möglichst naturverträgliche Umsetzung des Vorhabens. Das versteht sich von selbst. Die Gespräche werden daher Einfluss haben auf den weiteren Planungsprozess und die konkreten Ausführungsvarianten, die in der aktuellen Planungsphase entwickelt werden.

In einem weiteren Schritt soll eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung auf der Grundlage möglicher Ausführungsvarianten erfolgen. Hierbei sollen dann auch die betroffenen Bürgerinnen und Bürger im Rahmen eines Dialogprozesses teilnehmen und ihre Vorstellungen einbringen. Das bedeutet, dass die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung frühestens im Jahr 2019 beginnen wird. Nach den bisher bekannten Projektplänen des Bundes soll die Abladeoptimierung am Mittelrhein daher auch erst im Jahr 2030 abgeschlossen sein.