Protocol of the Session on May 31, 2017

Doch dann eine bemerkenswerte Aussage der Ministerpräsidentin. Ich zitiere die „Allgemeine Zeitung“ weiter: „Nach den Vorträgen sind Fragen zugelassen, und da wird es etwas munterer. Ein TV-Journalist will von Malu Dreyer wissen, ob es, abgesehen vom Nürburgring, schon einmal ,ähnlich krachende Blamagen‘ wie den geplatzten HahnVerkauf gegeben habe und wo für Dreyer die Schwelle sei, dass ein Minister gehen müsse.“ – Die „AZ“ weiter: „So hatte Rechnungshofpräsident Klaus Behnke dem Innenminister, Roger Lewentz (SPD), vergangene Woche ,objektive Pflichtwidrigkeit‘ vorgeworfen. Dreyer antwortet, was im Bericht des Rechnungshofs stehe, sei ,nicht maßgeblich.‘“ – Die Ministerpräsidentin titelt, das sei nicht maßgeblich.

Meine Damen und Herren, wir, die Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtags, haben mit allen Stimmen aller Parteien den Rechnungshof gebeten, den krachend gescheiterten Verkauf des Flughafens Hahn an offensichtliche Betrüger in seiner Ursache und in seiner Ausführung zu untersuchen.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn nun eine Ministerpräsidentin ein Urteil bzw. wesentliche Feststellungen dieser Prüfbehörde für schlichtweg „nicht maßgeblich“ erklärt, dann macht mich das fassungslos, Frau Ministerpräsidentin.

(Beifall der CDU)

Eine Ministerpräsidentin zimmert sich die Realität so zurecht, wie sie sie gerade braucht, meine Damen und Herren. Frau Dreyer, was ist das für eine Haltung? Was ist das für eine Moral einer Regierungschefin? Was ist für Sie maßgeblich, Frau Dreyer?

(Beifall der CDU)

Der Rechnungshof mahnte schon des Öfteren als Ergebnis aus vergangenen Skandalen: Prüfungsergebnisse zu dokumentieren; Businesspläne sollten auf der Grundlage möglichst realistischer Erträge und Aufwendungen überarbeitet werden; das Land hat bei der Auswahl von Geschäftspartnern die gebotene Sorgfalt walten zu lassen. – Alles für die Ministerpräsidentin „nicht maßgeblich“, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Frau Dreyer, der Rechnungshof stellte fest, dass Angaben zu Investoren schon früh Ungereimtheiten aufgewiesen hatten, aber unbeachtet geblieben waren, dass kritischen internen Hinweisen im zuständigen Ministerium nicht nachgegangen worden war. Alles für die Ministerpräsidentin „nicht maßgeblich“.

Ich erinnere an ein vergangenes Protokoll – Zitat Frau Dreyer –: „Solche Fehler wird es mit mir als Ministerpräsidentin nicht mehr geben.“ – An Ihren Worten muss man Sie messen.

Sie wollten alles besser machen als Ihr Vorgänger. Nur, mit der von Ihnen nun gewählten eigenen Moral „alles nicht maßgeblich, was da der Rechnungshof so formuliert“, bekommen Ihre Sätze, Ihre Einlassungen zum gescheiterten Verkauf des Flughafens eine besondere Note, eine besondere Bedeutung. Es ist so.

(Beifall der CDU)

Ihrem Zitat – man muss es in den Kontext der 14 Tage stellen – ging ein Bericht des Rechnungshofs mit massiven Vorwürfen gegenüber den Handlungen Ihrer Regierung, insbesondere des Innenministers, des Innenministeriums, voraus. „Im Rahmen der Organhaftung wurde ein schuldhaftes Verhalten“ festgestellt, so die grundsätzliche Aussage. Für Sie wiederum alles „nicht maßgeblich“.

Frau Ministerpräsidentin, am 10., 11. und 12. Mai, also wenige Tage vor Ihrem Zitat, haben sich in siebenstündiger Diskussion drei Landtagsausschüsse mit den Vorwürfen des Rechnungshofs befasst. Auf Nachfrage nimmt der Rechnungshof nicht eine einzige seiner Anschuldigungen zu Ihrem Regierungsversagen zurück. Nach Ihrer Moral alles „nicht maßgeblich“. Welche Moral legen Sie an, wenn Ihnen massive Fehler nachgewiesen werden?

Meine Damen und Herren, Menschen sind nie frei von Fehlentscheidungen. Nicht entschuldbar ist aber, wie die Regierung, wie Sie, Frau Dreyer, mit Ihren Erkenntnissen und den Fehlern umgehen. Wegen des gescheiterten Verkaufsverfahrens an die SYT hat es keinen Rücktritt gegeben. Niemand hat Verantwortung übernommen. Was muss eigentlich überhaupt passieren, damit in Rheinland-Pfalz ein Minister zurücktritt?

Die Mitglieder der Regierung sind auch Repräsentanten der Verfassung. Die Übernahme von Verantwortung im gescheiterten Hahn-Verkauf hätte zeigen können, dass demokratische Strukturen funktionieren. Alles für Sie „nicht maßgeblich“, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU – Glocke des Präsidenten)

Das wird als Makel an Ihrer Regierung haften bleiben, und das wird „maßgeblich“ auch an Ihnen persönlich haften bleiben.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort weiter ertei

le, will ich bekanntgeben, dass sich die Parlamentarischen Geschäftsführer aufgrund der fortschrittenen Zeit darauf verständigt haben, heute auf eine Mittagspause zu verzichten. Wir werden dann also nach der Aktuellen Debatte gleich mit Tagesordnungspunkt 10 fortfahren.

Nun zurück zur Aktuellen Debatte. Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Schweitzer von der Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir diskutieren erneut über den Rechnungshofbericht, den wir hier schon einmal ausführlich besprochen haben und den wir uns in den Ausschussberatungen ausführlich vorgenommen haben. Herr Kollege Licht, ich war zugegebenermaßen einigermaßen gespannt, welche Richtung Sie der Debatte geben wollen. Das ist für mich noch immer nicht ganz klar.

Ich gebe offen zu, das mag auch an mir liegen, aber vielleicht liegt es auch ein bisschen an Ihrem Beitrag, der sich vor allem dadurch ausgezeichnet hat, dass Sie versucht haben, in jeden Satz relativ oft das Wörtchen „Moral“ einzubauen, um damit wahrscheinlich eine besonders hohe Hürde aufzubauen. Manchmal muss man aufpassen, dass man die Hürden, die man den anderen baut, nicht so hoch baut, dass man nicht selbst bequem durchgehen kann. Offensichtlich haben Sie sich aber vorgenommen, uns heute eine Lehrstunde in Sachen „moralisches Agieren in der Politik“ zu halten.

Lieber Herr Kollege Licht, zunächst einmal ist es gute parlamentarische Sitte – das haben Sie völlig zu Recht dargestellt –, dass wir uns nach den Geschehnissen des vergangenen Sommers mit dem gescheiterten ersten Verkaufsverfahren gemeinsam darauf verständigt haben, dass wir den Rechnungshof bitten, sich die Dinge genau anzuschauen.

Nun kann wirklich keiner abstreiten, dass sich der Rechnungshof das sehr genau angeschaut hat. Man muss sogar sagen, der Rechnungshof hat seine Aufgabe sehr ernst genommen. Er hat einen akribischen Bericht vorgelegt. Wer wie ich sogar in mehr als einer Ausschusssitzung dabei war und dem aufmerksam gefolgt ist, der hat den Eindruck gehabt, dass der Rechnungshof und der Präsident des Rechnungshofs, der selbst anwesend war, diesen Bericht sehr akribisch vorgetragen und verteidigt hat.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Es hat uns allen die Gelegenheit gegeben, uns mit den Hinweisen des Rechnungshofs auseinanderzusetzen, von denen ich noch einmal sagen möchte, dass man vieles davon nicht einfach konsumieren sollte, wenn man Vertreter der Ampelfraktion ist. Das ist völlig klar. Es war auch Gelegenheit für die Regierung, sich zu diesem Bericht des Rechnungshofes zu äußern.

Lieber Herr Kollege Licht, Sie können nicht sagen, dass die Regierung, angeführt von der Ministerpräsidenten, diesen Bericht nicht ernst nimmt, müssen aber gleichzeitig zugeben, dass in diesen vier Ausschusssitzungen die Regierung teilweise mit mehreren Vertretern des Ministerrats,

gleichzeitig vertreten durch mehrere Staatssekretäre sich – das ist ihre Pflicht – jede Zeit genommen hat, jede Frage eines jeden Abgeordneten ausführlich zu beantworten.

Ich will das gar nicht hervorheben, weil das eine Selbstverständlichkeit ist. Ein selbstbewusstes Parlament hat ein Anrecht darauf. Dieses selbstbewusste Parlament hat – ich zitiere Sie gern mit diesem Begriff – die moralische Pflicht, genau das anzuerkennen und nicht in Zweifel zu setzen. Nach diesen Ausschussberatungen kann sich keiner hier herstellen – egal für welche Fraktion er spricht – und sagen, diese Regierung hat den Bericht des Rechnungshofs nicht ernst genommen, zumindest nicht in der parlamentarischen Auseinandersetzung.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Herr Kollege Licht, dafür gibt es keinen Grund. Wenn der einzige Grund der ist, dass Sie heute nicht gewusst haben, was Sie sonst an aktueller Debatte hier führen sollen, dann ist das kein ausreichender Grund. Da muss ein bisschen mehr kommen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Ministerium hat dem Rechnungshof ausführliche Unterlagen zur Verfügung gestellt, was der Rechnungshof ausführlich begrüßt und gewürdigt hat. Das ist die Grundlage für die notwendige parlamentarische Auseinandersetzung mit den Geschehnissen des vergangenen Sommers. Das ist die Aufgabe der Opposition. Ich glaube, ich habe deutlich gemacht, dass es nicht Aufgabe der Opposition, sondern gemeinsame Verantwortung des Parlaments ist.

Es ist auch gemeinsame Verantwortung des Parlaments, in diesen Tagen nicht nur in den Rückspiegel zu schauen, sondern darüber nicht zu vergessen, dass man mit den Lehren und Erfahrungen aus dem gescheiterten Verkaufsverfahren des vergangenen Jahres – zumindest nach heutigem Stand der Dinge muss man sagen, die Dinge sind ganz anders gewesen und gefügt worden – ein erfolgreiches Verkaufsverfahren auf den Weg gebracht hat. Wir haben unlängst mit der Mehrheit des Hauses das Veräußerungsgesetz auf den Weg bringen können. Das hat in der Region, die uns allen gemeinsam nicht unwichtig sein sollte, für die entsprechenden positiven Reaktionen gesorgt.

Wir müssen uns die Dinge genau anschauen. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe. Aber wir sollten uns nicht gegenseitig unterstellen, dass wir den Bericht des Rechnungshofs nicht ernst nehmen oder wir die Auseinandersetzung scheuen würden. Dafür gibt es keinen Beleg und keine wirkliche Begründung, lieber Herr Kollege Licht.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordnete Dr. Bollinger hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der 32. Plenarsitzung am 5. Mai 2017 und in mehreren darauf folgenden Ausschusssitzungen haben wir uns ausführlich mit der gutachterlichen Prüfung des gescheiterten Verkaufsprozesses zum Flughafen Hahn im vergangenen Jahr durch den Landesrechnungshof beschäftigt.

Der Landesrechnungshof kommt zu dem Schluss, dass sowohl das Mandat der Beratungsgesellschaft KPMG als auch dessen Ausführung und die Auftragsüberwachung durch das Innenministerium unzureichend waren. Das Innenministerium unterließ es demnach pflichtwidrig, sich im Verkaufsprozess ein eigenes Bild der Professionalität, Seriosität und Bonität der Bieter zu verschaffen, sondern verließ sich vielmehr vollständig auf die Informationen der Beratungsgesellschaft und deren Bewertung.

Diese Einschätzung haben die Vertreter des Landesrechnungshofs mehrfach im Rahmen der verschiedenen Ausschusssitzungen, die das Gutachten des Landesrechnungshofs zum Gegenstand hatten, bestätigt und teilweise noch deutlich verschärft. Als besonders krasses Beispiel für einen Täuschungsversuch, der jedem Menschen hätte auffallen müssen, nennt der Landesrechnungshof eine Bankgarantie durch das mit dem Instant-Messaging-Dienst WhatsApp vermittelte Foto eines Kontoauszugs einer Privatperson in Höhe von 200 Milliarden US-Dollar. Dieser Betrag hätte die betreffende Person auf einen Schlag zum mit Abstand reichsten Menschen der Welt gemacht, vor Bill Gates, der in der Forbes-Liste der Milliardäre mit einem Vermögen von 86 Milliarden Dollar geführt wird. Die Landesregierung kam hier allerdings nicht ins Grübeln.

Im Hinblick auf Belege der SYT, die der Landesregierung durch die KPMG vorgelegt wurden, sagte der Präsident des Landesrechnungshofs weiterhin, es kamen noch spätere Belege, die aktueller waren. Sie waren genauso gefälscht. Da konnte man es aber sehen. Dafür brauchten sie wirklich nur Common sense und Volksschule Sauerland. Das hätte gereicht.

(Beifall der AfD)

Zudem ist es nicht so, dass die KPMG nicht gewarnt hätte. So enthielt zum Beispiel der finale Entwurf des DueDiligence-Reports eine rote und zwei gelbe Ampeln und war mit dem Gesamtrisikofaktor „HOCH“ versehen. Die Landesregierung spricht hier von unterschiedlichen Wahrnehmungen, zu denen wir die KPMG leider nicht mehr befragen können, da sie sich mit der Landesregierung auf wechselseitiges Stillschweigen verständigt hat und diese Regelung offensichtlich bislang nicht aufgehoben wurde, obwohl ich in Erinnerung habe, dass Herr Lewentz das in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses, in der das besprochen wurde, zugesagt hat.

Der Präsident des Landesrechnungshofs ließ keinen Zweifel daran, dass vorliegend ein Schaden entstanden ist, weil sich die Verhandlungen mit der SYT unnötigerweise über längere Zeit hingezogen haben. Zitat: Die haben verhandelt wie die Weltmeister, als gäbe es kein Morgen. – Dadurch sind natürlich Kosten entstanden, Beraterkosten und Kosten, weil die Frankfurt Hahn GmbH jeden Monat

Verluste generierte. Ich glaube, es waren 1,6 Millionen Euro.

Außerdem sprach der Präsident des Landesrechnungshofs in diesem Zusammenhang von einem schuldhaften Verhalten der Landesregierung und machte deutlich, dass man Verantwortung nicht delegieren kann.

Damit wären wir beim eigentlichen Thema der heutigen Aktuellen Debatte, dem Umgang der Landesregierung mit dem Gutachten des Landesrechnungshofs. Genau das ist es, was die Landesregierung vorliegend versucht, die Verantwortung für den gescheiterten Verkauf des Flughafens auf die beauftragte Beratungsgesellschaft abzuwälzen. Es sei eine hochkomplexe Materie gewesen. Man habe externe, hoch spezialisierte Experten einbezogen, auf deren Sachverstand vertraut und im Übrigen auch keine Anhaltspunkte gehabt, an deren Kompetenz zu zweifeln.