Protocol of the Session on May 4, 2017

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Sippel von der Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst, verehrte Kollegen der CDU, möchte ich sagen, Sie haben sich in Ihrem Antrag ein sehr komplexes Thema vorgenommen. Vieles ist durchaus akzeptabel und unterstützenswert.

Natürlich begrüßen wir es, dass Sie sich zu einer offenen Gesellschaft und zu Toleranz bekennen. Sie betonen das christliche Menschenbild und erwarten von allen Menschen die Einhaltung unserer Gesetze, den Respekt gegenüber unserem Rechtsstaat, und damit sind wir absolut einverstanden. So weit, so gut. Dazu hätte es aber keines Antrags bedurft. Das ist völlig klar, und darüber gibt es keinerlei Dissens.

Nun folgen die Ansätze zur Umsetzung dieses Gedankens. Wie gesagt, es ist einiges dabei, was man durchaus unterstreichen kann, und trotzdem ist der Antrag in weiten Teilen sehr vage.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Schauen wir uns doch einmal Ihren Änderungsantrag an!)

Einiges ist unklar und läuft deshalb im Ergebnis ins Leere.

Es ist zum einen eher ein Positionspapier als ein Antrag; denn ein Antrag setzt auch voraus, dass konkrete Schritte genannt werden, die auch auf Landesebene umsetzbar sind. Zum Zweiten entsteht bei mir schon der Eindruck, es ist mehr oder weniger ein Bauchladen, in den man themenübergreifend alles einpackt, was derzeit bundesweit oder auch in anderen Ländern von Ihrer Partei diskutiert wird und auch mediale Aufmerksamkeit erfährt, unabhängig davon, ob es dazu überhaupt in Rheinland-Pfalz einen Regelungsbedarf gibt oder ob die Dinge nicht schon längst auf dem Wege sind.

Zunächst habe ich gedacht, dieser Antrag ist eine Fleiß

arbeit, sehr umfangreich, und auch beim Studium des Internets ist mir aufgefallen, es gibt eine Karlsruher Erklärung der rechtspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der CDU-Landtagsfraktionen aus dem März dieses Jahres.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Sehr gut! – Abg. Christian Baldauf, CDU: Da haben Sie aber gut nachgeschaut!)

Dieses Positionspapier wird nun auch in alle Landtage eingebracht, und genau das ist das Problem dieses Antrags: Es wäre gut gewesen, Sie hätten sich die Mühe gemacht, die Punkte auf Rheinland-Pfalz abzustellen und konkrete, am Land orientierte Vorschläge zu machen. – Dann wäre Ihnen beispielsweise aufgefallen, dass das Land verstärkt in die Extremismusprävention und in Aussteigerprogramme investiert. Was Sie dazu fordern, begrüßen wir natürlich auch, aber wir haben es im Doppelhaushalt umgesetzt

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Wahnsinn!)

mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von 455.000 Euro bei Maßnahmen gegen den gewaltbereiten Extremismus und 2018 von zusätzlich 505.000 Euro. Sie haben ein Deckblatt eingebracht und wollten 200.000 Euro pro Jahr mehr.

(Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Hört, hört!)

Also, Sie haben den Haushalt insgesamt abgelehnt, und das macht Ihre Forderung nicht überzeugender.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Dann hätte Ihnen auch beispielsweise auffallen müssen, dass das Justizministerium bereits daran arbeitet, wie die muslimische Gefängnisseelsorge unter den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen ausgestaltet und im Lichte des zu erwartenden Gutachtens umgesetzt werden kann. Ich empfehle Ihnen noch einmal die Lektüre Ihrer Großen Anfrage. Dort gibt es eine Antwort darauf, wie die Landesregierung damit umgeht.

Es wäre Ihnen auch aufgefallen, dass die Landesregierung bereits aktiv geworden ist, um die Einbeziehung von Drittstaatsangehörigen in das Europäische StrafregisterInformationssystem zu unterstützen und über die Justizministerkonferenz zu pushen.

Sie schlagen weiterhin vor, die Fremdsprachenkompetenz der Bediensteten im Justizvollzug zu verbessern, um den Gefangenen aus dem arabischen Sprachraum besser begegnen zu können, wollen aber in erster Linie die Kenntnisse in Englisch und Französisch verbessert wissen. Also, das ist alles nicht ganz stringent und auch vor dem Hintergrund der beruflichen Belastung des Vollzugspersonals fraglich, wie dies in der Realität leistbar sein soll.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt betrifft die Verstärkung der Generalbundesanwaltschaft durch die Abordnung von mehr Staatsanwälten. Dies ist bezogen auf Rheinland-Pfalz ebenfalls völlig unverständlich. Von den rund 90 Staatsanwältinnen und Staatsanwälten bei der Bundesanwaltschaft sind etwa die Hälfte aus den Ländern

heraus abgeordnet. Gemessen an der Einwohnerzahl von Rheinland-Pfalz werden wir also mit zwei Abordnungen durchschnittlich dort vertreten. Das Land Rheinland-Pfalz unterstützt die Behörde derzeit mit sieben Staatsanwältinnen und Staatsanwälten. Also auch dieser Punkt zeigt, dass Sie das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, nicht auf Rheinland-Pfalz abgestellt haben.

Zuletzt möchte ich noch das Thema „Keine Kopftücher auf der Richterbank oder bei Anklagevertretern“ ansprechen. Dieses Thema darf nicht fehlen, das ist völlig klar. Dies ist eine Anleihe aus der derzeitigen Diskussion in BadenWürttemberg. Hierzu möchte ich einfach nur feststellen, man sollte Dinge regeln, die einer Regelung bedürfen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Helga Lerch, FDP: Jawohl!)

Das war in Rheinland-Pfalz noch nie ein Thema und schon gar kein Problem. Solche Scheindebatten führen aber erst dazu, dass die Bevölkerung darin ein Problem erkennt. Deshalb ist es wichtig, ein Gesetz erst dann auf den Weg zu bringen, wenn es einen Regelungsbedarf gibt

(Glocke des Präsidenten)

und nicht aufgrund eines Profilierungsbedarfs einer Partei. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

Danke schön.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Joa von der Fraktion der AfD.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen! Ein Lob an die CDU vorab! Der Antrag enthält durchaus relevante Positionierungen; doch die eigentlichen Kernthemen bleiben leider außen vor.

Angst vor der eigenen Courage – dieser Satz ist mir persönlich bei der Lektüre des Antrags durch den Kopf gegangen. Die CDU versucht verständlicherweise vorsichtige Absetzbewegungen von den Auswirkungen der Merkelschen Politik, um für das Desaster der kommenden Jahre nicht mehr in Haftung genommen zu werden.

(Beifall der AfD)

Der CDU-Antrag widerlegt sich selbst. In der Überschrift ist von religiöser Pluralität als Chance die Rede, doch der folgende Antragstext dreht sich um Extremismus, Paralleljustiz und Terrorabwehr. In der Einleitung heißt es, dass man Kultur und Weltanschauung von allen Menschen in unserem Lande akzeptieren müsse. Wenig später heißt es, dass Familienehre oder religiöse Bestimmungen nicht über unserem Grundgesetz stehen dürfen und deshalb auch Imam-Ehen entsprechend abzulehnen seien.

Der Widerspruch ist offensichtlich; denn hier zeigt sich der Zwiespalt der CDU, die zerrissen ist zwischen Merkels Willkommenskultur auf der einen und Selbstbehauptung der freiheitlich-demokratischen Kultur auf der anderen Seite.

(Beifall der AfD – Zuruf von der CDU: Oh!)

Dieser Antrag ist ein Dokument des Scheiterns und der Desintegration – und nicht erst seit Merkels Willkommenskultur von 2015, sondern auch seit der jahrzehntelang verfehlten Migrations- und Nichtintegrationspolitik, unter der die kommenden Generationen wohl noch schlimm zu leiden haben werden, wenn nicht sofort, entschlossen und grundsätzlich umgesteuert wird.

(Beifall der AfD)

Der eigentliche Knackpunkt ist dabei die unkontrollierte Zuwanderung und die in vielen – nicht in allen – Fällen gescheiterte Integration aus dem islamischen Kulturkreis der letzten Jahrzehnte. Doch dieses Eisen ist der CDU wohl zu heiß. Der Antrag beschränkt sich auf das Kurieren von Symptomen, wobei die vermeintlichen Hilfsmittel meist die falschen sind.

Was wir nicht brauchen, ist eine Anpassung unseres Rechtsstaats an eine chaotische Migration, sondern die Ordnung der Migration nach Maßgabe unseres Rechtsstaats.

(Beifall der AfD)

Die CDU verhält sich wie ein Feuerwehrmann, der das Feuer selbst gelegt hat und schon seit den 2000er-Jahren negiert, was lange offensichtlich war. Doch jetzt gibt man den Brandbekämpfer. Im Antrag findet sich ein entlarvender, ein wirklich entlarvender Satz, der das CDU-Dilemma auf den Punkt bringt. Ich zitiere:

„So kann es eine Frage sein, ob die Akzeptanz staatlicher Rechtsprechung durch den stärkeren Einsatz von Richtern und Staatsanwälten mit Migrationshintergrund erhöht werden kann.“

Ist dieses ernsthaft der CDU-Lösungsansatz dafür, dass unsere Werte, unsere Kultur und Regeln oftmals abgelehnt und nicht anerkannt werden? Unsere Gesellschaft muss die Kraft haben, gegen ihre Gegner hart vorzugehen. Wir müssen klare Regeln vorgeben, und wer gegen diese Regeln verstößt, muss auch die entsprechenden Konsequenzen spüren. Ein andauerndes Zurückweichen des Staates wird von dieser Personengruppe nicht als Toleranz interpretiert, sondern als Schwäche.

(Beifall der AfD)

Gerade die muslimische Einwanderung schafft die Probleme erst, die wir dann im Detail zu bekämpfen versuchen. Vor 20 oder 30 Jahren gab es in Deutschland weder eine Paralleljustiz, Ehe unter Minderjährigen, religiösen Extremismus noch Terrormilizionäre. Seltsamerweise erleben weder Russen, Polen, Balten noch Tschechen eine Blitzradikalisierung, und dies, obwohl viele dieser Einwanderer selbst in Armut nach Deutschland gekommen sind.

(Abg. Martin Haller, SPD: Es ist ein dicker Hund, was Sie hier erzählen!)

Doch, Sie haben sich etwas aufgebaut.

Die entscheidenden Fragen sind die folgenden:

Was nützt uns eine ungesteuerte und im Regelfall geringqualifizierte Einwanderung aus dem islamischen Kulturkreis? Welche Wirkungen ergeben sich auf Staat und Religion, Demokratie und Menschenrechte oder auch auf die Rolle von Mann und Frau?