Protocol of the Session on March 23, 2017

Zuerst ärztliche Versorgung auf dem Land: Der Haushaltsplan sieht für 2017 und auch für 2018 jeweils 500.000 Euro zur Förderung der medizinischen Versorgung in ländlichen Regionen vor.

Wir sind uns alle einig, dass die Sicherstellung einer wohnortnahen, bedarfsgerechten und flächendeckenden medizinischen Versorgung in den bekannten schwierigen Regionen, insbesondere auch aufgrund der zu erwartenden demografischen Entwicklung, eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit ist. Die zugrunde liegenden Zahlen dürften uns allen aus der Besprechung der Großen Anfrage zur Situation und Entwicklung der ärztlichen Versorgung im Januar dieses Jahres noch präsent sein. Nur so viel, aufgrund des hohen Anteils von Ärzten, die älter sind als 50 Jahre – das sind derzeit 74 %, von den 74 % wiederum die Hälfte älter als 60 Jahre –, müssen bis 2020 etwa 1.460 Hausärzte und bis 2022 noch einmal insgesamt 4.000 Vertragsärzte nachbesetzt werden, ein schwieriges Unterfangen.

Demgegenüber bewegte sich die Zahl der abgehenden Medizinstudenten an der Uni Mainz in den letzten zehn Jahren zwischen 283 und 422 mit zuletzt fallender Tendenz. Ob die jeweils vom Land veranschlagten 500.000 Euro Fördermittel in 2017 und 2018 ausreichend sein werden, die medizinische Versorgung in den ländlichen Regionen sicherzustellen, darf bezweifelt werden. Entscheidender ist, dass die Förderung höhere Anreize setzt für die Niederlassung, insbesondere als Hausarzt in den Regionen, die bereits von einer Unterversorgung betroffen sind oder bei denen eine solche in Zukunft absehbar ist. Dafür, dass es gegenwärtig nicht der Fall ist, nämlich dass sich die Hausärzte dort ausreichend niederlassen, sprechen die Zahlen.

Von den für 2016 veranschlagten 500.000 Euro sind nach derzeitigem Stand noch nicht einmal 200.000 Euro abgerufen worden. Es ist nicht damit zu rechnen, dass sich das zukünftig ändern sollte; denn bereits in den Jahren zuvor wurden die Mittel ebenfalls nicht annähernd voll ausgeschöpft. Das mag, wie die Landesregierung ausführt, auch daran liegen, dass die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz zur Förderung der Niederlassung von Ärzten einen Strukturfonds aufgelegt hat und die Förderung des Landes auf Regionen konzentriert ist, die von der Förderung der KV nicht erfasst sind. Gleichwohl gilt es, diese Mittel zielgerichtet und nachhaltig zu nutzen.

Dieser Gedanke liegt auch dem von unserer Fraktion formulierten Entschließungsantrag zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum zugrunde. Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, den Fokus noch einmal auf die Möglichkeit einer Erweiterung bzw. vielleicht auch – –

(Unruhe im Hause)

Sie haben das Wort, Frau Dr. Groß.

zur Umstrukturierung bisheriger Fördermöglichkeiten zur Nachwuchsgewinnung zu lenken.

Dass die Fördermittel, wie oben erwähnt, nicht im gewünschten Maße abgerufen werden, kann doch nur an der Förderstruktur liegen. Die Förderung eines Studenten im Praktischen Jahr in Form von 2.400 Euro im Wahltertial Allgemeinmedizin bzw. die Förderung einer Niederlassung im ländlichen Gebiet von einmalig 15.000 Euro findet erkennbar kaum Anklang, sonst gäbe es mehr Nachwuchsärzte.

(Unruhe im Hause)

Ich bitte, das Gespräch etwas zurückzunehmen, damit die Rednerin durchkommt.

Wir haben vom Wahltertial gesprochen. 2.400 Euro für den Studenten bzw. 15.000 für die Niederlassung sind erkennbar zu wenig, sonst gäbe es mehr Nachwuchsärzte, die das derzeit hohe Durchschnittsalter der niedergelassenen Hausärzte verjüngt hätten.

Die Förderung nach bisheriger Lesart ist nicht alternativlos, meine Damen und Herren; denn wenn Fördergelder nicht den gewünschten Effekt bringen, sind sie offensichtlich an eine falsche Struktur gebunden, die es dann gilt zu verändern.

(Beifall der AfD)

In Anbetracht der nicht annähernd ausgeschöpften Fördertöpfe wäre jeder ungenutzte Euro eine vertane Chance. Hier entfaltet sich ein beträchtliches Potenzial für die Schaffung von Hausarztstipendien, die wir bereits erwähnt hatten. Mit den nicht abgerufenen Summen des Förderfonds können diese Stipendien finanziert werden. Allein von der 2016 nicht abgerufenen Summe von 300.000 Euro können zum Beispiel 25 Medizinstudenten ein Jahr lang von einem Stipendium von 1.000 Euro pro Monat profitieren.

Mit dem nicht ausgeschöpften Fonds dürften auch 2017 und 2018 weitere Mittel für das Stipendium Hausarzt zur Verfügung stehen. Hier gilt es zu überlegen, ob nicht eine Deckelung des Förderfonds für die oben beschriebenen eben von mir erwähnten Maßnahmen, zum Beispiel auf 200.000, sinnvoll wäre. Die restlichen 300.000 – wir wollten noch den Fördertopf um 100.000, sprich 600.000 Euro, erhöhen –, würden für 25 Studenten alljährlich als Stipendium vergeben werden können.

(Beifall der AfD)

Meine Damen und Herren, dieses Stipendium-Modell dürfte die höchste Attraktivität bezüglich der bisherigen finanziellen Anreizstrukturen darstellen, wenn wir junge Ärzte im Gegenzug bewegen wollen, sich zu verpflichten, in unterversorgten, infrastrukturschwachen Regionen fünf Jahre lang tätig zu werden. Was in Sachsen möglich ist, sollte auch in Rheinland-Pfalz möglich sein.

(Beifall bei der AfD)

Wenn Ihnen die ärztliche Versorgung in schwierigen ländlichen Gebieten ein so wichtiges Anliegen ist, sollte kein Anreiz zu groß sein, um dieses Vorhaben zu realisieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Die richtigen Ansätze müssen auch bezüglich der Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung der Krankenhausstrukturen in Rheinland-Pfalz gesetzt werden.

Unabhängig davon möchten wir die Landesregierung bitten, endlich Transparenz über die beabsichtigte Verwendung der 17 Millionen Euro aus dem Krankenhausstrukturfonds zu schaffen. Die Haushaltspläne von 2017 und 2018 sehen eine Verwendung von 17 Millionen Euro aus dem Fonds vor. Zusammen mit den 17 Millionen Euro Landesmitteln beträgt die Investitionssumme 34 Millionen Euro

für die Schließung bzw. Umwidmung von Krankenhäusern oder einzelnen Abteilungen.

Bis zum 31. Juli dieses Jahres müssen die Einzelanträge auf diese Förderung beim Bundesversicherungsamt vorliegen. Bei diesen sind sowohl das Krankenhaus, die jeweilige Abteilung, die Trägerschaft, die Versorgungsstruktur als auch eine konkrete Beschreibung der Maßnahmen beizugeben. Es muss also zum jetzigen Zeitpunkt konkrete und klar benennbar Projekte geben, bei denen sich die Landesregierung die Förderung aus dem Krankenhausstrukturfonds sichern möchten.

Daher fordere ich Sie auf, sagen Sie den Menschen in Rheinland-Pfalz, welche Krankenhäuser oder Abteilungen Sie zu schließen bzw. umzuwidmen gedenken. Die Menschen haben ein Recht zu erfahren, ob sie oder die von Ihnen genutzten Krankenhäuser betroffen sind. Stellen Sie bitte die Menschen nicht wieder wie beim Abschluss des Entscheidungsprozesses vor vollendete Tatsachen, sondern erlauben Sie den Bürgern eine demokratische Teilhabe und Mitsprache.

(Beifall der AfD)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Mein Kollege, Herr Dr. Timo Böhme, wird sich dann später zum Thema „Soziales“ äußern.

(Beifall der AfD)

Nächster Redner ist Herr Dr. Wink von der Fraktion der FDP.

(Abg. Marco Weber, FDP: Dr. Wink! – Heiterkeit im Hause)

Oh, kein Doktor? Dann ohne. Lieber Herr Kollege Wink, Sie haben das Wort.

(Zurufe aus dem Hause)

Das wäre doch etwas, oder?

Der Herr Winkler und dann der Herr Doktor, genau.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie auch mir, fast zur Primetime noch einige Punkte aus dem Einzelplan 06 herauszugreifen. Rahmenbedingungen, welche eine adäquate Versorgung jedes Bürgers, egal, wie reich oder arm jemand ist, gewährleisten, sind ein Grundpfeiler unserer Gesundheitspolitik. Trotz Schuldenbremse und Einsparmaßnahmen erachtet die FDP-Fraktion diesen Haushalt als zielgerichtet.

Einen elementaren Schwerpunkt stellt für uns als Koalition das Thema der Teilhabe dar. Beginnend mit der Pflege gilt es als Erstes anzuerkennen, dass die Landesregierung mit Maßnahmen wie der Fachkräfte- und Qualifizierungsinitiative auf einem guten Weg ist, dem Fachkräftemangel

entgegenzuwirken. Weiter ist die Pflege durch Angehörige, Freunde und Bekannte im privaten Raum zu erwähnen, welche einen großen und wichtigen Pfeiler unserer Pflege in Rheinland-Pfalz darstellt.

Passend hierzu ist es nicht außer Acht zu lassen, dass die Angebotsstrukturen natürlich fortschreitend auf die Bedürfnisse der auf Hilfe angewiesenen Menschen ausgerichtet werden. Hierzu zählen ortsnah abgestimmte Angebote mit hoher Qualität, sei es teilstationär, vollstationär oder ambulant, in der Beratung sowie auf der Seite der Hilfen. Für uns als FDP-Fraktion stellt dies einen wichtigen Schritt in Richtung Selbstbestimmung und Teilhabe an der Gesellschaft dar.

Für meine Fraktion ist auch die Hilfe zur Selbsthilfe und somit zur Selbstbestimmung von hoher Priorität.

(Abg. Martin Haller, SPD: Für die Koalition!)

Und für die Koalition natürlich. In diesem Bereich ist die Hilfe zur Überwindung sozialer Schwierigkeiten besonders wichtig. Eine Erhöhung um rund 1,5 Millionen Euro für die nächsten zwei Jahre kann ich nur gutheißen, und dass so jede Rheinland-Pfälzerin und jeder Rheinland-Pfälzer die Möglichkeit hat, ein Leben in Würde zu leben.

(Beifall der FDP und bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einen weiteren bereits erwähnten wichtigen Punkt im Doppelhaushalt stellt die Krankenhausstruktur dar. Die Krankenhausstruktur ist ein wesentliches, sehr stark emotionsbehaftetes Thema. Hier ist beispielsweise meine Heimat, die Südwestpfalz, durch die Schließung des Krankenhauses in Zweibrücken ebenfalls stark betroffen. Eine solche Schließung wirft viele Fragen auf. Daher ist es umso wichtiger, den richtigen Schritt zu gehen, den Landesanteil des Strukturfonds gemäß Landeskrankenhausgesetz stetig zu steigern.

Zudem setzt sich die FDP-Fraktion mit ihren Partnern von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dafür ein, dass eine hochwertige medizinische Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz gewährleistet wird und Leistungen der Spitzenmedizin national und international wettbewerbsfähig bleiben. Hierzu gilt es auch, überbürokratisierte Hürden zu überwinden und somit mehr in ein freiheitliches Gesundheitssystem überzugehen.

Wichtig ist natürlich auch die medizinische Versorgung im ländlichen Raum und dass diese auf einem hohen Niveau aufrechterhalten wird. So ist es das Ziel, die Ansiedlung junger Ärztinnen und Ärzte gerade in ländlichen Gebieten in Rheinland-Pfalz attraktiv zu gestalten. Hierbei ist die Landesregierung dabei, den Koalitionsvertrag umzusetzen sowie den sogenannten Masterplan zur Stärkung der ambulanten hausärztlichen Versorgung gemeinsam mit zahlreichen Partnerinnen und Partnern fortzuführen und durch Maßnahmen zu ergänzen.

Im fast gleichen Atemzug lässt sich auch eine Chance nennen, die Chance, den Einsatz von Telematik im Gesundheitswesen auszubauen. Durch diese neuen Möglichkeiten der Kommunikations- und Informationstechnologie

ergeben sich große Chancen. Die FDP sieht darin ein großes Potenzial, um gerade die unmittelbare Patientenversorgung über weite Entfernungen zu realisieren; denn zur Qualität einer guten medizinischen Versorgung zählt auch eine gute Erreichbarkeit. Durch die Telemedizin kann zusätzlich komplexe und hoch spezialisierte medizinische Versorgung auch in der Fläche verfügbar gemacht werden. Wir stehen hinter den Plänen, solche Projekte voranzutreiben.

Weiterführend in einem anderen Bereich ist uns die Leistung zum Schutz des Kindeswohls und der Kindesgesundheit wichtig. Die Mittelerhöhung dient in diesem Bereich der Verbesserung des Schutzes vor Vernachlässigung und Misshandlung.

Im Zusammenhang mit unserem Nachwuchs ist ein zu Recht viel beachteter Punkt die Hebammenversorgung. Um die freie Wahl von Art und Ort der Geburt zu erhalten, muss eine flächendeckende Versorgung durch Hebammen gewährleistet sein.