Protocol of the Session on March 23, 2017

Im Zusammenhang mit unserem Nachwuchs ist ein zu Recht viel beachteter Punkt die Hebammenversorgung. Um die freie Wahl von Art und Ort der Geburt zu erhalten, muss eine flächendeckende Versorgung durch Hebammen gewährleistet sein.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Durch die gestiegene Haftpflichtprämie für freiberufliche Hebammen in der Geburtshilfe gilt die Versorgung durch Hebammen in zahlreichen Orten als gefährdet. Wir als Ampelkoalition begrüßen hierbei die Unterstützung der Hebammen, eine kostendeckende Vergütung zu erhalten. Die Landesregierung mit Frau Ministerin Bätzing-Lichtenthäler leistet hierbei eine stark unterstützende Arbeit.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Als Hebamme! – Zuruf aus dem Hause: Er ist Doktor! – Heiterkeit im Hause)

Kommen wir wieder zurück: ein anderer Themenbereich.

(Heiterkeit und Beifall im Hause)

Wir sind als Fraktion weiterhin der Überzeugung, dass gerade Alkohol- und Drogenabhängigkeiten durch eine effektive Beratung und zielgerichtete Behandlung entgegengetreten werden kann. In unserer heutigen Gesellschaft ist und wird es immer wichtiger, sich zu Ideologiefragen bezüglich nicht stoffgebundener Abhängigkeitsformen zu positionieren. Wett-, Spiel- und Onlinesucht begegnen uns heute immer häufiger, weshalb sich die Landesregierung an der Entwicklung nachhaltiger zukunftsorientierter Konzepte zur konstruktiven Bearbeitung dieser wichtigen gesamtgesellschaftlichen Probleme weiterhin beteiligen muss.

Zielgerichtete Investitionen in die Prophylaxe sowie in die Beratung und Behandlung von suchtmittelabhängigen Menschen sehen wir Freien Demokraten mit unseren Partnern nicht nur als eine sozialstaatliche Verpflichtung, sondern darüber hinaus als ökonomisch gerechtfertigte Investition in die Zukunft unser Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall der FDP und bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Abschließend noch einige Worte zu meinen verehrten Kol

leginnen und Kollegen der CDU: Sie bemängeln immer wieder die angeblich fehlenden Maßnahmen im Gesundheitsbereich. In Ihrem Wahlprogramm – ich darf das jetzt auch einmal spielen – fordern Sie in der Arbeitsmarktpolitik bessere Qualifikations- und Einstiegsmöglichkeiten. Dennoch möchten Sie im Einzelplan 06 – das wurde auch schon erwähnt, ich möchte es aber wiederholen – 600.000 Euro bei der Initiative „Gesundheit und Pflege 2020“ und im ersten Schritt 3,7 Millionen Euro bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen streichen.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Das steht aber in eurem Wahlprogramm auch!)

Sie begründen dies mit dem Begriff der Haushaltswahrheit und beziehen sich auf das Ist. Hier ist aber die Argumentation gar nicht schlüssig. Sie stellen in Ihrem Wahlprogramm doch selbst fest, dass diese Bereiche für die Zukunft gesichert werden müssen.

(Zuruf des Abg. Thomas Roth, FDP)

Daher ist es doch sinnvolle Haushaltspolitik, die Problemfelder zu erkennen und die damit zusammenhängenden Risiken zu beachten und zu berücksichtigen. Sie befinden sich deshalb mit der Argumentation im Gestern.

(Unruhe im Hause)

Im vorliegenden Haushalt wurden deswegen richtigerweise höhere Mittel eingestellt, um zum Beispiel die Ausbildungsreife, die Berufswahlkompetenz – Sie müssen das nicht verstehen, es ist gar nicht wichtig, ob Sie das verstehen –

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sowie Eingliederungsmaßnahmen und Technologieberatung weiter zu verbessern. Das ist die zukunftsorientierte Politik der Ampelkoalition.

(Beifall der FDP und bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Resümierend lässt sich sagen, dass wir als Koalition eine bürgerorientierte Gesundheits- und Sozialpolitik betreiben, welche keine Menschen ausgrenzt. Der vorliegende Doppelhaushalt unterstreicht dies. Deshalb kann die FDPFraktion diesen mittragen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Köbler von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, schenkt sich ein Glas Wasser ein – Abg. Guido Ernst, CDU: Für die drei Minuten muss er jetzt noch etwas trinken! – Heiterkeit im Hause)

Herr Köbler, Sie haben das Wort.

Das ist wirklich ein prädestinierter Platz in diesem Rund, weil es der einzige ist, wo man trinken darf.

(Heiterkeit und Beifall im Hause – Zurufe aus dem Hause)

Das musste sein. Ich habe eine leichte Erkältung, und es ist ein bisschen trockene Luft. Ich gebe Ihnen aber gerne hinterher draußen einen Sprudel aus. – Ich wollte schon noch etwas zum Thema sagen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, gerade in Zeiten der Internationalisierung, des demografischen Wandels, der Unsicherheiten, die man in Europa spürt, die von außen an uns herangetragen werden, die aber auch im Inneren durch aufkommende populistische und extremistische Kräfte angeheizt werden, ist es umso wichtiger, den Menschen die soziale Sicherheit zu vermitteln, dass eine Politik gemacht wird, die auf soziale Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt setzt.

Ich glaube, dass die Zahlen im Einzelplan 06 des Haushaltes, den die rheinland-pfälzische Landesregierung vorgelegt hat und den wir in intensiven Beratungen in den Ausschüssen und mit den Fraktionen morgen noch ein Stück weit besser und gerechter machen werden, diesen Anforderungen gerecht werden. Ich will dies an einigen wenigen Beispielen zeigen.

Lassen Sie mich mit einem Beispiel anfangen, einer relativ kleinen Summe, die aber, wie ich finde, in einem wichtigen Bereich stattfindet. Es war mir und uns ein Anliegen, dass wir im Bereich der Kinderhospizarbeit 15.000 Euro mehr geben und auf 65.000 Euro aufstocken. Wer es schon einmal gesehen hat, weiß, was dort für eine Arbeit am Menschen geleistet wird, wo es nicht nur darum geht, todkranken Kindern noch ein schönes restliches Leben zu ermöglichen, sondern vor allem auch darum, Familien in ganz schlimmen Situationen zu stabilisieren und Geschwisterkinder zu betreuen, damit nicht dort, wo das eine Schicksal schon schlimm genug ist, ganze Familien und Verbünde auseinanderbrechen. Deswegen ist das ein Punkt, an dem ich sage, dass man mit kleinem Geld eine ganze Menge an ganz konkreter Gerechtigkeit in diesem Land schaffen kann. Deswegen war es mir ein sehr wichtiger Punkt, dass wir die Kinderhospizarbeit in RheinlandPfalz stärken können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Natürlich sind aber auch große Projekte zu stemmen. Es ist mehrfach angesprochen worden, der demografische Wandel führt insbesondere im Bereich der medizinischen Versorgung zu ganz großen Herausforderungen. Wir haben das schon oft debattiert. Es ist nicht nur in RheinlandPfalz so, es ist in quasi allen Flächenländern so. Es ist eine große Herausforderung, bei geringeren Einwohnerzahlen, auch in Zeiten von Schuldenbremse sowie zum Glück längeren Lebenserwartungen und großem medizinischen Fortschritt, die medizinische Versorgung auf sehr

hohem Niveau im ganzen Land, in den Städten wie auf den Dörfern, vorzuhalten.

Ich glaube, deswegen ist es eine wichtige Botschaft, dass die entsprechenden Mittel – sie sind schon beim Thema „Krankenhausfinanzierung“ angesprochen worden – deutlich angehoben worden sind und wir in Kombination mit den Mitteln aus den Krankenhausstrukturfonds dazu kommen, die Krankenhauslandschaft und die Landschaft in der medizinischen Versorgung so auszugestalten, dass sie auch im Zuge des demografischen Wandels die beste Versorgung für alle Menschen bieten.

Das bedeutet nicht nur mehr Geld und das Verteilen mit der Gießkanne nach dem Motto: überall ein bisschen. – So wird es nicht funktionieren. Es bedeutet, eine Grundversorgung sicherzustellen und gleichzeitig eine möglichst hohe Spezialität an den einzelnen Standorten ausbilden zu können, damit es nicht nur quantitativ, sondern am Ende auch qualitativ zu einer guten Versorgung kommt und die Menschen, wenn sie eine Krankheit haben, mit den besten Methoden von den besten Köpfen nach dem neuesten Stand der Technik versorgt werden können.

Das ist ein Umbruchprozess. Ich glaube, dass wir schon im Koalitionsvertrag und jetzt auch im Haushalt mit mehr Millionen deutlich gemacht haben, dass wir diesen Prozess beherzt angehen und die gesundheitliche Versorgung in Rheinland-Pfalz bei der Ampelkoalition und der Landesregierung in guten Händen ist.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Es ist auch noch einmal wichtig, darauf hinzuweisen, dass bei der Suchtberatung die Mittel entsprechend aufgestockt worden sind. Das ist auch ein Teil von Prävention. Insgesamt finde ich es richtig, dass die Signale in Richtung Prävention – Stichwort: Umsetzung Präventionsgesetz, Landesrahmenvereinbarung Prävention – gesetzt werden und man auch vor Ort gemeinsam mit den Kassen und Kommunen Projekte entwickelt, die dafür sorgen, dass die Menschen nicht krank werden. Das ist immer noch die beste Versorgung, die es gibt. Hier werden entsprechende Akzente gesetzt.

Meine Damen und Herren, ich habe gerade gelesen, dass die Bundesregierung ihren neuen Armuts- und Reichtumsbericht nach längeren internen Schwierigkeiten vorgestellt hat. Die ersten Zahlen, die man hört, zeigen doch einen Trend dazu, dass sich die soziale Spaltung in diesem Land weiter verfestigt und zunimmt. Wenn man zur Kenntnis nimmt, dass die reichsten 10 % in Deutschland mehr als die Hälfte des Vermögens haben und gleichzeitig festgestellt wird, dass die untere Hälfte der Bevölkerung gerade einmal über 1 % des Vermögens in Deutschland verfügt, dann muss man sich schon die Frage stellen, ob das noch gerecht ist.

Selbst wenn man sagt, das könnten die Früchte der Arbeit sein, muss man sehen, dass uns dieser Bericht heute eine zweite Zahl nennt. Diese Zahl sagt, dass die einkommensschwächsten unteren 40 % unserer Gesellschaft heute real weniger verdienen als Mitte der 90er-Jahre. Das bedeutet, dass diese Leute, die ein unteres mittleres Ein

kommen haben, heute weniger verdienen als Anfang der 90er-Jahre. Das passt auch zu Zahlen, dass heute Berufseinsteiger gemessen an der Kaufkraft weniger verdienen als noch in den 90er-Jahren. Das ist eine Entwicklung, die die Menschen sehr feinsinnig registrieren und der wir entsprechend entgegenwirken müssen, was wir auch tun.

Liebe CDU, deswegen ist es ein falsches Signal, hier zu sagen, wir kürzen bei den Arbeitsmarktmitteln. Dabei geht es genau darum, die Menschen am Anfang ihrer Karriere in den Arbeitsmarkt hineinzuführen. Es geht aber auch darum, dass wir gute Arbeitsmarktzahlen in Rheinland-Pfalz haben. Wir liegen im Bundesvergleich auf Platz 3. Aber diejenigen, die arbeitslos sind – bei denen geht es uns so wie den anderen Bundesländern –, sind es immer häufiger und immer länger. Es wird immer schwieriger, wieder in eine Arbeit zu kommen. Es wird sogar noch innerhalb der Familien vererbt.

Wenn wir diese Zahlen vor Augen haben und wissen, welcher sozialer Sprengstoff dahinter steht – das bedeutet auch eine geringere Krankenversorgung, schlechtere Bildungschancen und im Alter ganz klar Altersarmut, und zwar mit dramatischen Folgen –, dann ist es richtig, die Förderung entsprechend zu intensivieren und auf diese Menschen zu konzentrieren.

Deswegen halte ich es für wichtig, dass wir ganz konsequent die Arbeitsmarktförderung mit nach vorne bringen, weil die Menschen das Einkommen, das sie selbst erwirtschaften – das wollen die allermeisten auch –, am Ende weiterbringt. Unter dem Strich entlastet das den Staat und den Steuerzahler auch. Wir müssen die Menschen dazu befähigen, sich selbst von ihrer Hände Arbeit in ihrer Familie zu ernähren. Deswegen ist es richtig, wenn wir die entsprechenden Mittel im Haushalt einstellen, und zwar so, wie wir es als Koalition vorgesehen haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Wir brauchen aber eben auch entsprechende Mittel, um die Armutsbekämpfung angehen zu können. Das hat die Anhörung gezeigt, die wir im Sozialpolitischen Ausschuss durchgeführt haben. Deswegen freut es mich, dass wir in der Koalition vorschlagen können, die Mittel für die Armutsbekämpfung in benachteiligten Wohngebieten um 140.000 Euro auf 600.000 Euro aufzustocken. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Signal, dass die Landesregierung an den Seiten der Schwächsten in unserer Gesellschaft steht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Zum Schluss komme ich zu dem Themenbereich, der mir besonders wichtig ist. Es zeigt sich an der Gesellschaft immer, wie sie mit den Menschen umgeht, die nichts dafür können, dass sie eine Benachteiligung haben. Ich meine die Menschen mit Behinderungen. Wir sind im Bereich der Inklusion gute Schritte vorangekommen. Es kann auch immer noch weitergehen, was Thema „Inklusion“ angeht.

(Glocke des Präsidenten)