Protocol of the Session on November 11, 2020

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir können froh sein, dass es die moderne Gentechnik gibt.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Ohne sie würde es noch Jahrzehnte dauern, bis wir einen Impfstoff zur Verfügung hätten. Diejenigen, die gerne über

die alternativen Heilungsmethoden sprechen, sollten ihre Denkweisen hinterfragen. Fortschritt wird nicht durch Verbote erzielt.

Es zeigt sich aber noch etwas anderes. Es zeigt sich, was möglich ist, wenn man Menschen ihre Ideen umsetzen lässt. Wir brauchen mehr BioNTechs in unserem Land.

Die Geschichte des Unternehmens darf Inspiration für junge Menschen sein, ihre Ideen weiterzuverfolgen. Ziel unserer Politik ist es, genau das zu ermöglichen. Jeder Euro, der in Wissenschaft, Fortschritt und Innovation investiert wird, kommt mit Rendite zurück. Es ist der Wettbewerb der Ideen, der unser Land und unsere Gesellschaft stark macht.

Rheinland-Pfalz ist ein guter Standort, um aus Ideen Chancen werden zu lassen. Das ist genau das, was uns Freie Demokraten antreibt. Wir wissen, technische Innovation entsteht nicht durch Parlamentsdebatten. Wir wissen, medizinischer Fortschritt kommt nicht aus der Amtsstube. Wir kennen unsere Aufgabe. Wir wollen den kreativen Unternehmen, ambitionierten Forschern und klugen Ingenieuren die besten Rahmenbedingungen für ihre Arbeit bieten. Daran haben wir in den vergangenen vier Jahren gearbeitet. Das wollen wir in Zukunft weiter fortsetzen.

Liebe Kollegen, der Corona-Impfstoff ist noch nicht auf dem Markt; dennoch ist es jetzt wichtig, sich darauf vorzubereiten. Das macht die Landesregierung. Bis Ende Dezember werden landesweit 36 Impfzentren eingerichtet. Damit werden die Gesundheitsämter entlastet, Herr Baldauf.

Zudem wird vom Bund erarbeitet, welche Personengruppen den Impfstoff zuerst erhalten sollen. Das soll bundesweit gelten. Das ist besonders wichtig; denn vor allem Risikogruppen brauchen schnellen Zugang, um geimpft zu werden.

Auch andere Vorkehrungen werden jetzt getroffen. Genügend Spritzen, medizinische Geräte für die Impfungen, das alles wird schon jetzt organisiert. Sobald der Impfstoff verfügbar ist, wird Rheinland-Pfalz direkt gerüstet sein. Das ist vorausschauende und verantwortungsvolle Politik.

Meine Damen und Herren, vorausschauend und verantwortungsvoll, ich wünschte, ich könnte dies nicht nur von der Landesregierung sagen, sondern auch von der Bundesregierung. Dies sage ich ganz unabhängig von politischer Farbenlehre oder Parteizugehörigkeit.

Am Ende dieser Woche haben wir die Hälfte des NovemberLockdowns hinter uns. Obwohl die Zeit drängt, sind viele Fragen offen. Die Menschen sind verunsichert. Viele sorgen sich um ihren Arbeitsplatz oder bangen um die Zukunft Ihres Unternehmens.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) hat gestern mitgeteilt, dass 67 % der Gastro- und Hotelbetriebe in Rheinland-Pfalz ihre Existenz gefährdet sehen. Der Bundeswirtschaftsminister und der Bundesfinanzminister haben Ende Oktober vollmundige Versprechen abgegeben. Betriebe, die von Schließungen betroffen sind,

sollten schnell und unbürokratisch entschädigt werden. Bis zu 75 % der Umsatzausfälle sollten vom Bund übernommen werden. Das habe ich in der letzten Parlamentsdebatte ausdrücklich positiv bewertet. Jetzt sind gut zwei Wochen ins Land gegangen. Was ist seitdem passiert?

Herr Baldauf, ich gebe hier keine Ratschläge, sondern ich werde Sie mit Fakten konfrontieren. Sie sind inzwischen rausgegangen. Vielleicht fürchten Sie sich vor meiner Rede.

(Vereinzelt Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei CDU und AfD)

Am letzten Donnerstag hat sich die Wirtschaftsministerkonferenz mit den versprochenen Corona-Hilfen befasst. Wichtige Dinge galt es zu besprechen. Abläufe und Details sollten mit den zuständigen Ministern geklärt werden. Wer hat in dieser wichtigen Konferenz gefehlt?

Herr Baldauf, wissen Sie es? Es war ein Parteifreund von Ihnen. Der CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat nicht an der Besprechung teilgenommen. Das muss man sich einmal vorstellen. Zehntausende Menschen im Land sind gezwungen, ihre Restaurants, Cafés und Betriebe zu schließen. Die Menschen wollen wissen, wann und wie sie an die versprochenen Gelder kommen. Der verantwortliche CDU-Minister der Bundesregierung ist nicht bei der Besprechung dabei. Was hatte er denn Wichtigeres zu tun? Die verzweifelten Menschen erwarten Antworten darauf, wie sie ihre Betriebe und Mitarbeiter über den Monat retten können. Der CDU-Minister duckt sich weg.

Details zur Auszahlung können nicht geregelt werden. Es muss zunächst die Verwaltungsvereinbarung unterschrieben werden. Diese ist noch nicht unterschrieben. Erst wenn diese unterschrieben ist, in der alle Details stehen, die man für einen Antrag braucht, kann ein IT-System entwickelt werden, damit es eine Plattform gibt, auf der man sich anmelden und die Anträge stellen kann.

Man muss sich das einmal vorstellen. Zwei Wochen sind vorbei. Bis jetzt ist noch nichts passiert. Es ist eine Unverschämtheit, was man sich hier leistet. Für Soloselbstständige und Kleinunternehmer gibt es überhaupt nichts. Da gibt es noch gar nichts. Sie gehen hier mit Halbwissen in die Debatte und geben uns Ratschläge. Bitte rufen Sie einmal Herrn Altmaier an. Er soll sich gefälligst um die Sache kümmern, und zwar intensiv. Das kann alles nicht wahr sein.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe es eigentlich befürchtet, nachdem wir die ersten Auszahlungen im Sommer hatten. Man hat uns vorgeworfen, wir seien zu langsam, wir kämen nicht voran im Land. Wir haben es hervorragend gemacht. Schauen Sie nach Berlin.

(Heiterkeit bei der CDU)

Was lachen Sie so dümmlich? Schauen Sie einmal nach

(Heiterkeit bei SPD und AfD – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das war nicht parlamentarisch!)

Entschuldigung, das wollte ich nicht sagen.

Schauen aber Sie bitte einmal nach Berlin. Dort kümmert sich die Staatsanwaltschaft darum, weil es um Milliardenbeträge geht, die ausgezahlt wurden. Wir in Rheinland-Pfalz müssen kein Geld zurückzahlen, weil wir es ordentlich gemacht haben. Wir werden es auch diesmal ordentlich machen.

(Beifall der FDP, der SPD und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie sollen die Menschen über den Monat kommen, wenn die Bundesregierung nicht einmal die rudimentären Grundlagen geregelt bekommt?

Meine Damen und Herren, bereits in der letzten Plenarsitzung am 30. Oktober habe ich es angesprochen. Eine weitere wichtige Frage muss geklärt werden. Es muss klargestellt werden, wie es nach dem November weitergehen soll. Was passiert im Dezember? Dazu macht man sich in Berlin schon Gedanken, allerdings wieder nur im kleinen Kreis, nicht im Parlament, nicht in der öffentlichen Debatte.

In den Medien ist zu lesen, dass die Bundeskanzlerin am Montag im CDU-Präsidium angekündigt hat, dass man über Lockerungen erst gar nicht sprechen solle. Eventuell müsse sogar nachgelegt werden. Es ist schön, dass die Kanzlerin das dem Präsidium ihrer Partei mitteilt. Es sind aber über 80 Millionen Menschen in Deutschland, die auf Antworten warten.

(Beifall des Abg. Marco Weber, FDP)

Ist das das Konzept der Kanzlerin? Wird die CDU zur Partei des ewigen Lockdowns? Das kann doch nicht alles sein.

Die Bundesregierung muss dringend einen Plan vorlegen, wie es im Dezember und darüber hinaus weitergehen soll. Es muss geklärt werden, wie Risikogruppen, ältere Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen, effektiver geschützt werden können. Das ist aber nur ein Schritt, um umfassende Lockdowns vermeiden zu können.

Es muss dringend klar werden, wo die Infektionsherde liegen. Es muss klar werden, wo sich die Menschen anstecken. Nur so können die Menschen effektiv geschützt werden. Nur so können wir in unser normales Leben zurückkehren.

Zusammenfassend sage ich: Der halbe November ist bald vorbei, und die Bundesregierung ist kaum einen Schritt weiter. Weder ist klar, wann die betroffenen Betriebe mit ihren Hilfszahlungen rechnen können, noch ist klar, wie die Bundesländer die Auszahlungen vornehmen können.

BioNTech hat es geschafft, in acht Monaten einen Impfstoff zu entwickeln. Gleichzeitig hat es die Bundesregierung in

acht Monaten nicht hinbekommen, Wege aus der Krise zu entwickeln.

Herr Baldauf, Sie haben mal wieder auf uns im Land gezeigt. Rufen Sie doch bitte Herrn Altmaier zum zweiten Mal an und bitten Sie ihn.

Die rechtlichen Grundlagen für die Einschränkungen wackeln. Die versprochenen Hilfsgelder können nicht beantragt werden. Die Kanzlerin informiert ihre Partei, dass der Lockdown möglicherweise verlängert wird. Es ist nicht klar, wo die Infektionsherde liegen. Die Verunsicherung in der Bevölkerung wächst.

Meine Damen und Herren, abschließend sage ich nicht als Politikerin der FDP, sondern als Mitbürgerin unseres Landes: Der politische Zustand unserer Bundesregierung besorgt mich zutiefst.

(Vereinzelt Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht deren Vorsitzender Dr. Braun.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es wird Sie vielleicht ein bisschen verwundern, ich streite gerne mit Ihnen, aber ich will das heute überhaupt nicht tun. Ich will heute in dieser Debatte keinen Wahlkampf führen. Ich will auch nicht jemandem vorwerfen, was er alles nicht getan hat und was man selbst besser getan hat, sondern ich will einfach einmal über die Situation in diesem Land reden. Ich glaube, das ist angebracht.

Wir haben hier im Landtag Verantwortung. Darum sind wir im Landtag. Wir sind gewählt worden als Vertreterinnen und Vertreter des Volkes. Also haben wir auch Verantwortung. Natürlich kann man dann in diesem Landtag verschiedener Meinung sein, das sind wir immer wieder. Ich glaube aber, was wir als Erstes gemeinsam sehen müssen, ist, dass diese Verantwortung, die wir gegenüber allen Menschen in Deutschland haben, stattfindet und natürlich zuerst gegenüber den Schwächsten gezeigt werden muss.

Das ist die Verantwortung in Politik, das ist die Verantwortung des Staatswesens, sonst könnte jeder vor sich hin machen, wie er gerade will. Wir sind dazu da, den Schwächsten zu helfen und die Schwächsten vor den Folgen dieser Pandemie zu schützen. Das wollen wir, und darüber will ich gerne reden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Vor einigen Wochen stand ich hier – ich habe es das letzte Mal auch schon gesagt –, und da war der Belegstand