Protocol of the Session on November 11, 2020

Vor einigen Wochen stand ich hier – ich habe es das letzte Mal auch schon gesagt –, und da war der Belegstand

der Intensivbetten in Deutschland bei etwa 220, 230. Ich habe damals gesagt: Wir müssen aufpassen – das war im September –, es wird einen rapiden Anstieg geben, und dieser Anstieg wird natürlich auch dazu führen, dass die Todeszahlen, die Zahlen der Sterbenden in Deutschland ansteigen werden.

Ich weiß noch, wie Frau Dr. Groß von der AfD ans Mikrofon gestürmt ist, vorher eine blaue Karte gezeigt und mir erklärt hat, dass der Anstieg der Infektionen überhaupt nicht dazu führen müsste, dass Intensivstationen mehr belegt werden und mehr Menschen sterben. Sie hat gesagt: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

Meine Damen und Herren, da hätte man Verantwortung zeigen können, wenn man gewollt hätte, aber die AfD will keine Verantwortung zeigen, sie will politisches Kapital aus der Lage schlagen, und das wollen wir nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP sowie vereinzelt bei der CDU)

Wir haben inzwischen – heute wird zumindest die Zahl gemeldet – 3.127 Intensivpatienten in den Krankenhäusern liegen. Meine Damen und Herren, 3.127 in Deutschland. Das ist mehr als das Zehnfache der Zeit von Mitte September, auf die ich mich bezogen hatte. Es wird weiter zu Anstiegen kommen, weil die Infektionszahlen angestiegen sind. Wer die Zahlen beobachtet, weiß, dass wir jetzt schon eine genauso große Auslastung bei den Intensivbetten haben, wie wir sie im Frühling hatten, und sie ansteigen wird, wir also mehr Auslastung haben werden, als wir im Frühling hatten.

Im Frühling ist ganz klar über einen Lockdown diskutiert worden, und jetzt wollen manche davon hier nichts mehr wissen, meine Damen und Herren. Es ist dringend notwendig, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, und es ist dringend notwendig, Kontakte untereinander zu vermeiden. Wir können gerne darüber streiten, wie wir das dann machen, aber dass wir das machen müssen, das muss Konsens sein, weil wir die Menschen und gerade die, die sich nicht schützen können, schützen wollen, und dazu müssen wir Kontakte vermeiden.

Ich sage wieder: Verantwortung zeigen, das kann jeder für sich, das kann man aber auch in der Politik, und das machen wir, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP sowie der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Bevor ich jetzt zu Einzelheiten kommen will, wer was genau getan hat, möchte ich ein großes Danke sagen. Ich weiß, wir machen das oft in der Politik, weil wir sagen: Wir müssen den Leuten, die den Karren ziehen, danken. Wer hat denn aber schon positiv alles nacheinander aufgezählt, so wie es negativ aufgezählt wird? Ich fände es richtig, wir würden die positiven Sachen in den Mittelpunkt stellen.

Deswegen ein Danke an die Menschen, die verantwortlich handeln, ein Danke an die Menschen im Gesundheitssys

tem, ein Danke an die Menschen im öffentlichen Dienst, die trotz allem, trotz dieser schwierigen Situation, diese Arbeit aufrechterhalten, die es gestattet, dass wir hier sitzen können, und dafür sorgt, dass es Licht und Ton gibt, aber die auch dafür da ist, dass die Kinder im Moment in die Schule und die Kita gehen können. Das ist doch eine super tolle Leistung. Diese super tolle Leistung wird in Deutschland geleistet.

Wenn die AfD einmal stolz wäre auf Deutschland, könnte sie einmal so etwas sagen wie, dass in Deutschland eine super tolle Leistung gebracht wird,

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Haben wir doch gerade! Hören Sie doch mal zu!)

und zwar täglich, und zwar immer wieder, und zwar von allen gemeinsam, und nicht nur von denen, die ideologisch Ihrer Auffassung sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP sowie des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Die Menschen, die dieses Deutschland, die diese Gesellschaft so super toll zusammenhalten, die wollen von uns natürlich wissen und hören, wie wir die Zukunft sehen und was wir in der Zukunft machen wollen. Ich muss das jetzt einmal sagen, ich weiß nicht, wie die Fraktionsvorsitzende der FDP das gemeint hat: Im Netz kursiert, die Grünen wären gegen Gentechnik. Ich will ganz deutlich sagen – das wissen Sie aber auch –: Seit 30 Jahren haben wir als Grüne die medizinische Gentechnik anerkannt. Ich finde, eine solche Debatte ist unwürdig.

Deswegen glaube ich auch an der Stelle: Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass wir Forschung in Deutschland haben. Es hat sich doch gezeigt, dass die Tatsache, dass wir Forschung in Deutschland, in Rheinland-Pfalz haben, diese Welt vielleicht wieder lebenswerter macht, als sie bisher war. Darauf sind wir alle sehr stolz, und wir freuen uns. Wir freuen uns, dass das jetzt gelungen ist. Wir sehen Licht am Ende des Tunnels. Meine Damen und Herren, dieser Tunnel ist aber noch ziemlich lang. Wir können nicht heute die Masken ablegen und tanzen gehen. Nein, es wird noch eine Weile dauern.

Deswegen ist auch hier die Verantwortung das, was uns zusammenhalten muss, sodass wir nicht zu früh sagen: Ja, wir wollen jetzt auf den Lockdown verzichten. Es ist nicht verantwortungsbewusst, dass wir gewisse Teile der Gesellschaft einschränken.

Nein, meine Damen und Herren, es ist richtig, gewisse Teile einzuschränken. Ich will es noch einmal sagen, ich habe es letztes Mal schon gesagt. Meine Damen und Herren, wenn sich dann jemand beschwert, dass alles verboten wird, was Spaß macht, sage ich: Zuerst muss die Bildung gesichert werden. Zuerst muss für unsere Zukunft, für die Kinder und die Familien gesorgt werden, für die Frauen, die diese Arbeit in der Familie und im Gesundheitswesen leisten.

Für die muss doch gesorgt werden, und nicht dafür, dass wir alles, was uns Spaß macht, machen können. Das können wir dann wieder, und wir bzw. die Leute, die das machen, haben anscheinend in der Forschung dafür gesorgt, dass wir das auch wieder können. Da bitte ich aber doch um Geduld, da bitte ich doch um Nachsicht, um Rücksicht, um Verantwortung, dass wir jetzt gemeinsam sagen: Okay, wir verzichten jetzt – das ist natürlich ein Verzicht –, damit wir im nächsten und übernächsten Jahr wieder eine gute Gesellschaft haben und alle gemeinsam wieder glücklich sein und feiern können.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Weil wir das so wollen, müssen wir natürlich auch darauf achten, dass die Zukunft eine andere ist als die Vergangenheit. Natürlich müssen wir das Gesundheitswesen stärken. Wir haben jetzt gemerkt, dass in manchen Bereichen – gerade im Gesundheitsdienst, auch im öffentlichen – Personal ausgedünnt wurde. Jetzt merken wir: Es war vielleicht nicht alles ganz richtig. Da muss man korrigieren, da korrigieren wir auch. Das machen wir dann als Verantwortliche in diesem Land, als Parlament, als Regierung.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass diese Regierung so schnell auf das, was da gefordert ist, reagiert. Meine Damen und Herren, es ist gefordert, dass es mehr Busse für die Schülerinnen und Schüler gibt. Ja, wir reagieren darauf; denn wir haben beschlossen, dass das zur Verfügung gestellt wird.

Wir reagieren, wenn es heißt: Die Schulen brauchen, wenn sie die Fenster nicht aufmachen können, vielleicht Lüftungsgeräte bzw. Luftfilter. Ja, wir haben darüber diskutiert. Wir haben uns das genau angeschaut, weil wir nicht irgendjemandem auf den Leim gehen wollten, der so etwas anbietet. Wir haben es uns genau angeschaut, und was ist? Wir haben reagiert. 6 Millionen Euro werden für die Anschaffung von Luftfiltern zur Verfügung gestellt. Das könnte die Opposition vielleicht zumindest einmal erwähnen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP sowie des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Meine Damen und Herren, wir sind also auf dem richtigen Weg in Rheinland-Pfalz. Ich will das auch noch einmal deutlich sagen: In der Zukunft wird vieles anders sein müssen. Wir können nicht in die gleiche Zukunft wie in der Vergangenheit gehen. Dafür sind wir lernende Wesen. In der Zukunft wird im Gewerbe und in der Industrie manches anders sein, weil wir eben nicht nur diese eine Krise, sondern auch die Klimakrise haben. Wenn wir uns an der einen Krise stärken, dann können wir das vielleicht auch an der anderen tun, an der Klimakrise, indem wir auch jetzt die Menschen unterstützen, die für die Zukunft arbeiten, die klimaneutral wirtschaften und als Zukunftswirtschaft aufgestellt werden. Dahin sollen die Fördermittel fließen.

Wir zahlen Fördermittel in Millionenhöhe, in Milliardenhöhe und EU-weit sogar in Billionenhöhe aus. 1.000 Milliarden Euro werden dafür ausgezahlt, dass sich die Wirtschaft neu

aufstellen kann. Wenn man mit den Menschen in der Industrie spricht, wenn man mit den Verbandsvertreterinnen und Verbandsvertretern spricht, dann sind die auch alle dazu bereit. Sie wollen nur erklärt bekommen: Wie geht es denn?

Dazu ist natürlich auch die Politik da. Wir müssen erklären: Warum machen wir den Lockdown? Wir haben versucht, das zu erklären. Das müssen wir jeden Tag neu erklären, weil wir Verantwortung für die Schwachen in der Gesellschaft tragen – man kann es nicht oft genug sagen –, weil wir Verantwortung tragen, und nicht, weil wir eine Spaßgesellschaft oder Spaßparteien sind, sondern weil wir Verantwortung für die Schwächsten tragen, meine Damen und Herren. Das tun wir auch, wenn wir die Klimakrise bekämpfen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Das tun wir dann sogar weltweit, so wie wir es jetzt auch weltweit tun.

Deswegen ist es richtig, wenn das Parlament über die Verteilung von Impfstoffen diskutiert. Es ist richtig, dass sich das Parlament an allen Stellen einschaltet, an denen man etwas nach draußen erklären muss. Es ist richtig, dass das Parlament mitreden will. Ich habe es am Anfang schon gesagt: Wir sind die Vertreterinnen und Vertreter des Volkes. Das Volk muss doch darüber diskutieren, und wir als Vertreterinnen und Vertreter wollen das natürlich auch.

Ich habe letztes Mal hier gesagt, und ich sage es wiederum: Wir sind als Parlament sehr selbstbewusst mit der Situation umgegangen. Wir als Parlament haben uns immer eingemischt, und wir werden auch in der Zeit nach der letzten Plenarsitzung unsere Aufgabe erfüllen. Natürlich sind wir zu allen Diskussionen, zu Orientierungsdebatten, aber auch zu weiteren Diskussionen und weiteren Erklärungen, warum wir so handeln, wie wir handeln, bereit.

Das ist die Funktion des Parlaments. Es ist die Funktion der Politik, Entscheidungen zu erklären, die Menschen mitzunehmen, damit sie nicht mit irgendwelchen völlig verirrten und verwirrten Leuten, die ihnen irgendetwas erklären, auf der Straße stehen müssen. Ich habe gestern wieder Beiträge gesehen – man glaubt es gar nicht –, aber die erklären ihnen, dass kleine Kinder gegessen werden, dass es Chips gibt, die bei der Impfung unter die Haut gepflanzt werden usw. Diese Leute muss man doch aufklären. Man kann die Leute doch nicht mit all diesen grauenhaften Geschichten alleinlassen. Dafür ist Politik da, und das werden wir auch weiterhin machen. Wir werden auch weiterhin die Verantwortung übernehmen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Jetzt hat die fraktionslose Abgeordnete Bublies-Leifert das

Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der heutigen Regierungserklärung von Frau Ministerpräsidentin Dreyer dürfen wir nun zur Kenntnis nehmen, dass die Landesregierung auch neun Monate nach dem ersten Corona-Fall in Deutschland noch immer kein gangbares Konzept hat. Sie haben nun unserem Rheinland-Pfalz gemeinsam mit Frau Merkel und ihren willfährigen Gesellen einen weiteren Lockdown verordnet.

(Unruhe im Hause)

Sie setzen erneut fahrlässig Tausende, wenn nicht gar Millionen von Existenzen aufs Spiel und verpassen unserer Wirtschaft einen weiteren Todesstoß. Sie lassen Gaststätten, Hotels, Kultureinrichtungen und Fitnessstudios schließen, obwohl diese nachweislich in beste Hygienekonzepte investiert hatten. Hilfsgelder für diese Selbstständigen müssen natürlich auch erst bei einer wieder einsetzenden Wirtschaft erwirtschaftet werden. Es gibt schließlich kein Fiatgeld.

Gerade die erneute Schließung der Fitnessstudios und Sportstätten ist unter gesundheitspolitischen Aspekten ein regelrechtes Waterloo. Gerade Menschen mit HerzKreislauf-Problemen – neben Krebs die Erkrankung mit der höchsten Todesrate deutschlandweit – sowie Bürger mit Übergewicht suchen gerade in diesen Sportstätten Hilfe. Diese wird ihnen jedoch wieder auf ungewisse Zeit verwehrt.

Nach Ihrer Einlassung darf ein Arbeitnehmer mit acht Kollegen Seite an Seite am Fließband stehen bzw. im Büro sitzen, aber nicht nach Feierabend mit seinen Kollegen Sport treiben oder mit zwei Kollegen ein Bierchen trinken, stattdessen aber morgens und abends in überfüllten Bussen und Bahnen sitzen. Wirklich nicht verwunderlich, dass die Infektionszahlen bei einem solchen Krisenmanagement ansteigen.

Je mehr man testet, umso mehr Fälle, auch falsche positive Ergebnisse, gibt es natürlich. Bis heute ist nicht zweifelsfrei nachgewiesen, dass das Coronavirus in Deutschland gefährlicher ist als die Grippe mit fast 30.000 Toten vor drei Jahren.

(Zuruf des Abg. Benedikt Oster, SPD)

Vielmehr sterben nachweislich mehrere Zehntausend Menschen jährlich am Krankenhauskeim MRSA. Schließen Sie aufgrund dessen auch Kliniken?

Wie hier inzwischen die Panik anstelle von Vernunft und Logik regiert, sieht man auch an unseren Schulen. Wenn einerseits Atteste nicht akzeptiert werden, weil eine Diagnose fehlt, und das trotz datenschutzrechtlicher Bedenken unseres Datenschutzbeauftragten, dann muss man sich fragen, wo hier der Rechtsstaat bleibt.

Dass Sie Kindern ab der 5. Klasse sogar weitgehend permanent die Maske ins Gesicht drücken, ist an seelischer Grausamkeit sowie unter langzeitlichen Gesundheitsaspekten nicht zu fassen.

(Zurufe von SPD und CDU)

Gerade die AfD präsentiert einen Rollenwechsel, der doch sehr an Jekyll und Hyde erinnert.