Aber auch das ist etwas, was weiter hervorgebracht werden muss, und das kann das Land Rheinland-Pfalz. Da ist es wichtig, dass wir in Rheinland-Pfalz verlässlich sind und nicht auf den Bund und nicht auf Europa zeigen. Wir machen unsere Aufgaben hier vor Ort.
Verehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Ich kann dem Vorredner, Kollegen Gies, nur zustimmen. Die FDPFraktion erfreut uns heute mit einer angeblich Aktuellen Debatte zu einem Treffen der EU-Agrarminister in Koblenz, welches erst am Montag, dem 31. August, starten wird. Glaskugeln wurden beim Antrag auf diese Debatte leider nicht mitgeliefert.
Zudem scheint nicht nur Wirtschafts- und Agrarminister Dr. Wissing bereits nach Berlin abgewandert zu sein, sondern er hat offensichtlich seine ganze Landtagsfraktion bereits mitgenommen.
Spielen wir also heute einmal Bundestag und widmen uns den ganz großen Themen, welche Bundesministerin Klöckner für das Treffen angekündigt hat: die Gemeinsame Agrarpolitik, Klima- und Bodenschutz, Lebensmittelstandards und auch Pflanzenschutz und Gesundheit. Dabei werde ich nicht alles wiederholen, was schon gesagt worden ist, sondern ich greife zwei Aspekte heraus, die mich ganz besonders interessieren und auch Landeszuständigkeiten betreffen: die Lebensmittelstandards und die Gesundheit.
Herr Kollege Weber, Sie werden es nicht glauben, die Jodprophylaxe gehört auch dazu. Sie ist nämlich ein Lebensmittelstandard. Wenn man mittels Zugabe von mineralischen Jodverbindungen zu Tierfuttermitteln die Jodgehalte in Lebensmitteln – hier vor allem Milch und Eier – um Zehnerpotenzen erhöht, teilweise auf das Hundertfache des natürlichen Gehalts, dann hat das Einfluss auf die Gesundheit von Menschen, und dieser Einfluss ist bei Weitem und nachweislich nicht immer positiv.
Die FDP-Fraktion interessiert das aber gar nicht. Bei der Besprechung der Großen Anfrage der AfD-Fraktion zum Thema „Schilddrüsenerkrankungen“ im Gesundheitsausschuss hörte man vonseiten der FDP kein Wort, übrigens auch nicht von den anderen Fraktionen. Das nennt man dann Demokratie und Übernahme von Verantwortung für die Bürger.
Die Landwirtschaft, in Form von Futtermittelherstellern und Landwirten, ist aber unmittelbar an dieser Mission Jodprophylaxe beteiligt. Wenn Milch und Eier de facto zu Jodtabletten und Landwirte zu deren Herstellern und Apothekern gemacht werden, stellt sich die Frage: Wer übernimmt in diesem Fall die Verantwortung für Produktqualität, Beratung und falsche Dosierung?
Eine Kontrolle der Lebensmittel auf Jodgehalte im Rahmen der Lebensmittelüberwachung findet nämlich nicht statt.
Das stand in einer Antwort der Landesregierung. Ich frage: Wer zeichnet dann eigentlich verantwortlich, wenn nach mehr als 30 Jahren Jodprophylaxe geschädigte Verbraucher einmal vor Gericht klagen würden? Die Jodierung von Futtermitteln ist nämlich kein gesetzlicher Zwang, sie ist angeblich freiwillig, allerdings nicht für die Verbraucher.
Die meisten Verbraucher wissen nämlich gar nicht, dass sie mit Lebensmitteln jodiert werden. Eine entsprechende Kennzeichnung oder Quantifizierung an Lebensmitteln gibt es nicht. Aber auch die meisten Tierhalter dürften sich nicht im Klaren darüber sein, was sie ihren Tieren da in Form von Mineralfuttermitteln in die Futtertröge schütten und in der Vergangenheit geschüttet haben. Als ich auf einer Jahrestagung des Landeskontrollverbands, welcher für die Milchprüfung zuständig ist, den Geschäftsführer fragte, wusste dieser nicht einmal, dass es eine Futtermitteljodierung gibt.
Es wäre also durchaus auch für die FDP und die anderen Fraktionen von Interesse, dieses Thema im Sinne der Tierhalter und der Bürger einmal genauer zu betrachten.
Von den europäischen Agrar- und Ernährungsministern fordere ich übrigens, die Futtermitteljodierung auf ein Maß zu begrenzen, welches lediglich dem unvermeidbaren tatsächlichen Bedarf der Nutztiere entspricht, und die Futtermitteljodierung besser zu überwachen. Die aktuell geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen der Europäischen Union müssen angepasst werden; denn sie sind grundgesetzwidrig und erlauben Jodmengen, welche gesundheitsschädlich sind.
Noch 2017 fand die Stiftung Warentest übrigens 520 Mikrogramm Jod pro Liter in einer zufällig gezogenen deutschen Milchprobe. Das ist definitiv zu viel, und in benachbarten Mitgliedstaaten und beim Import von Milchprodukten sieht es noch schlimmer aus.
Ja, meine Damen und Herren von der FDP, Verbraucherschutz ist eben auch ein Thema für Landwirtschaft und die Agrar- und Ernährungsminister. Es ist auch im Sinne unserer Landwirte, dass zu Lebensmittelstandards Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bestehen. Diese Forderung sollten wir erheben.
und Kollegen! In wenigen Tagen werden sich die EUAgrarministerinnen und Agrarminister zunächst zu einem informellen Treffen in Koblenz zusammenfinden. Dem Vernehmen nach werden die Agrarministerinnen und Agrarminister dann einen Ausflug an die schöne Mosel machen.
Da können sie viel lernen; denn dort gibt es das Projekt „Lebendige Moselweinberge“, das erst kürzlich wieder von der UN für seine hervorragende Arbeit beim Schutz der Artenvielfalt ausgezeichnet wurde. Mit dem Projekt wird die Artenvielfalt in den einzigartigen Steillagen gefördert, Umweltbildung betrieben, und die Region erfährt eine deutliche Aufwertung. Vorbildlich.
An dieser Stelle danke ich auch ausdrücklich dem Wirtschaftsministerium, das die Finanzierung dieses Leitfadens vom DLR – ich darf es vielleicht gerade hochhalten –
Das ist eine Handreichung für Grundschulen, die jetzt verteilt werden soll und die – das finde ich ganz wichtig, das ist auch in unserem Sinne – den Kindern von vornherein die Wertschätzung für die Artenvielfalt und für Landwirtschaft und Weinbau nahebringen soll. Deswegen noch einmal herzlichen Dank.
Ich hoffe sehr, dass die Agrarministerinnen und Agrarminister und allen voran Julia Klöckner erkennen: Die Landwirtschaft und der Weinbau können ganz erheblich zum Erhalt unserer Artenvielfalt beitragen. Dafür müssen aber die Weichen gestellt werden.
Denn was gerade auf EU-Ebene und auch hier in Deutschland immer wieder passiert, ist, dass akzeptable Vorschläge zum Schutz der Artenvielfalt, für eine Verbesserung des Tierwohls, für eine nachhaltige Landwirtschaft zerredet und wenig ernst genommen werden, und ich will betonen: akzeptable, aber bei Weitem nicht ausreichende Vorschläge; denn es müsste deutlich mehr passieren.
So, meine Befürchtung, wird in Koblenz wahrscheinlich viel geredet, aber wenig davon wird tatsächlich im Sinne einer zukunftsfähigen Landwirtschaft sein. Ich will gar nicht über die notwendige grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik sprechen.
Erstens: Wir bräuchten zumindest eine ausreichende Finanzierung der zweiten Säule, die ganz konkret die Landwirtinnen und Landwirte bei einer klima- und umweltschonenden Landwirtschaft unterstützt. Im Gegensatz dazu wird weiter nur die Fläche gefördert, und man weigert sich, mehr Geld von der Flächenprämie in die Förderung der umweltschonenden Landwirtschaft umzuschichten.
Zweitens: Die Reduktion schädlicher Stoffe in der Landwirtschaft geht nur schleppend voran. Immer wieder müssen die Agrarministerinnen und Agrarminister dazu gedrängt werden, für die Insektenwelt schädliche Mittel wie den Einsatz von Glyphosat zu verbieten.
Drittens: Wir bräuchten einen Impuls aus der EU zu deutlich mehr Bio; denn die biologische Landwirtschaft schützt Klima, Wasser und Boden. Stattdessen diskutiert man die guten Ansätze der Farm-to-Fork-Strategie – also auf Deutsch, vom Hof auf den Tisch –, diese Strategie der EU, die wirklich sehr gute Ansätze hat, tot.
Viertens: Es braucht deutlich mehr Investitionen in eine tiergerechte Landwirtschaft, hin zu einer Bindung des Tierbestands an die Fläche und eine einheitliche, transparente und vor allem für die Höfe und die Tierarten verpflichtende Tierwohlkennzeichnung aller Produkte ohne Ausnahme. Ich sage Ihnen, das ist genau das, was Verbraucherinnen und Verbraucher immer mehr verlangen.
Diese vier Punkte sind nur Beispiele, was dort in Koblenz verändert werden könnte. Wenn die Agrarministerinnen und Agrarminister an der Mosel genau hinschauen würden, würden sie sehen, wie es mit einem Weinbau, der auch Lebensraum für viele Arten lässt, funktionieren kann.
Diese Punkte werden wir alle früher oder später umsetzen müssen. Das wissen wir alle. Deswegen sagen wir Grünen immer, lassen Sie uns diese Punkte jetzt angehen, bevor das Artensterben und die Klimakatastrophe die Landwirte so weit an die Wand gestellt haben, dass es nur noch wenige von ihnen gibt; denn genau dieses Ignorieren von Problemen und die Verwehrung der entsprechenden Unterstützung führt doch zum Höfesterben.
Julia Klöckner wird sich daran messen lassen müssen, ob sie es schafft, einen Beitrag zu einer umweltgerechten und klimaschonenden Landwirtschaft zu leisten, der den Landwirtinnen und Landwirten auch in Zukunft ein Einkommen sichert.
Lassen Sie mich sagen: Ich hoffe, sie schafft es. Aber bisher ist davon leider noch nichts zu sehen.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, des Abg. Johannes Klomann, SPD, und der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP)
Besten Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Corona-Pandemie hat die Bedeutung der regionalen Sicherung der Ernährung und verlässlicher Lieferketten wieder stärker ins Bewusstsein gerückt. Im Blickpunkt der EU-Ratspräsidentschaft im Agrarbereich stehen eine nachhaltige und resiliente Landwirtschaft und damit die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) 2021 bis 2027, ihre Verbindung zum neuen Green Deal mit der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ sowie die Sicherung zukunftsfähiger ländlicher Räume.