Protocol of the Session on August 27, 2020

In Zeiten enger Fesseln durch die Schuldenbremse benötigen wir eine solide Haushaltsrücklage, die uns finanzpolitisch handlungsfähig hält. Sie bewahrt uns vor Kürzungen bei wichtigen Aufgaben. Wer riskieren will, dass wir in unsicheren Zeiten bei Schulen, Polizei und Infrastruktur kürzen müssen, kann die CDU wählen. Wer riskieren will, dass – wie das gerade in Mainz passiert – eine Wirtschaftsdezernentin noch nicht einmal die Verordnungen lesen kann und sie jetzt der ganzen Gastronomie Knüppel zwischen die Beine werfen will, kann die CDU wählen. Wenn Sie in unsicherer Finanzpolitik unsolide Haushaltspolitik haben wollen, empfehle ich Herrn Baldauf. Dann gibt es kurzfristig Konsum ohne nachhaltige Wertschöpfung.

Meine Damen und Herren, wer hingegen Sicherheit, Ordnung und Wohlstand will, kann sich auf uns Freie Demokraten in der Landesregierung verlassen. Zum Glück.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Wo leben Sie denn? Nicht in Rheinland-Pfalz!)

Zu Herrn Reichert: „Sondervermögen beschneidet Kontrolle des Landtags“ – Ihre Kritik hört man bei den Kolleginnen und Kollegen in Hessen sehr wahrscheinlich sehr gerne.

Das Sondervermögensgesetz ist deshalb sinnvoll, weil das übliche Haushaltsinstrumentarium in dieser Krisenzeit an seine Grenzen stößt. Wie Ministerin Ahnen schon gesagt hat: Wenn nicht jetzt, wann dann?

(Vereinzelt Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein klares Konjunkturpaket bietet Unternehmen Sicherheit und Verlässlichkeit. Was die parlamentarische Beteiligung angeht, die Sie von der CDU ansprechen – Sie kennen sich sehr gut damit aus –: Erzählen Sie Ihren Landrätinnen und Landräten doch einmal etwas davon. Während der Pandemie haben sich Ihre Leute mit Eilentscheidungen durchgehangelt und den Informationsfluss in die Kreistage und Stadträte oftmals vermissen lassen.

(Zuruf aus dem Hause: So schaut es aus!)

Einer hat es sogar geschafft, einen Gesamthaushalt ganz ohne Zustimmung des Kreistags durchzubringen.

(Vereinzelt Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann wollen Sie uns bei der parlamentarischen Kontrolle belehren. Das ist absurd. Dafür findet sich selbst bei Erhard kein Zitat.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber jetzt zur Sache. Dieses Finanzpaket als Sondervermögen ist keines, das von Haushaltsjahren oder Wahlterminen abhängig ist. Es muss wirkmächtig, es muss langfristig angelegt sein, damit es gegen die Auswirkungen der Krise auch ankommt. Diese enden nicht mit der Zulassung eines Impfstoffs für die breite Masse. Hier schließt sich eine Wirtschaftskrise an, in der es auf zügige Mittelverwendung und nachhaltige Investitionen ankommt.

Die Corona-Krise wird nicht Ende dieses Jahres auf dem Treppenabsatz kehrtmachen, meine Damen und Herren. Ihre Auswirkungen werden uns über das Jahr 2020 hinaus fest im Griff haben. Deswegen ist es auch nur logisch, dass die entsprechenden Maßnahmen über das Jahr 2020 hinaus wirken und weiter finanziert werden müssen.

Sicherheit und Verlässlichkeit sind die Werte, die ein kraftvolles Paket vermitteln muss. Das Sondervermögen kann diese Werte garantieren. Nur mit diesem Instrument sind umfassende investive Maßnahmen möglich. Die Landesregierung wird den Landtag kontinuierlich über die Mittelverwendung unterrichten. Daran habe ich keinen Zweifel.

Meine Damen und Herren, dem Corona-Sondervermögen werden Haushaltsmittel in Höhe von über 1 Milliarde Euro zugeführt. Das ist eine Menge Geld. Umso wichtiger ist es, dass wir alle an einem Strang ziehen. Nur so können wir gewährleisten, was nun wichtig ist, nämlich vorrangig erstens die Gesundheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger, zweitens die nachhaltige Stärkung unserer Wirtschaft und drittens die Unterstützung unserer Kommunen.

Das Sondervermögen umfasst insgesamt zehn Bereiche, die unsere besondere finanzpolitische Aufmerksamkeit brauchen. An erster Stelle hat das Corona-Sondervermögen den Gesundheitsschutz unserer Bürgerinnen und Bürger fest im Blick. Für diesen Bereich werden rund 225 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.

(Heiterkeit bei und Zurufe von der AfD: „Milliarden“? Oho!)

Ich brauche nicht zu sagen, dass die Patientenversorgung in Krankenhäusern insbesondere in Krisenzeiten wie der jetzigen eine übergeordnete Rolle spielt. Es ist mit Blick auf die Pandemie erforderlich, dass die rheinland-pfälzischen Krankenhäuser noch besser und noch moderner ausgestattet werden. Auch verbesserte Notfallkapazitäten, moderne digitale Infrastrukturen und eine starke regionale Versorgungsstruktur stehen auf der Agenda.

Meine Damen und Herren, wie wir wissen, hat der Ausbruch der Corona-Pandemie nicht nur viele Freiheitseinschränkungen unserer Mitbürgerinnen und -bürger zur Folge. Die Konsequenzen für die Wirtschaft sind dramatisch. Für uns als Freie Demokraten steht fest, der Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz braucht nach einer Phase der Krisenüberbrückung jetzt kraftvolle Impulse, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die hierfür vorgesehenen Mittel und Förderstrukturen sind passgenau und zielführend angelegt. Die veranschlagte Viertelmilliarde wird nachhaltig helfen, die Wirtschaftsund Innovationsförderung kraftvoll und stark zu unterfüttern, vor allem auch für digitale Lösungen. Sie wird nicht schnell verpuffen, sie wird nicht in Mitnahmeeffekte münden, und sie wird Rheinland-Pfalz wettbewerbsfähiger machen.

200 Millionen Euro für die Wirtschafts- und Innovationsförderung, 50 Millionen Euro für den Tourismus, der sich digitaler aufstellen wird, und ein Beteiligungsfonds für die Start-ups und kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Genau das braucht dieses Land, und mit diesen Maßnahmen wird die Wirtschaft stimuliert. So wird unser Standort langfristig gestärkt.

Rheinland-Pfalz braucht die Individualmobilität ebenso wie einen starken ÖPNV. Die wegbrechenden Einnahmen durch den ausgebliebenen Ticketverkauf haben viele Unternehmen in schwieriges Fahrwasser gebracht. Für uns Freie Demokraten ist klar, dass wir auch künftig einen starken öffentlichen Personennahverkehr brauchen.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Er ist aus der Daseinsvorsorge nicht wegzudenken. Vor diesem Hintergrund begrüße ich ausdrücklich die Krisenhilfe, die für den ÖPNV im Sondervermögen vorgesehen ist. Gemeinsam mit den vorgesehenen Bundesmitteln stehen für den ÖPNV nun rund 200 Millionen Euro zur Verfügung. Wir sorgen dafür, dass der Bus zwischen Vulkaneifel und Südpfalz auch weiterhin fährt. Auch das hilft dem Klimaschutz.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und der Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Corona-Krise stellt die kommunalen Gebietskörperschaften vor sehr große Herausforderungen. Die Kommunen haben mit erheblichen Einnahmeausfällen zu kämpfen. Wir Freie Demokraten haben das im Blick, und das nicht erst seit der Krise.

Die Ampelkoalition hat in den vergangenen Jahren ihre Ausgaben für die Kommunen deutlich und überproportional zum allgemeinen Wachstum des Landeshaushalts gesteigert. Sie hat die Kommunen in der Krise zügig mit 100 Millionen Euro per Kopfpauschale unterstützt, und sie sichert nun in einem zweiten Schritt eine zentrale Einnahmequelle der Kommunen ab, nämlich die Gewerbesteuer.

Das Land wird die Hälfte der Mindereinnahmen kompensieren. Im Sondervermögen sind dafür 20 Millionen Euro vorgesehen. Der Bund übernimmt die andere Hälfte. Das sind also zusammen 40 Millionen Euro. Für das kommende Jahr stehen weitere 50 Millionen Euro zur Verfügung; denn die Kommunen brauchen Sicherheit und Stabilität. Die Landesregierung leistet dazu einen entscheidenden Beitrag.

Die FDP-Fraktion wird dem zweiten Nachtragshaushalt und

dem Sondervermögensgesetz zustimmen. Mit den Folgen der Pandemie wird die Landespolitik aber noch lange konfrontiert sein. Ich werbe hier ausdrücklich dafür, dass wir in dieser Krisenzeit das Einende suchen und konstruktiv darüber beraten, welche Antworten wir auf die großen Herausforderungen geben, die vielleicht noch gar nicht abzusehen sind.

Für diese uns allen völlig unbekannte Lage gibt es leider kein Drehbuch. Umso wichtiger ist es, dass wir uns konstruktiv über den richtigen Weg für Rheinland-Pfalz verständigen. Wir treten jetzt in eine Phase ein, in der wir zielgerichtet und nachhaltig stärken, um gravierende Folgen zu verhindern. Das ist in diesem Rahmen nur durch finanzpolitisch vorausschauendes Handeln möglich. Darauf können wir stolz sein, und darauf bin ich sehr stolz.

Wir als Freie Demokraten haben immer betont, dass das Land in der Krise sein Pulver trocken halten muss, um in einer Phase der konjunkturellen Schwäche nachhaltige Investitionen tätigen zu können. Diese Besonnenheit zahlt sich dort aus. Wir schnüren ein wirkmächtiges und nachhaltiges Paket für Rheinland-Pfalz.

Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle nicht versäumen zu danken. Was wir heute beschließen, ist ein Fundament für das, was im Gesundheitssektor, in der Wirtschaft und in den Kommunen passiert. Das Rad am Laufen hält aber nicht die Landtagsabgeordnete oder der Minister. Es ist der Krankenpfleger, die Busfahrerin, die Erzieherin, die Lehrerin, die Leiterin des Gesundheitsamts, der Kassierer und der mittelständische Unternehmer.

Stellen wir diese Menschen in den Mittelpunkt und sagen ihnen Dank für unermüdlichen Einsatz, solidarisches Handeln und dafür, dass sie täglich große Verantwortung für unsere Gesellschaft tragen.

Rheinland-Pfalz kann stolz auf seine Bürgerinnen und Bürger sein. Sorgen wir mit dem zweiten Nachtragshaushalt und dem Sondervermögensgesetz dafür, dass sie in einem Land leben, das gestärkt aus der Krise hervorgeht. Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht deren Vorsitzender, Abgeordneter Dr. Braun.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Entschuldigung, das muss ich jetzt sagen, der Zwischenruf hat mir gut gefallen. Herr Haller hat gerade gesagt: Das ist eine Wechselkrawatte. Sie wäre hinten schwarz. – Aber

schauen Sie einmal, Herr Haller, nur ein bisschen, nur ein ganz kleines bisschen. Kein Misstrauen bitte. Jetzt kann ich mir den Teil gegen die CDU schon sparen, weil ich schon Vertrauen habe.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ne, ne!)

Okay. Dafür sind die Socken vom Fraktionsvorsitzenden der SPD fast schon grün.

Meine Damen und Herren, vor einigen Monaten stand ich hier am Pult und habe beim ersten Nachtragshaushalt deutlich gemacht, dass wir nicht wissen, wohin diese Krise geht. Das war natürlich allgemein so, das ging nicht nur mir so, und wir wissen jetzt, dass diese Krise – das war unsere Befürchtung – zu einer der größten Wirtschaftskrisen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wird.

Tatsächlich ist es wohl so geworden, dass es nicht nur eine Krise der Bundesrepublik Deutschland, sondern eine Krise der Weltwirtschaft ist. Gerade ein exportabhängiges Land wie Rheinland-Pfalz – allein durch die Chemieindustrie sind wir stark vom Export abhängig – wird natürlich darunter leiden, weiterhin darunter leiden, wenn die weltweite Konjunktur zurückgeht und die Industrie diese Grundstoffe, die wir herstellen, weltweit nicht mehr so stark nachfragt wie zurzeit.

Deswegen ist Rheinland-Pfalz mindestens genauso betroffen wie andere Bundesländer, und deswegen ist es richtig und wichtig, dass wir in Rheinland-Pfalz ein Paket verabschieden, und jetzt das zweite Paket verabschieden, um diese Corona-Krise zu bekämpfen, um nicht nur der Wirtschaft, sondern natürlich auch den Menschen zu helfen.

Wir haben heute über Kurzarbeitergeld diskutiert. Wir haben natürlich auch schon darüber diskutiert, was im Gesundheitswesen passiert. Die Menschen, die da arbeiten, müssen eine Zukunftsperspektive haben, und darum muss auch unser Corona-Paket passgenau verabschiedet werden.

Wir sind, zumindest im Moment, nach dem ersten Daraufschauen, der Meinung: Das ist so. Das ist ein passgenaues Paket, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und FDP)