Ja, der vorliegende Nachtragshaushalt enthält einige Maßnahmen, die sicher zwingend notwendig sind, aber das waren sie schon vor der Krise. Hier muss es aber um Maßnahmen gehen, die geeignet sind, den wirtschaftlichen Totalabsturz für Unternehmen und Kommunenjetzt abzufedern.
Wir haben uns immer wieder, auch vor der Krise, für solche Maßnahmen vehement eingesetzt und eindringlich darauf hingewiesen, dass für mittelständische Unternehmen und für unsere Kommunen viel zu wenig getan wurde. Dieses Manko wird allerdings auch mit dem vorliegenden Nachtragshaushalt nicht hinreichend beseitigt.
Zu den notwendigen Abfederungsmaßnahmen zählen wir im vorliegenden Paket die Ausgaben zur Stützung des ÖPNV. Angesichts der stark zurückgegangenen Fahrkartenerlöse sind die rheinland-pfälzischen Verkehrsunternehmen, ob öffentlich oder privat, in eine Schieflage geraten. Da müssen wir natürlich helfen.
Neben dieser zwingend notwendigen Maßnahme gibt es auch einige weitere wirtschaftlich durchaus sinnvolle Akzentuierungen, die die AfD schon lange fordert und nun – Corona macht es endlich möglich – angestoßen werden. Dazu zählen wir auch die Förderung von Maßnahmen im Bereich der Breitbandinfrastruktur, den sogenannten GigabitAusbau, die Stärkung der beruflichen Bildung durch Modernisierung der überbetrieblichen Bildungsstätten, die Maßnahmen zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur – insbesondere dort, wo sie benachteiligten ländlichen Räumen zugutekommen –, die Förderung der Digitalisierung der Wirtschaft und gerne auch die Förderung von Gründern und Start-ups, obwohl man in der momentanen Situation dazu eigentlich nicht ernsthaft raten kann.
Doch dafür bedürfte es keines weiteren Nachtragshaushalts oder gar eines Sondervermögens, wenngleich es jetzt seitens der Landesregierung ein indirektes Eingeständnis zu sein scheint, dass man diese vielen, wichtigen Impulse offensichtlich jahrelang versäumt hat.
Die genannten Investitionen im Sondervermögen können nur langfristig wirken. Eine kurzfristige Konjunkturbelebung werden sie sicherlich nicht entfalten können. Neben den grundsätzlich notwendigen Investitionen gibt es im Nachtragshaushalt natürlich auch Maßnahmen, die viel kosten, aber zur aktuellen Krisenbewältigung keinen zielorientierten Beitrag leisten. Überwiegend handelt es sich um links-grüne ideologische Projekte aus dem Hause Höfken, etwa das x-te Förderprogramm für Photovoltaikanlagen, Solarspeicher oder energieeffiziente Geräte, diesmal wohl mit dem besonderen Schwerpunkt „Photovoltaik auf Carports“.
Betrachten wir die Wasserstoffstrategie: Mit dieser Strategie und weiteren Maßnahmen zugunsten des Automobilsektors will man den wirtschaftlichen Schaden wieder ausgleichen, den Ihre Politik angerichtet hat, als Sie den Verbrennungsmotor zum Teufelszeug erklärten.
Meine Damen und Herren, neben den wirtschaftlichen Aspekten sind vor allem die gesundheitlichen wichtig, die im zweiten Nachtragshaushalt die größten Ausgaben in Anspruch nehmen. Die Mehrausgaben belaufen sich auf über 862 Millionen Euro. Berücksichtigt man die Kompensationszulagen, insbesondere des Bundes, bleibt es bei einem beträchtlichen Eigenanteil des Landes in Höhe von 342,5 Millionen Euro. Diese Ausgaben sind wichtig und richtig, um all diejenigen zu unterstützen, die sich unter großem persönlichen Einsatz um die Bekämpfung des Coronavirus und der gesundheitlichen Folgen kümmern. Insoweit stehen wir den zusätzlichen Ausgaben im Bereich der Gesundheit angesichts der derzeitigen Situation auch nicht ablehnend gegenüber.
Glücklicherweise waren unsere Kapazitäten, was etwa eine flächendeckende stationäre sowie mobile medizinische
Versorgung angeht, bereits vor der Pandemie deutlich besser als in anderen Regionen der Welt. Andernfalls hätte es Rheinland-Pfalz vergleichsweise hart treffen können; denn das eigentliche Krisenmanagement der Regierungsverantwortlichen in Berlin wie in Mainz scheiterte bekanntlich am meisten bereits an der simplen Beschaffung von Masken und Schutzausrüstung. Dass wir bis heute bei einem einzigen Virus keine bundesweite Vereinheitlichung der Maßnahmen hinbekommen, ist ein gesamtpolitisches Armutszeugnis.
Es ist nun unerlässlich, aus den gemachten Erfahrungen die richtigen Lehren für die Zukunft zu ziehen und künftig auch außerhalb solcher Ausnahmesituationen für eine ausreichende finanzielle und materielle Ausstattung des Gesundheitswesens zu sorgen. Das gilt für den Bereich der öffentlichen Gesundheitsdienste genauso wie für den Erhalt und Ausbau einer flächendeckenden, stationären medizinischen Versorgung, zum Beispiel hinsichtlich einer ausreichenden Krankenhausinvestitionsförderung. Entsprechende Anträge wurden seitens unserer Fraktion bereits zu den letzten Haushaltsberatungen eingereicht und – richtig – natürlich von Ihnen abgelehnt.
Fakt ist, trotz der zusätzlichen Investitionen wird die aktuelle Ausnahmesituation, insbesondere auch die fehlende Auslastung, nicht spurlos an unseren Krankenhäusern, von denen sich nicht wenige ohnehin in einer angespannten finanziellen Situation befinden, vorbeigehen. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise die Unterfinanzierung der Unimedizin zu nennen.
Wir haben deshalb im Juni hierzu einen Antrag eingereicht, der leider der ausgefallenen Plenarsitzung zum Opfer gefallen ist, aber morgen wieder auf der Tagesordnung steht. Wir freuen uns auf Ihre Zustimmung.
Die Bereitstellung der zusätzlichen Mittel durch die Landesregierung ist daher weitgehend richtig und entspricht unseren Forderungen. Allerdings wissen wir nicht, wie die 45 Millionen Euro konkret und zielorientiert eingesetzt werden sollen. Deshalb können wir über den Bezug zu Corona nur spekulieren. Zu vermuten ist, dass der Bezug allenfalls dadurch gegeben ist oder sein könnte, dass die Pandemie gezeigt hat, wie systemrelevant unser Gesundheitssystem ist – die Unimedizin ist ein Teil davon – und Investitionen in gesundheitliche Einrichtungen notwendiger denn je sind.
Eine weitere Maßnahme des zweiten Nachtragshaushalts ist die Förderung von Vereinen und Verbänden, deren Einnahmen in der Corona-Krise massiv eingebrochen sind. Meine Damen und Herren, Vereine sind aus unserer Gesellschaft nicht wegzudenken. Statistisch gesehen ist fast jeder Zweite hierzulande Mitglied in mindestens einem Verein. Die Stärkung der Vereine, insbesondere des Ehrenamts und damit auch des zivilgesellschaftlichen Engagements, ist auch für uns von zentraler Bedeutung. Daher sollten die Vereine mit den Mitteln, die sie für ihren Erhalt und ihre Handlungsfähigkeit benötigen, gefördert werden.
Viele Teile des Nachtragshaushalts sind also aus Sicht unserer Fraktion durchaus sinnvoll und grundsätzlich nicht zu beanstanden. Ein klares Nein erhalten Sie aber, wenn wir über die Art der Finanzierung sprechen. Die Nettoverschuldung auf dem Kreditmarkt würde gemäß Ihrer Planung 3,453 Milliarden Euro betragen. Das wäre die höchste Neuverschuldung in der Geschichte des Landes RheinlandPfalz.
Es stellt sich ganz konkret die Frage, ob diese enorme Neuverschuldung angesichts der tatsächlichen Infektionszahlen und unter dem Deckmantel der Corona-Pandemie wirklich notwendig und insgesamt gesetzeskonform ist. Zunächst haben wir die sogenannte Haushaltssicherungsrücklage, eine Rücklage, deren Notwendigkeit seitens unserer Fraktion stets bestritten wurde. Der enorme Aufbau dieser Rücklage verletzt aus unserer Sicht das Prinzip des Jährlichkeitsgrundsatzes; denn durch eine zeitliche Verschiebung der Tilgung kommt es lediglich zu einer Glättung der Zahlungsströme, womit die Schuldenbremse faktisch umgangen wird.
Das aktuelle Landeshaushaltsgesetz – es wurde gerade schon einmal angesprochen – erklärt eindeutig in § 10 Abs. 4 Nummer 2 – ich zitiere –: „Das für die Finanzangelegenheiten zuständige Ministerium kann Mittel aus der Rücklage entnehmen soweit dies zur Reduzierung oder Vermeidung von Nettokreditaufnahme dient“.
Bingo! Was macht die Landesregierung nun? Sie nimmt über 3 Milliarden Euro neue Schulden auf und lässt diese Rücklage von ca. 1 Milliarde Euro unberührt. Warum macht sie das? Weil sie einerseits glaubt, dass die Bürger nicht mitbekommen, welch verheerende Folge eine derartig hohe Nettoverschuldung für nachfolgende Generationen haben kann, und zum anderen, weil die Landesregierung in den nächsten Jahren schmerzlich sparen müsste, wenn man diese Rücklage antasten würde. Das ist unlauter. Die Steuerbürger verdienen in dieser Sache eine ehrliche, transparente und umsichtige Haushaltspolitik.
Wir werden daher beantragen, die Haushaltssicherungsrücklage von 1 Milliarde Euro aufzulösen und die Neuverschuldung im entsprechenden Umfang zu reduzieren.
Das ist nicht nur inhaltlich geboten; denn eine Studie des Professors der Finanzwissenschaft Dr. Christoph Gröpl im Auftrag des Bundes der Steuerzahler kommt überdies zu dem Ergebnis, dass es sogar rechtlich unzulässig ist, in einem hohen Maß Schulden aufzunehmen, solange entsprechende Rücklagen bestehen.
Eine verfassungsrechtliche Relevanz erhält der Nachtragshaushalt, wenn wir uns Ihren eigenwilligen Umgang mit dem sogenannten Corona-Sondervermögen ansehen, welches bekanntlich nicht über Kredite finanziert werden darf. Sie machen es aber dennoch; denn die aus dem Haushalt
eingebrachten Mittel sind zuvor über Kredite finanziert und beschafft worden, also doch indirekt kreditfinanziert und damit rechtlich zumindest fragwürdig.
Die Kollegen aus Hessen lassen diesen finanzpolitischen Hütchenspieler-Trick gerade verfassungsrechtlich prüfen. Wir haben gestern beantragt, dass unser Wissenschaftlicher Dienst dieses Finanzgebaren auf Rechtmäßigkeit prüfen möge.
Die 1,1 Milliarden Euro im Sondervermögen sollten zweckgebunden für die Bewältigung der Corona-Pandemie in Rheinland-Pfalz verwendet werden. Zu den Alternativen dieses Gesetzes schreiben Sie „keine“ und schließen dann aus, dass die Corona-Pandemie längerfristig andauern würde und so, nur so, Planungssicherheit für die Betroffenen gegeben sei.
Mit der Schaffung entsprechender Verpflichtungsermächtigungen könnten Sie den Betroffenen sehr wohl Planungssicherheit geben. Ihrer Argumentation folgend, müsste man für fast alle langfristigen Infrastrukturprojekte Sondervermögen einrichten. Das machen Sie nicht.
Dabei liegt die Alternative zu einem Sondervermögen auf der Hand. Der saubere Weg wäre, die entsprechenden Mittel in die künftigen Haushalte einfließen zu lassen. Dann würden sie durch das Parlament tatsächlich kontrollierbar werden.
Sie nutzen die Krise finanzwirtschaftlich aus, um unter dem Radar unnötig hohe Schulden aufzunehmen, die Ihnen in den Folgejahren und im Wahljahr ermöglichen sollen, weiter aus dem Vollen schöpfen zu können, zum Beispiel für Eigenwerbung.
Als AfD-Fraktion werden wir das diesmal nicht mittragen. Wir werden keine unnötig hohe Verschuldung von über 3 Milliarden Euro auf Kosten unserer Kinder und Enkel gutheißen können. Wir fordern stattdessen, die Sicherungsrücklage aufzulösen, auf das unnötige Sondervermögen zu verzichten und somit die Verschuldung auf ein erträgliches Maß von etwas über 2 Milliarden Euro zu reduzieren. Wir werden diesen Nachtragshaushalt und das Sondervermögen ablehnen.
(Abg. Martin Haller, SPD: Die ich aus dem Haushalts- und Finanzausschuss gut kenne! Das kann man nicht von jedem behaupten!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich dieser Tage die christdemokratischen Reden höre, kommt mir ein Zitat unseres ehemaligen Bundeskanzlers in den Sinn. Ludwig Erhard sagte einmal: „Ich glaube, es ist immer noch besser, die Wirtschaft gesund zu beten, als sie tot zu reden.“ Nun betet die Landesregierung nicht, sondern hat einen wirkmächtigen und nachhaltigen Haushaltsentwurf vorgelegt. Es wundert mich aber, dass die CDU in dieser Zeit mehr Energie in die Krisenbeschreibung als in die Krisenbewältigung steckt.
Meine Damen und Herren, für diese Rolle hätte der Vater der Sozialen Marktwirtschaft nicht zur Verfügung gestanden. Während Sie das Haar in der Suppe suchen, handelt die Landesregierung kraftvoll und zielgerichtet für Rheinland-Pfalz. Ich will deutlich sagen, dass ich mich wundere, mit welchen Argumenten die CDU versucht hat, den Weg der Ampelkoalition schlechtzureden.
Am Dienstag vergangener Woche hat sich der Kollege Reichert in einer Pressemitteilung mit Schnellschusscharakter geäußert. Bei der Überschrift musste ich schmunzeln. „Zielgenauigkeit der Maßnahmen ist entscheidend“ steht dort. Das ist richtig, Herr Reichert. Vielleicht sollten Sie das der Bundesregierung zurufen. Diese hat diese Zielgenauigkeit mit einem zeitweisen Mehrwertsteuersenkungskonzept verpasst;
denn diese Maßnahme ist nicht nachhaltig, sie ist nicht zielgenau, und sie ist nicht durchdacht. Sie schafft für gebeutelte Kleinstbetriebe einen großen bürokratischen Aufwand und hohe Kosten. Das klassische Ladengeschäft, das vom Lockdown beinahe in die Knie gezwungen wurde, hat rein gar nichts von diesem Milliardenpaket. Dann predigen Sie uns etwas von Zielgenauigkeit.
Die Landesregierung setzt auf Ausgaben investiver Natur. Sie steht nicht für Mitnahmeeffekte, sondern für Nachhaltigkeit. Das zeichnet unser Handeln aus. Das ist der richtige Weg für Rheinland-Pfalz.
Lassen Sie mich sehr deutlich werden. Die Handschrift der Freien Demokraten zeigt sich hier sehr deutlich. Wir haben im Jahr 2016 dafür geworben, das Land durch hohe Ausgaben für Investitionen zu stärken. Wir wollen das Geld nicht für den Konsum verbrennen, sondern dauerhaft einen Mehrwert erzielen, gerade im Interesse künftiger Generationen.
Das, was der Kollege Baldauf seit Beginn dieser Krise fordert, ist genau das Gegenteil. Bisher hat die CDU einzig Vorschläge geliefert, die für die mittelfristige Finanzpolitik negative Folgen haben: Schleusen auf, Geld raus, Gießkannenprinzip „at its best“. Wer jetzt hohe Schulden konsum
tiver Art macht und Rücklagen rausfeuert, hat die Zukunft nicht im Blick und auch nicht verstanden, was wir gerade für Rheinland-Pfalz machen.
In Zeiten enger Fesseln durch die Schuldenbremse benötigen wir eine solide Haushaltsrücklage, die uns finanzpolitisch handlungsfähig hält. Sie bewahrt uns vor Kürzungen bei wichtigen Aufgaben. Wer riskieren will, dass wir in unsicheren Zeiten bei Schulen, Polizei und Infrastruktur kürzen müssen, kann die CDU wählen. Wer riskieren will, dass – wie das gerade in Mainz passiert – eine Wirtschaftsdezernentin noch nicht einmal die Verordnungen lesen kann und sie jetzt der ganzen Gastronomie Knüppel zwischen die Beine werfen will, kann die CDU wählen. Wenn Sie in unsicherer Finanzpolitik unsolide Haushaltspolitik haben wollen, empfehle ich Herrn Baldauf. Dann gibt es kurzfristig Konsum ohne nachhaltige Wertschöpfung.