Protocol of the Session on April 29, 2020

Die Landesschüler*innenvertretung hat sogar gesagt, in eines der schülerfreundlichsten Schulgesetze in Deutschland.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie wir aus den Gesprächen mit der Landeschüler*innenvertretung wissen, ist der Gesetzentwurf nicht über ihre Köpfe hinweg entstanden. Nein, Partizipation wurde ernsthaft gelebt, und die Schülerinnen und Schüler wurden schon bei der Erstellung des Gesetzentwurfs mit einbezogen. So stellen wir uns modernes gelebtes demokratisches Miteinander vor, bei dem alle Beteiligten gleichermaßen ernst genommen werden und mit statt über die Betroffenen gesprochen wird.

Die Schülerinnen und Schüler erhalten mit dem Schulgesetz faktisch die gleichen Mitbestimmungsrechte wie die Eltern und damit unter anderem mehr Mitspracherechte in schulischen Gremien zu den Themen, die sie in ihrem Schulalltag unmittelbar betreffen.

Bei der Schulgesetzänderung im Jahr 2014 haben wir mit dem Stimmrecht in der Gesamtkonferenz quasi den Anfang gemacht. Jetzt kommt die konsequente Weiterentwicklung; denn wer junge Menschen ernst nimmt, muss sie beispielsweise bei solchen wichtigen schulorganisatorischen Fragen wie Klassenfahrtenkonzepten und Grundsätzen der Hausaufgaben mitentscheiden lassen oder bei Fragen der Schulentwicklung, der Schülerbeförderung oder der Haushaltsplanung der Schulträger beteiligen.

Uns ist es auch wichtig, dass festgeschrieben wird, Schülervertretungen nunmehr an allen Schulen – auch in den Grundschulen und Förderschulen – zu bilden. Frau Beilstein, da sind wir eben anderer Ansicht als Sie. Wer einmal in einem Klassenrat zu Gast war oder wer sich einmal mit Streitschlichtern beschäftigt hat, versteht, was gemeint ist.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Schülerinnen und Schüler diskutieren nämlich sehr reflektiert, und man darf ihnen schon gern einiges zutrauen. Erlernen und Verinnerlichen von Demokratie geht eben

nur mit Beteiligung. Das fängt in Rheinland-Pfalz schon bei den ganz Kleinen an. Unsere Kitas und Schulen machen Demokratie nämlich erlebbar. Das ist der wirksamste Schutz gegen Demokratie- und Politikverdrossenheit und gegen Extremismus. Damit kann man nicht früh genug und intensiv genug beginnen. Deshalb ist uns diese Schulgesetzänderung auch so immens wichtig.

Dass Schülerinnen und Schüler mitreden wollen, tun und können, ihre Stimme laut machen und sie auch in Handeln umsetzen, kann man an zwei Beispielen in dieser Schulgesetzänderung noch einmal explizit deutlich zeigen. Das eine ist die Frage der Nachhaltigkeit und die Aufnahme der globalen Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele in das Schulgesetz, die jetzt fest verankert sind. Seit einem Jahr trifft sich Ministerin Hubig nämlich mit der Landesschüler*innenvertretung am runden Tisch. Ich denke, das ist ein Ergebnis daraus. Das interpretiere ich auf jeden Fall einmal so.

Das andere ist ebenso wichtig, und das ist auch den Schülerinnen und Schülern wichtig, nämlich die Verankerung digitaler Lern- und Lehrsysteme als regulären Bestandteil des Unterrichts. Das erleben Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer gerade tagtäglich; denn was seit Corona schlagartig Realität geworden ist, wird folgerichtig jetzt gesetzmäßig festgeschrieben.

Dabei belässt es Frau Ministerin Hubig nicht allein bei den Worten des Gesetzentwurfs. Mit der Möglichkeit der Leihe digitaler Endgeräte als Frage der sozialen Bildungsteilhabe und den jetzigen und angekündigten Möglichkeiten digitaler Methoden und Plattformen kommen wir wichtige Schritte weiter. Da ist die Gesamtstrategie, die auch die Verdreifachung der Ansätze im Doppelhaushalt und der DigitalPakt untermauern.

Positiv bewerten wir auch, dass die Verwendung der einheitlichen Schulverwaltungssoftware nunmehr wirklich nach vielen Jahren durch das Schulgesetz vorgeschrieben wird. Auch die weiteren Änderungen wie den zeitlich begrenzten schulartübergreifenden Einsatz von Lehrkräften, die Konkretisierung von Elternrechten, das Recht auf den Schulbesuch von Kindern in Aufnahmeeinrichtungen oder Regelungen zur Prüfung in der Lehrkräfteausbildung und bei Seiteneinsteigern finden unsere Zustimmung.

Ausdrücklich begrüßen wir die Streichung des historisch belasteten und wissenschaftlich falschen Begriffs „Rasse“ und die Konkretisierung bei der bei uns im Land sowieso schon immer verbotenen Vollverschleierung.

Auf einen aus unserer Sicht bedeutsamen Punkt möchte ich noch hinweisen. Das haben Sie auch gesagt. Im Schulgesetz wird nunmehr auch eine verpflichtende, vorausschauende und zukunftsgerichtete Schulentwicklungsplanung für alle Schularten, auch für die Grundschulen, vorgeschrieben. Das ist das Fundament für ein regional ausgewogenes Bildungsangebot im ganzen Land, Frau Beilstein. Wir begrüßen diese Regelung ausdrücklich.

Eine persönliche Anmerkung meinerseits möchte ich noch zum Schluss machen. Auch in den Schulträgerausschüssen sollten die Schülerinnen und Schüler Stimmrecht haben. Das ist wohl eine Regelung, die in der Gemeindeordnung zu regeln ist. Sie wäre im Hinblick auf das Wahlrecht mit 16 zukunftsweisend. Insofern freuen wir uns auf die Anhörung und die weitere Beratung im Ausschuss, in der wir auch über die Frage der Beteiligung von Eltern mit behinderten Kindern sprechen möchten.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion wird Abgeordneter Paul sprechen.

Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kollegen! Vorweg: Der vorliegenden Fassung des Gesetzes können wir auf keinen Fall zustimmen;

(Abg. Martin Haller, SPD: Das ist uns vollkommen klar!)

denn unter den notwendigen Anpassungen befinden sich eine Reihe bildungspolitischer Kröten, die wir nicht schlucken werden.

Es ist grundsätzlich gut, dass unsere Schüler mitwirken und mitsprechen können. Es kommt aber auf das richtige Maß an. Passt es in die Lebenswirklichkeit einer Leistungsgesellschaft, wenn künftig Art und Umfang der Hausaufgaben von der Zustimmung einer Versammlung von Klassensprechern abhängig sind? Wir sagen Nein. Unsere Schulen müssen junge Menschen auf das Berufsleben vorbereiten. Die nicht immer ins Herz geschlossenen Hausaufgaben dienen dazu, sich selbstständig mit dem Stoff auseinanderzusetzen und Gelerntes anzuwenden. Denken Sie an Formeln, denken Sie an Vokabeln.

Es geht auch darum, den inneren Schweinehund zu überwinden, sich selbst zur Konzentration zu zwingen. Man wächst nämlich mit diesen Aufgaben. Wenn ein sehr oft als zu viel und zu schwierig angesehenes Pensum dann doch noch gemeistert wird, ist das für das spätere Berufsleben Gold wert.

Es liegt doch auf der Hand: Nicht Stuhlkreise, sondern Lehrer sollten Hausaufgaben erteilen. Bereits in § 51 der Schulordnung steht, dass diese im Einvernehmen mit dem Schulelternbeirat festgelegt oder deren Rahmen dort gesetzt werden soll. Dabei werden Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Schüler berücksichtigt und Interessen und Neigungen einbezogen. Das geschieht auch in der Praxis. Lassen Sie Lehrer lehren und Aufgaben erteilen und Schüler lernen.

(Beifall der AfD)

Alles das bedeutet zugleich mehr Aufwand für die Schule, der für den Unterricht fehlt. Ich bin davon überzeugt, dass Corona eine Zäsur darstellt. Es wird gerade jetzt darauf ankommen, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren und ideologischen Ballast abzuwerfen. Deshalb lehnen wir die sogenannte globale Nachhaltigkeitsbildung ab. Bezeichnenderweise kam diese Anregung geradewegs aus dem DGB. Erstaunlich, dass in den Funktionärsetagen noch so viel Zeit für Schulpolitik bleibt. Auch hier dürfte angesichts von Insolvenzen und Kurzarbeit bald eine Konzentration auf die Kernaufgabe der Arbeitnehmervertretung angesagt sein.

In den Erläuterungen des Gesetzentwurfs ist auf Seite 34 zu lesen: „Einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele leistet das UNESCOWeltaktionsprogramm (...).“ Unsere Schulen sollen also mindestens die Welt retten. Eine Nummer kleiner geht es natürlich nicht. Das UNESCO-Programm führt direkt zum Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung, verantwortlich sind die Kultusministerkonferenz und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ein Ministerium, das 2,6 Millionen Euro Steuergelder für die Versorgung von Moscheen in Marokko mit erneuerbarer Energie verbumfiedelt.

(Heiterkeit der Abg. Uwe Junge und Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

In diesem Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung steht, es geht „weniger um Wissensvermittlung als um handlungsorientierte Lernprozesse in Projekten, Rollenspielen und Begegnungen“. Kurz gesagt: diffuse Inhalte nach dem Motto „Ja keinen Unterricht und Haltung statt Wissen“. Wer die Welt aber begreifen will und eine Haltung zu ihr einnehmen möchte, der sollte, ja muss, über ein Fundament soliden Wissens verfügen. Ohne ausreichende Grundbildung wird die sogenannte Nachhaltigkeitsbildung zum Jahrmarkt der Worthülsen und Schlagworte.

(Beifall der AfD)

Das ist alles, nur keine nachhaltige Bildung, Frau Hubig.

Konkret: Wer sich mit den Problemen Äthiopiens beschäftigen möchte, sollte den Namen der Hauptstadt kennen, die Geschichte des Landes erlernen und wissen, dass die Mehrheitsbevölkerung christlich ist. Unser Tipp: Das geht am besten in gutem Unterricht mit einem Fachlehrer, der mit beiden Beinen im Stoff steht und einen Studienabschluss hat.

Statt sich aber nach den desaströsen Ergebnissen der jüngsten Bildungstrends darauf zu konzentrieren, gravierende Wissenslücken und Mängel in Fächern wie Mathematik, Physik, Chemie oder Deutsch zu beheben, setzt die Landesregierung stur weiter auf die Überfrachtung der Schulen mit ideologischen Inhalten. Das lehnen wir ab.

Wir begrüßen allerdings das Verbot der Vollverschleierung. Frau Spiegel, war es nicht so, dass Sie in diesem Hause gesagt haben, dass es in unserem Land nur verschwindend

wenige Fälle der Vollverschleierung geben würde?

(Staatsministerin Dr. Stefanie Hubig: Das ist doch richtig!)

Jetzt besteht auf einmal in dem begrenzten Raum der Schule dringender Regelungsbedarf. Offenkundig muss die Landesregierung den gesellschaftlichen Folgen der Zuwanderung des islamistischen Milieus doch etwas entgegensetzen.

Wir vermissen aber die Ergänzung um ein Kopftuchverbot an Grundschulen. Gerade das wäre auch bitter notwendig, weil – um es klar zu sagen – der Druck von Vätern, Brüdern und Onkeln auf Mädchen, sich „züchtig“ zu kleiden, größer wird. Aber Sie haben offenbar nicht den Mumm, das zu sagen. Vielleicht schielen Sie auf dieses Milieu als Wählerreservoir.

Sie sagen deshalb lieber, die Vollverschleierung beeinträchtigt die offene Kommunikation. Es geht aber um viel mehr. Es geht um die Freiheit von Mädchen und Frauen. Wir sagen, keine Islamisierung unserer Schulen, keine Unterdrückung von Frauen und Mädchen. Da Sie verstärkt auf globale Zusammenhänge Wert legen, möchte ich darauf hinweisen, im Iran nehmen junge Perserinnen Gefängnis und Folter in Kauf, um ihre Haare offen tragen zu können und unverschleiert durch die Städte spazieren zu können. Wissen das unsere Schüler? Ich hoffe, ja.

Noch ein letztes Wort zu dem virtuellen Unterricht, den wir jetzt erlebt haben und der in vielen Fällen funktioniert hat, in anderen weniger. Wir sagen ganz klar, wir sind eine Partei, die ihre Bildungspolitik auf der Studie von Hattie aufbaut. Es geht nichts über die Lehrerpersönlichkeit, über die gute Ausbildung des Lehrers, klare Ansagen und eine klare Rückmeldung über den Leistungsstand. Das geht nur in der Präsenz. Deswegen ist der virtuelle Unterricht nur in Krisenzeiten sozusagen eine Alternative, weil es nicht mehr anders geht.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion erteile ich der Abgeordneten WilliusSenzer das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich überschattet die Corona-Krise unser Tun und alle anderen Themen. Aber wir wollen natürlich nicht den wichtigen Blick verlieren. Wir müssen losgelöst von der Pandemie unsere Fragen noch einmal ins Parlament bringen. Es geht um das Schulgesetz und dessen Reform. Aus meiner Sicht ist dies von ganz großer Bedeutung; denn das Wichtigste für den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler ist ein guter Unterricht.

Die Grundlagen für guten Unterricht sind Rahmenbedingungen, die flexibel gestaltet werden müssen. Die gesellschaftlichen Veränderungen und neue Anforderungen an eine Wissens- und Informationsgesellschaft haben eine Weiterentwicklung unseres Schulgesetzes notwendig gemacht. Der Fokus des neuen Gesetzes liegt dabei auf einem modernen Ansatz.

Nicht nur heute und morgen, sondern auch übermorgen sind die Voraussetzungen für eine zukunftsfähige Schule zu schaffen. Wir schaffen moderne Rahmenbedingungen für modernen Unterricht. Die Novelle des Schulgesetzes hat unterschiedliche Schwerpunkte auf sehr wichtige Bereiche gelegt. Ich möchte nur wenige von den 60 Seiten zitieren.

Meiner Fraktion und mir ist vor allem der Aspekt der Digitalisierung ganz besonders wichtig. In der aktuellen CoronaKrise zeigt sich, wie notwendig digitale Formate und Strukturen auch in der Bildung sind. Dennoch gehört es zur Ehrlichkeit dazu, dass in diesem Bereich noch einiges auszubauen ist.

Umso wichtiger ist es, den Weg der Digitalisierung an den Schulen konsequent weiterzugehen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass es nun eine klare, gesetzlich festgeschriebene Aufgabe wird, digitale Lehr- und Lernsysteme im Unterricht einzusetzen. Diese digitalen Konzepte sollen regulärer Bestandteil der Erziehungs- und Unterrichtsarbeit werden; denn das ist für die Zukunft unserer Bildungslandschaft sehr wichtig.

Zudem soll die Möglichkeit eröffnet werden, dass digitaler Unterricht im Bedarfsfall – ich sage, speziell im Bedarfsfall – auch an die Stelle des Präsenzunterrichts treten kann.

Mit dem neuen Schulgesetz wollen wir mit den gesellschaftlichen und technischen Fortschritten Schritt halten. Es ist doch schön, wenn die Schülerinnen und Schüler zukünftig nicht mehr mit schwerem Ranzen und dicken Büchern in den Klassenräumen sitzen müssen. Lassen Sie uns gemeinsam am papierlosen Klassenraum des 21. Jahrhunderts arbeiten. Davon sind wir jetzt noch ein Stück entfernt, das ist klar. Dennoch sehe ich auch dafür eine realistische Perspektive.