Protocol of the Session on September 14, 2016

Meine Damen und Herren, wir brauchen ebenso eine schnellere Bearbeitung der Asylanträge durch das BAMF, damit schnellstmöglich eine weitere Qualifizierungskette, Integrationskurs, Orientierungspraktika, zur Integration greifen kann.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr richtig!)

Ich weiß auch gar nicht, wie Sie dazu kommen, dass die Flüchtlinge jetzt plötzlich anfangen, sich auf den Weg zu machen. Wenn wir unsere Arbeit ordentlich machen und sie so weit integriert und in den Arbeitsmarkt integriert sind, fangen sie auch nicht an zu wandern. Ich weiß gar nicht, woher Ihre große Angst kommt. Sorgen Sie dafür – – –

(Beifall bei FDP, bei SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Den familiären Aspekt sollten Sie auch nicht vernachlässigen. Familien dürfen nicht getrennt werden. Wohnt ein Flüchtling in Gießen und der Rest seiner Familie in Duisburg, muss er schnell und unbürokratisch die Möglichkeit erhalten, in sein familiäres Umfeld zurückzufinden. Damit verhindern Sie schon im Ansatz die Radikalisierung jugendlicher Flüchtlinge.

Eine große Zahl der Flüchtlinge ist weniger als 30 Jahre alt. Es ist also unsere Pflicht, diesen jungen Menschen Chancen zum Aufstieg zu geben. Aus unserer Sicht geht dies nur mit einer Schulpflicht für Flüchtlinge ohne Berufsausbildung, welche unter 25 Jahre alt sind. Nur so kann deren Integration in unsere Gesellschaft gewährleistet werden.

Die Wohnsitzauflage ist kein Allheilmittel. Liebe Kollegen der CDU, das ist einer von vielen wichtigen Bausteinen,

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Immerhin!)

aber es gehört mehr dazu. Sie sitzen im Bund nicht in der Opposition. Sie sind seit elf Jahren an der Regierung maßgeblich beteiligt. Sie stellen die Bundeskanzlerin.

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, den Menschen die Chance zur Entfaltung zu geben.

(Glocke des Präsidenten)

Aufgrund des derzeit niedrigen Flüchtlingsaufkommens benötigen wir nach Ansicht der FDP-Fraktion keine Wohnsitzauflage.

Sollten die Zahlen aber wieder drastisch steigen und damit eine Vereinfachung der Verfahren notwendig werden, werden wir uns einer erneuten Debatte nicht verschließen.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Daniel Köbler das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Integration der Menschen, die zu uns gekommen sind, ist mit Sicherheit eine der ganz großen Herausforderungen, vor der unsere Gesellschaft und vor der wir alle stehen.

Weil das so ist, habe ich mich ein wenig gewundert und habe zunächst an einen Druckfehler der Landtagsverwaltung geglaubt, als ich gelesen habe, dass die CDU eine Aktuelle Debatte zu einem Thema beantragt, da sie bereits am 23. Juni dieses Jahres zum exakt gleichen Thema mit exakt der gleichen Fragestellung hier eine solche bereits beantragt hatte.

(Zuruf von der CDU)

Frau Beilstein, bei allem Respekt, ich habe gut zugehört. Ich habe parallel Ihre Rede vom Juni mitgelesen. Sie haben hier nichts Neues vorgetragen.

(Zuruf der Abg. Anke Beilstein, CDU)

Ich bin sogar enttäuscht, Sie haben hier sogar falsche Dinge gesagt. Der Bund hat das Gesetz mittlerweile verabschiedet. Das ist in Kraft. Wir hatten damals kurz vorher darüber debattiert. Es hat sich im Wesentlichen nicht geändert.

Frau Beilstein, Sie haben hier von der unsolidarischen Haltung von Rheinland-Pfalz fabuliert. Achtung, jetzt kommt der erste Punkt. Wir reden nur über anerkannte Asylbewerber im Fall der Wohnsitzauflage. Die könnten massenhaft in die Großstädte von Nordrhein-Westfalen auswandern.

Frau Beilstein, werfen Sie einmal einen Blick in das auch von Ihrer Partei mitgetragene und mit Bundestagsmehrheit verabschiedete Gesetz. Es ist doch nach § 12 a Abs. 1 Aufenthaltsgesetz so, dass die Wohnsitzauflage innerhalb der Bundesländer gilt und es rechtlich überhaupt nicht möglich ist, ohne Weiteres für anerkannte Asylbewerber von Rheinland-Pfalz in die Ballungsstädte von NordrheinWestfalen zu reisen. Schauen Sie einmal genau in das Gesetz, und erzählen Sie hier nicht irgendetwas, um die Leute sozusagen aufzuscheuchen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Der zweite Punkt ist, dass Sie jetzt zum zweiten Mal innerhalb von nur zwei Plenarwochen wirklich fünf Minuten Redezeit verschwenden und die Wohnsitzauflage fordern, ohne Ihre Blockadehaltung zu überdenken. Hier bringen Sie kein einziges Argument für die Wohnsitzauflage. Das Einzige, was Sie behauptet haben, ist, dass die Kommunen dafür wären. Sie haben noch nicht einmal benannt, welche Kommunen das sind. Wir wissen es vom Deut

schen Gemeinde- und Städtetag. Meines Wissens ist bei den rheinland-pfälzischen kommunalen Spitzenverbände eine solch klare Positionierung noch nicht erkennbar. Ich komme darauf am Schluss noch zurück.

(Zurufe des Abg. Joachim Paul, AfD, und der Abg. Anke Beilstein, CDU)

Sie haben überhaupt nichts darüber gesagt, dass Ihnen irgendwelche Erkenntnisse einer wie auch immer gearteten signifikanten Wanderung von anerkannten Flüchtlingen aus strukturschwachen Gebieten in den städtischen Raum vorliegen. Sie haben nicht eine Zahl genannt, nicht einen Beleg, nicht ein einziges Argument.

Wir haben darüber schon diskutiert. Die Wohnsitzauflage hat es schon einmal in Deutschland gegeben. Sie ist aus guten politischen und richterlichen Gründen abgeschafft worden, weil sie nur unter strikten Auflagen eingeführt werden kann. Die sind im Gesetz vorgesehen. Wenn jemand einen Arbeitsplatz hat, muss er ausgenommen werden. Die Menschen ziehen um, wenn sie Arbeit finden. Wenn jemand Familie hat, muss er ausgenommen werden. Die Leute ziehen um, wenn sie andernorts Familie haben. Wenn jemand woanders eine Wohnung findet, dann muss er auch ausgenommen werden, weil es sozusagen die Bedingung ist, da entsprechender Wohnraum knapp ist.

Wissen Sie, was Sie am Ende vorschlagen? Sie schlagen am Ende vor, dass wir für Zehntausende von Menschen, die zu uns gekommen sind, sehr massiv in ihre Freiheit eingreifen. Ich glaube, das Recht auf selbstbestimmtes Wohnen ist ein wichtiges Grund- und Freiheitsrecht. Da sollten wir uns einig sein.

Mit einer bei jedem einzelnen Fall durchzuführenden Einzelfallprüfung, die wiederum die Kommunen vornehmen muss, produzieren Sie einen bürokratischen Aufwand, der die Kommunen nicht weniger belasten wird, sondern deutlich mehr, als das jetzt der Fall ist. Ich bitte Sie auch vor dem Hintergrund, dass wir immer noch Tausende von Ehrenamtlichen haben, die sich um die Flüchtlinge kümmern, die jeden Tag praktische Integrationsarbeit leisten, dass wir die hier zur Verfügung stehende Zeit dafür nutzen, um uns mit den wirklichen Herausforderungen der Integrationspolitik auch in Rheinland-Pfalz zu befassen. Hören Sie wirklich nicht auf, für jede Lösung ein Problem herbeizufabulieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Spiegel.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin dankbar, dass ich die Gelegenheit habe, in dieser Debatte einige Dinge klarzustellen.

Lassen Sie mich vorausschicken, dass ein Blick in das entsprechende Bundesgesetz auch das Verständnis desselben erleichtert.

Ich möchte mit der Situation anfangen, die wir haben.

(Zuruf der Abg. Christine Schneider, CDU)

Punkt 1, wir haben eine Wohnsitzauflage für das Bundesland. Dies gilt durch das entsprechende Gesetz des Bundes bereits seit 1. September dieses Jahres. Das heißt, anerkannte Flüchtlinge fallen seit 1. September darunter und dürfen das Bundesland nur im Rahmen der Ausnahmeregelungen wechseln.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das nenne ich peinlich für die CDU!)

Punkt 2, was diskutieren wir gerade? Wir diskutieren nun die Frage, ob Rheinland-Pfalz innerhalb des Bundeslandes, also auf die Kommunen bezogen, im Rahmen eines entsprechenden Landesgesetzes eine Wohnsitzauflage erlassen sollte. Die Landesregierung und die Ministerpräsidentin haben von Beginn an in dieser Frage den engen Austausch mit den Kommunen zu diesem Thema gesucht und werden dies auch weiterhin tun.

Gerade deshalb sind die Äußerungen des Innenministers Strobl aus Baden-Württemberg doch sehr verwunderlich. Sie stellen nahezu eine Grenzüberschreitung dar. Ich würde vorschlagen, dass sich der betreffende Innenminister lieber um seine baden-württembergisch spezifischen Probleme kümmert und die Entscheidungen in anderen Bundesländern auch anderen Bundesländern überlässt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Frau Abgeordnete Beilstein, wenn Sie von unsolidarisch sprechen, dann – es tut mir leid, dass ich das so klar sagen muss – wissen Sie nicht, was im Integrationsgesetz an dieser Stelle steht; denn wir haben bereits eine entsprechende Wohnsitzauflage für die Bundesländer, die, wie bereits erwähnt, schon in Kraft getreten ist.

Im Übrigen sage ich zur bundesweiten Diskussion: Derzeit planen lediglich Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen eine solche Wohnsitzauflage. Die anderen Bundesländer sind ebenfalls noch abwartend.

Wir sehen derzeit – das möchte ich noch einmal unterstreichen – keinen Bedarf für eine Wohnsitzauflage hier in Rheinland-Pfalz. Für anerkannte Flüchtlinge nehmen wir – das wurde auch schon von den Vorrednern so skizziert – keine relevanten Wanderungsbewegungen in Ballungszentren wahr. Das haben uns die Ausländerbehörden der großen Städte auf Nachfrage bestätigt. Wir stehen mit ihnen darüber in engem Austausch. Die Stadt Mainz hat gegenwärtig sogar geringe Abwanderungstendenzen von anerkannten Flüchtlingen gemeldet.

Auch der rheinland-pfälzische Städtetag hat heute bestätigt, dass die Einführung einer Wohnsitzauflage derzeit in Rheinland-Pfalz nicht nötig ist.

(Abg. Anke Beilstein, CDU: Das stimmt nicht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das mag auch daran liegen, dass in Rheinland-Pfalz die Arbeitsmarktsituation allgemein sehr gut ist. Der Arbeitsmarkt in den ländlichen Regionen ist aufnahmefähig. Nicht zuletzt ist unsere Integrationspolitik auch darauf ausgerichtet, landesweit Rahmenbedingungen für gelingende Integration zu schaffen.