Nein. Diese Feststellung möchte ich hier hervorheben. Dieser können Sie durchaus widersprechen. Wir können gerne tiefer in die Statistik einsteigen.
Frau Ministerin, zu Frage 3 hätte ich gerne etwas konkretere Angaben. Der LVU verlangt beispielsweise mehr Investitionen auch zur Stärkung des BIPs. Sind Sie denn ebenfalls der Meinung, dass gerade im Bereich der Infrastruktur die Geldmittel zu gering sind, um auf Dauer auch dasjenige, was wir für ein Wirtschaftswachstum brauchen, darzustellen, also auszubauen bzw. neu zu bauen?
Sehr geehrter Herr Baldauf, ich bleibe natürlich gerne bei der Fragestellung um das BIP herum. Selbstverständlich braucht dieses Land nicht nur bei Straßen, sondern auch im Breitbandausbau oder bei der Fachkräfteversorgung, bei den Wissenschaftsmitteln Infrastruktur und strukturelle gute Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln.
Hier gilt es – das ist eine Aufgabe dieser Landesregierung –, grundsätzlich dafür zu sorgen, dass genau dies gewährleistet ist. Das möchte ich auch genauso für die anderen Bereiche stehen lassen. Dann bin ich ganz zuversichtlich, dass sich auch das Bruttoinlandsprodukt in der Zukunft mit dem gleichen positiven Trend weiterentwickeln wird.
Frau Ministerin, nach dem Versuch des Abgesangs durch die CDU stelle ich die Frage: Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die aktuelle Konjunkturumfrage, die von den Kammern mit dem Titel überschrieben wurde: Breites und stabiles Wachstum im gesamten Bundesland?
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Guth, ich freue mich, dass Sie eben noch einmal die Überschrift so betont haben. Die Überschrift dieser Konjunkturumfrage spricht für sich: breit und in die richtige Richtung, positiv und gut. – Genauso ist auch meine Beurteilung. Ich freue mich sehr. Es ist eine Beurteilung der Unternehmen auf die eigene Sicht. Wenn man detailliert in diese Betrachtung hineinschaut, dann stellen wir fest, dass die Unternehmer dazu neigen, sehr konservativ in ihre eigenen Schätzungen einzusteigen und die Lagebewertung immer noch positiver ist.
Wenn wir das noch zugrunde legen, dann ist gerade rückblickend auf das Jahr 2014 die Situation durch die Unternehmen selbst als außerordentlich gut zu beschreiben, wie sie das in dieser Umfrage vornehmen.
Frau Ministerin, ich möchte noch einmal das Stichwort breites Wachstum aufgreifen. Wie sehen Sie den Zusammenhang zwischen den Strukturen der rheinland-pfälzischen Wirtschaft und dem Auf und Ab des BIP?
Rheinland-Pfalz hat eine Besonderheit in der Aufstellung. Ich habe eben schon die Industriestärke betont. Es kommt noch eine weitere Besonderheit dazu. Diese ergibt sich aus der Vorfertigung industrieller Grundgüter. Ich nenne ich hier vor allem die Chemische Industrie, die Pharmazeutische Industrie und die Herstellung von chemischen Ausgangsbasisstoffen.
Diese hat sich, wenn wir uns das im Konjunkturverlauf anschauen, mit einer Stetigkeit immer entwickelt, auch positiv, aber sehr, sehr stetig, weil das industrielle Wachstum nicht diese starken Konjunkturverläufe nachvollzogen hat, wie wir sie zum Beispiel in den Krisenjahren 2008 und 2009 erlebt haben.
Zum Vergleich: Die besonders starken, noch vor uns liegenden Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg sind 2008 und 2009 in der Krise sehr in die Knie gegangen.
Sie haben große Anteile der Fahrzeugzulieferindustrie, wogegen wir von der strukturellen Aufstellung her eher die Grundbasisgüter aus diesen chemischen und pharmazeutischen Bereichen haben, die nicht so stark geschrumpft sind. Dafür haben wir den Zusammenbruch sozusagen in der Fahrzeugzulieferindustrie. Das heißt, die konjunkturelle Schwankung dieser starken Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg hatte starke Ausschläge. Das ist in der Krise richtig in den Keller gegangen. Nach der Krise steigt das natürlich mit einer anderen Dynamik an, wogegen bei uns der Verlauf wesentlich ausgeglichener war.
Was führt bei uns zu den Steigerungen? Ich will einen Bereich nennen. Das ist einer der Zukunftsbereiche, die für uns besonders wichtig sind. Wir haben im Bereich des Maschinen- und Anlagenbaus und der Vorgüter und Investitionsfertiggüter einen Bereich der Umwelttechnologie. Das sind Anlagen aus dem Bereich Wasser, Energie, Reinigungsmittel für industrielle Anlagen, Filtertechnologie etc., die schon jetzt einen Anteil von 11 % am Bruttoinlandsprodukt haben.
Die Veränderung des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr ist hier am stärksten. Da gibt es die größte Wachstums- und Veränderungsdynamik. Sie liegt momentan bei 16 %. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt liegt sie dort nur bei 9 %.
Das zeigt, dieser Bereich hat die stärkste dynamische Eigenschaft zu wachsen. Das bringt auch Arbeitsplätze mit sich. Das ist der Bereich, dem die Landesregierung zum Beispiel durch die Unterstützung des Clusters Ecoliance mit auf die Reise hilft.
Dadurch würden – noch einmal zum konjunkturellen Verlauf – die Schwankungen, die auch bei uns im Bereich Kfz – immerhin 25 % der Nutzfahrzeugbranche sitzt in Rheinland-Pfalz – etwas vorherrschen, nicht so stark wie bei Pkw, sozusagen im Bruttoinlandsprodukt der Gesamtleistung gegenkompensiert werden, sofern diese Branche wächst. Das heißt nicht, dass die andere schrumpft, das heißt nur, diese wächst.
Frau Ministerin, da ich nicht davon ausgehe, dass Sie Zweifel an den Statistiken des Statistischen Landesamtes haben, und da ich nicht davon ausgehe, dass Sie Zweifel an Ihrem eigenen Industriedialog haben, muss ich noch einmal die Frage stellen, ob Sie bei der Aussage bleiben, dass es in Rheinland-Pfalz in den letzten 20 Jahren kumuliert gesehen kein unterdurchschnittliches Wachstum im Vergleich zum Bund gegeben hat.
Herr Brandl, das ist wieder eine suggestive und rhetorische Frage, die Sie hier stellen. Ich habe den Konjunkturverlauf beschrieben.
Ich habe gesagt, dass wir in einzelnen Verläufen des Konjunkturverlaufes in einzelnen Jahren immer mal unter dem Durchschnitt sind. Wir sind auch einmal darüber. In der Frage des Verlaufes entwickeln wir uns im Trend des Bundesdurchschnitts mit und fallen nicht zurück.
Frau Ministerin, ich darf noch einmal auf das eingehen, was Sie vorher gesagt haben, dass Sie die Notwendigkeit des Breitbandausbaus, des Straßenausbaus oder des infrastrukturellen Ausbaus für wichtig erachten.
Können Sie mir bitte sagen, welche Ziele Sie dabei verfolgen? Welche Geldmittel müssen aus Ihrer Sicht in den nächsten Jahren eingestellt werden? Mit welchen finanziellen Mitteln erwarten Sie Breitbandausbau?
Herr Kollege Baldauf, ich will die Frage an den Präsidenten richten. Ich denke, wir reden hier zur Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes, an dieser Stelle im Speziellen. Ich glaube, ich habe die Frage schon beantwortet, dass die infrastrukturelle Aufstellung in allen Bereichen notwendig ist. Eine Vertiefung zur Verkehrsdebatte ist, glaube ich, hier nicht vorgesehen, Herr Präsident. Darum wollen wir sie auch nicht führen.
Frau Ministerin, welche Möglichkeiten sehen Sie im Bereich von Umwelt- und Zukunftstechnologien in Bezug auf Firmenentwicklung, Steigerung von Beschäftigungszahlen und der Prosperitätssteigerung allgemein im Land? Ich nehme ein bisschen Bezug auf Ecoliance.
Das kann man anhand von statistischen Größen machen. Wir haben im Land – ich habe eben die Zahlen genannt – 1,32 Millionen Beschäftigte. Ich habe den Wachstumspfad dieser Branche, die jetzt 11 % an der Gesamtbruttowertschöpfung ausmacht, geschildert.
Wir haben hier eine Steigerung in Form von Arbeitsplätzen in diesem Sektor zu erwarten. Der ist, so wie die Sektoren in Personalstärken sind, immer etwas unterschiedlich ausgestaltet. Ich gehe trotzdem davon aus, mit der üblichen Verzögerung eines Personalaufbaus, der sich an die starken Umsätze, die mit 16 % Steigerung erfolgt sind, anschließt, dass auch Investitionen im Land getätigt werden. Das beobachte ich. Natürlich entstehen auch Steigerungen bei Arbeitsplätzen.
Statistisch übertragen würde ich sicherlich einen Fehler machen. In der Umwelttechnologiebranche gibt es internationale Schätzungen von Umsätzen von über 500 Milliarden Euro pro Jahr, die das steigern würde. Dann würde das hier sicherlich in den nächsten fünf bis zehn Jahren mehrere Tausend Arbeitsplätze mit sich bringen, die dadurch aufgebaut werden können.
Frau Ministerin, wenn in einem Land in drei von vier Jahren das Wirtschaftswachstum unterdurchschnittlich ist, konkret auf Rheinland-Pfalz bezogen in 16 von 22 Jahren das Wirtschaftswachstum unterdurchschnittlich ist, dann frage ich: Bleiben Sie weiter bei Ihrer Feststellung, dass wir generell im Trend mit den anderen Bundesländern mitlaufen?
Herr Brandl, ich muss noch einmal Ihre Feststellung, wir wären in 16 von 20 Jahren unterdurchschnittlich, an dieser Stelle korrigieren. Ich bin auf die statistische Implikation eingegangen, dass im Jahr 2014 eine Reform der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung stattgefunden hat, die auch durch die Bundesstatistik nachvollzogen wird. Deswegen entspricht Ihre Datenlage von vor 2000 dem nicht.
Alte Daten mit alten Daten vergleichen, neue Daten mit neuen vergleichen. Ich kann Ihnen natürlich die einzelnen Jahre gerne noch einmal nennen, in denen die Vergleichbarkeit gegeben ist. Sie werden dann feststellen, dass es in der Hälfte der Jahre eine überproportionale Steigerung und in der anderen Hälfte der Jahre, sowie jetzt in diesem Jahr, ein Weniger gegeben hat. Im Trend ist es die gleiche Entwicklung.
Meine Damen und Herren, da die Landesregierung in zwei Fällen ihre Redezeit weit über den Punkt der Geschäftsordnung erweitert hat, erweitere ich die Fragestunde.
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Jens Guth und Heiko Sippel (SPD), Konjunkturumfrage Frühsommer 2015 der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz – Nummer 5 der Drucksache 16/5060 – betreffend, auf.
2. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus der Umfrage der Industrie- und Handelskammern?