Protocol of the Session on December 18, 2014

Frau Abgeordnete Brede-Hoffmann, wir haben uns schon öfter auch im Bildungsausschuss mit dieser Fragestellung befasst, beispielsweise aufgrund der Großen Anfrage der CDU-Landtagsfraktion, wie viel Pflichtunterricht an den rheinland-pfälzischen Schulen ausfällt.

Wann war sie gewesen? – Ich glaube, vor drei Jahren. Wir hatten in den letzten Monaten eine Reihe von Kleinen Anfragen, die sich auf den Pflichtunterricht fokussiert haben.

Wenn man eine gezielte und gesonderte Auswertung des Pflichtunterrichts macht, kommt man zu ganz anderen Werten. Da stellt man fest, dass die Abdeckung deutlich höher ist und in einigen Schularten sozusagen dicht an 100 % herangeht. Deswegen kann man – das ist genau das Problem – nicht das System vergleichen, sondern unsere Zuweisung geht über den Pflichtunterricht hinaus, und wir werten sozusagen das Gesamtsystem aus, weil Schule mehr als Pflichtunterricht ist.

Aber wir werden in Zukunft noch stärker darauf achten – auch das haben wir deutlich gesagt –, dass unsere entsprechenden Verwaltungsvorschriften, die wir schon seit Langem in Kraft haben, in denen auch steht, dass der Pflichtunterricht Vorrang hat, umgesetzt werden. Vielleicht werten wir es auch einmal, wenn es nötig ist, flächendeckend aus und diskutieren dann über die Versorgungsgrade im Pflichtunterricht.

Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Als Gäste bei uns im Hause begrüße ich Schülerinnen und Schüler der zwölften Jahrgangsstufe der IGS Hohrhausen. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Des Weiteren begrüße ich Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr des Standortes Grafschaft-Gelsdorf. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Julia Klöckner und Christian Baldauf (CDU), Einstellung des Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit der anti-israelischen Demonstration am 18. Juli 2014 in Mainz – Nummer 2 der Drucksache 16/4383 – betreffend, auf.

Wer trägt vor? – Herr Baldauf.

In der Rechtsausschusssitzung am 11. Dezember 2014 hat der Minister der Justiz und für Verbraucherschutz zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit der anti-israelischen Demonstration am 18. Juli 2014 in Mainz berichtet.

Aus dem Bericht des Ministers ergeben sich weitere Fragestellungen.

(Zurufe von der SPD)

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wurden bei der Demonstration am 18. Juli 2014 in Mainz Personalien einzelner Teilnehmer aufgenommen, die judenfeindliche Parolen gerufen haben?

2. Wenn ja: mit welchen Konsequenzen für die Betroffenen?

3. Ist es nach Auffassung der Landesregierung hinnehmbar, dass Demonstranten unter den Augen rheinland-pfälzischer Polizisten folgenlos „Tod, Tod Israel“, „Juden raus“ und ähnliche Parolen skandieren?

4. Wie bewertet die Landesregierung in diesem Zusammenhang die Äußerung des polizeilichen Einsatzleiters, es habe „keine besonderen Vorkommnisse gegeben“?

Für die Landesregierung antwortet Staatsminister Professor Dr. Robbers.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich vorab ausdrücklich feststellen: Für mich sind – wie für uns alle, dessen bin ich gewiss – antisemitische Äußerungen unerträglich. Ich bitte deshalb in aller Form darum, bei der Beantwortung der Fragen die dort wiedergegebenen Äußerungen nicht wiederholen zu müssen. Ich könnte das nicht tun.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Sie sind nun auch in der Landtagsdrucksache enthalten. Jede Wiederholung, auch nur als Zitat, verfestigt solche Äußerungen. Das scheint mir der Opfer des Nationalsozialismus nicht würdig zu sein. Das scheint allen Opfern der gewaltsamen Auseinandersetzungen in Israel und Palästina nicht würdig zu sein, und es scheint mir dieses Hohen Hauses nicht würdig zu sein.

Ich selbst habe die betreffenden Äußerungen im Rechtsausschuss zitiert, zitieren müssen, so schwer mir das gefallen ist. Ich meinte, das der Klarheit der Information des Parlaments schuldig zu sein. Hier im Plenarsaal des rheinland-pfälzischen Landtages sollten diese Worte nie wieder fallen.

Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1 antworte ich: Nein, das ist nicht geschehen.

Zu Frage 2: Die Beantwortung der Frage nach Konsequenzen erübrigt sich im Hinblick auf die Antwort zu Frage 1.

Zu Frage 3 möchte ich – der Klarstellung halber – vorab darauf hinweisen, dass in der Strafanzeige von Herrn Dr.

Gerster am 20. Juli 2014 die zweite der in der Frage 3 genannten Parolen nicht enthalten ist. Auch die polizeilichen Ermittlungen haben keinerlei Hinweise darauf ergeben, dass eine solche Äußerung getätigt wurde.

Der Landesregierung ist – wie auch mir selbst und den rheinland-pfälzischen Strafverfolgungsbehörden, wie ich bereits in der Sitzung des Rechtsausschusses in der vergangenen Woche berichtet habe – die Bekämpfung antisemitischer Bestrebungen ein wesentliches Anliegen. Wir fühlen uns dem friedlichen Zusammenleben der Völker in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zutiefst verpflichtet.

Es gilt dabei auch: Ein essenzieller Bestandteil der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist das Recht auf Meinungsfreiheit. Dieses Recht gilt auch für drastische Äußerungen, besonders in der öffentlichen Auseinandersetzung zu kontroversen Themen.

Wenn die Grenze zwischen noch erlaubter Meinungsäußerung und strafbarem Angriff auf die Menschenwürde überschritten ist, sind ein entschiedenes Eingreifen und eine nachdrückliche Verfolgung erforderlich und geboten. Eine Strafverfolgung vor dieser Grenze kann und darf es aber nicht geben.

Der deutschen Strafrechtsordnung und dem Polizeirecht liegt das Prinzip zugrunde, dass in einem Rechtsstaat das Strafrecht immer nur ultima ratio, also letzte Möglichkeit, ist. Die Bekämpfung jeglicher Form von Rassismus ist eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dabei leben wir auch und gerade von dem Engagement jedes Einzelnen. Die Landesregierung wird alles in ihren Kräften Stehende tun, um ein solches friedliches und offenes Zusammenleben zu fördern und auf ein Klima der Toleranz und ein Klima des gegenseitigen Respekts hinzuwirken. Das bietet die beste Gelegenheit dafür, solchen verbalen Entgleisungen den Nährboden zu entziehen.

Zu Frage 4 kann ich sagen: Vorrangiges Ziel der polizeilichen Einsatzleitung war es, einen ordnungsgemäßen Ablauf aller Kundgebungen zu gewährleisten. Das ist erreicht worden. Es kam zu keinen Ausschreitungen. Darauf – und nur darauf – bezog sich die nach Einsatzende in der veröffentlichten Pressemeldung enthaltene Aussage „keine besonderen Vorkommnisse“.

Lassen Sie mich abschließend noch eines sagen: Nach meiner Überzeugung gibt es zwischen rechtlich verbotener, strafbarer Meinungsäußerung einerseits und verfassungsrechtlich freier, wenn auch verstörender und menschlich kaum erträglicher, aber eben doch erlaubter Äußerung andererseits einen Zwischenraum, einen Raum, der rechtlich nicht verboten sein kann, der aber die Kategorie der Anständigkeit aufwirft. Es ist unanständig, andere Menschen verbal zu verletzen, auch wenn es rechtlich nicht verboten sein muss.

Es geht um Anständigkeit. Hier brauchen wir eine neue Kultur der Anständigkeit.

Lassen Sie uns gemeinsam für eine solche Kultur der Anständigkeit arbeiten. Lassen Sie uns – ich bin sicher, dass wir uns hier alle ganz einig sind – das Leid der Juden und der Palästinenser nicht zur Folie parteipolitischer Auseinandersetzung machen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Pörksen, SPD: Sehr wahr! – Frau Klöckner, CDU: Wer macht das denn? – Zuruf des Abg. Bracht, CDU – Frau Klöckner, CDU: Ihr klatscht alle, als würden wir das machen! – Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ihr könnt doch mitklatschen! – Wehner, SPD: Nicht jeden Schuh anziehen, auch wenn er passt! – Weitere Zurufe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, lassen Sie bitte den Minister zu Ende antworten. Sie dürfen auch zu Ende fragen. Also lassen Sie ihn bitte antworten.

Mit Ihrer Erlaubnis, verehrter Herr Präsident, darf ich mich schlicht wiederholen. Lassen Sie uns – und ich bin sicher, dass wir uns hier ganz einig sind – das Leid der Juden und der Palästinenser nicht zur Folie parteipolitischer Auseinandersetzung machen. Lassen Sie uns dies nicht gebrauchen, es wäre ein Missbrauch.

(Starker Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Eine Zusatzfrage von Frau Kollegin Klöckner.

Herr Minister, sind Sie der Meinung, dass eine solche Anfrage, wie wir sie gestellt haben, und die Beantragung der damaligen Aktuellen Stunde, die wir zu dieser Thematik gestellt hatten, Anlass geben, dass das eine parteipolitische Instrumentalisierung sei, oder warum sehen Sie es als notwendig an, das hier zu betonen? Nur, dass wir das hier klarstellen, weil jemand eben auf uns gezeigt hat.

Nein, das bin ich nicht. Deswegen unterstreiche ich ein drittes Mal: Ich bin ganz sicher, dass wir uns hier darüber ganz einig sind.

(Pörksen, SPD: Hier!)

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Baldauf.

Danke für die Klarstellung. Das ist auch wichtig. Nichtsdestotrotz geht es in der Geschichte um die Frage der Einstellung nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung.

Sie haben im Rechtsausschuss ausgeführt, dass Ermittlungen gegen den Veranstalter durchgeführt wurden. Sie haben erklärt, warum das nicht weitergelaufen ist.