Frau Ministerin, Sie haben davon gesprochen, in der Zeit ab 2011 sind ca. 4.640 Vollzeitäquivalente eingestellt worden. Wie viele Abgänge an Lehrerinnen und Lehrern gab es in dieser Zeit?
Sie fragen danach, wie viele Lehrerinnen und Lehrer insgesamt in dieser Zeit aus dem Schuldienst ausgeschieden sind.
Wir haben jedes Jahr eine hohe Einstellungszahl. Ich habe sie soeben in der Summe genannt; ich könnte sie Ihnen auch noch heruntergebrochen auf das einzelne Schuljahr nennen. Wir hatten in den letzten vier Jahren zum einen hohe Einstellungszahlen, zum anderen hatten wir aber auch – dies ist veröffentlicht und zu Beginn der Legislaturperiode auch klar artikuliert worden – den Klemm-Abbaupfad. Wir haben zurückgehende Schülerzahlen, auch wenn sie nicht so deutlich zurückgehen, wie es angenommen worden ist.
Wir hätten in diesem Jahr nach Klemm 229 Lehrerstellen abbauen müssen; ich glaube, darauf zielt Ihre Frage ab. Wir haben aber diesen Abbau ausgesetzt und haben stattdessen 250 Stellen im System belassen. Ansonsten haben wir die Lehrerstellen, wie es vorgesehen war, aufgrund des Rückgangs der Schülerzahlen in den vergangenen Schuljahren reduziert, aber in diesem Schuljahr haben wir das nicht getan.
Frau Ministerin, Sie haben die berufsbildenden Schulen und die Anstrengungen zur Lehrkräftegewinnung angesprochen. Frau Kollegin Schneid und Herr Brandl haben in der Zeitung „DIE RHEINPFALZ“ in der Ausgabe vom 11. Dezember Vorschläge gemacht, beispielsweise ein Stipendium bei dualer Berufsausbildung oder die zeitlich befristete Leistung von Gehaltszulagen. – Ich glaube, dazu ist heute Morgen auch ein Antrag eingegangen.
Frau Abgeordnete Brück, wir haben uns mit diesen Vorschlägen in der Vergangenheit intensiv auseinandergesetzt, weil es eine bundesweite Diskussion gibt. Bei der Kultusministerkonferenz (KMK) wurde ein Unterausschuss „Berufliche Bildung“ eingerichtet, der sich mit der Frage befasst, ob man durch Maßnahmen wie Stipendien oder gar eine bessere Bezahlung von Lehramtsanwärtern im berufsbildenden Bereich die Motivation steigern kann, das Lehramt für berufsbildende Schulen zu studieren.
Die überwiegende Anzahl der Länder hat sich dagegen entschieden – mir ist nur das Land Baden-Württemberg bekannt, das es anders macht –, und dies aus folgendem Grund: Wenn Sie heute ein Stipendium vergeben, beispielsweise für das Studium Elektrotechnik für das berufsbildende Lehramt, haben Sie überhaupt nicht die Garantie, dass der junge Mensch, der aufgrund dieses Stipendiums Elektrotechnik studiert, später auch das Lehramt in diesem Bereich ergreift; denn er wird attraktive Angebote in der Wirtschaft bekommen, und man wird
ihn aufgrund der Tatsache, dass er ein Stipendium vom Land bekommen hat, nicht dazu verpflichten können, Lehrer an einer berufsbildenden Schule zu werden. – Wir haben diesen Vorschlag diskutiert und haben ihn verworfen.
Das Gleiche gilt, wenn man Lehrämter innerhalb des Lehramts für berufsbildende Schulen und spezifisch nach Fachrichtungen anders oder besser vergütet. Dies löst ein großes Ungleichgewicht und ein Ungerechtigkeitsgefühl innerhalb der berufsbildenden Schulen aus. Wir haben diese Möglichkeit diskutiert und sie deswegen verworfen.
Mir ist nur bekannt, dass in Baden-Württemberg entsprechende Stipendien vergeben werden; mit mäßigem Erfolg, wie man hört. Dort will man es im Jahr 2016 evaluieren, und deswegen werden wir davon Abstand nehmen. Wir haben es diskutiert, noch bevor Herr Brandl es in seinem Antrag vorgeschlagen hat, sind aber zu dem Ergebnis gekommen, dass es kein geeignetes Mittel ist, um die Mangelsituation an den berufsbildenden Schulen in den Bedarfsfächern zu beheben.
Frau Ministerin, nachdem in den letzten beiden Schuljahren der vergangenen Legislaturperiode der Unterrichtsausfall nach unten gegangen ist, hat er sich unmittelbar im Jahr nach der Landtagswahl verdoppelt.
Sie sagen immer, es sei Priorität, den Unterrichtsausfall zurückzuführen. Sehen Sie in den letzten 15 Jahren eine Tendenz, dass der Unterrichtsausfall abgesenkt wird, oder eher, dass er in dieser Zeit gestiegen ist?
Frau Abgeordnete Dickes, wenn Sie darauf anspielen wollen, dass man sozusagen alle fünf Jahre Schwankungen in der Unterrichtsversorgung hat, so kann man das, wenn man sich die letzten 20 Jahre anschaut, nicht bestätigen, sondern es ist immer das Bemühen der Landesregierung, die Unterrichtsversorgung zu verbessern. Wenn es dann einzelne Schuljahre gibt, in denen das nicht so gelingt, dann hat das unterschiedliche Ursachen, die beispielsweise auch im Fachlehrermangel begründet sind. Der war vor ein paar Jahren im MINTBereich auch bei den allgemeinbildenden Schulen noch sehr viel höher, als das jetzt der Fall ist. Wenn man allerdings die Vergangenheit anschaut – das möchte ich an der Stelle auch sagen – und weiter in die Vergangenheit schaut, dann kann man feststellen, dass man teilweise eine gleichmäßig sehr schlechte Unterrichtsversorgung hatte, die unabhängig vom Wahlzyklus war.
Frau Ministerin, können Sie sagen, wie viele Lehrer gebraucht werden, um eine 100 %ige Unterrichtsversorgung zu gewährleisten?
Herr Abgeordneter Ernst, da muss ich jetzt ein klein wenig ausholen, weil es bei uns so ist, dass die Soll-IstDifferenz, also das, was eine Schule im Soll hat, was ihr sozusagen rechnerisch zusteht, und das, was sie zugewiesen bekommt, nicht bedeutet, dass dann, wenn sie da nicht die 100 %ige Zuweisung hat, entsprechend Pflichtunterricht ausfällt. Deswegen kann man Ihre Frage auch nicht so beantworten.
Unsere Zuweisungsformel geht über das, was an der Schule nach der Pflichtstundentafel zu leisten ist, hinaus. Deswegen kann man keine schematische Rechnung aufmachen, die da heißt, 1,6 % struktureller Unterrichtsausfall entspricht gleich x oder y Planstellen.
Es ist eine schwierige Diskussion. Wir haben sie in diesem Parlament und im Bildungsausschuss schon oftmals geführt. Das System ist kompliziert. Das ist zugegeben. Aber eine einfache Gleichung geht nicht.
Frau Ministerin, ich muss jetzt doch noch einmal nachhaken; denn meine Abgänge haben sich nicht auf das Klemm-Gutachten bezogen, sondern generell, wie viele Lehrer in Pension gegangen oder generell aus dem Lehramt ausgeschieden sind.
Ich dachte mir schon, dass Sie das meinen. Ich habe die Zahl der Pensionierungen jetzt nicht mehr vor mir liegen. Ich muss sie in den Unterlagen nachschauen. Ich habe sie jetzt nicht im Kopf.
Frau Ministerin, wie bewerten Sie die Transparenz in der Darstellung der Unterrichtsversorgung in Rheinland
Also Schule und Personalzuweisung, Herr Abgeordneter Licht, sind in der Tat eine komplizierte Geschichte. Das hängt damit zusammen, dass wir ein breites Fächerspektrum, Fremdsprachenwahl, Differenzierungen nach evangelischer und katholischer Religion, Sportunterricht nach Mädchen und Jungs je nach Alter getrennt haben. Das ist eine komplizierte Veranstaltung, aber man kann sie gleichwohl durchschauen.
Ich glaube, die Frage von Frau Abgeordneter Brück zielt darauf ab, dass wir in Rheinland-Pfalz – seit Jahrzehnten gewachsen – in der Tat eine Erfassung und eine Darstellung von Unterrichtsversorgung haben, die ich zumindest in der Bundesrepublik in dieser Detailliertheit nicht kenne. Wir veröffentlichen einmal im Jahr – das haben wir vor drei Wochen getan – die strukturelle Unterrichtsversorgung. Da sagen wir als Land, wie unsere Zuweisung an 1.500 Schulen gemessen an dem Soll ist, das rechnerisch festgelegt wurde. Das ist die strukturelle Unterrichtsversorgung. Da kommen wir in diesem Jahr auf den Versorgungsgrad, den ich eben genannt habe, auf 1,6 % Defizit.
Die Hessen, die hier immer so gerne zitiert werden, legen beispielsweise in ihrer Formel – mit der haben wir uns gründlich auseinandergesetzt – eine Zuweisung für die Schulen von 100 % Abdeckung Pflichtunterricht und noch einen Zuschlag fest. Dann weisen Sie diese Formel zu, und dann gibt es keine Einzelerhebung an den hessischen Schulen, was diese Formel tatsächlich vor Ort auslöst.
Sie bekommen von uns bald wieder Post in Ihre Fächer, in der wir jede einzelne Schule auflisten und genau sagen, wie die Unterrichtsversorgung an dieser Schule ist. Würden wir das hessische Modell machen, würden wir sagen, wir haben gerade einmal 100 % zugewiesen, und sie könnten nicht sagen, wie das bei Ihnen an der einzelnen Schule ankommt, es sei denn, Sie würden sie fragen.
Also Antwort an Frau Abgeordnete Brück: Wir haben eine extrem transparente Darstellungsweise im Bereich der strukturellen Unterrichtsversorgung. Wir erheben dann noch den temporären Unterrichtsausfall, also was tatsächlich ausfällt, wenn Lehrkräfte krank werden. Auch das stellen wir Ihnen zur Verfügung, und die Zusammenschau
Wir haben noch drei Zusatzfragen – deshalb schließe ich die Fragendenliste –, einmal Frau Kollegin Ratter, Frau Brede-Hoffmann und Herr Baldauf.
Frau Ministerin, der besagte Antrag der CDU-Fraktion – Drucksache 16/4351 – spricht von einer Prüfung der Flexibilisierung des Beamtenrechts hinsichtlich der Besoldung.
Inwieweit halten Sie es für sinnvoll, dass man unterschiedliche Kriterien bei der Besoldung nach Beamtenrecht für Lehrerinnen und Lehrer einführt?
Ich halte es gar nicht für sinnvoll, weil wir, wenn wir das machen würden, eine unglaublich destruktive Diskussion in der Lehrerschaft auslösen würden – da sollten wir uns nicht dranmachen – und zwischen den Bundesländern ebenso. Da würden wir uns bundesweit keinen Gefallen tun. Wir sprechen auf der einen Seite von der bundesweiten Mobilität, haben entsprechende Vereinbarungen verabschiedet und uns in der Kultusministerkonferenz verpflichtet, dass Lehrer und Lehrerinnen quer durch Deutschland ziehen können, und das würden wir damit völlig konterkarieren.
Frau Ministerin, die Zwischenrufe der Kolleginnen und Kollegen aus der CDU veranlassen mich noch einmal zu der Nachfrage. Ist es richtig, dass wir in Rheinland-Pfalz aufgrund der Unterrichtszuweisung der letzten Jahre in der Regel eine 100 %ige Pflichtstundenunterrichtsversorgung in allen Schulen vorweisen konnten und daher die Unterstellung von Frau Kollegin Dickes, es hätte einmal eine Verdopplung eines Unterrichtsausfalls gegeben, überhaupt nicht zutreffen kann?
Frau Abgeordnete Brede-Hoffmann, wir haben uns schon öfter auch im Bildungsausschuss mit dieser Fragestellung befasst, beispielsweise aufgrund der Großen Anfrage der CDU-Landtagsfraktion, wie viel Pflichtunterricht an den rheinland-pfälzischen Schulen ausfällt.