Protocol of the Session on June 27, 2014

Es wurde eine Grundredezeit von 5 Minuten je Fraktion vereinbart.

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete SchleicherRothmund das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine gelungene Bildungsbiografie ist eine gute Voraussetzung für eine gelungene Erwerbsbiografie. Bildung – das sagen wir schon lange – ist die Voraussetzung für die Teilhabe an der Gesellschaft.

Alles, was zur Unterstützung in diesem Zusammenhang getan werden kann, muss unternommen werden. Dabei gilt es grundsätzlich, Abbrüche in der Ausbildung – das gilt auch für das Studium – zu vermeiden.

In der Vergangenheit sind viele Maßnahmen unternommen worden, um dies zu leisten, wie zum Beispiel die Studienberatung, Betreuungsangebote wie Tutorien, Vorkurse zur Verbesserung des Übergangs von der Schule zur Hochschule und vieles mehr.

Diese Maßnahmen haben auch schon Früchte getragen. So ist es zu begrüßen, dass wir vor allem bei den Ingenieurwissenschaften in Rheinland-Pfalz einen Rückgang der Studienabbrecherinnen und -abbrecher um 12 % beobachten können. Diese Entwicklung ist ein positives Signal auch im Hinblick auf den Fachkräftebedarf. Trotzdem müssen wir weiterhin an der Verringerung der Studienabbrecherquote arbeiten; denn die Entwicklung der Studienabbruchquoten an den deutschen Hochschulen zeigt, dass wir uns bundesweit mit einer hohen Abbruchquote auseinandersetzen müssen. Diese liegt nämlich über alle Hochschularten und Fächergruppen hinweg in einem Bachelor-Studium bei 28 %.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir ist aber auch wichtig, eines klarzustellen. Eine Umorientierung während der Ausbildungszeit ist kein Scheitern. Das Gegenteil ist der Fall. Eine Umorientierung kann auch fruchtbar sein. So können Studienabbrüche, wenn sie in der Anfangsphase eines Studiums stattfinden, eine erfolgreiche Neuorientierung nach sich ziehen. Vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden Fachkräftemangels ist es auch wichtig, junge Menschen für die berufliche Bildung zu gewinnen. Die Durchlässigkeit zwischen hochschulischer und beruflicher Bildung muss weiter verbessert werden.

Wir in Rheinland-Pfalz haben an der Hochschule in Kaiserslautern bereits ein gut funktionierendes Projekt,

nämlich „BIS“. Hinter dieser Abkürzung steckt die berufliche Integration von Studienaussteigern. Dieses Projekt wird gut angenommen. Es ist ein Vorreiterprojekt in Rheinland-Pfalz und Teil der Gesamtmaßnahme „FIS“ – Förderung individueller Studienverläufe. Zielsetzung des Projektes „FIS“ ist es, durch Beratung Studierende im Gespräch bei der Suche nach einer Berufsausbildung oder Weiterbildung zu unterstützen. Dabei werden die persönlichen Fähigkeiten analysiert und bislang erworbene Kompetenzen herausgearbeitet.

Unsere Fraktion hat sich neulich durch den Präsidenten der Hochschule überzeugen können, dass dieses Projekt auch von der guten Vernetzung der Hochschule mit den kleinen und mittleren Unternehmen in der Region getragen wird. Letztendlich ist das auch etwas, was wir immer wollen, nämlich dass die Hochschulen in die Region hineinstrahlen und es einen intensiven Kontakt und Partnerschaften auch zwischen Betrieben und der Hochschule gibt.

In unserem Antrag machen wir deutlich, dass wir wollen, dass unsere Hochschulen Maßnahmen wie Studienberatung, Tutorien, Vorkurse für den verbesserten Übergang von der Schule zur Hochschule oder Orientierungsangebote ausbauen. Auch fordern wir die Landesregierung auf, die Hochschulen dabei zu unterstützen, dass sie im Rahmen der zentralen Studienberatung und ihren Career-Service-Einrichtungen mit den Hochschulteams, der Agentur für Arbeit und den Kammern zusammenarbeiten. Es ist keine Frage. Die Kammern spielen dabei auch eine wesentliche Rolle.

Die Landesregierung soll auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten an externe Bildungsdienstleister herantreten, um sie für eine Beteiligung an dem Bundesprogramm „JOBSTARTER plus“ zu gewinnen. Mit diesem Programm sollen bundesweit 15 regionale Pilotprojekte gefördert werden. Konkret geht es um die Beratung, Begleitung und Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen bei der Gewinnung von Studienabbrechern. Hier sehen gerade wir in Rheinland-Pfalz eine große Chance in einem Land, das über eine Vielzahl von mittleren und kleinen Unternehmen verfügt, die bekanntermaßen einen Großteil der Ausbildungsplätze in unserem Land stellen.

Wir fassen uns auch an die eigene Nase, indem wir die Landesregierung auffordern zu schauen, inwieweit auch im öffentlichen Dienst für Studienabbrecherinnen und Studienabbrechern eine Perspektive geschaffen werden kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Antrag ist ein sinnvoller Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels und zur Schaffung der eingangs genannten gelungenen Bildungsbiografien. Ich bitte um Zustimmung im gesamten Hause.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Schäfer das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stützt sich auf eine Initiative, die die CDU-Fraktion im Wissenschaftsausschuss im Februar dieses Jahres angesprochen hat. Wir hatten die Landesregierung um Berichterstattung gebeten, wie sich die Situation der Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher im Land darstellt und welche Möglichkeiten es für die Betroffenen gibt, umzuschulen oder weiterqualifiziert zu werden. Sie sehen, dass dieses Thema für die CDU-Fraktion ganz wichtig ist. Insofern werden wir Ihren Antrag mit unterstützen.

Statistiken und die Auflistung von einzelnen Maßnahmen, etwa an den Hochschulen, zum Beispiel das Engagement der Fachhochschule Kaiserslautern, aber auch die Tatsache, dass dabei in besonderer Weise der Bund und die EU Finanzmittel zur Verfügung stellen, entsprechen in Ihrem Antragstext in vielen Details auch dem, was wir seitens der Ministerin im Ausschuss gesagt bekommen haben und was auch in dem Protokoll zu lesen ist. Deswegen brauche ich an dieser Stelle gar nicht mehr so viel zu sagen. Ich verweise sehr gern auf das Protokoll der 21. Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur vom 13. Februar 2014, Seiten 14 bis 16.

Neu ist das Programm „JOBSTARTER plus“. Das ist ein Bundesprogramm. Hier wurden ebenfalls Mittel aus Bund und EU verwendet. Mithilfe dieses Programms können kleine und mittlere Unternehmen bei der Gewinnung von Studienabbrecherinnen und -abbrechern unterstützt werden.

Der Antrag geht in die richtige Richtung. Wir werden ihm die Zustimmung erteilen und freuen uns, dass die Regierungsfraktionen unsere Initiative aufgegriffen haben. Wir glauben aber – ich sage das auch noch einmal sehr deutlich –, es ist darüber hinaus, nämlich über das Zusammenstellen der Dinge, die es schon gibt, aber auch der Aufforderung an die Kooperationspartner, wie die Hochschulen, die Firmen und die Unternehmen, durchaus noch das eine oder andere für uns mit auf den Weg zu bringen. Das heißt, dass wir im Zusammenhang mit dem Thema auch über andere Dinge reden müssen.

1. Wir wollen, dass die jungen Frauen und Männer die beste Ausbildung erhalten. Ich gehe davon aus, dass das unser gemeinsames Ziel ist. Das betrifft sowohl die duale Ausbildung als auch die Ausbildung an Fachhochschulen und Universitäten.

(Beifall bei der CDU)

2. Jeder sollte die Chance erhalten, sich in der Ausbildung neu orientieren zu können, etwa wenn man merkt, dass die ergriffene Ausbildung zu einem nicht passt oder man sich etwas anderes erwartet hat. Wir wissen, dass

als Studienabbrecher auch derjenige zählt, der die Hochschule oder vielleicht nur einen Teil seiner Fächerkombinationen gewechselt hat. Insofern muss man auch einmal über die Definition von Studienabbrechern sprechen.

3. Dafür ist es notwendig, dass die Jugendlichen bereits in ihrer Schulzeit auf ihre mögliche spätere Ausbildung bzw. die Alternativen dazu noch besser vorbereitet werden, als das schon der Fall ist. Ich glaube, hier kann noch viel passieren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

4. Es ist notwendig, dass Studierende neben ihrer Studienzeit frühzeitig Unterstützung erhalten, wenn sie merken, dass ihnen die Art der Ausbildung oder das gewählte Fach nicht liegen, oder auch, wenn der Dozent oder die Dozentin merkt, dass die oder der Studierende noch etwas mehr an Unterstützung erhalten sollte.

5. Es gehört dazu, dass die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung verbessert wird und die Studienabbrecher neue Chancen in der beruflichen Bildung erhalten.

Jetzt möchte ich noch einmal Bundesministerin Wanka zitieren. Sie sagt, ein Meister muss sich nicht hinter einem Akademiker verstecken. Das ist so.

(Beifall im Hause)

Das darf man an dieser Stelle sehr deutlich sagen.

6. Berufliche und akademische Bildung sind für uns als CDU gleichwertig. Es ist bemerkenswert, wenn man schaut, wie das vor 20 Jahren war, dass über zwei Drittel der FH-Studenten eine Berufsausbildung mitbrachten und es heute andersherum geht. Heute ist es so, dass die Schüler gleich an die Hochschulen gehen und vielleicht von dort, wenn sie merken, dass es doch nicht das Richtige für sie ist, in anderer Weise in den Beruf hineingehen.

Bei all den Maßnahmen, die auch in dem Antrag genannt sind, muss darüber hinaus das Ziel sein, Studienabbruch zu verhindern bzw. vorzubeugen. Wie gesagt, es braucht dazu einer geeigneten Vorbereitung in der Schule. Es müssen die Anforderungen – das müssen wir tun – an den Bachelor-Abschluss auf den Prüfstand gestellt werden.

Das sind einige Aspekte, die aus unserer Sicht notwendig sind, um das Thema in seiner Gesamtheit und nicht nur bezogen auf die einzelnen Angebote und Projekte, die es gibt, zu beurteilen. Wir müssen zu einem System kommen, in dem die Jugendlichen genau die Chancen mit auf den Weg bekommen, die sie brauchen, damit der passende Weg für sie gefunden werden kann bzw. sie diesen selbst wählen können.

(Vizepräsident Schnabel übernimmt den Vorsitz)

Wir wünschen uns vielleicht doch nochmalige Beratung im Ausschuss, um dem Antrag noch den einen oder anderen Aspekt an Substanz mitzugeben. Ich habe mit

bekommen, dass Sie das nicht wollen, wie gesagt, für uns wäre das eigentlich ganz wünschenswert.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Heinisch von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir uns heute dem Thema Studienabbrüche annähern, dann müssen wir sehen, dass es dafür ganz unterschiedliche Ursachen und viele Verläufe geben kann, die sich daran anknüpfen können, auch positive Verläufe. Wir kennen Beispiele von Leuten, die in die berufliche Ausbildung wechseln, die Firmen gründen oder sogar gezielt von Unternehmen abgeworben werden und attraktive Tätigkeiten ausüben. Das heißt, wir müssen das Thema in seiner Differenziertheit diskutieren.

Frau Schäfer hat es schon gesagt, es fehlen letztlich die statistischen Untersuchungen zum Verbleib der Studienabbrecherinnen und -abbrecher. Das ist nicht Gegenstand der amtlichen Hochschulstatistik. Es kann es auch aus Datenschutzgründen nicht sein, was die Leute im Anschluss machen. Es gibt einzelne Untersuchungen, die dem nachgegangen sind. Diese sind durchaus zu erstaunlichen Ergebnissen gekommen, beispielsweise dass die Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher ähnlich schnell eine Tätigkeit aufnehmen wie die Absolventinnen und Absolventen, wobei man sagen kann, vielleicht wird dann die Exmatrikulation auch vom Zeitpunkt her so gesetzt, dass der Wechsel daran anschließt. Also da ist einiges, was wir noch nicht wissen, das für weitere Untersuchungen interessant wäre, die wir sicherlich verwenden könnten.

Was wir aber sagen müssen, ist: Es ist Auftrag der Hochschulen, gute Bedingungen zu bieten, um ein Studium abzuschließen, gerade vor dem Hintergrund, dass die Hochschulen sich öffnen. Wir haben dort immer eine heterogenere Klientel der Bildungsbeteiligten, und wir haben dazu schon einiges gemacht. Die Landesregierung hat viel gemacht, auch im Bereich Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses. Dazu hatten wir eine Große Anfrage, einen Entschließungsantrag. An den Bedingungen für den positiven Studienabschluss zu arbeiten, ist eine Aufgabe. Sie ist eine hochschulpolitische und die Aufgabe der Hochschule. Daran müssen wir in jedem Fall festhalten,

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

beispielsweise durch bessere Orientierungsangebote bei der Studieneingangsphase oder durch bessere Übergänge von der Schule in die anschließenden Bereiche. Wir haben zum Beispiel über die Berufs- und Studienorientierung geredet. Da gibt es viele Baustellen, die sehr

aktuell sind und an denen viel passiert. Vor dem Hintergrund ist es eine Aufgabe, die Durchlässigkeit des Bildungssystems dahin gehend weiterzuentwickeln, dass es Anschlüsse nach einem Studienabbruch, Übergänge von den Hochschulen in die berufliche Bildung geben muss, damit die entsprechenden Beteiligten wie die Arbeitsagenturen zusammenwirken. Wie können die Hochschulen und die Sozialpartner die Übergänge gestalten? Auch das gehört zu einem durchlässigen Bildungssystem.

Es ist so und war nach meiner Einschätzung immer so: Nicht für jeden, der den Weg an die Hochschulen findet, ist es der beste Weg, diesen Weg bis zu einem Studienabschluss zu Ende zu gehen. Es kann sein, dass eine Umorientierung für die Leute der bessere Weg ist. Da brauchen wir Beratungs- und Unterstützungsangebote. Insofern begrüßen wir mit unserem Antrag, dass in dieser Richtung schon vieles auf dem Weg ist. Wir stoßen noch weitere Entwicklungen an. Wir würdigen auch ein Programm des BMWF. Ich denke, es ist schön, dass sich ein breiter Konsens abzeichnet und wir mit dem Thema gut umgehen. Insofern bedanke ich mich für diese Debatte.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Wort hat Frau Ministerin Ahnen.