Protocol of the Session on March 27, 2014

ausdrücklich. Die CDU-Fraktion möchte hier keinen Schwerpunkt setzen. Es zeigt, dass sogar der politische Gegner einräumen muss, dass wir hier ein Herzensanliegen haben. Ich kann voller Überzeugung sagen, dass es auch mir persönlich ein Herzensanliegen ist, weil es eine Generationenaufgabe ist, Arten zu erhalten, unsere Umwelt zu schützen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man kann an den Indikatorenberichten 2010, 2013, aber auch an dem in dieser Woche vorgestellten Lagebericht zur Natur der Bundesregierung gut festmachen, dass wir trotz aller Bemühungen der letzten drei, vier Jahrzehnte erhebliche Herausforderungen im Umwelt- und Naturschutz haben. Wir können feststellen, dass einzelne Bereiche unserer Umwelt unterschiedlich betroffen sind, auch hier in Rheinland-Pfalz. Wenn man sich beispielsweise den Gewässerzustandsbericht ansieht, sieht man, dass noch erheblicher Bedarf vorhanden ist.

Deswegen ist es gut, dass die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen mit der Aktion Blau Plus, dem Wassercent und einer ganzen Reihe von weiteren Instrumenten einen Schwerpunkt setzen und viel Geld in die Hand nehmen, um die Situation zu verbessern, weil wir gerade im Süden des Landes einen erheblichen Verlust an Artenvielfalt haben, der leider auch von der Landwirtschaft geprägt wird.

Auf der anderen Seite gibt es Erfreuliches zu berichten. Wir haben in der Fortwirtschaft, im Wald erhebliche Fortschritte in den letzten zwei Jahrzehnten erzielt, auch und gerade in Rheinland-Pfalz, ein Land, das in dem Bereich immer eine Vorreiterrolle eingenommen hat, weil sich die Forstwirtschaft in Richtung Ökologie weiterentwickelt hat, weil alle drei Waldfunktionen gesehen werden. So ist es begrüßenswert, dass diese Tradition hin zu einer Entwicklung von stabilen Mischwäldern, zum Beispiel mit dem BAT-Konzept sehr gelungen aufgegriffen wird und wir mit der FSC-Zertifizierung das Ganze dokumentieren.

Eine ganze Reihe von einzelnen Maßnahmen wäre zu nennen, die genau in die Richtung gehen, die andere Länder gegangen sind bzw. die vom Bund gefordert wird. Ich nenne nur den Nationalpark, den Grünen Wall im Westen, aber auch die Ansiedlung von Beutegreifern bzw. die Vorbereitung einer Rückkehr von Beutegreifern.

Vor diesem Hintergrund erkennt man, dass es sehr viele Anknüpfungspunkte für die Entwicklung einer Biodiversitätsstrategie in Rheinland-Pfalz gibt, die die Ziele noch einmal klar benennt, die ohnehin verfolgt werden, die aber Indikatoren festlegt, an denen man Erfolge oder auch Misserfolge, Handlungsbedarf festmachen kann, die die bestehenden Maßnahmen bündelt, um weitere ergänzt, sodass wir wirklich einen Erfolg erzielen können, dass wir in Rheinland-Pfalz im Kleinen einen Beitrag zu diesem großen Ziel leisten können, unsere Natur, unsere Umwelt zu erhalten und die Vielfalt zu schützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Zehfuß das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Biodiversität und Nachhaltigkeit sind zwei in den letzten Jahren viel bemühte Begriffe. Die erstmalige Erwähnung des Begriffs Nachhaltigkeit erfolgte – wie vielen bekannt – 1713 durch Hans Carl von Carlowitz in seinem Werk, das wiederum weniger bekannt ist, „Sylvicultura oeconomica“.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Oeconomica. Dass auch Sie es verstanden haben.

Ich werde später noch einmal darauf zurückkommen.

(Pörksen, SPD: Sie werden es mir erklären!)

Biodiversität ist seit dem Neolithikum bis in die Neuzeit hin ein Koppelprodukt der Landwirtschaft, die nach der Rodung der ursprünglichen Wälder zu einer starken Zunahme der Biodiversität geführt hat, und zwar ohne Zertifizierung. Der heutige Status der Biodiversität ist Folge einer langen gesamtgesellschaftlichen Entwicklung, an der wir alle beteiligt waren und sind.

(Beifall des Abg. Schmitt, CDU)

Ich betone alle, weil der Rückgang der Biodiversität nur auf den ersten Blick ursächlich ein rein landwirtschaftliches Problem ist. Nein, es ist ein gesamtpolitisches Problem, ein gesamtgesellschaftliches Problem, das nicht nur auf dem Rücken der Landwirtschaft ausgetragen werden kann.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Seit 50 Jahren ist ein schleichender Rückgang der Biodiversität erkennbar. Biodiversität ist deshalb heute nur noch bedingt ein Koppelprodukt der landwirtschaftlichen Nutzung. Das gilt nach Professor Wolfgang Schumacher, ehemals Uni Bonn, gleichermaßen für konventionelle und ökologische Landnutzungen, auch wenn sie hinsichtlich der abiotischen Ressourcen Boden, Wasser, Luft eigentlich umweltverträglich sind.

In den letzten 50 Jahren haben wir einen rasanten gesellschaftlichen Wandel erlebt. In der Landwirtschaft nennt man das Strukturwandel. Betriebliches Wachstum, Rationalisierung, Intensivierung und Reaktionen auf die Anforderungen des Marktes ergeben eine Veränderung nicht ohne Nebenwirkungen. Der Strukturwandel hat eine große Anzahl von Beschäftigten freigesetzt, die der nicht agrarische Arbeitsmarkt bereitwillig aufgenommen hat.

Die Lebensentwürfe der Nichtagrargesellschaft haben sich von karriereorientierten Ansätzen leiten lassen.

Wohlstandsbedingt und wohlstandsverwöhnt ist es nicht mehr in, mit dem Hausgarten, der eigenen Streuobstwiese, der Kleintierhaltung im kleinen landwirtschaftlichen Betrieb seine Lebensmittel teilweise selbst zu erzeugen. Zu anstrengend, zu zeit- und ortsgebunden, meiner persönlichen Entwicklung nicht förderlich, das lasse ich lieber die verbliebenen Landwirte machen. Das Häuschen im Grünen gebe ich auf, die Freiflächen werden versiegelt, und in den Garten wird eine Garage gestellt. Die Bevölkerungsdichte in den Ballungszentren steigt. Mit Landleben habe ich nichts mehr am Hut.

Wir erkennen anhand dieser Beispiele, dass das Bevölkerungswachstum im 20. Jahrhundert eine unglaubliche Zunahme der Siedlungs-, Verkehrs- und Gewerbeflächen gepaart mit einer rasanten Entwicklung der Wissenschaft und Technik, die Grundlagen unseres heutigen Wohlstandsniveaus, gebracht und unsere Strukturen grundlegend verändert hat.

Nach Aussagen vieler namhafter Wissenschaftler hat das mindestens so viel zum Rückgang der Biodiversität beigetragen wie die heutige intensive Landwirtschaft, das heißt, wir müssen uns bei der Diskussion um die Biodiversität alle an die eigene Nase fassen.

(Beifall bei der CDU)

Einerseits müssen wir die Multifunktionalität der Landnutzung nach Effizienzkriterien so erfüllen, dass die Nahrungsmittelproduktion gesichert bleibt. Andererseits müssen wir einsehen, dass es aus ökonomischer Sicht Aufgabe der Gesamtgesellschaft ist, die die Landbewirtschaftung aufgrund der eigenen relativen Vorzüglichkeit unter Abwälzung der persönlichen Verantwortung lieber der intensiven Landwirtschaft überlässt, die sich um die Biodiversität kümmern soll. Deshalb müssen wir das Miteinander von produzierender Landwirtschaft, Biodiversitätssicherung, Naturschutz und den uns so lieb gewonnenen modernen Lebenswandel auf eine neue Grundlage stellen.

(Beifall bei der CDU)

Biodiversität gibt es nicht zum Nulltarif.

(Beifall des Abg. Schmitt, CDU)

Gefordert sind alle gesellschaftlich relevanten Gruppen. Die beste Möglichkeit, Naturschutz und eine hohe Biodiversität zu erhalten, ist – wie Frau Martini es auch schon formulierte – Naturschutz durch Nutzung.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Gelungene Beispiele einer solchen Symbiose finden wir zum Beispiel bei den letzten Flurbereinigungsverfahren in Ruppertsberg. Wichtig ist aber, wie Herr Professor Schumacher vor Kurzem in einem Vortrag formulierte – ich zitiere –, dass die Ziele des Natur- und Umweltschutzes nicht durch überzogene Kontrollmechanismen oder unterschiedliche Interpretationen, zu hohe Förderung konkurrierender Nutzungen bzw. eine zu geringe Honorierung ökologisch relevanter Leistungen konterkariert werden. Ebenso ist es entscheidend, dass sich

ökonomisch relevante Zusatzeinkommen generieren lassen. – So weit Herr Professor Schumacher.

Kernaussage ist, keine Ökologie ohne Ökonomie.

(Beifall bei der CDU)

Das hat 1713 Carlowitz festgestellt, als er die Grundlagen der Nachhaltigkeit beschrieben hat, nämlich durch nachhaltige Nutzung der ihm anvertrauten Wälder, nicht durch Stilllegung und Überführung in einen Nationalpark.

Viele wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass es in Naturschutzflächen, auch hier in unmittelbarer Umgebung nicht per se zu einer Verbesserung der Biodiversität kommt, die damit nicht als Allheilmittel taugt.

(Beifall der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Generelle Strategien zur Biodiversitätssicherung gibt es nicht.

(Beifall bei der CDU)

Zielführend ist nur eine Umsetzung auf regionaler Ebene in enger Zusammenarbeit mit den Landnutzern unter dem Aspekt der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung und der Berücksichtigung einer ausreichenden ökonomischen Würdigung.

(Beifall der CDU)

Ihr Antrag entspricht leider nicht dieser Zielführung. Er ist eine zusammengestoppelte Anhäufung von Begrifflichkeiten und Floskeln. Er ist uns bis ins Detail unkonkret und würdigt in keiner Weise die notwendigen Zusammenhänge und zwingenden Abhängigkeiten zwischen Ökologie und Ökonomie. Er löst nicht den Problemstau nicht sachgerecht behandelter Naturschutzflächen, wird deshalb nicht zur Verbesserung der Biodiversität beitragen und ist deshalb in dieser Form abzulehnen.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Hartenfels das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vereinten Nationen haben den Zeitraum zwischen 2011 und 2020 zur Dekade der biologischen Vielfalt erklärt. Sie haben das vor allem aus zwei Gründen gemacht, zum einen, um für dieses Thema zu sensibilisieren – Herr Zehfuß, Sie haben leider deutlich gemacht, dass die Sensibilisierung in diesem Haus noch notwendig ist; an welchen Stellen ich das sehe, werde ich meinem Vortrag noch einbauen –, deshalb stellen wir den Entschließungsantrag zu diesem Thema, aber es geht auch darum, dem dramatischen Verlust von Arten

vielfalt weltweit zu begegnen. Die Vereinten Nationen haben zumindest den Anspruch, bis zum Jahr 2020 diesen Verlust abzubremsen.

Vor diesem Hintergrund muss man sich die Situation auch in Europa exemplarisch anschauen. Wir haben in Europa etwa 85 Amphibien- und 150 Reptilienarten. Viele von diesen Arten liegen endemisch vor, das heißt, sie kommen nur auf diesem Kontinent vor. Ein Viertel dieser Amphibien- und ein Fünftel dieser Reptilienarten sind vom Aussterben bedroht.

Wenn ich mir die Situation in Deutschland anschaue, wo wir Ende 2013 den FFH-Bericht von der Bundesregierung vorgelegt bekommen haben, und man sich diesen Bericht genauer anschaut, dann sieht man, in Deutschland haben wir sehr problematische Zahlen. Es wurden knapp 200 Tier- und Pflanzenarten, die repräsentativ sind, und 92 Lebensräume in Deutschland genauer untersucht.