Wenn ich mir die Situation in Deutschland anschaue, wo wir Ende 2013 den FFH-Bericht von der Bundesregierung vorgelegt bekommen haben, und man sich diesen Bericht genauer anschaut, dann sieht man, in Deutschland haben wir sehr problematische Zahlen. Es wurden knapp 200 Tier- und Pflanzenarten, die repräsentativ sind, und 92 Lebensräume in Deutschland genauer untersucht.
Die Zahlen zeigen, dass wir zwar in Einzelfällen in bestimmten Bereichen Erfolge vorweisen können, zum Beispiel bei der Wildkatze, aber auch viele Tier- und Pflanzenarten haben, die nach wie vor stark unter Druck stehen.
Das Folgende kann ich Ihnen leider nicht ersparen. Sie haben vielleicht prophylaktisch von der Landwirtschaft ablenken wollen; denn dieser Bericht dokumentiert das auch noch einmal, dass wir gerade durch die Landwirtschaft einen erheblichen Verursacher für einen Großteil des Artensterbens haben. Das wird in diesem Bericht mit Zahlen und Tierarten benannt. Gerade die bodenbrütenden Arten im Vogelbereich, ob ich den Kiebitz nehme, die Feldlerche oder auch den Wiesenpieper, sind stark im Rückgang betroffen, was ganz stark mit der Intensivierung der Landwirtschaft zu tun hat, aber vor allem mit einem Grünlandumbruch und einer Verschlechterung der Grünlandqualität, die erhebliche Ausmaße angenommen hat und aufzeigt, dass die Ideologie der letzten drei Jahrzehnte nicht zufällig vom Himmel gefallen ist, sondern sie insbesondere die CDU-geführten Bundes- und Landesregierungen nach wie vor auf ihrer Agenda haben, nämlich auf Quantität statt auf Qualität zu setzen.
Da weichen Sie aus. Wenn man sich die Agrardebatte auf europäischer Ebene anschaut – das sei hier noch einmal explizit herausgearbeitet –, waren es gerade die CDU-Fraktion und die Bundeskanzlerin, die gesagt haben, nur nicht so viele Greeningmaßnahmen, nur nicht so viele Maßnahmen für mehr Umweltschutz und -bewusstsein im Agrarbereich. Vielmehr wird nach wie vor darauf gesetzt, wachsen oder weichen. Dies ist seit Jahrzehnten überholt, aber Sie propagieren das immer noch in dieser Debatte.
Deswegen bin ich froh – das ist zum Teil in dem Antrag dokumentiert –, dass wir auf Landesebene versuchen, im Rahmen unserer Möglichkeiten, die leider relativ bescheiden sind, gerade im landwirtschaftlichen Bereich andere Wege einzuschlagen, ob das der Vertragsnaturschutz in der Landwirtschaft ist oder die Partnerbetriebe
sind, die wir dort installieren wollen und sich einer guten Nachfrage erfreuen können, oder im Bereich der Fruchtfolge ein Programm aufgelegt haben, wir also an vielen Stellen der Landwirtschaft versuchen, mehr Naturschutz zu integrieren, nicht gegen, sondern mit der Landwirtschaft.
Dann können wir wirklich davon sprechen, Ökonomie und Ökologie zu verbinden. Die Nachfrage nach dem Programm zeigt, dass es dafür einen Bedarf gibt. Wir in Rheinland-Pfalz sind von unserer kleinräumigen Struktur her sehr gut dafür geeignet, dass das Erfolg versprechend sein wird.
Noch einmal zu den Forderungen in unserem Antrag an die Landesregierung: Wir haben sehr viele positive Einzelmaßnahmen im Bereich der Biodiversität. Die wollen wir zusammen bündeln und vernetzen, wir wollen, dass daraus eine Strategie entwickelt wird, damit wir Indikatoren haben, die dann über ein Monitoring geprüft werden können, wo wir bei den einzelnen Biodiversitätsaspekten stehen, die das Land zu berücksichtigen hat. Daraus wollen wir einen Prioritätenkatalog entwickeln, weil wir knappe Haushaltsmittel haben und es wichtig ist, dass wir Prioritäten setzen, mit denen wir möglichst viel für die Biodiversität erreichen können.
Auch das ist ein konkretes Anliegen von uns. Wir wollen es vor allem gemeinsam mit den vielen ehrenamtlichen Akteuren in diesem Bereich diskutieren, weil die es auch verdienen, dass ihr Engagement wertgeschätzt wird.
Insofern hoffe ich, dass dieser Antrag eine breite Mehrheit in diesem Haus findet, damit wir die notwendigen Schritte hier bei uns vor Ort gehen und unsere Hausausgaben machen können für mehr Biodiversität.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Zehfuß, was Sie namens der CDU sagen, ist leider nicht wirklich glaubwürdig; denn Sie haben gerade im Haushalt – der Herr Kollege Hürter hat es erwähnt – sämtliche Maßnahmen gestrichen, die genau diese Unterstützung der Landwirtschaft in der Kooperation mit dem Naturschutz zum Inhalt hatten. Ob das die gewässerschonende Landwirtschaft war oder die Partnerbetriebe Naturschutz waren, alles hat von der CDU keine Unterstützung gefunden. Insofern können Sie hier wohlfeile Worte wählen, die Taten sind anders.
Im Übrigen haben Sie von Carlowitz gründlich missverstanden. Von Carlowitz hat keinesfalls gesagt, dass die Nachhaltigkeit ein Koppelprodukt ursprünglicher Bewirtschaftungsform ist, sondern ganz im Gegenteil die Nachhaltigkeit als eine neue Bewirtschaftungsform in der Forstwirtschaft verankert. Erst damit ergeben sich Effekte für den Naturschutz.
Das mit dem Koppelprodukt der Landwirtschaft kann so nicht stimmen, das zeigen die neuen Zahlen ganz aktuell, die gerade gestern im Bericht zur Lage der Natur von Kollegin Barbara Hendricks auf Bundesebene veröffentlicht worden sind.
Auch in den Zeitungen können Sie deutlich lesen, welche Effekte dieses Koppeln gehabt hatte, nämlich einen gigantischen Schwund von Arten.
In Zahlen macht sich das nicht gut, fast jede dritte Tierart ist bedroht. 75 % der Tier- und Pflanzenarten sind gefährdet, 70 % der Lebensräume für Pflanzen und Tiere sind in einem unzureichenden oder schlechten Zustand. Das ist eine unglaubliche, unverzeihliche, von Menschen gemachte Zerstörung, die einen mangelhaften Respekt vor der Natur und der Schöpfung zeigt.
Aber recht haben Sie damit, dass das mit Ökonomie etwas zu tun hat. Deswegen ist die Zerstörung der Natur ein ökonomischer Irrsinn; denn die Ökosysteme erbringen jährlich weltweit Leistungen im Wert von 5 Billionen Dollar. Das ist mehr als die Automobil-, Stahl- und ITIndustrie global erwirtschaften. Deswegen ist es irrsinnig, wenn Sie die Unterstützung für den Naturschutz aus dem Haushalt streichen.
Wenn Sie sich einmal die Zerstörung der Meere, der Gewässer und unserer Flüsse im Hinblick auf die Fische und deren Wert in der Ernährung zulasten von Armen, vor allem in Ländern, die arm sind, des Südens, anschauen, dann ist allein das ein unglaublicher Schaden für die Menschen und die Natur.
Es sind Aktivitäten nötig. Der Ansatz, den die Landtagsfraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD wählen, liegt darin, tatsächlich nationale Biodiversitätsstrategien umzusetzen.
Ich darf Sie vielleicht noch einmal daran erinnern, dass diese Biodiversitätsstrategie unter der Führung einer Großen Koalition schließlich nach vielen Zu- und Vorarbeiten auch anderer Regierungen verabschiedet wurde. Es wäre schön, wenn Sie von der CDU Ihre eigene Strategie einmal teilen würden.
Es geht also darum, diese Strategie auch wirklich umzusetzen. Leider hat die Bundesregierung danach nicht mehr viel getan. Ich hoffe, das ändert sich jetzt.
Dass die EU gerade ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen mangelhafter Umsetzung der Natura-2000-Richtlinie einleitet, ist ein weiteres Indiz. Rheinland-Pfalz gehört im Übrigen auch nicht zu den
Wir haben schon einiges an Lösungen erbracht. 20 % der Fläche in Rheinland-Pfalz stehen bereits unter Schutzsystemen. Wir haben ein Biosphärenreservat, wir haben einen künftigen Nationalpark, der mehr als nötig ist, und damit erfüllen wir (knapp) die Biodiversitätsstrategieziele der Bundesregierung. Dies ist durchaus ein großer Beitrag, den unser Land dabei leistet.
Wir brauchen insbesondere das Grünland und haben deswegen auch den Schutz des Grünlandes im neuen Landesnaturschutzgesetz verankert, wir brauchen den Wald, FSC, Biotopbaumkonzepte, die dazu beitragen, die Qualität des Naturschutzes aufzuwerten, wir brauchen den Auenschutz, die Aktion Blau mit unzähligen Maßnahmen, zum Schutz der Tier- und Pflanzenarten beitragend, und natürlich aufgrund des Klimawandels das geplante Klimaschutzgesetz; denn wir wissen, gerade der Klimawandel hat direkt etwas zu tun mit den Zerstörungen der Lebensräume von Tier- und Pflanzenarten.
Wir möchten nun den Antrag der Regierungskoalition aufgreifen und umsetzen. Wir möchten das tun, was in diesem Antrag festgelegt wird und was im Übrigen sehr konkret ist. Darin wird gefordert, eine Biodiversitätsstrategie mit tatsächlichen Indikatoren für Rheinland-Pfalz zu erstellen, den Westwall auch als ein Biotopverbundsystem zu nutzen – eine sehr große Aufgabe, der wir uns gemeinsam stellen möchten –, das Biosphärenreservat wieder stärker in den Fokus zu nehmen. Eine erste Aktivität mit den Pfälzer Wogen haben wir bereits erbracht und wollen mit den neuen Akteuren weitergehen. Wir möchten dazu einladen, auch im Bereich der Zielsetzung der Erstellung einer Biodiversitätsstrategie in enger Beteiligung mit den Akteuren und gesellschaftlichen Gruppen sowie den Fraktionen eine solche Strategie zu erstellen, und ich möchte hoffen, dass nach Beschluss dieses Antrages auch eine fraktionsübergreifende Unterstützung für diese Zielsetzung erreicht wird.
Herr Zehfuß, Sie hatten eine Punktlandung vorhin, nämlich 7 Minuten und 31 Sekunden, und haben deswegen nun keine Redezeit mehr. Leider geht es auch mit der Blauen Karte nach der Rede nicht mehr. – Das ist eine gute Idee, aber wir haben es anders beschlossen.
Wenn keine Ausschussüberweisung beantragt ist, wird der Antrag direkt abgestimmt. Wir stimmen über den Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Erhalten, was uns erhält – eine Biodiversitätsstrategie für Rheinland-Pfalz voranbringen“ – Drucksache 16/3410 – ab. Wer stimmt für diesen Antrag – Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Wer enthält
sich? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.
Neuregelung des Staatsbürgerschaftsrechts durch die Große Koalition: Staatsangehörigkeit setzt eine gelungene Integration voraus Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/3417 –
dazu: Für ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht – Abschaffung der Optionspflicht Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/3439 –
Die Fraktionen sind meines Wissens übereingekommen, die Anträge direkt abzustimmen und auf eine Aussprache zu verzichten.
Wir stimmen zunächst über den Antrag der CDU – Drucksache 16/3417 – in der Sache ab. Wer ist für diesen Antrag? – Wer ist gegen diesen Antrag? – Wer
enthält sich? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.
Wir stimmen nun über den Alternativantrag – Drucksache 16/3439 – ab. Wer ist für diesen Antrag? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.
Ich weise noch darauf hin, dass Punkt 20 der Tagesordnung, „Für eine soziale und nachhaltige EU mit regionaler Identität – Europastrategie der rheinlandpfälzischen Landesregierung“, Besprechung des Berichts der Landesregierung (Vorlage 16/3368) auf Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/3225 –, abgesetzt wird.
Wir sind damit am Ende der Tagesordnung angelangt. Ich lade Sie zur nächsten Plenarsitzung am Mittwoch, den 14. Mai 2014, um 14:00 Uhr, ein.