Protocol of the Session on March 26, 2014

(Dr. Weiland, CDU: Aber die Sprüche!)

Deswegen haben Herr Sippel und ich vereinbart, dass wir das Ganze per Telefon besprechen, und Herr Sippel hat gesagt, dass es in der Sache keine eigenen Vorschläge von SPD und GRÜNEN gibt. Sie haben also die

zwei Monate seit der Anhörung nicht für eine konstruktive Bearbeitung des Gesetzentwurfs genutzt.

(Pörksen, SPD: Sie haben sich verweigert!)

Daraufhin sind wir übereingekommen, dass, wenn seitens der Koalition keine größeren Änderungen vorgesehen sind, wir aber ein anderes Konzept haben, hier kein weiterer Gesprächsbedarf gegeben ist.

(Beifall der CDU)

Sie sollten die Dinge hier also nicht verdrehen, sondern zugeben, dass Sie für ein Gespräch nicht zur Verfügung gestanden haben.

(Pörksen, SPD: Sie haben doch gar nichts vorgeschlagen!)

Der Gesetzentwurf liegt seit einem halben Jahr vor. Die Anhörung ist zwei Monate her. Wir haben die Anhörung ernst genommen. Deswegen haben wir die Punkte aus der Anhörung umgesetzt.

(Pörksen, SPD: Sie haben das Parlament nicht ernst genommen!)

Sie haben nichts umgesetzt. Sie haben sich hingesetzt und sich bei der Anhörung unterhalten lassen, und Sie haben den Gesetzentwurf der Landesregierung genommen und wollen ihn hier absegnen lassen.

Das ist Ihre aktive Teilhabe an diesem Gesetz und Ihre Ernsthaftigkeit, wie man mit Anzuhörenden umgeht.

(Beifall der CDU)

Zur Erwiderung hat der Kollege Steinbach das Wort.

(Dr. Weiland, CDU: Aus dieser Nummer kommst du nicht mehr raus!)

Ein falscher Sachverhalt wird dadurch nicht wahrer, dass man ihn in der Öffentlichkeit oder gar im Parlament wiederholt, meine Damen und Herren. Das trifft auch auf Sie zu, Herr Dötsch. Es ist eine vollkommen falsche Aussage, dass wir uns verweigert haben, namentlich dass ich mich als Person verweigert hätte und an dem Termin nicht teilnehmen wollte. Ganz im Gegenteil, ich habe mit dem Kollegen Sippel in Absprache nach einem Termin gesucht, den wir zu dritt bestreiten können. Der Termin ist wiederholt – von Ihnen übrigens – verschoben worden und auf Ihr Interesse hin auf eine Uhrzeit gefallen, von der ich gesagt habe, da kann ich nicht mehr teilnehmen.

Herr Sippel sollte vertretend teilnehmen. Sie haben ihm dann erklärt, Sie hätten keinen Änderungsbedarf mehr. Dabei hatten Sie zu diesem Zeitpunkt in der Fraktion den Entschließungsantrag bereits beschlossen. Herr

Dötsch, das ist die Wahrheit, und das haben Sie hier gerade nicht erklärt. Das muss ich hier auf jeden Fall richtigstellen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dass Sie die Anhörung auf keinen Fall ernst genommen haben, zeigen Sie allein dadurch, welches Zerrbild von einer Anhörung Sie hier wiedergeben. Das, was Sie hier wiedergeben mit der großen und umfänglichen Kritik, die hier geäußert worden sei, ist das Ergebnis der Anhörung auf keinen Fall gewesen, sondern alle Vertreter haben deutlich zum Ausdruck gebracht, welche Abwägungsentscheidung dahinter liegt, wie sehr und intensiv sie mit dem Ministerium, das intern sehr viele Anhörungen vorab durchgeführt hat, im Gespräch waren, und haben das ausdrücklich gewürdigt. Das ist bei Ihnen nicht zur Sprache gekommen. Sie haben den Vertreter des Einzelhandelsverbandes in seinen Aussagen schlicht und ergreifend ignoriert.

Zu dem, was die Kommunen gefordert haben, haben Sie behauptet, die Kommunen hätten eine schriftliche Einlassung gemacht, die dies und jenes fordern würde, beispielsweise die Verlagerung auf die Verbandsgemeinde. Das ist offensichtlich wahrheitswidrig. Das können wir gern im Ausschussprotokoll nachlesen. Ob das wirklich der Ernsthaftigkeit der Debatte dient, daran habe ich erhebliche Zweifel.

Noch einmal zum Verfahren: Hier liegt ein Gesetzentwurf vor. Wenn Sie meinen, ein Gesetz ist nicht gut, und Sie bessere Vorschläge haben, dann schreiben Sie einen Änderungsantrag, der das Gesetz ändert, oder sagen Sie, warum Sie dem Gesetz in Gänze nicht zustimmen können. Aber einen Entschließungsantrag in die abschließende Lesung bzw. die Verabschiedung einzubringen, der dann Änderungen an einem Gesetz, das verabschiedet werden soll, nach dem Motto begehrt „irgendjemand möge einmal das Gesetz ändern“ – dabei sind Sie doch mit uns zusammen der Gesetzgeber, Sie nehmen nur Ihre Aufgabe überhaupt nicht wahr –, und das jetzt hier als verantwortungsvolle Politik zu reklamieren, das glaubt Ihnen niemand, meine Damen und Herren, wir sowieso nicht, und die Damen und Herren, die das sehen und hören, auch nicht.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Lemke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe von Ihnen eigentlich in den Ausschüssen nicht den Eindruck gehabt, insbesondere auch von den Regierungsfraktionen, dass die Anzuhörenden für sie ein

fach nur eine Unterhaltung darstellen. Herr Dötsch, Sie dürfen davon ausgehen, dass es für die Mitarbeiter meines Hauses und mich selbst auch gilt, wenn wir gesellschaftliche Gruppen anhören, Vereine, Verbände, die Kirchen, die Gewerkschaften, dass wir dies mit einer tiefen Einlassung tun. Ich bin deswegen etwas irritiert über Ihre Äußerung, wir hätten uns im Ausschuss in der Anhörung nur unterhalten lassen. Ich finde das eigentlich diesem Hohen Hause nicht angemessen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich will damit sagen, ich habe mich gefreut, dass sich die Regierungsfraktionen eine so intensive Befassung mit der Gesetzesvorlage, die – wir haben es eben gehört – ein halbes Jahr im Verfahren war, vorgenommen haben; denn die Gesetzgebungskompetenz liegt hier. Wir wollten die landesgesetzliche Grundlage erstmalig schaffen. Sie haben das eben auch noch einmal festgehalten. Bisher hat das noch kein Bundesland so genutzt; denn das war Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger. Seit drei Jahren gibt es am Sonntag keine Flohmärkte mehr. Wir wollen wieder eine Regelung schaffen, die allen Regeln der Kunst und natürlich auch unseren verfassungsrechtlichen Grundlagen entspricht.

Aber diese Regel soll auch dem entsprechen, was und wie wir in diesem Land fühlen, wie wir leben und wie wir die regionale Identität und auch das regionale Marktplatzverhalten in diesem Gesetz abbilden, wie es heute den Menschen und ihrem Leben in diesem Land entspricht. Das kennzeichnete die Herausforderung auch in diesem Verfahren.

Noch einmal: Die Rechtsprechung hat die Festsetzung von Märkten an Sonntagen nicht mehr erlaubt. Bis zu acht Marktsonntage im Jahr pro Gemeinde für privilegierte Spezialmärkte und/oder Floh- oder Trödelmärkte machen wir nun möglich. Messen und Ausstellungen sind dabei für Gemeinden von besonderer Bedeutung und an den gesetzlichen Feiertagen deswegen nur mit Zustimmung der ADD möglich. Wichtig ist hierbei, dass sie auch in einem bundesweiten Wettbewerb stehen. Hier kann längst nicht – auch gerade vor dem Hintergrund Regel-Ausnahme-Verhältnis – jeder machen, was er möchte, sondern es wird hier einer Prüfung unterzogen.

Dazu kommt das, was Herr Abgeordneter Steinbach in seiner Einlassung eben auch explizit ausgeführt hat. Die Konkurrenz der Märkte zu Einzelhändlern war Gegenstand von Gerichtsverfahren, die am Ende dazu führten, dass die Märkte in der bisherigen Form nicht mehr stattfinden durften. Also musste dies natürlich auch von der neuen Regelung ausgeschlossen werden können. Deshalb ist der Rahmen so, wie er schon beschrieben wurde.

Welche Bedeutung hat das nun für dieses Bundesland? Bauernmärkte, Honigmärkte, Kunsthandwerkermärkte und all die Märkte – es gibt da noch viele Formen –, die typisch sind für die einzelnen Regionen, tragen auch zur Steigerung der Attraktivität der ländlichen Räume in unserem schönen Bundesland bei. Edelsteine in IdarOberstein, Töpferhandwerk im Westerwald oder im

Weinland Nummer 1 beste Produkte aus den sechs Anbaugebieten sind nur Beispiele. Das Potenzial ist noch viel größer und die Kreativität der Marktausrichter auch. Wo regionale Identität gelebt wird, können nicht nur die Menschen, die hier leben, sondern auch Gäste dieses Bundeslandes und Touristen die Besonderheiten der Region erleben. Sie können sie auch erwerben. Sie können sie mit nach Hause nehmen. Sie können damit auch Botschafter für dieses Bundesland werden und damit für uns werben und für weitere Umsätze im Bereich des Tourismus sorgen.

Die Verbindung von Tradition und Innovation in diesem Zusammenhang kann Akzente setzen. Sie kann die innerstädtische und innerdörfliche Entwicklung fördern. Unser Beitrag, dem demografischen Wandel entgegenzutreten, ihn lebendig zu halten, nachhaltig zu entwickeln und eine zukunftsfähige Entwicklung auch als Wirtschaftsstandort weiter mit zu betreiben, wird damit auch umrahmt.

Was hat das Bundesverfassungsgericht gesagt? – Regel-Ausnahme-Verhältnis: Die Regel ist der Sonntagsschutz. Die Ausnahme ist die gesetzgeberische Abwägung. – Wir regeln keine Ladenöffnung mit werktäglicher Prägung. Wir machen Märkte möglich. Die Anhörung im Wirtschaftsausschuss zeigte die verschiedenen Interessen auf: auf der einen Seite die Gewerkschaften und die Kirchen und auf der anderen Seite die Kammern und der Einzelhandel. – Ganz klar, sie sind sehr unterschiedlich. Der Handel wünscht sich am liebsten in der Extremform die volle Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten: 24 Stunden und am Sonntag, sieben Tage rund um die Uhr. – Selbst so etwas haben wir gehört. Auf der anderen Seite steht natürlich der explizit ganz eng gezogene Sonntagsschutz. Darin war die Mitte zu finden. Ich bin froh, dass wir diesen Kompromiss gefunden haben – das ist ein Kompromiss –, der dem Regel-AusnahmeVerhältnis gerecht wird.

Herr Dötsch, ich möchte Sie zitieren. Sie haben in der Anhörung auch gesagt, die Anhörung mache doch deutlich, wie schwierig das Thema ist. Deswegen hätte ich jetzt erwartet, dass Sie bei Ihrem Vorschlag der CDU genau diese Schwierigkeiten herausarbeiten und lösen. Aber Sie haben sie nicht gelöst.

(Dötsch, CDU: Wir lösen sie!)

Nein, Sie lösen sie nicht. Insofern wäre Ihr Vorschlag nicht verfassungsgemäß; denn 10 % Neuwarenanteil als unschädlich zu erachten und damit diesem RegelAusnahme-Verhältnis als regelmäßig dem Sonntag zuzuordnen, entspricht nicht der Ausnahme, sondern dann der Regel.

Herr Abgeordneter Steinbach hat es sehr deutlich gemacht, Sie wollen Sonntagsschutz nicht für geringwertige Neuware und die Schnäppchenjagd opfern. Nein, die CDU verlässt mit dem Vorschlag eigentlich ein selbsterklärtes Ziel. Shoppinginteresse reicht nicht aus, den Sonn- und Feiertagsschutz zu lockern. Aber genau das Shoppinginteresse bedienen Sie mit Ihrem Vorschlag.

Darin liegt die Schwierigkeit, weshalb das RegelAusnahme-Verhältnis hier so nicht eingehalten würde.

Auch nicht Ortsgemeinden, sondern Verbandsgemeinden. Sie entziehen Ortsgemeinden elementare Entscheidungsgrundlagen für die Gestaltung des örtlichen Lebens. Wie würden Sie das den Ortsbürgermeistern erklären?

Nach § 1 der Gemeindeordnung ist die Gemeinde Grundlage und Glied des demokratischen Staates und berufen, das Wohl ihrer Einwohner zu fördern. Hier liegt die Zuständigkeit in unserem Gesetz. Da gehört sie hin, und da können Sie sie auch nicht so einfach wegnehmen.

Die Gefahr der Aushöhlung der Sonntagsruhe ist in Ihrem Entwurf rein theoretischer Natur; denn weder Bedarf noch Nachfrage haben Sie damit so analysiert, wie wir das in dem Vorschlag getan haben, der heute beschlossen werden soll.

Sie wollen deswegen auch keine Spezialmärkte. Sie wollen Bauernmärkte, Honigmärkte und die Vielzahl von identitätsstiftenden Veranstaltungen an Sonntagen nicht fördern. Das wollen Sie nicht fördern, aber das kann doch nicht Ihr Beitrag sein, um dem demografischen Wandel in einer Lebendigkeit entgegenzutreten. Wir wollen das fördern. Wir wollen an der Stelle auch lebendige Orte.

Deswegen möchte ich zum Schluss kommen und nach einem fast drei Jahre dauernden Verfahren allen Beteiligten, insbesondere den Kammern, den Verbänden, den Kirchen und den Gewerkschaften, für ihre konstruktiven Beiträge herzlich danken.

Lassen Sie uns gemeinsam eine rechtliche Grundlage schaffen, damit Rheinland-Pfalz die Märkte wiederhaben kann und die Menschen sie genießen können. Ich glaube, damit haben wir auch das Leben in Rheinland-Pfalz ein bisschen bereichert und eine große rechtliche Lücke wieder geschlossen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir kommen damit zur Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf – Drucksache 16/2919 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.