Dass Sie nach dem, was ich gesagt habe, den Vorwurf der Untätigkeit immer noch aufrechterhalten, bleibt Ihnen unbenommen. Wie es taktisch vernünftig ist, ein Ziel zu erreichen, ob man sehr platt etwas in die Öffentlichkeit gibt oder in den Bundesrat einbringt, obwohl man ganz genau weiß, dass es keine Aussicht auf Erfolg hat – das war im früheren Bundesrat und bei der Bundesregierung im Wahlkampfgetümmel genauso gewesen; das war die übereinstimmende Einschätzung aus Bayern und Rheinland-Pfalz –, dazu haben wir gesagt, wir wollen das zarte Pflänzchen der Fortformulierung eines sensiblen Strafparagrafen nicht verbrennen, sondern dann platzieren, wenn es Aussicht auf Erfolg hat.
Die neue Regierung amtiert noch nicht so lange. Meinen Sie wirklich, es wäre ernsthaft sinnvoll gewesen, eine solche Bundesratsinitiative im letzten Herbst laufen zu lassen? Halten Sie das wirklich für ein sinnvolles Handeln,
Ich bringe Ihnen noch einmal in Erinnerung, was ich gesagt habe. Der Kollege Maas hat zugesagt, dass er im Frühjahr den Gesetzesvorschlag unterbreiten wird. Das habe ich vorhin in der Rede gesagt, ganz konkret gesagt. (Dr. Wilke, CDU: Das ist aber jetzt neu! – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Dann muss man hinhören!)
Sollte es diese Entwicklung, wie sie zugesagt ist und wie ich das Vertrauen in die Große Koalition habe, nicht geben – Sie haben vorhin die Formulierung aus dem Koalitionsvertrag zitiert –, dann kann ich nur sagen, wenn diese Aussage nicht konkret ist, sogar auf einen Paragrafen bezogen – wo haben Sie noch solche konkreten Aussagen, die auf einzelne Paragrafen bezogen sind –, dann wird das entsprechend von Rheinland-Pfalz weiter im Bundesrat und bei anderen Sachen verfolgt. Das macht Sinn.
Das ist aus meiner Sicht verantwortliches und sinnvolles Handeln im Interesse der Bürgerinnen und Bürger für ein erfolgreiches Umsetzen von Politik und nicht wie irgendein Elefant im Porzellanladen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/3233 –. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/3326 –. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Vielen Dank. Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Somit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.
Bilanz und Perspektiven für die Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses in Rheinland-Pfalz Besprechung der Großen Anfrage der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksachen 16/2711/2887/3268 –
dazu: Bologna-Prozess in Rheinland-Pfalz weiter entwickeln Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Entschließung – – Drucksache 16/3320 –
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor mehr als zehn Jahren wurde der BolognaProzess auf den Weg gebracht. Der europaweite Bologna-Prozess beschreibt eine der größten Hochschulreformen: Mehr Mobilität, mehr Flexibilität, mehr Vergleichbarkeit und verbesserte Berufseinstiegschancen gehören zu den Zielsetzungen von Bologna.
Angesichts der Tatsache, dass Bologna ein tiefgreifender Prozess im europäischen Hochschulraum ist, darf es auch nicht verwundern, dass es unterschiedliche Einschätzungen zu dieser Reform gibt. HRK-Präsident Hippler kritisierte 2012 den Bologna-Prozess an Punkten wie zum Beispiel der Frage nach mehr Auslandsaufenthalten. Dies sah er als nicht erfüllt an.
Die damalige Bildungsbundesministerin Annette Schavan hingegen lobte immens die Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland, und beim Thema Auslandsaufenthalte führte sie sogar aus, dass die studentische Mobilität noch nie so groß gewesen sei wie seit Bologna.
Das Land Rheinland-Pfalz hat sich frühzeitig auf den Weg gemacht, Bologna umzusetzen. Das Land hat diesen Prozess mit Augenmaß und Vernunft umgesetzt. Die Antwort der Landesregierung auf die von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte Große Anfrage macht dies an vielen Punkten deutlich. Ich möchte nur einige herausgreifen:
Es ist zu begrüßen, dass der Anteil zulassungsbeschränkter Masterstudiengänge in Rheinland-Pfalz deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt. Ebenso haben sich die Möglichkeiten für Auslandsaufenthalte deutlich verbessert, beispielsweise durch die Vorgabe im rheinland-pfälzischen Hochschulgesetz, dass Prüfungsordnungen Zeiträume für Aufenthalte an anderen Hochschulen vorsehen sollen. – Das ist ein sehr wichtiger Schritt, und ich kann an dieser Stelle nur aus eigener Anschauung sagen, ich erinnere mich noch im Jahr 2007 an Diskussionen am Fachbereich Germersheim, wo die Studierenden gesagt haben, dass es schwierig geworden sei, Hochschulauslandsaufenthalte auf den Weg zu bringen, und das hat sich Gott sei Dank immens verbessert.
Auch wurde durch das landeseigene Programm „Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses“ die Prüfungsbelastung der Studierenden deutlich verringert. Die Kleinteiligkeit von Prüfungen und hohe Prüfungsdichte müssen vermieden werden.
Die Möglichkeiten, das Studium entlang spezifischer eigener Interessensschwerpunkte zu gestalten, sind erweitert worden. Die Vereinbarkeit von Familie und Studium wurde verbessert, indem das Angebot von beitragsfreien Kindertagesstättenplätzen durch die Stu
dierendenwerke erweitert wurde. Darüber hinaus trägt eine größere Flexibilität beim Studium zur besseren Vereinbarkeit bei. In diesem Zusammenhang muss auch auf die Option verwiesen werden, das Studium teilweise oder vollständig in Teilzeit zu absolvieren.
Mein persönliches Fazit lautet: Frau Schavan hatte offensichtlich bei ihrer positiven Bewertung des BolognaProzesses das Land Rheinland-Pfalz vor Augen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, gleichwohl gibt es immer noch Aspekte, bei denen der Prozess weiterentwickelt werden muss, und so fordern wir in unserem Antrag, die BAföG-Regelung so zu ändern, dass eine Überbrückung der ausbildungslosen Zeiten ermöglicht wird. Diese können nämlich entstehen zwischen dem Ende des Bachelor- und dem Anfang des Master-Studiengangs.
Außerdem wünschen wir uns eine Optimierung der Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen, ein Thema, das uns begleitet, seitdem ich seit 2001 im Landtag bin. Wir sind für eine weitere Flexibilisierung der Studiengänge. Dies ist auch erforderlich zu der vorhin schon genannten Vereinbarkeit von Studium und Familie, aber auch dadurch, dass viele junge Leute noch einen Nebenjob haben.
Auch gilt es, die Möglichkeiten zur freien Gestaltung des Studiums und zur individuellen Schwerpunktsetzung auszubauen. Schließlich ist es beim Thema Internationalisierung der rheinland-pfälzischen Hochschulen – ein sicherlich sehr aktuelles Thema – wichtig, dass wir die Hochschulen darin unterstützen, sogenannte WelcomeCenter oder Willkommenszentren auf den Weg zu bringen. Die Universität Mainz hat dazu schon Projekte gezeigt, und es ist absolut wichtig in Zeiten eines demografischen Wandels und eines Fachkräftemangels.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann Ihnen sagen, wir sind auf einem guten Weg; wir dürfen aber in der aufmerksamen und konstruktiven Begleitung des Bologna-Prozesses nicht nachlassen. Meine Damen und Herren von der CDU, ich werbe um Ihre Zustimmung für unseren Entschließungsantrag.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir heute über den Stand und die Entwicklungsperspektiven für den Bologna-Prozess in Rheinland-Pfalz diskutieren, dann sollten wir das Große und Ganze nicht aus den Augen verlieren. Rheinland-Pfalz profitiert in einem besonderen Maße von einem zusammenwachsenden Europa – mit unseren europäischen Regionen, mit den vielfältigen europäischen Bezügen, und zu einem zu
sammenwachsenden Europa gehört auch der Weg in Richtung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums.
Die Umstellung beinahe sämtlicher Studiengänge auf die neuen Abschlüsse Bachelor und Master hat die Hochschulen vor große Herausforderungen gestellt, gerade in Zeiten stark steigender Studierendenzahlen. Diese Anstrengungen sollten wir an dieser Stelle anerkennen. Dass es dabei auch zu Fehlentwicklungen gekommen ist, hat sicherlich auch mit dazu beigetragen, dass es studentische Proteste gab, besonders während des Bildungsstreiks im Jahr 2009.
Unsere Bestandsaufnahme mit der Großen Anfrage hat ergeben, dass viele berechtigte Kritikpunkte aufgegriffen wurden; das betrifft unter anderem übermäßig hohe Prüfungsbelastungen oder unnötig starre Vorgaben zum Studienverlauf. Die Studierenden wurden durch eine Flexibilisierung der Studienstruktur in die Lage versetzt, größere Gestaltungsmöglichkeiten wahrzunehmen, und das ist sicherlich eine sinnvolle Weiterentwicklung.
Auch die unter Rot-Grün erreichte vollständige Gebührenfreiheit des Erststudiums hat dazu beigetragen, dass die Gestaltungsmöglichkeiten gestiegen sind. Es ist zudem mittlerweile eine deutlich stärkere Orientierung an einem Kernanliegen des Bologna-Prozesses feststellbar; nachdem anfänglich sogar neue Mobilitätshürden errichtet wurden, haben wir mittlerweile bessere Bedingungen für Mobilität und für reibungslose Übergänge zwischen den Hochschulen. Ich denke, gerade die Anerkennungsverfahren, die in Verantwortung der Hochschulen durchgeführt werden, sollten wir dabei weiter im Blick haben, um eine bessere Mobilität und bessere Übergangsmöglichkeiten zu erreichen.
Entgegen der anfänglichen Befürchtungen können wir auch feststellen: Der größte Teil der Masterstudiengänge in Rheinland-Pfalz ist zulassungsfrei. – Es wird aber auch in Zukunft wichtig bleiben, dass wir die Übergänge vom Bachelor- zum Masterstudium im Auge behalten. Gerade wenn sich die stark angestiegenen Studierendenzahlen bei den Übergängen in die Masterprogramme fortsetzen, sollten wir diese Entwicklung sehr aufmerksam beobachten und uns dafür einsetzen, den Übergang zum Masterstudium so offen wie möglich zu gestalten.
Es ist aber auch ein wichtiger Befund in der Bilanz des Bologna-Prozesses, dass viele Hochschulen die Chancen einer Umstellung auf die neuen Studiengänge für innovative, positive Entwicklungen genutzt haben. Besonders erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang die guten Erfahrungen mit einer stärkeren Strukturierung der Studieneingangsphase. Diese Ansätze ermöglichen mehr Orientierung von Anfang an, und sie bieten auch die Möglichkeit, unterschiedliche Ausgangsniveaus auszugleichen, gerade vor dem Hintergrund, dass wir eine heterogene Zusammensetzung der Studierendenschaft haben.
Solche Konzepte sind auch eine gute Grundlage für anschließende fachliche Vertiefungen und Spezialisierungen. Dass es dafür gute Beispiele gibt, würdigen wir in unserem Entschließungsantrag, und wir regen an,
solche Konzepte noch stärker in der Breite und in der Vielfalt der Studienangebote an den Hochschulen des Landes zu verankern. Mit unserem Entschließungsantrag nehmen wir auch in den Blick, dass eine weitere Flexibilisierung der Studienverläufe die Vereinbarkeit von Familie und Studium unterstützen kann und auch die Bedingungen für ein Teilzeitstudium verbessern kann. Wenn einzelne Regeln dem zuwiderlaufen, dann müssen sie überprüft und gegebenenfalls angepasst werden, etwa, wenn Prüfungsordnungen starre Fristen vorgeben und empfindliche Konsequenzen drohen, wenn diese Fristen nicht eingehalten werden können.
Wir sollten zudem noch stärker darauf achten, dass ehrenamtliches Engagement wie zum Beispiel die Mitarbeit in Gremien Freiräume braucht.
Dabei erworbene Kompetenzen sollten auch im System der Leistungspunkte berücksichtigt werden. Es geht aber nicht nur um die Mitwirkung in den Gremien der Hochschulen und der Studierendenschaften, in Fachbereichsräten und Berufungskommissionen. Auch das ehrenamtliche Engagement in Jugendverbänden, Vereinen, Initiativen und anderen Zusammenhängen braucht gute Entwicklungsbedingungen.
Meine Damen und Herren, wenn wir uns die vorliegenden Ergebnisse der Großen Anfrage ansehen, können wir feststellen: Nicht die Unkenrufe bringen uns bei der Entwicklung eines europäischen Hochschulraums voran und auch nicht die grundsätzliche Verweigerung, neue Wege zu gehen. Berechtigte Kritik an gewissen Fehlentwicklungen hat der Umsetzung des Prozesses positive Impulse gegeben. Es gibt auch viele Möglichkeiten, wie in der neuen Struktur gute Entwicklungen angestoßen werden können, die wir auch aufgreifen und verbreitern sollten.
Wenn wir den Weg einer Europäisierung unserer Hochschulen weitergehen, dann werden sich noch große Möglichkeiten auftun, in Europa, mit Europa, von Europa und für Europa zu lernen. Diesen Weg sollten wir weiter beschreiten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die beiden Kollegen haben schon ausgeführt, der Bologna-Prozess ist grundsätzlich positiv zu bewerten. Insbesondere Rheinland-Pfalz kann von der Schaffung eines einheitlichen europäischen Bildungsraums nur profitieren.
Doch bei der Umsetzung wurden auch gerade in Rheinland-Pfalz Fehler gemacht. Ich nenne nur die kleinteilige
Akkreditierungspraxis. Viele Veränderungen waren überzogen, und die studentischen Proteste von 2009 waren absolut berechtigt. Die Politik hat aber reagiert. Auch dieses Parlament hat sich oft und ausgiebig mit der Bologna-Reform beschäftigt. Seither hat sich zumindest einiges zum Positiven entwickelt.