Protocol of the Session on January 23, 2014

Meine Damen und Herren, beachten Sie bei Ihrer Patientenvollmacht das Thema „Organspende“. Nehmen Sie es mit auf, es ist ein kleiner Passus. Auf Justiz.rlp.de ist der Vordruck, der Passus über die Organspende bei der Patientenvollmacht zu finden.

(Glocke der Präsidentin)

Vielen Dank, und wir führen gerne auch weiterhin die Diskussion um die Organspende.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Herr Kollege Dr. Schmidt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema „Organspende“ ist ein hochsensibles und emotionales Thema. Wie vorhin bereits von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern angesprochen, müssen wir das Ganze auch auf überparteilicher Ebene miteinander diskutieren.

Dieses hochemotionale Thema ist auch eine Frage der Menschlichkeit, wie Frank Walter Steinmeier einmal erwähnt hat. Für mich war ein lebendiges Beispiel der 12-jährige Palästinenser Ahmed Khatib sowie das jüdische Mädchen Samah, das heute noch lebt. Das Besondere daran war, dass der Vater des Jungen sagte: Die Entscheidung, das Herz meines Sohnes weiterzugeben, ist keine politische, sondern es ist eine Frage der Menschlichkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

In diesem Sinne ist dieses Thema auch bei uns als Vorbild in der Gesellschaft zu behandeln, dass wir uns alle gemeinsam dahin gehend engagieren, dass Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – in diese Notsituation geraten sind, sich darauf verlassen können, dass sie unsere Unterstützung erfahren.

Allein in Deutschland warten etwa 12.000 Menschen auf eine Organspende, laut einer aktuellen Studie der Techniker Krankenkasse (TKK) allein in Rheinland-Pfalz über 500 Menschen, darunter auch sieben Kinder und Jugendliche. Berichte über die Skandale in Göttingen, München sowie auch in anderen Städten wie Leipzig haben natürlich das Vertrauen der Menschen sehr stark beschädigt.

Bei diesem Thema kann man nicht mit Geld oder möglicherweise als Privatpatient bevorzugt behandelt werden, sondern es ist ein ethisches Thema, das über alle finanziellen Grenzen sowie über die Zugehörigkeit zu Krankenkassen hinaus unsere Solidarität und auch unsere Sensibilität erfordert.

Rheinland-Pfalz war in diesem Bereich sehr vorbildlich gewesen, hat seinerzeit viele Initiativen ergriffen und hat mit allen Akteuren – mit den Ärzten, der Landesärztekammer und den Pflegeverbänden –, mit allen Beteiligten gemeinsam an einem Strang gezogen. Dies zeigt sich natürlich auch an den Ergebnissen, die wir nun im Vergleich zu den Werten auf Bundesebene haben.

Die Zahlen waren 2013 sehr geringfügig im Vergleich zu der Bundesebene, wo wir ein Minus von 16 % zu verzeichnen hatten. Dies zeigt, dass die Maßnahmen, die rechtzeitig ergriffen worden sind, in Rheinland-Pfalz ihre Früchte tragen.

Ich möchte an dieser Stelle auch Frau Ministerpräsidentin Malu Dreyer dafür danken, die zu ihrer Zeit auf Bundesratsebene dieses Ziel sehr engagiert und sehr ambitioniert verfolgt hat. Ich denke, dass wir auch dank dieser Initiativen aktuell so gut dastehen und diese guten Ergebnisse erzielt haben.

Viele Menschen haben ihr Vertrauen in unser Organspendesystem verloren. Das Vertrauen in die ordnungsgemäßen Abläufe der Organtransplantation muss wiederhergestellt werden.

Dies kann vor allem durch eine konsequente Aufklärung, Transparenz, das Mehr-Augen-Prinzip sowie die Beseitigung von Ängsten und Missständen beziehungsweise durch Vorstöße erfolgen; denn wir wissen aus eigener Erfahrung sowie aus den Gesprächen, die wir sehr oft und sehr lange mit den Angehörigen führen, dass die Ängste dabei eine große Rolle spielen. Man stellt sich immer die Frage: Was geschieht, wenn mein Gehirn tot ist? Wie wird dann mit meiner Leiche umgegangen?

All dies verdeutlicht, wie sensibel dieses Thema ist und wie wichtig es ist, dass eine Aufklärung darüber stattfindet, gerade dann, wenn wir ein nachhaltiges Ergebnis erzielen wollen. Das Thema „Leben und Sterben“ muss in die Schulen hineingetragen werden, in die Bildung, aber auch in den Ethikunterricht. Alles andere ist im Nachhinein symptomatisch. Es sind gut gemeinte Aktionen, die wir natürlich dennoch durchführen können, aber mit diesen Aktionen allein wird es nicht nachhaltig sein.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Schweitzer das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich ein Wort des Dankes aussprechen. Es ist für einen Gesundheitsminister eine schöne Sache, wenn wir eine solche Debatte an einem so prominenten Platz der Tagesordnung der Landtagssitzung diskutieren. Ich denke, dass die Debatte dem Thema durchaus gerecht wurde und noch gerecht wird. Dafür herzlichen Dank, wenn Sie mir dieses Urteil erlauben.

Zunächst einmal möchte ich etwas zur Situation im Land sagen, weil es anerkennenswert ist, was mit den Akteuren im Land gelungen ist, und zwar mit den Akteuren im Land in den Krankenhäusern, bei der DSO und auch im Gesundheitsministerium, das sich mit diesen Fragen schon seit vielen Jahren intensiv beschäftigt.

Die Zahlen sind so, dass wir sagen können, sie sind immerhin stabil. Herr Dr. Schmidt, Sie sind darauf eingegangen. Wir hatten bundesweit einen Rückgang bei den Organspenden um 16 %, in Rheinland-Pfalz um 4 %. Die Verantwortlichen der DSO sagen, der Skandal ist an Rheinland-Pfalz vorbeigegangen. Ich sage, toi, toi, toi, gut so! Wir wollen alles dazu beitragen, dass dies auch in Zukunft so bleibt.

Wir haben heute über die Situation im Land gesprochen. Diese kann man nie von der insgesamt bundespolitischen Diskussion entkoppeln. Meine Damen und Herren, liebe Frau Kollegin Klöckner, dennoch hätte ich mich gefreut, dass die Fraktion, die die Aussprache beantragt, auch ein Wort zur Situation im Land sagt.

(Frau Klöckner, CDU: Es kommt noch etwas! Es kommt doch noch eine Runde!)

Ich glaube, das wäre der Debatte angemessen gewesen.

Ich mag gar nicht glauben – meine Fantasie geht dann doch nicht so weit –, das Sie es, weil die Situation im Land so stabil ist, eben deshalb nicht angesprochen haben. Das wäre dann eben auch verfehlte Oppositionsarbeit.

(Frau Klöckner, CDU: Warum diese Schärfe, Herr Schweitzer? – Ernst, CDU: Jetzt kommt wieder der Generalsekretär!)

Ich möchte darauf eingehen, wie es mit dem Vertrauen ist.

(Frau Klöckner, CDU: Da ist wieder der Generalsekretär! Das ist unnötig!)

Ich denke, dass wir da auf einem guten Weg sind. Transparenz ist hergestellt. Die Kontrollen sind intensiv,

auch in Rheinland-Pfalz. Sie werden ständig wiederholt, auch ohne äußere Anlässe, immer wieder spontan und unangekündigt. Wir haben den Ausschluss eines besonderen kommerziellen Interesses in den Kliniken, und wir haben das Mehr-Augen-Prinzip. Wir klären auf, wir machen viele Veranstaltungen. Allein im vergangenen Jahr – ich habe es aufgezählt – waren es viele Veranstaltungen, bei denen das Land und die Landesregierung beteiligt waren. Viele wären noch hinzuzufügen.

Ich möchte aber dennoch auf eines eingehen, was die Fragen der Lebendspenden angeht. Das ist tatsächlich eine Debatte, die unter einer besonders ethischen und politischen Brisanz steht.

Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass dieser Debatte niemand mehr Gutes zugefügt hat als Frank Walter Steinmeier mit seiner ganz persönlichen Entscheidung, die er dann auch öffentlich so deutlich gemacht hat, dass viele sich ermutigt gefühlt und gesagt haben: Okay, das ist ein gutes Beispiel, und ich kann mir durchaus ganz persönlich vorstellen, in meinem nahen Umfeld dafür zur Verfügung zu stehen.

Die Debatte, die in der angesprochenen EnqueteKommission Mitte des vergangenen Jahrzehnts über die Regulierungen im bisherigen Transplantationsgesetz geführt wurde, dass nämlich eine ganz persönliche besondere Nähe zwischen dem Spender und dem Empfänger bzw. der Empfängerin bestehen soll, ist zu dem Ergebnis gekommen, dass dies auch in Zukunft so bleiben soll. Es sollen der Ehepartner, der Lebenspartner, Verwandte sein, aber es sollen eben nicht Dritte sein, deren besondere Nähe vielleicht erst hergestellt wird, um die Transplantation möglich zu machen, liebe Frau Klöckner.

Wir reden von einem Bereich, bei dem ich sage, Vorsicht an der Bahnsteigkante. Wollen wir tatsächlich, dass wir eine Öffnung in die Debatte hineinbekommen?

(Frau Klöckner, CDU: Das hat doch gar keiner gesagt!)

Die Gefahr ist da, darum müssen wir sie auch sehen. Wenn eine Debatte gefordert wird, Frau Klöckner, müssen Sie sie auch führen können.

(Frau Klöckner, CDU: Es geht um etwas anderes!)

Wenn wir sagen, heraus aus dem nahen Verwandtschafts- und Freundschaftsverhältnis, hinein in den Cross-Over-Bereich, dann sind wir ganz nahe an einem Markt für Organe. Meine Damen und Herren, wenn Sie meine Position dazu hören wollen, dann sage ich Ihnen: Da habe ich allergrößte Skepsis! In diesen Bereich wollen und können wir nicht kommen. Wer heute eine solche Debatte führt, der kann nicht erwarten, dass aus dieser Debatte mehr Vertrauen und mehr Zutrauen auch in die Handlungsverantwortung der politisch Verantwortlichen erwächst.

Lassen Sie uns diese Debatte an dieser Stelle nicht in den Vordergrund bringen. Wir haben andere Aufgaben, über die wir gesprochen haben. Alles andere verwirrt auch die öffentliche Wahrnehmung und sorgt dafür, dass

wir am Ende weniger und nicht mehr Vertrauen haben, meine Damen und Herren.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Ich erteile Herrn Kollegen Dr. Enders das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der SPD mit meiner Fraktion dankbar, dass sie das Thema hier als Mündliche Anfrage gestellt hat. Deswegen bin ich nicht ganz mit Ihnen eins, Herr Minister, dass Sie eine solche Schärfe hineinbringen. Ich sehe einen großen breiten Konsens bei diesem Thema.

(Beifall der CDU)

Ich denke, wir haben eine Sternstunde, in der wir bei einem Thema sachlich diskutieren und ganz weit zusammen sind.

Zum Thema „Cross-Over“ ist zu sagen, das gibt es in Deutschland mit ganz engen, scharfen und eindeutigen Kriterien.

(Beifall der Abg. Frau Klöckner, CDU)